VwGH 97/05/0282

VwGH97/05/028216.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Mag. Harald Korherr in St. Pölten, vertreten durch Dr. Karl Prisching, Rechtsanwalt in St. Pölten, Völklplatz 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 4. September 1997, Zl. RU1-V-97102, betreffend eine Bauangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Hafnerbach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §13 Abs3;
AVG §13a;
BauRallg impl;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2 Z1 idF 8000-10;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4 idF 8000-10;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;
AVG §13 Abs3;
AVG §13a;
BauRallg impl;
BauRallg;
ROG NÖ 1976 §19 Abs2 Z1 idF 8000-10;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4 idF 8000-10;
ROG NÖ 1976 §19 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der in St. Pölten wohnhafte und am dortigen Gymnasium als AHS-Lehrer tätige Beschwerdeführer hat vor nunmehr sieben Jahren die Grundstücke Nr. 293, 294 und 295,

KG Wimpassing/Pielach, mit den Ausmaßen von 1313 m2, 1885 m2 und 1091 m2, insgesamt sohin ca. 4300 m2 erworben, welche im Grünland mit der Nutzungsart Landwirtschaft liegen. Die Grundstücke sind auf einem nach Süden abfallenden Hang terrassenförmig nebeneinander angeordnet und werden teilweise als Weingarten und teilweise als Obstgarten vom Beschwerdeführer genutzt. Die zum Großteil schon alten Weinstöcke befinden sich überwiegend auf den Grundstücken Nr. 293 und 295; die Rebstöcke sind teilweise schon abgestorben bzw. entfernt. Der Aufwuchs zwischen den Reihen wird mit einem herkömmlichen Rasenmäher gemäht und bleibt als Mulch liegen. In den Reihen selbst reicht das Gras stellenweise bis zum unteren Spanndraht. Auf dem Grundstück Nr. 294 befinden sich etwa 35 alte Obstbäume verschiedenster Arten (Apfel-, Birnen-, Zwetschken-, Marillen-, Nußbäume) und Sorten. Rund fünf Obstbäume (Pfirsich und Apfel) wurden vom Beschwerdeführer neu ausgesetzt. Zum Zeitpunkt des vom bestellten Sachverständigen am 5. August 1996 durchgeführten Augenscheines beabsichtigte der Beschwerdeführer, weitere 10 Apfel- sowie 10 Birnbäume (alte, nicht mehr gebräuchliche Sorten) anzupflanzen. Im tiefer gelegenen Bereich des Grundstückes Nr. 295 ist eine konsenslose Gerätehütte mit den Abmessungen von ca. 2,90 m x 2,10 m errichtet. Im Nahebereich der Hütte wird auch Gemüse angepflanzt. Die Grundstücke sind eingezäunt; die Zufahrt erfolgt über das öffentliche Wegenetz, das letzte Stück (ca. 300 m) ist ein unbefestigter Wirtschaftsweg.

Mit Ansuchen vom 10. Mai 1996 begehrte der Beschwerdeführer von der Baubehörde die Bewilligung zum Neubau eines "Preßraumes mit Weinkeller" auf dem vorbeschriebenen Grundstück Nr. 294 in einer Größe von insgesamt 40,26 m2 Nutzfläche auf einer verbauten Fläche von 48 m2. Dem Ansuchen war eine "Bedarfserklärung" angeschlossen, in welcher der dringende Bedarf des Baues mit der erforderlichen ernstzunehmenden Pflege der Grundstücke sowie der Möglichkeit der Verarbeitung des Ertrages begründet wurde. Der Bau soll "Platz für Bottiche, Fässer, Presse sowie diverses Gartengerät bieten". Das derzeitige Provisorium eines Geräteschuppens reiche bei weitem nicht aus, diesen Bedarf zu befriedigen.

In dem von der Baubehörde erster Instanz eingeholten Amtssachverständigengutachten vom 29. September 1996 wurde, ausgehend von dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt, entscheidungserheblich ausgeführt:

"...

Es handelt sich hiebei um einen Wein- und Obstgarten, der Rest wird für einen Gemüseanbau verwendet und stellt unproduktive Flächen (Böschungen, Wege, Umkehr- und Abstellflächen etc.) dar. Das Ausmaß der Rebfläche kann mit etwas mehr als 2000 m2 angegeben werden, der Obstgarten hat eine Größe von etwa 1000 m2 und wird auf einer Fläche von rund 200 m2 verschiedenstes Gemüse angebaut. Die Grundstücke sollen nach den Worten des Konsenswerbers ausschließlich biologisch bewirtschaftet werden.

Daß der Obst- und auch der Weinbau dem Grunde nach nicht

landwirtschaftsfremd sind, steht außer Frage.

...

Im konkreten Fall hat der Bauwerber im Rahmen der örtlichen Erhebungen auf die Frage nach der Verwendung der geernteten Produkte zwar beteuert, daß über den Eigenbedarf hinaus Obst sowie Trauben bzw. Wein auch vermarktet werden sollen, es konnten aber keine Angaben über Vermarktungsmengen geschweige denn über Verkaufserlöse und deren Höhe getätigt werden. Auch in der den Antragsunterlagen beiliegenden "Bedarfserklärung" des Bauwerbers fehlt jedweder Hinweis auf eine beabsichtigte Vermarktungstätigkeit. Es kann somit schon allein aus dem Grund, daß keinerlei schlüssige und nachvollziehbare Angaben bezüglich eines Verkaufes von selbsterzeugten landwirtschaftlichen Produkten und einer daraus resultierenden Erzielung von Einnahmen vorliegen, in der gegenständlichen Angelegenheit von einer zumindest nebenberuflichen landwirtschaftlichen Betriebsführung nicht ausgegangen werden.

Darüber hinaus ergibt sich, daß auch die Anlage der Kulturen, der Kulturzustand und die Nutzungsvielfalt nicht mit den Grundsätzen einer erwerbsmäßigen und rationellen landwirtschaftlichen Bewirtschaftung im Einklang stehen, sondern vielmehr auf eine typische Gartennutzung, bei der die Versorgung für den Hausgebrauch im Mittelpunkt steht und wie sie in zahlreichen Haus- und Kleingärten betrieben wird, hinweist. Wenn schon von Natur aus die Flächenausstattung derart begrenzt ist, so müßte zum Aufbau einer rentablen landwirtschaftlichen Nutzung umso mehr danach getrachtet werden, eine Spezialisierung und Intensivierung der Produktion vorzunehmen und für diese eine Kultur und eine Art bzw. Sorte das zur Verfügung stehende Flächenausmaß voll zu nutzen. Eine Unterteilung einer sehr kleinen Fläche für den Anbau von Wein, Obst und Gemüse und eine weitere Aufsplitterung des Sortiments in verschiedene Arten und unzählige Sorten hat Nachteile und Erschwernisse bei der Bewirtschaftung, Pflege, Ernte und Vermarktung zur Folge. Die angegebene Nutzungsvielfalt erfordert grundverschiedene Verfahrenstechniken mit entsprechend umfangreichen Geräten und Werkzeugen und eine Vielzahl von verschiedenen Arbeitsgängen, wobei bei ein und derselben Arbeitsverrichtung durch die Arten- und Sortenvielfalt auch noch ein zeitliches Auseinanderrücken dazukommt, was letztlich einen beträchtlichen Mehraufwand bedeutet. Ebenso gestaltet sich die Vermarktung von kleinsten Einzelmengen wesentlich schwieriger. Einzelne Arten mit je ein bis zwei Bäumen können überhaupt keine vermarktbaren Erntemengen mehr liefern und bloß ausschließlich dem Eigenbedarf dienen.

Zu den Grundprinzipien einer ordentlichen und planvollen landwirtschaftlichen Betriebsführung gehört es, daß bei Betriebsneugründungen oder bei Aufnahme eines neuen Betriebszweiges sämtliche Grundlagen und Voraussetzungen schon vorher genauestens und sorgfältigst überlegt und abgewogen werden. Da es sich beim Obstbau um eine mehrjährige Kultur handelt, muß schon bei der Auspflanzung darauf geachtet werden, Art, Sorte, Unterlage und Pflanzweite auf die Standortverhältnisse optimal abzustimmen, da nur dann mit einer nachhaltigen Ertragsleistung gerechnet werden kann. Die Tatsache, daß versuchsweise alte bzw. nicht einheimische und seltene Obstsorten ausgepflanzt werden sollen, zeigt neuerlich ganz deutlich, daß bei der angegebenen Betriebsführung nicht landwirtschaftliche Gesichtspunkte und Zielsetzungen im Mittelpunkt stehen, sondern Liebhaberei und Hobby vorliegen.

Der Weingarten des Konsenswerbers ist nicht mit ordnungsgemäß bewirtschafteten Weingärten vergleichbar. Der Zustand des Erziehungsgerüstes (durchhängende Spanndrähte, morsche Steher), der Rebschnitt, die zahlreichen Fehlstellen sowie der nicht entfernte Grasaufwuchs in den Reihen, der eine zusätzliche Wasser- und Nährstoffkonkurrenz bedeutet, weisen auf Mängel in der Bestandsführung hin und können in keiner Weise als Parameter für eine planvolle und nachhaltige Bewirtschaftung gewertet werden.

Aus den angeführten Gründen kann die Nutzung der Grundstücke Nr. 293, 294 und 295 durch den Bauwerber nicht als eine planvolle, nachhaltige, zumindest nebenberufliche landwirtschaftliche Nutzung eingestuft werden. Der beantragte Preßraum samt Keller dient somit keiner widmungsgemäßen landwirtschaftlichen Betriebsführung und steht das geplante Bauvorhaben demnach im Widerspruch zu der im Flächenwidmungsplan festgelegten Grünlandnutzungsart Landwirtschaft."

In der hiezu vom Beschwerdeführer abgegebenen Stellungnahme vom 18. Oktober 1996 wurde u.a. ausgeführt:

"Es gibt vorerst Unklarheiten bezüglich des Kulturbestandes auszuräumen und tatsächliche Zahlen aufzulisten.

Ich betreue 300 Weinstöcke, allerdings existiert kein abgestorbener in den Zeilen wie behauptet. Unterbrechungen in den Reihen wurden von mir gerodet und mit Apfel- und Birnbäumchen neu besetzt. Davon gibt es 35 von Ersteren und 25 Stück von Letzteren. Dazu kommen 20 Zwetschken-, 2 Marillen-, 2 Pfirsich-, ein halbes Dutzend Walnuß- und 5 Kirschbäume. Außerdem wachsen noch 10 Edelkastanien und 4 Stück Elsbeere heran.

100 Bäume und 300 Weinstöcke schonend zu kultivieren sind in der Tat sehr arbeitsaufwendig. In diesem Punkt gebe ich DI P. durchaus recht, die Bewirtschaftung dieser Menge von Nutzpflanzungen aber ausschließlich als Liebhaberei oder Hobby, als "Hausgarten zur Selbstversorgung" zu schmälern, trifft vielerorts auf völliges Unverständnis.

Die Fläche der Liegenschaft, die zum Gemüsebau gewidmet ist, beläuft sich derzeit auf etwa 100 m2 und ist nicht doppelt so groß wie im Gutachten erwähnt.

...

Ich sehe mein persönliches wirtschaftliches Fortkommen im kleinen, aber vielfältigen Angebot, da ich überzeugt bin, daß ein reichhaltiges Menü eher imstande ist den Wunsch des Konsumenten zu treffen als ein einziges Angebot (von dem es aber vielleicht Überschuß gibt).

Wie und in welcher Quanti- oder Qualität ich meine Erzeugnisse zu vermarkten gedenke, sei es als Naturprodukt oder veredelt, möge der geschätzte Gutachter mir überlassen. Es dürfte auch nicht primär in den Kompetenzbereich desselben gehören, um den es hier von der Sachlage her geht.

Ferner bin ich derzeit außerstande Angaben über Höhe der Erntemenge und den Erlös derselben geben zu können, da der Status der Veränderung keine seriösen Normwerte derzeit erlaubt. Es wird sich aber durch das Heranwachsen von jungen Kulturen die Erntemenge in der Regel jährlich steigern.

Von der Pflanzung "alter, ungebräuchlicher" Obstsorten kann in diesem Wortlaut überhaupt nicht die Rede sein. Ich selektiere gewünschte, vom Geschmack her gefragte Typen von Obst.

Im wesentlichen wird sich aber das Angebot im Sortiment immer im Rahmen eines Dutzends bewegen, um Erschwernisse bei der Bewirtschaftung im Griff zu behalten. Eine "Vielzahl grundverschiedener Verfahrenstechniken" erwächst aus der Nutzungsvielfalt auch nicht, da es an sich egal ist, ob man viel- oder bloß einfärbige Äpfel pflückt. Es sagt dies allein noch nichts über die einzubringende Gesamtmenge aus. Auch von umfangreichen "Geräten" kann keine Rede sein, da der Apfelpflücker (Körbchen am Stiel) für alle Sorten tauglich ist.

...

Ein Gutteil des Baumbestandes ist derzeit - fast wäre ich geneigt zu sagen glücklicherweise - noch nicht im tragfähigen Alter. Ohne die Möglichkeit der sachgemäßen Lagerung wäre ich gezwungen, die Ernte zur Zeit des größten Angebotes quasi zu verschleudern. Es erwüchsen mir durch diesen Umstand erhebliche Einkommensverluste.

Zur Erntemenge von ein oder zwei Bäumen selber Sorte, die, wie zitiert, so gering sein soll, daß sie nicht einmal vermarktbar sein kann, will ich hinzufügen, daß der reichtragendste Baum heuer etwa 100 kg Früchte tadelloser Qualität geliefert hat. Nimmt man bloß ein Drittel dieser Menge und multipliziert diese mit der Anzahl der vorhandenen Bäume, so ergibt sich daraus eine Summe, die sogar in schlechten Erntejahren weit über den sogenannten "Eigenbedarf" hinausreicht.

Ohne den geringsten Zweifel ist zu meiner Arbeit zu sagen, daß diese auf Jahre vorausgeplant ist und unter Berücksichtigung auf Ökologie und Ökonomie nachhaltig auf Nebenerwerb ausgerichtet betrieben wird.

..."

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 25. November 1996 wurde die beantragte Bewilligung im Grunde des § 19 Abs. 2 und 4

NÖ Raumordnungsgesetz versagt, weil der beantragte Bau keiner widmungsgemäßen landwirtschaftlichen Betriebsführung diene und das Vorhaben demnach in Widerspruch zu der im Flächenwidmungsplan festgelegten Grünlandnutzung Landwirtschaft stehe.

In der dagegen erhobenen Berufung rügt der Beschwerdeführer neuerlich das Sachverständigengutachten, auf welches sich die Baubehörde erster Instanz gestützt hat. Dieses Gutachten gebe die tatsächlichen Gegebenheiten "in verzerrter oder unrichtiger Form" wieder.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 26. Februar 1997 wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Die Berufungsbehörde hat das Ermittlungsverfahren nicht ergänzt.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Nö Landesregierung vom 4. September 1997 wurde die Vorstellung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führt die belangte Behörde aus, die im Gemeindeakt enthaltenen Äußerungen des Beschwerdeführers ließen "auch im Gesamten kein geordnetes, planvolles, in erster Linie auf Gewinnerzielung orientiertes Betriebskonzept" erkennen. Seine Erklärungen und Stellungnahmen enthielten hinsichtlich der beabsichtigten Bearbeitung und des zu erwartenden Ertrages nur sehr vage Angaben, die die durchaus schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen nicht zu erschüttern vermocht hätten. Ein Widerspruch zu den tatsächlichen Gegebenheiten sei nicht nachvollziehbar, zumal selbst die Ausführungen des Beschwerdeführers derartige Widersprüche nicht aufzuzeigen vermocht hätten. Zu Recht habe der Gemeinderat der mitbeteiligten Partei darauf hingewiesen, daß der Beschwerdeführer dem Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten sei. Nicht die amtliche Eigenschaft des Sachverständigen sei wesentlich, sondern der innere Wahrheitswert des jeweiligen Gutachtens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung der beantragten Baubewilligung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vor dem Verwaltungsgerichtshof rügt der Beschwerdeführer neuerlich die von den Baubehörden aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse gezogene und von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid als richtig erkannte rechtliche Schlußfolgerung, das hier zu beurteilende Bauwerk sei für eine landwirtschaftliche Nutzung der in Rede stehenden Grundstücke des Beschwerdeführers nicht erforderlich.

Gemäß § 19 Abs. 2 des NÖ Raumordnungsgesetzes 1976 (NÖ ROG 1976) in der Fassung der hier anzuwendenden, am 1. Jänner 1996 in Kraft getretenen Novelle LGBl. 8000-10, ist das Grünland entsprechend den örtlichen Erfordernissen und naturräumlichen Gegebenheiten in dort näher umschriebene Nutzungsarten zu gliedern. Für den vorliegenden Beschwerdefall ist die Ziffer 1. Land- und Forstwirtschaft heranzuziehen, welche folgenden Wortlaut hat:

"Flächen, die der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung, der Errichtung von Wohngebäuden im Hofverband zur Befriedigung der familieneigenen Wohnbedürfnisse der Inhaber sowie der Übernehmer land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und der Errichtung von Bauwerken für die Ausübung der Land- und Forstwirtschaft und deren Nebengewerbe im Sinne der Gewerbeordnung dienen. ..."

Hiezu wird im Abs. 4 dieses Paragraphen näher angeordnet:

"(4) Im Grünland dürfen Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sowie die Herstellung und Abänderung von baulichen Anlagen nur dann bewilligt werden, wenn sie für eine Nutzung gemäß Abs. 2 erforderlich sind."

Die vom Beschwerdeführer behauptete und im Verfahren vor den Verwaltungsbehörden vom beigezogenen Sachverständigen beschriebene Nutzung der in Rede stehenden Grundstücke als Wein- und Obstgartenfläche stellt sich als eine mit der Grünlandwidmung mit der hier maßgeblichen Nutzungsart "Land- und Forstwirtschaft" vereinbare landwirtschaftliche Bewirtschaftung dieser Flächen im Sinne des § 19 Abs. 2 NÖ ROG 1976 dar. Zu der insoweit vergleichbaren Rechtslage vor der Novelle LGBl. 8000-10 hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit eines Bauvorhabens nach § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 ausgeführt, daß zunächst zu prüfen sei, ob die geplante landwirtschaftliche Nutzung der zu beurteilenden Flächen zumindest die Annahme eines land- und forstwirtschaftlichen Nebenerwerbes rechtfertigt, wobei an die hiefür maßgeblichen Kriterien ein strenger Maßstab anzulegen ist. Erst bei Bejahung dieser Frage dem Grunde nach ist zu prüfen, ob für eine solche landwirtschaftliche Nutzung die hiefür vorgesehene, dem Antrag auf Erteilung der Baubewilligung zugrunde liegende bauliche Anlage erforderlich ist (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 96/05/0198, mit weiteren Nachweisen).

Im hg. Erkenntnis vom 20. April 1995, Zl. 92/06/0036, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Heranziehung seiner bisherigen Rechtsprechung dargelegt, daß zum Begriff der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Zusammenhang mit der zulässigen Nutzung von der Land- und Forstwirtschaft gewidmeten Grundflächen im Sinne der raumordnungsrechtlichen Bestimmungen anders als etwa im Bauernsozialversicherungsrecht, auf welches auch im vorliegenden Fall der Beschwerdeführer zu Unrecht verweist, nicht schon jede land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit im technischen Sinne gehört. Demnach ist das Vorliegen betrieblicher Merkmale, d.h. eine planvolle, grundsätzlich auf die Erzielung von Einnahmen gerichtete nachhaltige Tätigkeit wesentlich, die zumindest die Annahme eines nebenberuflichen landwirtschaftlichen (d.h. der Urproduktion dienenden) Betriebes rechtfertigen. Ob zumindest ein solcher landwirtschaftlicher Nebenbetrieb vorliegt, hängt einerseits von der Betriebsgröße, aber auch von dem erzielbaren Bewirtschaftungserfolg ab. Der Bewirtschaftungserfolg kann vor allem in jenen Fällen, in denen nicht schon die Betriebsgröße auf das Vorliegen landwirtschaftlicher Nutzung schließen läßt, d. h. vor allem im Grenzbereich vom landwirtschaftlichen Nebenbetrieb zum (reinen) "Hobby", ein Indiz dafür sein, ob eine über einen bloßen Zeitvertreib hinausgehende landwirtschaftliche Nutzung im hier maßgebenden Sinne vorliegt. Wenn in einem solchen Fall von vornherein ausgeschlossen ist, daß die aus der geplanten Tätigkeit zu erwartenden Einnahmen auf Dauer über den damit zusammenhängenden Ausgaben bleiben, kann dies gegen die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes sprechen.

Die Baubehörde erster Instanz hat ihren, die baubehördliche Bewilligung versagenden Bescheid auf das Gutachten des landwirtschaftlichen Sachverständigen DI P. vom 29. September 1996 gestützt, in welchem aufgrund des durchgeführten Ortsaugenscheines der damals festgestellte Bewirtschaftungszustand der zu beurteilenden Grundstücke berücksichtigt und, ausgehend von der "Bedarfserklärung" des Beschwerdeführers, in welcher "jedweder Hinweis auf eine beabsichtigte Vermarktungstätigkeit" fehlt, gefolgert wird, daß aus der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Bewirtschaftung seiner Grundstücke kein Einkommen zu erzielen ist.

In der hiezu vom Beschwerdeführer abgegebenen Stellungnahme vom 18. Oktober 1996 werden die diesem Gutachten zugrunde gelegten Sachverhaltsannahmen ausdrücklich bekämpft und darauf hingewiesen, daß die Arbeit "auf Jahre vorausgeplant ist und unter Berücksichtigung auf Ökologie und Ökonomie nachhaltig auf Nebenerwerb ausgerichtet betrieben wird". Auf die erzielte Erntemenge und deren Qualität und die daraus resultierende Notwendigkeit der Vermarktung der über den Eigenbedarf hinausgehenden Menge wird in dieser Stellungnahme ebenfalls hingewiesen. Die Baubehörde erster Instanz hat zu dieser Stellungnahme des Beschwerdeführers keine Ergänzung des Gutachtens eingeholt, sondern ihren Bescheid vom 25. November 1996 lediglich damit begründet, daß der beantragte Preßraum samt Keller "keiner widmungsgemäßen landwirtschaftlichen Betriebsführung" diene. Die Berufungsbehörde hat ohne weitere Erhebungen der Berufung des Beschwerdeführers mit dem Hinweis keine Folge gegeben, daß "allein die Absicht, ein Grundstück auch der landwirtschaftlichen Nutzung zuführen zu wollen", die Notwendigkeit der landwirtschaftlichen Nutzung im Sinne des § 19 NÖ ROG 1976 nicht zu begründen vermöge.

Im angefochtenen Bescheid wird das fehlende Betriebskonzept dem Beschwerdeführer seinem Vorbringen im Verwaltungsverfahren entgegengehalten. Seine Erklärungen und Stellungnahmen seien nur vage Angaben und vermögen die schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen nicht zu erschüttern.

Die aus § 13a AVG abzuleitende Manuduktionspflicht der Behörde kann zwar nicht so weit gehen, daß der Begriff Landwirtschaftsbetrieb mit dem Beschwerdeführer im Einzelnen näher erörtert (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1990, Zl. 90/05/0075) und der Beschwerdeführer im Rahmen eines Verbesserungsauftrages nach § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert wird, ein entsprechendes Betriebskonzept vorzulegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat aber in ständiger Rechtsprechung zu gleichgelagerten Fällen die Vorlage eines Betriebskonzeptes gefordert (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1992, Zl. 91/05/0195, u.a.). Im Zuge des Verwaltungsverfahrens hätte daher der Beschwerdeführer - allenfalls nach einer diesbezüglichen Aufforderung durch die Baubehörden - ein solches Betriebskonzept vorlegen müssen, welches der Sachverständige bei Erstellung seines Gutachtens heranzuziehen hat. Dieses Betriebskonzept ist, falls es die Behörde oder der von ihr bestellte Sachverständige für erforderlich erachtet, auch zu ergänzen. In einem zur abschließenden Beurteilung der Verwaltungsangelegenheit in diesem Sinne vorzulegenden Betriebskonzept hat der Beschwerdeführer sein bisher insoweit erstattetes Vorbringen durch nähere Konkretisierung (insbes. durch ziffernmäßige, auf ein Erntejahr bezogene Angaben) seines Vorhabens dahingehend zu ergänzen, wieviel Obst von welchen Bäumen und Weinstöcken er zu ernten erwartet, welchen Aufwand an Arbeit sowie Kapital er plant und welchen Ertrag und Gewinn er demnach erwartet. Ein derartiges Betriebskonzept ist für die Beurteilung der Angelegenheit deshalb unerläßlich, weil ein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb - wie vom Beschwerdeführer behauptet - nur dann vorliegen kann, wenn sich aus der beabsichtigten Betriebsführung wenigstens mittelfristig ein Gewinn erzielen läßt. Ob die vom Beschwerdeführer so konkretisierten Angaben richtig sind, hat der Sachverständige unter Berücksichtigung der übrigen Verfahrensergebnisse in seinem Gutachten zu beurteilen.

Die belangte Behörde hat zwar - anders als die Gemeindebehörden - die Notwendigkeit der Vorlage eines Betriebskonzeptes erkannt, sie hat jedoch diesen Umstand nicht zum Anlaß genommen, den Gemeindebehörden eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens in der Richtung aufzutragen, daß - nach Aufforderung des Beschwerdeführers zur Vorlage eines Betriebskonzeptes im aufgezeigten Umfang - der Sachverständige auf Grund dieser Angaben und unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 18. Oktober 1996 ein für die rechtliche Beurteilung ausreichendes Gutachten erstattet, welches in der Folge auch dem Beschwerdeführer zur Kenntnis zu bringen ist (vgl. hiezu auch die hg. Erkenntnis vom 17. November 1981, Zl. 81/05/0104, und vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0050).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft den nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand sowie das Begehren auf Zuerkennung der schon im pauschalierten Schriftsatzaufwand enthaltenen Umsatzsteuer.

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