VwGH 97/01/0662

VwGH97/01/066211.3.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Schick und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde des J, vertreten durch Mag. Gerhard Stauder, Rechtsanwalt in Wien VII, Siebensterngasse 42, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Februar 1997, Zl. MA 61/IV - H 8/96, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Februar 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Jänner 1996 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, BGBl. Nr. 311 (StbG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, daß der am 22. November 1957 geborene Beschwerdeführer, ein als Konventionsflüchtling anerkannter iranischer Staatsangehöriger, nach seinen eigenen Angaben seit 1979 (nachweislich seit 1984) in Österreich lebe. Er sei im Jahre 1986 von der Bundespolizeidirektion Salzburg wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges in alkoholisiertem Zustand, wobei er einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe, gemäß § 5 (vollständig: Abs. 1) StVO bestraft worden, wobei ihm die Lenkerberechtigung vom 20. Juni bis 20. November 1986 entzogen worden sei.

Am 4. Februar 1988 sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen versuchten Diebstahles zu einer einmonatigen bedingten Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden.

Am 15. Jänner 1991 sei über den Beschwerdeführer wegen § 5 Abs. 1 und 2 StVO und § 134 KFG eine Geldstrafe von S 22.500,-- rechtskräftig verhängt worden, weil er am 5. Mai 1990 um

20.10 Uhr ein Fahrzeug in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gelenkt und am selben Tag um 21.50 Uhr dieses Fahrzeug vor Wiederausfolgung des zuvor abgenommenen Führerscheines neuerlich in Betrieb genommen habe. In diesem Zusammenhang sei ihm die Lenkerberechtigung für neun Monate entzogen worden.

Am 29. August 1995 sei der Beschwerdeführer wegen Anstiftung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in durch Alkohol beeinträchtigtem Zustand gemäß § 7 VStG iVm § 5 Abs. 1 StVO mit einer Geldstrafe von S 8.000,-- bestraft worden. Da die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen worden sei, sei die Bestrafung rechtskrätig.

Der Beschwerdeführer habe somit immer wieder wesentliche österreichische Rechtsvorschriften mißachtet. Bei der Übertretung des § 5 Abs. 1 und Abs. 2 StVO und der Anstiftung hiezu handle es sich um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen. Die belangte Behörde sehe sich daher "derzeit" nicht in der Lage, vom freien Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen. Es könne nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein oder dem allgemeinen Wohl entsprechen, einen Fremden, der oftmals gegen für die Allgemeinheit wichtige Schutzvorschriften verstoßen habe, einzubürgern.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Gemäß § 10 Abs. 1 StbG kann einem Fremden bei Erfüllung der zwingenden Verleihungsvoraussetzungen der Z. 1 bis 8 dieser Bestimmung die Staatsbürgerschaft verliehen werden. Gemäß § 11 StbG hat sich die Behörde bei der Ausübung des ihr im § 10 eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. Bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, oder des Protokolls BGBl. Nr. 78/1974, über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht eindeutig hervor, daß die belangte Behörde das Vorliegen der zwingenden Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 StbG als gegeben erachtet und den Antrag ausschließlich in Ausübung des freien Ermessens gemäß § 11 leg. cit. abgewiesen hat. Soweit sich der Beschwerdeführer gegen die Abweisung seines Antrages in Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 6 StbG wendet, geht sein Vorbringen daher ins Leere.

Vom Verwaltungsgerichtshof ist somit lediglich zu prüfen, ob die belangte Behörde von dem ihr eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 93/01/1530).

Der belangten Behörde war es nicht verwehrt, Umstände, die bereits bei der Prüfung der Verleihungsvoraussetzungen gemäß § 10 Abs. 1 StbG zu berücksichtigten waren, insbesondere die strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers, auch diejenigen, bei denen die Strafe bereits getilgt ist, im Rahmen der freien Ermessensübung heranzuziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. September 1997, Zl. 96/01/1224).

Soweit der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte die Bestrafung vom 29. August 1995 nicht berücksichtigen dürfen, weil die dagegen erhobene Berufung nicht meritorisch erledigt, sondern als verspätet zurückgewiesen worden sei, ist ihm zu entgegnen, daß aufgrund der somit in Rechtskraft erwachsenen erstinstanzlichen Bestrafung feststeht, daß der Beschwerdeführer die zugrundeliegende strafbare Handlung begangen hat.

Der Beschwerdeführer wurde in einem Zeitraum von neun Jahren insgesamt viermal im Zusammenhang mit der Begehung von Alkoholdelikten nach der StVO bestraft, wobei er bei der der Bestrafung vom 15. Jänner 1991 zugrundeliegenden Tat etwa eineinhalb Stunden nach der Betretung und Abnahme des Führerscheins neuerlich das Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb nahm. Zuletzt wurde er bestraft, weil er - am 30. April 1995 - einen Anderen veranlaßte, sein Fahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand in Betrieb zu nehmen. Da es sich beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand um ein die Sicherheit anderer Verkehrsteilnehmer in besonderem Maß gefährdendes Verhalten handelt, hat die belangte Behörde zu Recht ausgeführt, daß es sich sowohl bei der unmittelbaren Begehung dieser Tat als auch bei der Veranlassung eines anderen zur Begehung einer derartigen Handlung um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen handelt.

Da der Beschwerdeführer keine Umstände aufzeigt, weshalb die von ihm zu verantwortenden Verstöße gegen § 5 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StVO anders zu beurteilen seien, zeigt er mit seinem Vorbringen, die belangte Behörde hätte sich mit den "näheren Umständen" der vorgeworfenen Verstöße gegen die Rechtsordnung näher auseinandersetzen müssen, jedenfalls keinen relevanten Verfahrensmangel auf.

Im Hinblick darauf, daß der Beschwerdeführer in bezug auf die öffentliche Interessen in besonders gravierender Weise gefährdende Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO mehrmals rückfällig geworden ist und die letzte einschlägige strafbare Handlung im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht einmal zwei Jahre zurücklag, kann der Verwaltungsgerichtshof auch unter Berücksichtigung der festgestellten Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers und seines inländischen Aufenthaltes - selbst wenn dieser, wie der Beschwerdeführer behauptet, bereits 18 Jahre dauert - nicht finden, daß ein Ermessensmißbrauch oder eine Ermessensüberschreitung durch die belangte Behörde und demnach eine vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 130 Abs. 2 B-VG wahrzunehmende Rechtswidrigkeit vorliegt.

Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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