VwGH 97/04/0217

VwGH97/04/021717.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Urban, über die Beschwerde des Dr. S in R, vertreten durch MMag. Dr. E, Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. August 1997, Zl. 311.746/2-III/A/2a/96, betreffend Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage (mitbeteiligte Partei: Mag. C in R, vertreten durch Dr. D, Rechtsanwalt), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §353 Z1;
GewO 1994 §353 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AVG §59 Abs1;
GewO 1994 §353 Z1;
GewO 1994 §353 Z2;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §81;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15. Oktober 1993 wurde der mitbeteiligten Partei die gewerbebehördliche Genehmigung für die Änderung einer näher beschriebenen, genehmigten gewerblichen Betriebsanlage (Lkw-Abstellplatz bzw. Garage) "nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und sonstigen Unterlagen" unter im einzelnen angeführten Auflagen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden, "soweit sie nicht in den Auflagen dieses Bescheides oder Anpassungen des Projektes berücksichtigt wurden", als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde - nach Darstellung des Verwaltungsverfahrens - im wesentlichen ausgeführt, es sei aufgrund der eingeholten Sachverständigengutachten bei plan- und projektsgemäßer Ausführung zu erwarten, daß die von der Anlage ausgehenden Beeinträchtigungen unter der Zumutbarkeitsgrenze lägen, sodaß alle Voraussetzungen für die Genehmigung der von der mitbeteiligten Partei beantragten Änderung erfüllt seien.

Aufgrund der vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung erging der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol am 27. Juli 1995. Mit diesem Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und der Spruch des Erstbescheides dahin abgeändert, daß der mitbeteiligten Partei "die Genehmigung für die Änderung der eingangs beschriebenen Anlage nach Maßgabe der einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Pläne und sonstigen Unterlagen mit einer Betriebszeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr" unter im einzelnen angeführten Auflagen erteilt werde. Das Ansuchen um Genehmigung des Betriebes der gegenständlichen Anlage während der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr, nämlich für Räum- und Streueinsätze in den Wintermonaten, werde verweigert. Die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Lärm würden, soweit ihnen nicht durch teilweise Verweigerung der (Betriebs-)Genehmigung (für die Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr) stattgegeben worden sei, abgewiesen. Die Einwendungen des Beschwerdeführers hinsichtlich Staubbelästigung würden ab-, die übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers zurückgewiesen. Im übrigen wurde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge gegeben. Begründend wurde - nach Wiedergabe der Verfahrensergebnisse - im wesentlichen ausgeführt, von der gegenständlichen Betriebsanlage sei eine voraussehbare Gesundheitsgefährdung für den Beschwerdeführer gegeben, zu deren Abwendung die Einschränkung des Betriebes auf die Tagstunden (06.00 Uhr bis 22.00 Uhr) die einzige technisch denkbare Möglichkeit darstelle. Das Ansuchen sei daher, soweit es sich auf die Nachtstunden erstrecke, abzuweisen gewesen. Im übrigen seien die von der Anlage ausgehenden Lärmstörungen als zumutbare Belästigungen anzusehen. Auch seien - der Betriebsanlage zurechenbare - Staubbelästigungen nicht zu erwarten.

Aufgrund der auch gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Beschwerdeführers erging der Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 22. August 1997. Mit diesem Bescheid wurde die Berufung "gemäß § 81 GewO 1994 als unbegründet abgewiesen und die Änderung der Betriebsanlage (Lkw-Abstellplatz) nach Maßgabe der einen Bescheidbestandteil bildenden und als solche gekennzeichneten Pläne bezüglich der Erdwälle nördlich der Betriebsanlage genehmigt. Im übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt." Hiezu wurde - nach Darstellung des vom Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten eingeholten gewerbetechnischen Gutachtens - im wesentlichen ausgeführt, die im Zuge der Berufungsverhandlung am 7. und 8. Mai 1996 von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Pläne über Aufschüttung von zwei Erdwällen nördlich der Betriebsanlage stellten eine das Wesen der Anlage nicht verändernde und somit zulässige Projektmodifikation dar. Die im Zuge der genannten Augenscheinsverhandlung vorgenommenen Schallpegelmessungen hätten die von den Vorinstanzen durchgeführten Messungen bestätigt, sodaß auf die ausführlichen medizinischen Gutachten der Vorinstanzen zurückgegriffen werden könne. Es sei demnach bei einer Betriebszeit von 06.00 Uhr bis 22.00 Uhr keine Gefährdung der Gesundheit der Nachbarn zu erwarten. Zur Frage, ob durch den Betrieb des Lkw-Abstellplatzes bzw. der Lkw-Garage eine unzumutbare Belästigung des Beschwerdeführers eintrete, werde festgestellt, daß diese Beurteilung eine Rechtsfrage darstelle und dabei die Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse maßgeblich seien. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß bereits im Jahre 1947 die Errichtung einer Lkw-Garage bzw. eines Lkw-Abstellplatzes genehmigt worden und auch in Betrieb gegangen sei. Der Beschwerdeführer habe sich

- unbestrittenermaßen - im Wissen um eine derartige Betriebsanlage in seiner unmittelbaren Nachbarschaft an seiner nunmehrigen Adresse angesiedelt. Der Maßstab der Zumutbarkeit sei daher höher anzusehen als im Falle einer neu zu errichtenden Betriebsanlage.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen

Bescheid "in seinen subjektiv öffentlichen Rechten

a) auf Versagung der Genehmigung der Änderung einer bereits genehmigten Betriebsanlage gemäß § 81 Abs. 1 in Verbindung mit § 77 und § 74 Absatz 2 Z. 1 und Z. 2 GewO 1994, da die Gefährdung der Gesundheit des Beschwerdeführers als Nachbar nicht vermieden ist und die Belästigungen des Beschwerdeführers als Nachbar durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub und Erschütterung nicht auf ein zumutbares Maß beschränkt sind;

b) auf Durchführung eines ordnungsgemäßen, dem Gesetz entsprechenden Verfahrens;

c) auf Einhaltung des § 37 AVG, wonach die Behörde den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichem Interesse zu geben hat;

d) auf Einhaltung des § 45 Abs. 2 AVG, wonach die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen hat, ob eine Tatsache als erwiesen anzusehen ist oder nicht;

e) auf hinreichende Bestimmtheit des Spruches des Bescheides der belangten Behörde;

f) auf hinreichende Begründung des Bescheides der belangten Behörde gemäß §§ 58 Abs. 2 iVm 57 und 60 AVG;

g) auf Zurückweisung des Antrages wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG

verletzt." Er bringt in Ausführung dieses Beschwerdepunktes u. a. vor, der Spruch des angefochtenen Bescheides sei nicht hinreichend bestimmt, weil insbesondere unklar bleibe, welche "sonstigen Unterlagen" zur Ermittlung des Inhaltes der erteilten Genehmigung heranzuziehen seien.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht:

Gemäß § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides die in Verhandlung stehende Angelegenheit und alle die Hauptfrage betreffenden Parteienanträge, ferner die allfällige Kostenfrage in möglichster gedrängter, deutlicher Fassung unter Anführung der angewendeten Gesetzesbestimmungen, und zwar in der Regel zur Gänze, zu erledigen.

Davon ausgehend sind der Genehmigung gemäß § 81 GewO 1994 zugrundeliegende, Projektbestandteile enthaltende Pläne und Beschreibungen im Spruch des Bescheides so eindeutig zu bezeichnen, daß eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches möglich ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 29. Mai 1984, Zl. 84/04/0020, Slg. Nr. 11.456/A).

Diesem Erfordernis wird der angefochtene Bescheid allerdings schon deshalb nicht gerecht, weil durch die Übernahme der im zweitinstanzlichen Bescheid erfolgten Bezugnahme auf nicht näher beschriebene "sonstige Unterlagen" der Inhalt der solcherart erteilten Genehmigung offen bleibt.

Daß diese Unterlagen spruchgemäß "einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides" bilden, vermag daran nichts zu ändern, fehlt doch jeglicher Anhaltspunkt, um welche Unterlagen es sich dabei handle (selbst ein Genehmigungsvermerk), sodaß eine eindeutige Zuordnung eines oder mehrerer Schriftstücke ausgeschlossen ist.

Der solcherart eine Nachprüfung in Ansehung eines eindeutigen normativen Abspruches nicht zulassende angefochtene Bescheid erweist sich somit als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte