VwGH 96/19/2254

VwGH96/19/22545.6.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1977 geborenen AA, vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 31. Mai 1996, Zl. 301.055/5-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §6 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs2;
B-VG Art7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, verfügte über einen Wiedereinreisesichtvermerk mit Gültigkeit vom 25. Februar 1992 bis zum 20. Februar 1993. Seine Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom 21. Februar 1994, 21. Oktober 1994 sowie 24. Jänner 1995 wurden jeweils mit rechtskräftigen Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien bzw. des Bundesministers für Inneres abgewiesen.

Am 4. Dezember 1995 (eingelangt bei der Behörde erster Instanz am 21. Dezember 1995) stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung und gab als Aufenthaltszweck den der Familiengemeinschaft mit seinem gesetzlichen Vormund, seiner Schwägerin, sowie den des privaten Aufenthaltes an. Der Landeshauptmann von Wien wies den Antrag mit Bescheid vom 7. März 1996 gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf hinwies, seit 1989 in Österreich zu sein und bis 1993 ein Visum erhalten zu haben. Er lebe vom Einkommen seines Bruders und weise darauf hin, daß sein Vormund, seine Schwägerin, österreichische Staatsbürgerin sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 31. Mai 1996 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 AufG ab. Die belangte Behörde stellte fest, der Beschwerdeführer habe nach der Aktenlage seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung im Inland eingebracht. Er sei auch seit 18. Juli 1994 im Inland polizeilich aufrecht gemeldet und gebe in seinem Antrag als einzigen derzeitigen Wohnsitz auch nur seine Unterkunft in Österreich an. Er habe somit seinen Antrag nicht vor der Einreise in das Bundesgebiet gestellt, woraus sich ergebe, daß die Verfahrensvorschrift des § 6 Abs. 2 AufG anzuwenden und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ausgeschlossen sei. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß nur die dargestellten familiären Beziehungen zu Österreich bestünden. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und der privaten im Rahmen des Art. 8 MRK sei aufgrund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 6 Abs. 2 AufG lautete:

§ "6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. .... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: im Falle des Verlustes der österreichischen Staatsbürgerschaft, des Asyls oder des Aufenthaltsrechts gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1; weiters in den Fällen des § 7 Abs. 2, des § 12 Abs. 4 und einer durch zwischenstaatliche Vereinbarung oder durch eine Verordnung gemäß § 14 FrG ermöglichten Antragstellung nach Einreise; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältigen Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z. 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszweckes kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden."

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage zuletzt über einen Wiedereinreisesichtvermerk mit Gültigkeit vom 25. Februar 1992 bis 20. Februar 1993. Am 1. Juli 1993 war der Beschwerdeführer somit nicht rechtmäßig im Inland, weshalb seine Aufenthaltsberechtigung nicht gemäß § 13 AufG übergeleitet werden konnte. Schließlich wurden mehrere Anträge des Beschwerdeführers rechtskräftig abgewiesen. Die belangte Behörde wertete den verfahrensgegenständlichen Antrag vom 4. Dezember 1995 somit zu Recht als Erstantrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, für dessen Beurteilung § 6 Abs. 2 erster Satz AufG heranzuziehen war.

Gemäß § 6 Abs. 2 erster Satz AufG ist der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. Das in dieser Bestimmung normierte Erfordernis ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes nicht als bloße Formvorschrift zu werten, sondern als Voraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung eines Antrages nach sich zieht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 24. Jänner 1997, Zl. 96/19/1010, sowie Zl. 95/19/0895).

Vom Erfordernis der Antragstellung vom Ausland aus wäre nur dann abzusehen, wenn der Beschwerdeführer zu jenem Personenkreis zählte, der aufgrund § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung der Bundesregierung ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt ist. Weder aus den vorgelegten Verwaltungsakten noch aus dem Beschwerdevorbringen ergeben sich jedoch Hinweise darauf, daß der Beschwerdeführer zu diesem Personenkreis zählt. So kann der Beschwerdeführer auch aus dem Umstand, daß eine österreichische Staatsbürgerin zu seinem Vormund bestellt wurde, nichts gewinnen. Die für Angehörige österreichischer Staatsbürger mögliche Inlandsantragstellung im Falle einer Einreise gemäß § 14 Abs. 3 FrG oder der Erteilung eines Sichtvermerkes vor der Einreise (vgl. § 4 Z. 2 der Verordnung BGBl. Nr. 854/1995) kommt im Fall des Beschwerdeführers deshalb nicht zum Tragen, weil zu den im § 3 Abs. 1 Z. 1 AufG genannten Angehörigen lediglich Ehegatten und eheliche und außereheliche minderjährige Kinder zählen, nicht aber Personen, für die ein Österreicher zum Vormund bestellt wurde. Stand dem Beschwerdeführer somit keine Möglichkeit zur Antragstellung vom Inland aus offen, hatte die belangte Behörde den Antrag daher an § 6 Abs. 2 erster Satz AufG zu messen.

Der Beschwerdeführer bestreitet weder in der Berufung noch in der Beschwerde, sich im Zeitpunkt der Antragstellung im Inland aufgehalten zu haben. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die Behörde den Antrag des Beschwerdeführers wegen Nichterfüllung der Voraussetzung des § 6 Abs. 2 AufG abwies. Daran vermag auch - sollte das Vorbringen des Beschwerdeführers so gemeint sein - der Umstand nichts zu ändern, daß an "sämtliche übrigen Verwandten" Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden waren, weil, selbst wenn diese Entscheidungen sachverhaltsbezogen überhaupt vergleichbar und rechtswidrig gewesen sein sollten, niemand einen Anspruch darauf hat, daß sich eine Behörde, die sich in anderen Fällen rechtswidrig verhält, auch ihm gegenüber rechtswidrig verhalte (vgl. Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes8, Rz 1357, mwH).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994.

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