VwGH 97/01/0099

VwGH97/01/009913.5.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ferchenbauer, über die Beschwerde der E, vertreten durch die gesetzliche Vertreterin Edita Vorica Bitai, diese vertreten durch Dr. Günther Csar, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, Hauptplatz 35, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. Dezember 1996, Zl. 4.336.503/5-III/13/96, betreffend Feststellung der Flüchtlingseigenschaft, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1968 §1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;
AsylG 1968 §1;
AVG §37;
FlKonv Art1 AbschnA Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige von Rumänien, die am 8. Mai 1992 in das Bundesgebiet eingereist ist, beantragte am 18. Mai 1992 die Gewährung von Asyl.

Die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich stellte mit dem Bescheid vom 26. August 1992 fest, daß die Beschwerdeführerin nicht Flüchtling sei.

Die belangte Behörde erließ im Instanzenzug den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem sie die Berufung der Beschwerdeführerin abwies. Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid aus, die Mutter der Beschwerdeführerin als ihre gesetzliche Vertreterin habe in deren niederschriftlichen Einvernahmen ausgeführt, daß Übergriffe von Ortsbewohnern ihres damaligen Wohnortes erfolgt seien und diese die Beschwerdeführerin - die der ungarischen Minderheit angehöre - ultimativ aufgefordert hätten, das Dorf zu verlassen.

Die belangte Behörde begründete ihre Entscheidung u.a. auch damit, daß sich die Beschwerdeführerin und ihre Familie diesen Feindseligkeiten durch einen Wohnsitzwechsel innerhalb ihres Heimatlandes hätten entziehen können. Vor ihrer Ausreise nach Österreich habe sie sich einige Wochen im 70 km entfernten Baia Mare aufgehalten. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe für die Beschwerdeführerin etwaige Beeinträchtigungen wegen der Zugehörigkeit zur ungarischen Minderheit an diesem Ort nicht behauptet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die Beschwerdeführerin bezeichnet das zuletzt genannte Begründungselement des angefochtenen Bescheides als "einerseits verfehlt und andererseits rechtswidrig, zumal für diese Schlußfolgerungen ausreichende Tatsachenfeststellungen fehlen. Allenfalls hätte die belangte Behörde eine Ergänzung und Wiederholung des Ermittlungsverfahrens anzuordnen gehabt." Das Ermittlungsverfahren sei "offenkundig mangelhaft" gewesen, weil die belangte Behörde verpflichtet gewesen wäre, die Beschwerdeführerin bzw. ihre Mutter darauf hinzuweisen, daß sie die "diesbezüglich fehlende Argumentation" dahingehend werten werde, daß die Beschwerdeführerin an einem anderen Wohnort in Rumänien vor Verfolgungshandlungen sicher gewesen wäre. Die Mutter der Beschwerdeführerin habe angegeben, daß ihr eine Versetzung nicht genehmigt worden sei. Das nicht genehmigte Verziehen an einen anderen Ort bedeute den Verlust des Arbeitsplatzes und in der Folge eine massive Bedrohung der Lebensgrundlage ihrer Mutter und sohin auch ihrer Familie.

Das Vorbringen der Mutter der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren zeigte die Bedrohung der Familie am Arbeitsort der Mutter der Beschwerdeführerin (Tirlisuara) durch andere Ortsbewohner auf, jedoch wurde keine derartige Bedrohung etwa für Baie Mare behauptet, wohin die Familie zur Großmutter der Beschwerdeführerin zog, bevor sie Rumänien verließ, sodaß die diesbezügliche Feststellung der belangten Behörde mit der Aktenlage übereinstimmt.

Rechtlich ergibt sich daraus, daß die Beschwerdeführerin mit dem Verlust des Arbeitsplatzes ihrer Mutter aufgrund Wohnortwechsel keine massive Bedrohung ihrer Existenzgrundlage aufzeigt. Denn sie bringt weder vor, daß ihre Großmutter oder ihr Vater nicht in der Lage gewesen wäre, für sie zu sorgen, noch, daß es ihrer Mutter aus bestimmten Gründen nicht möglich gewesen wäre, eine Arbeitsstelle an einem anderen Ort Rumäniens anzunehmen bzw. daß der rumänische Staat (in Beachtung des Umstandes, daß die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Verfolgung nicht in unmittelbarer staatlicher Verfolgung läge, sondern in einer von der örtlichen Polizei des ehemaligen Wohnortes geduldeten Bedrohung durch andere Dorfbewohner) für in Not geratende Staatsbürger nicht sorge.

Mit dem oben wiedergegebenen Beschwerdevorbringen legt die Beschwerdeführerin die Relevanz der von ihr behaupteten Verfahrensmängel nicht dar, weil die Beschwerdeführerin auch in der Beschwerde ein konkretes Vorbringen, weshalb der Verlust des Arbeitsplatzes in Tirlisuara die Lebensgrundlage der Mutter der Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführerin in Baia Mare massiv bedroht hätte, nicht erstattet hat.

Zudem waren die Behörden entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin in Ansehung der amtswegigen Ermittlungspflicht des § 37 iVm § 39 Abs. 2 AVG (und nicht des § 16 Asylgesetz 1991, denn im gegenständlichen Fall war aufgrund der Anhängigkeit des Verfahrens in erster Instanz nach Inkrafttreten des Asylgesetzes 1991 weiterhin das Asylgesetz (1968) anzuwenden) nicht verpflichtet, die rechtlichen Folgerungen der Unterlassung eines Vorbringens zu Umständen, die in der Sphäre der Beschwerdeführerin liegen, vorzuhalten.

Die Ansicht der belangten Behörde, der Beschwerdeführerin wäre an ihrem neuen Wohnort Baia Mare eine innerstaatliche Fluchtalternative offengestanden, begegnet daher keinen Bedenken; ihr Schluß, die Beschwerdeführerin sei nicht Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, ist schon aus diesem Grund berechtigt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

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