Normen
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 13. Oktober 1997 wurden der Antrag des Beschwerdeführers - eines türkischen Staatsangehörigen - vom 8. November 1995 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und der damit verbunde Antrag auf Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und seine beiden minderjährigen Kinder "gemäß § 39 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 i.d.g.F. (StbG) i.V.m. §§ 10 Abs. 1 Z. 6, 16 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 18 leg. cit." abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der in Jugoslawien geborene Beschwerdeführer 1966 mit seiner Familie in die Türkei ausgewandert sei. Dort habe er bis 1978 die Schule besucht. Seit 12. Juni 1978 halte er sich nunmehr mit ununterbrochenem Hauptwohnsitz in Österreich auf.
Überdies wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer am 18. November 1993 vom Bezirksgericht Salzburg wegen eines Vergehens nach dem Lebensmittelgesetz (fahrlässiges In-Verkehr-bringen verdorbener Cevapcici am 6. Mai 1993) zu einer Geldstrafe im Ausmaß von 10 Tagessätzen zu je S 50,-- verurteilt worden sei. Eine weitere strafgerichtliche Verurteilung (durch das Landesgericht Salzburg wegen § 107 Abs. 1 StGB) stamme vom 10. Februar 1994. Ihr liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 27. März 1993 während eines Streitgesprächs seinen Widersacher gefährlich bedrohte, indem er in drohender Haltung auf ihn zuging und sich mit einem 30 cm langen Küchenmesser "vor ihm aufbaute". Darüberhinaus sei der Beschwerdeführer achtmal rechtskräftig verwaltungsbehördlich bestraft worden, und zwar wegen verschiedener Rechtsverletzungen im Zeitraum 1993 bis 1996. Im einzelnen handle es sich um Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung (darunter um eine "Übertretung" der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 34 km/h und um die Nichtbeachtung des Rotlichts einer Verkehrslichtsignalanlage), um eine mit S 1.000,-- sanktionierte Übertretung des § 82 Abs. 1 SPG in Verbindung mit einer mit S 500,-- bestraften Übertretung des § 2 des Salzburger Landespolizeistrafgesetzes (wegen eines Vorfalles vom 30. Jänner 1995) und um zwei, 1993 und 1995 gesetzte Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes.
Bei den Bestrafungen nach der Straßenverkehrsordnung (Geschwindigkeitsübertretung und Nichtbeachtung des Rotlichts), nach dem StGB, dem LMG sowie dem SPG (offenkundig gemeint: den diesen Bestrafungen zugrundeliegenden Taten) handle es sich um Angriffe gegen die körperliche Sicherheit und Gesundheit sowie um Verstöße gegen die der Sicherheit des Straßenverkehrs dienenden Vorschriften. Diese mehrmals erfolgten Eingriffe in das Rechtsgut der körperlichen Sicherheit und Gesundheit anderer Menschen ließen den Schluß zu, der Beschwerdeführer werde möglicherweise auch in Zukunft wesentliche zur Abwehr "der unterdrückenden Gefahren" für Leben, Gesundheit, Sicherheit "sowie die öffentliche Ruhe und Ordnung" erlassenen Vorschriften mißachten. Er habe über Jahre hindurch immer wieder gegen Verwaltungsvorschriften sowie gegen Bestimmungen des Strafgesetzbuches verstoßen, und zwar selbst noch während des bereits anhängigen Verfahrens um Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft. Die belangte Behörde komme daher zu der Auffassung, daß der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit darstelle. Somit sei das Verleihungshindernis nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG verwirklicht, weshalb die übrigen in § 10 Abs. 1 StbG aufgestellten Einbürgerungserfordernisse nicht mehr geprüft werden müßten.
Da die Erstreckung der Verleihung nur gemeinsam mit der Verleihung selbst erfolgen könne, seien auch die Erstreckungsanträge der Ehegattin und der beiden minderjährigen Kinder abzuweisen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG darf die österreichische Staatsbürgerschaft einem Fremden nur verliehen werden, wenn er nach seinem bisherigen Verhalten Gewähr dafür bietet, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der nach dieser Gesetzesstelle vorzunehmenden Beurteilung vom Gesamtverhalten des Einbürgerungswerbers, welches wesentlich durch das sich aus der Art, Schwere und Häufigkeit der von ihm begangenen Straftaten ergebende Charakterbild bestimmt wird, auszugehen. Hiebei stellt der Gesetzgeber nicht auf formelle Gesichtspunkte ab, sondern es ist lediglich maßgebend, ob es sich um Rechtsbrüche handelt, die den Schluß rechtfertigen, der Betreffende werde auch in Zukunft wesentliche, zum Schutz vor Gefahren für das Leben, die Gesundheit, die Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung erlassene Vorschriften mißachten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 96/01/0985). Dies ist insbesondere bei gerichtlich strafbaren Handlungen gegen die körperliche Unversehrtheit der Fall.
Davon ausgehend hat die belangte Behörde zu Recht die den beiden gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers zugrunde liegenden Taten in ihre Prognose einbezogen und an die Spitze ihrer Erwägungen gestellt. Insbesondere trifft ihre Einschätzung zu, daß die am 27. März 1993 verwirklichte gefährliche Drohung (§ 107 Abs. 1 StGB) nach Art und Umständen ihrer Begehung als "schwer" zu beurteilen sei; indem der Beschwerdeführer in drohender Haltung auf seinen damaligen Kontrahenten zuging und sich mit einem ca. 30 cm langen Küchenmesser in der Hand "vor ihm aufbaute", um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen (so die von der Behörde wiedergegebenen wesentlichen Entscheidungsgründe des Urteils des Landesgerichtes Salzburg vom 10. Februar 1994), legte er erhebliches Aggressionspotential an den Tag. Das Beschwerdevorbringen, der Beschwerdeführer habe keine Gewaltbereitschaft gezeigt, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Soweit in diesem Zusammenhang ergänzend damit argumentiert wird, daß das Gericht seiner Verantwortung keinerlei Glauben geschenkt habe, ist der Beschwerdeführer auf die Rechtskraft der gerichtlichen Verurteilung zu verweisen. Rechtskraft steht auch den Ausführungen, für das der gerichtlichen Bestrafung nach dem LMG zugrunde liegende Fehlverhalten sei in Wahrheit der gewerberechtliche Geschäftsführer der vom Beschwerdeführer geleiteten Gesellschaft m.b.H. verantwortlich gewesen, entgegen.
Unzutreffend ist das Beschwerdevorbringen, die beiden gegenständliche Delikte lägen bereits mehr als fünf Jahre zurück. Ausgehend von den unbestrittenen Tatbegehungszeitpunkten (27. März 1993 und 6. Mai 1993) waren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides richtigerweise knapp mehr/knapp weniger als viereinhalb Jahre vergangen. Soweit die Beschwerde im übrigen mit seitherigem Wohlverhalten argumentiert, ist ihr aus dem Blickwinkel der Verurteilung wegen gefährlicher Drohung nach § 107 StGB zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer auch in weiterer Folge eine dem Einsatz von Gewalt nicht abgeneigte Grundstimmung dokumentierte. Nicht anders kann jedenfalls die rechtskräftige Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 26. Mai 1995 gedeutet werden, der zugrunde liegt, daß sich der Beschwerdeführer am 30. Jänner 1995 trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnahm, durch heftiges Gestikulieren mit den Armen aggressiv verhalten und dadurch die Amtshandlung behindert habe und so den Tatbestand nach § 82 Abs. 1 SPG verwirklichte. Auch insoweit geht der sinngemäß erhobene Einwand, die Strafverfügung sei zu Unrecht erlassen worden, im Hinblick auf deren Rechtskraft ins Leere.
Was die weiteren von der belangten Behörde zur Begründung ihrer Entscheidung herangezogenen Rechtsverletzungen anlangt, so kommt in ihnen zwar keine besondere Gewaltbereitschaft zum Ausdruck. Sie lassen jedoch die im bekämpften Bescheid vertretene Ansicht, der Beschwerdeführer biete aufgrund seines bisherigen Verhaltens keine Gewähr dafür, keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit zu bilden, unbedenklich erscheinen. Soweit der Beschwerdeführer des weiteren nur eine der Bestrafung wegen eines Vergehens nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erwähnt und ins Treffen führt, er habe in den letzten fünf Jahren keine diesbezüglichen Tathandlungen gesetzt, ist ihm das in der Entscheidung der belangten Behörde richtig wiedergegebene Erkenntnis des UVS Salzburg vom 12. August 1996 in Erinnerung zu rufen, welches sich auf den Tatzeitraum vom 1. Jänner 1995 bis zum 6. März 1995 bezieht. Daß schließlich Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung grundsätzlich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in die Beurteilung nach § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG miteinzubeziehen sein können (vgl. abermals das Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 96/01/0985), gesteht die Beschwerde selbst zu.
Der Beschwerdeführer bringt erkennbar vor, er stelle keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar. Damit verkennt er den Inhalt der Verleihungsvoraussetzung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG. Denn im Gegensatz zu etwa den Aufenthalt von Fremden in Österreich regelnden Vorschriften, welche darauf abstellen, daß bestimmte Tatsachen vorliegen müssen, aufgrund derer die Annahme gerechtfertigt sei, daß ein Fremder die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden werde (vgl. z. B. § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997), enthält § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG die Formulierung, daß der Einbürgerungswerber Gewähr dafür bieten müsse, daß er zur Republik Österreich bejahend eingestellt ist und keine Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit bildet. Das Staatsbürgerschaftsgesetz normiert damit einen gegenüber dem Einbürgerungswerber strengeren Maßstab als das Fremdengesetz. Tathandlungen, welche eine konkrete Gefährdungsprognose etwa im Sinn der eben genannten Vorschrift des § 10 Abs. 2 Z. 3 Fremdengesetz 1997 nicht zuließen, können durchaus den Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG erfüllen (vgl. das Erkenntnis vom 3. September 1997, Zl. 97/01/0123). Daß dies die belangte Behörde in concreto mit Recht annahm, wurde schon ausgeführt, zumal, wie dargestellt, nicht davon die Rede sein kann, daß sich der Beschwerdeführer seit mehr als fünf Jahren wohlverhalten habe oder daß allen Rechtsverletzungen bloß Bagatellcharakter zukomme. Soweit ergänzend auf den fast zwanzigjährigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich und auf seine volle soziale Integration Bezug genommen wird, kann das im Hinblick auf die gegen Ende dieses Aufenthaltes gesetzten strafbaren Handlungen unter dem Blickwinkel des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG zu keiner anderen Prognose führen.
Inwieweit dem angefochtenen Bescheid schließlich ein Begründungsmangel anhaften soll - nur insoweit führt die Beschwerde die auch geltend gemachte Verletzung von Verfahrensvorschriften aus -, ist nicht ersichtlich. Insgesamt erweist sich die Beschwerde somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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