VwGH 97/03/0027

VwGH97/03/00279.7.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde der GG in G, vertreten durch Hausmaninger Herbst Wietrzyk Rechtsanwälte-Partnerschaft in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom 16. Dezember 1996, Zl. KUVS-1067/3/96, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:

Normen

StVO 1960 §48 Abs1;
StVO 1960 §48 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §48 Abs2;
StVO 1960 §48 Abs4;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
StVO 1960 §48 Abs1;
StVO 1960 §48 Abs2 idF 1994/518;
StVO 1960 §48 Abs2;
StVO 1960 §48 Abs4;
StVO 1960 §52 lita Z10a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin wegen der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 mit einer Geldstrafe von S 4.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen) bestraft, weil sie am 17. Jänner 1996 um 14.31 Uhr in Villach auf der Südautobahn A 2, Richtungsfahrbahn Villach - Staatsgrenze Italien, bei Bau-km 355.004, Knoten Villach, als Lenkerin eines nach dem Kennzeichen bestimmten Pkws die mittels Vorschriftszeichen kundgemachte höchstzulässige Fahrgeschwindigkeit von 100 km/h "um 62 km/h (laut Lasermessung - Verkehrsfehlergrenze wurde berücksichtigt)" überschritten habe.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Einholung von Stellungnahmen des Straßenbauamtes Villach, des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr und des Landesgendarmeriekommandos für Kärnten in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 26. Jänner 1995, Zl. 138.002/157-I/31-94, wurde die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf beiden Richtungsfahrbahnen der Südautobahn A 2 im Bereich von km 354,464 bis km 356,402 auf 100 km/h beschränkt. Diese Verordnung wurde durch Aufstellung von Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 auf beiden Seiten der Fahrbahn kundgemacht.

Die Beschwerdeführerin macht geltend, daß die angeführte Verordnung nicht gehörig kundgemacht worden sei. Dies zum einen deshalb, weil ca. 15 bis 20 m vor dem Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 ein sieben Zeilen umfassendes Hinweiszeichen gemäß § 53 Abs. 1 Z. 22 leg. cit. angebracht gewesen sei. Aus dem unter Berücksichtigung der Verkehrsverhältnisse auf einer Autobahn weitaus zu geringen Abstand zwischen den angeführten Verkehrszeichen sowie der "Überfrachtung" des Hinweiszeichens sei abzuleiten, daß die Verordnung über die Geschwindigkeitsbeschränkung nicht dem § 48 Abs. 1 StVO 1960 entsprechend gehörig kundgemacht worden sei, weil das entsprechende Straßenverkehrszeichen von den Lenkern herannahender Fahrzeuge nicht "leicht und rechtzeitig" erkannt werden könne.

Zum anderen sei das Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 an einer Stelle angebracht, an der ein durch Bodenmarkierungen (Markierung mit unterbrochenen Linien und Richtungspfeilen) bezeichneter Fahrstreifen zur Abfahrt auf die Autobahn A 10 bereits ungefähr die halbe Fahrstreifenbreite erreicht habe. Zufolge dieses Ortes der Aufstellung des Straßenverkehrszeichens sei unklar, ob die verordnete Beschränkung bloß für den zur A 10 abzweigenden Fahrstreifen oder bloß für die Fahrbahn der A 2 oder für beide gelte. Diese durch die Art der Kundmachung der Verordnung hervorgerufene Unklarheit müsse zugunsten des Rechtsunterworfenen ausgelegt werden.

Ferner sei es nach § 48 Abs. 2 und 4 StVO 1960 nicht zulässig, Verkehrszeichen beiderseits der Fahrbahn auf Stehern eines "Überkopfwegweisers" anzubringen; eine solche Vorgangsweise widerspreche auch der Grundregel des § 48 Abs. 1 leg. cit. Die hier maßgebenden Bestimmungen des § 48 Abs. 1, 2 und 4 StVO 1960 lauten:

"(1) Die Straßenverkehrszeichen (§§ 50, 52 und 53) sind als Schilder aus festem Material unter Bedachtnahme auf die Art der Straße und unter Berücksichtigung der auf ihr üblichen Verkehrsverhältnisse, namentlich der darauf üblichen Geschwindigkeit von Fahrzeugen, in einer solchen Art und Größe anzubringen, daß sie von den Lenkern herannahender Fahrzeuge leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Im Verlauf derselben Straße sind womöglich Straßenverkehrszeichen mit gleichen Abmessungen zu verwenden.

...

(2) Die Straßenverkehrszeichen sind auf der rechten Straßenseite oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, sofern sich aus diesem Bundesgesetz nichts anderes ergibt. Die zusätzliche Anbringung an anderen Stellen ist zulässig. Auf Autobahnen sind Gefahrenzeichen und Vorschriftszeichen auf beiden Seiten oder oberhalb der Fahrbahn anzubringen, ausgenommen auf Streckenteilen, die in der jeweiligen Fahrtrichtung nur einen Fahrstreifen aufweisen.

...

(4) Auf einer Anbringungsvorrichtung für Straßenverkehrszeichen (wie Standsäulen, Rahmen, Träger u. dgl.) dürfen nicht mehr als zwei Straßenverkehrszeichen angebracht werden; dies gilt nicht für eine Kundmachung nach § 25 Abs. 2 oder § 44 Abs. 4 sowie für die Anbringung der Hinweiszeichen "Wegweiser" oder die Anbringung von Straßenverkehrszeichen, deren Inhalt miteinander in Zusammenhang steht."

Die Behauptung der Beschwerdeführerin, die Entfernung zwischen dem Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a

Z 10a StVO 1960 und dem Hinweiszeichen nach § 53 Abs. 1 Z. 22 leg. cit. habe 15 bis 20 m betragen, findet in den Ergebnissen des Verwaltungsstrafverfahrens und der vom Verwaltungsgerichtshof durchgeführten Erhebungen keine Grundlage. In dem vom Straßenbauamt Villach vorgelegten Lageplan wird die Entfernung zwischen den genannten Verkehrszeichen mit 98 m ausgewiesen. Diese Angabe läßt sich sowohl mit der Aussage des vor der belangten Behörde als Zeugen vernommenen Meldungslegers HS, wonach die Entfernung ca. 50 bis 100 m betragen habe, als auch mit den in den Verwaltungsakten erliegenden Lichtbildern und dem vom Straßenbauamt Villach vorgelegten Foto hinsichtlich der darauf dargestellten örtlichen Verhältnisse in Einklang bringen. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß die Standorte beider Straßenverkehrszeichen zwischenzeitig verändert worden seien, ist eine bloße Vermutung, für die es keine objektiven Anhaltspunkte gibt. Sowohl in der Stellungnahme des Straßenbauamtes Villach vom 9. September 1997 als auch im Bericht des Landesgendarmeriekommandos Kärnten, Verkehrsabteilung, Außenstelle Villach, vom 12. März 1998 und in der Mitteilung des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr vom 16. April 1998 wurden Änderungen der Standorte der Verkehrszeichen jedenfalls seit Jänner 1996 verneint. Daß - wie die Beschwerdeführerin vorbringt - die Hinweistafel ausgetauscht worden sei, rechtfertigt ebensowenig den Schluß auf eine Standortsänderung wie der Umstand, daß die Wegweiserbrücke, auf der (bzw. auf deren Höhe) die Vorschriftszeichen gemäß § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 angebracht waren, nicht auf dem Lageplan des Straßenbauamtes Villach aufscheint. Der von der Beschwerdeführerin vorgelegte Videofilm liefert keine Aufschlüsse über die örtlichen Verhältnisse zur Tatzeit. Geht man aber von einem Abstand von 98 m zwischen den Verkehrszeichen aus, dann kann auch unter Berücksichtigung der auf Autobahnen üblichen Geschwindigkeiten nicht angenommen werden, daß das Verkehrszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 von den Lenkern herannahender Fahrzeuge bei pflichtgemäßer Aufmerksamkeit nicht leicht und rechtzeitig im Sinne des § 48 Abs. 1 leg. cit. erkannt werden könnte.

Aus den in der Verhandlung vor der belangten Behörde vom Meldungsleger vorgelegten Lichtbildern geht hervor, daß die Fahrbahn der Autobahn (A 2) am Ort der Aufstellung des Verkehrszeichens nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 bereits Bodenmarkierungen (Leitlinien) für einen in weiterer Folge zur A 10 abzweigenden Fahrstreifen aufwies. Dieser Umstand vermag jedoch entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin keine einen Kundmachungsmangel der Geschwindigkeitsbeschränkungsverordnung begründende Unklarheit zu bewirken. Für geprüfte Kraftfahrzeuglenker konnten nämlich keine Zweifel bestehen, daß sich die entsprechend dem § 48 Abs. 2 dritter Satz StVO 1960 durch auf beiden Seiten der Fahrbahn angebrachte Vorschriftszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung auf die gesamte Fahrbahn der A 2 bezieht und dort bis zu ihrer Aufhebung gilt. Da es sich nämlich am Ort der Kundmachung unbestritten um einen Streckenteil handelte, der mehrere Fahrstreifen aufwies, ergab sich auch für einen Lenker, dessen Sicht auf das links von der Fahrbahn angebrachte Straßenverkehrszeichen allenfalls verdeckt war, vor dem Hintergrund des § 48 Abs. 2 StVO eindeutig, daß sich das Gebot auf die gesamte Fahrbahn bezog.

Ob das an dem der Verordnung entsprechenden Ort des Beginnes der Geschwindigkeitsbeschränkung aufgestellte Vorschriftszeichen nach § 52 lit. a Z. 10a StVO 1960 auf der rechten und linken Seite der Fahrbahn auf eigenen Standsäulen, den senkrechten Teilen eines Überkopfwegweisers oder links auf dem senkrechten Teil eines Überkopfwegweisers und rechts auf einer eigenen Standsäule angebracht war, ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin unerheblich. Aus § 48 Abs. 2 und 4 StVO 1960 kann nämlich nicht abgeleitet werden, daß - wie die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 1. August 1997 ausführt - "auf Autobahnen Straßenverkehrszeichen nur auf derselben Anbringungsvorrichtung, also - wenn sich darunter ein Vorschriftszeichen befindet - nur entweder oberhalb der Fahrbahn oder auf beiden Seiten angebracht werden dürfen". Die Bestimmung des § 48 Abs. 2 StVO 1960 (in der Fassung der 19. Novelle, BGBl. Nr. 518/1994) verfolgt den Zweck, auf Autobahnen mit mehreren Fahrstreifen sicherzustellen, daß auch Fahrzeuglenker, die nicht den rechten Fahrstreifen benutzen, Gefahren- und Vorschriftszeichen auf jeden Fall wahrnehmen können, auch wenn sie gerade an einem auf dem rechten Fahrstreifen befindlichen Fahrzeug vorbeifahren und daher die auf der rechten Fahrbahnseite angebrachten Verkehrszeichen nicht wahrnehmen können (vgl. 1580 BlgNR 18. GP, 30). Ein normativer Gehalt dahin, daß Straßenverkehrszeichen auf derselben Anbringungsvorrichtung nur auf beiden Seiten oder nur oberhalb der Fahrbahn angebracht werden dürfen, kann weder dieser Bestimmung noch der des § 48 Abs. 4 StVO 1960 entnommen werden. Diesbezüglich unterscheidet sich die Regelung für Autobahnen von der für alle sonstigen Straßen geltenden Rechtslage nur dadurch, daß bei den letzteren eine seitliche Anbringung nicht auf der rechten und linken, sondern nur auf der rechten Straßenseite zu erfolgen hat. Das Gesetz schließt es jedoch nicht aus, z.B. auf der senkrechten Anbringungsvorrichtung eines Überkopfwegweisers (auf der rechten Straßenseite, sofern es sich um keine Autobahnen handelt) Straßenverkehrszeichen anzubringen; es wird auch nicht danach differenziert, ob es sich dabei um Gefahren- und Vorschriftszeichen handelt oder nicht. Gegen die "kumulierende" Nutzung einer Anbringungsvorrichtung besteht vielmehr kein Einwand, sofern nicht gegen § 48 Abs. 1 oder 4 StVO 1960 oder andere Vorschriften verstoßen wird. Ein derartiger Verstoß liegt jedoch bei der im Beschwerdefall vorliegenden Konstellation nicht vor. Es ist insbesondere nicht zu erkennen, daß die hier angebrachten Vorschriftszeichen von den Lenkern herannahender Fahrzeuge auch unter Berücksichtigung der auf Autobahnen üblichen Verkehrsverhältnisse und Geschwindigkeiten bei gehöriger Aufmerksamkeit nicht leicht und rechtzeitig im Sinne des § 48 Abs. 1 StVO 1960 erkannt werden könnten.

Der Verwaltungsgerichtshof kann daher nicht finden, daß die gegenständliche Verordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung nicht gehörig kundgemacht worden sei.

In der Sache bekämpft die Beschwerdeführerin die ihr angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung mit der Behauptung, daß die mit einem Lasermeßgerät vorgenommene Messung in Wahrheit nicht das von ihr gelenkte Fahrzeug erfaßt habe. Dieses Vorbringen stellt sich als eine bloße, durch kein tatsächliches Substrat oder Beweisanbot untermauerte Vermutung dar. Da es sich bei einem geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser, wie er im Beschwerdefall verwendet worden ist, grundsätzlich um ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit handelt und einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines solchen Gerätes betrauten Sicherheitsorgan aufgrund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. März 1994, Zl. 93/03/0238), ist dieses Vorbringen nicht geeignet, Bedenken gegen die auf das Ergebnis der Geschwindigkeitsmessung gestützte Beweiswürdigung der belangten Behörde zu erwecken. Soweit sich die Beschwerdeführerin auf einen in ZVR 1996/89 veröffentlichen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark und das dort wiedergegebene Sachverständigengutachten beruft, ist sie darauf zu verweisen, daß dieser Bescheid (über Amtsbeschwerde des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr) mit

hg. Erkenntnis vom 16. April 1997, Zl. 96/03/0306, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben wurde, weil die Schlüssigkeit des Sachverständigengutachtens nicht abschließend beurteilt werden konnte.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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