Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §182;
BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §29;
BewG 1955 §30 Abs1;
BewG 1955 §30 Abs2 Z3;
BewG 1955 §31 Abs1;
BewG 1955 §32 Abs4;
BewG 1955 §33 Abs1;
BewG 1955 §46 Abs5;
BewG 1955 §51 Abs1;
BewG 1955 §52 Abs1;
BewG 1955 §52 Abs2;
BAO §115 Abs1;
BAO §166;
BAO §167 Abs2;
BAO §182;
BewG 1955 §2 Abs1;
BewG 1955 §29;
BewG 1955 §30 Abs1;
BewG 1955 §30 Abs2 Z3;
BewG 1955 §31 Abs1;
BewG 1955 §32 Abs4;
BewG 1955 §33 Abs1;
BewG 1955 §46 Abs5;
BewG 1955 §51 Abs1;
BewG 1955 §52 Abs1;
BewG 1955 §52 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von 12.920 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer einer wirtschaftlichen Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens.
Mit dem an die Beschwerdeführer ergangenen Bescheid vom 29. April 1987 stellte das Finanzamt den Einheitswert zum 1. Jänner 1987 für eine wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens fest. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, Erhebungen des Finanzamtes hätten ergeben, daß die Gebäudeteile links und rechts der Einfahrt Kainreith 22 ("Wohngebäude I bis III") nicht mehr land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten. Diese Gebäudeteile seien daher samt entsprechender Grundstücksflächen aus dem landwirtschaftlichen Vermögen - bislang seien sie im landwirtschaftlichen Einheitswert erfaßt gewesen - auszuscheiden gewesen. Die Gebäudeteile umfaßten eine Fläche von 137 m2, die ausgeschiedene Grundfläche bestehe aus dem Teil des Innenhofes linksseitig der Einfahrt im Ausmaß von 204 m2 und dem ebenfalls linksseitig der Einfahrt gelegenen Teil des Gartens hinter der Scheune im Ausmaß von 504 m2.
In der Berufung gegen den Einheitswertbescheid wird ausgeführt, alle Gebäudeteile stellten ein einheitliches Ganzes dar und seien mit dem landwirtschaftlichen Betrieb verpachtet. Die Wohngebäude könnten nur durch die landwirtschaftliche Einfahrt betreten werden. Der Pächter verwende die Liegenschaft in vollem Umfang für die Landwirtschaft.
Mit Berufungsvorentscheidung wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab. Die landwirtschaftlichen Flächen von ca. 10 ha seien an einen Gast- und Landwirt verpachtet. Das Ausgedinge-Gebäude linksseitig der Einfahrt (Wohngebäude I und II) und die dazugehörigen Gartenteile seien aber von der Verpachtung ausgenommen; diese Teile seien nicht landwirtschaftlich genutzt. Die Berufungsbehauptung, wonach die Gebäudeteile zur Gänze landwirtschaftlichen Zwecken dienten, sei daher unrichtig. Der Gebäudeteil III liege rechts der Einfahrt und sei wohl vom Pachtvertrag umfaßt; er werde aber seit Jahren vom Pächter nicht mehr landwirtschaftlich genutzt, was auch bei der Besichtigung durch das Finanzamt vom 13. April 1987 habe festgestellt werden können. Die berufungsgegenständlichen Gebäudeteile und Grundstücksflächen (204 m2 des Innenhofes Gst. 46 von insgesamt 1.048 m2; 504 m2 des Gartens Gst. 47 von insgesamt
1.450 m2) seien daher als Grundvermögen zu bewerten.
Die Beschwerdeführer beantragten die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Der gesamte Garten werde vom Pächter genutzt. Dies hätten sie bei einer Besichtigung vom 7. Oktober 1987 festgestellt. Es seien landwirtschaftliche Geräte abgestellt gewesen. Der Innenhof liege derzeit im landwirtschaftlichen Sinn brach, da hier biologischer Landbau geplant sei. Auch wenn dies im Pachtvertrag nicht niedergeschrieben sei, werde die landwirtschaftliche Nutzung überall geduldet.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde habe vergebens versucht, einen Ortsaugenschein in Gegenwart der Beschwerdeführer durchzuführen. Es sei aber nicht gelungen, einen Termin mit den Beschwerdeführern festzulegen. Strittig sei im gegenständlichen Fall die Abgrenzung zwischen dem Grundvermögen einerseits und dem umliegenden landwirtschaftlichen Vermögen andererseits. Nach einem Pachtvertrag aus dem Jahr 1971 seien (noch vom Rechtsvorgänger der Beschwerdeführer) Flächen im Ausmaß von 10,6127 ha samt dem Gebäude verpachtet worden; ausdrücklich ausgenommen sei jedoch das Ausnahmegebäude (Ausgedingegebäude) mitsamt den dazugehörigen Gartenteilen. Nach Ansicht der belangten Behörde seien dauernd leerstehende Gebäude(teile) aus dem landwirtschaftlichen Vermögen auszuschließen. Die Abgrenzung dieser durch den Pachtvertrag ausdrücklich abgesonderten Teile durch das Finanzamt umfasse das Wohngebäude I mit einer Fläche von 81,25 m2, das Wohngebäude II mit einer Fläche von 9 m2, das Wohngebäude III mit einer Fläche von 46,50 m2, einen Teil des Innenhofes, der vom Pächter nicht genutzt werde, im Ausmaß von 204 m2 sowie einen Teil des Gartens hinter der Scheune, der nicht landwirtschaftlich genutzt werde, im Ausmaß von 504 m2. Als Beweismittel hiefür habe das Finanzamt eine mit dem Pächter am 13. April 1987 aufgenommene Niederschrift herangezogen. Die Behauptung im Vorlageantrag, die landwirtschaftliche Nutzung werde überall geduldet, erweise sich in Anbetracht des Pachtvertrages und der Niederschrift vom 13. April 1987 als aktenwidrig. Die Ausführungen im Vorlageantrag, wonach der gesamte Garten vom Pächter genutzt werde, stehe im Widerspruch zu den Ausführungen des Pächters in der genannten Niederschrift. Die Beweisaufnahme durch Vornahme eines Lokalaugenscheines sei aufgrund des Verhaltens der Beschwerdeführer nicht in deren Gegenwart möglich gewesen und daher nicht durchgeführt worden. Da die Angaben des Pächters mit dem Pachtvertrag übereinstimmten, folge ihnen die belangte Behörde. Der tatsächlichen Nutzung sei der Vorzug gegenüber der inneren Absicht der Eigentümer zu geben, weshalb der Hinweis auf den geplanten biologischen Landbau nicht ausreichend sei; die Teilflächen im Innenhof und im Garten seien vom Pachtvertrag ausgenommen. Sie dienten keiner konkreten landwirtschaftlichen Bewirtschaftung. Daß auf diesen Flächen landwirtschaftliche Geräte abgestellt würden, entspreche nicht der Aktenlage. Das Finanzamt habe im Zuge des im April 1987 durchgeführten Augenscheines keine abgestellten Maschinen vorgefunden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 1 BewG gehören zum landwirtschaftlichen Vermögen alle Teile einer wirtschaftlichen Einheit, die dauernd einem landwirtschaftlichen Hauptzweck dient.
Gemäß § 30 Abs. Z. 3 BewG gelten Gebäude oder Räume, die zu eigenen gewerblichen Zwecken des Betriebsinhabers verwendet werden, zu gewerblichen oder Wohnzwecken vermietet sind oder sonstigen betriebsfremden Zwecken dienen, nicht als Teile des landwirtschaftlichen Betriebes.
Gemäß § 33 Abs. 1 BewG ist Wohnungswert der Wert der Gebäude oder Gebäudeteile, die dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigen Personen als Wohnung dienen. Nach der Bestimmung des § 33 Abs. 1 zweiter Satz BewG ist der Wohnungswert u. a. beim landwirtschaftlichen Vermögen bis zu einem, nach den Vorschriften über die Bewertung von bebauten Grundstücken ermittelten Wert von 30.000 S Bestandteil des Vergleichswertes.
Wohngebäude bzw -gebäudeteile gehören nur dann zum landwirtschaftlichen Vermögen, wenn sie dem Betriebsinhaber, seinen Familienangehörigen, den Ausnehmern und den überwiegend im Haushalt des Betriebsinhabers beschäftigen Personen als Wohnung dienen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1984, 82/17/0123). Dabei ist im Falle der Betriebsverpachtung der Pächter als Betriebsinhaber anzusehen und nicht der Eigentümer. Daher dient etwa ein Gebäude, das vom Eigentümer des Betriebes, der nicht zugleich Betriebsinhaber ist, bewohnt wird, nicht einem landwirtschaftlichen, sondern einem betriebsfremden Zweck und gilt nicht als Teil des landwirtschaftlichen Betriebes.
Durch die Verpachtung der landwirtschaftlichen Grundflächen ist der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen dem nicht verpachteten Gebäude und dem verpachteten Betrieb unterbrochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. November 1969, 669/68).
Wenn nach den gegebenen Verhältnissen, insbesondere mit Rücksicht auf die bestehenden Verwertungsmöglichkeiten, anzunehmen ist, daß dauernd leerstehende Gebäude oder Gebäudeteile in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden, sind sie - in entsprechender Anwendung des § 52 Abs. 2 BewG - aus dem landwirtschaftlichen Vermögen auszuschließen (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, BewG, § 30 Seite 163).
Sind Gebäude oder Gebäudeteile aus dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen auszuscheiden, so sind auch allfällige damit zusammenhängende Grundstücksflächen (insbesondere Hausgärten oder Lagerplätze) auszuscheiden (vgl. Twaroch/Wittmann/Frühwald, aaO).
Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid davon ausgegangen, daß ein vom Vater der Beschwerdeführer mit dem Pächter abgeschlossener Pachtvertrag auf Verpächterseite von den Beschwerdeführern fortgesetzt worden ist. Teile des Wohnhauses sowie die "dazugehörenden Gartenteile" sind nach dem Inhalt des schriftlichen Pachtvertrages nicht mitverpachtet worden; im Streitzeitraum sind diese Gebäudeteile offenkundig auch nicht mehr (vom Vater der Beschwerdeführer) als Ausgedingewohnung benutzt worden.
Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb verpachtet, werden dabei aber Teile des Gebäudes zurückbehalten, so besteht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine bewertungsrechtlich relevante Verbindung zwischen diesen Gebäudeteilen und dem Betrieb. Die belangte Behörde konnte unbedenklich davon ausgehen, daß die nicht verpachteten Gebäudeteile sowie die nicht verpachteten "dazugehörenden Gartenteile" nicht zum landwirtschaftlichen Vermögen zählen. Daran ändert die räumliche Verbindung dieser Gebäudeteile zu den mitverpachteten Gebäudeteilen nichts.
Anderes gilt allerdings für die verpachteten Gebäudeteile. Ein mit Wirtschaftsgebäuden bzw Ställen zusammenhängender Gebäudeteil mag, wenn er langfristig leersteht und nach den gegebenen Verhältnissen anzunehmen ist, daß er in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werde, aus dem landwirtschaftlichen Vermögen auszuscheiden sein. Das Leerstehen einzelner Räumlichkeiten eines landwirtschaftlichen Anwesens bewirkt aber für sich allein jedenfalls noch nicht, daß diese nicht mehr der wirtschaftlichen Einheit des landwirtschaftlichen Vermögens angehören.
Bei jenen Grundflächen, die sich die Eigentümer zurückbehalten haben, die also nicht dem Betriebspächter zur Nutzung überlassen sind, durfte die belangte Behörde, wie bereits ausgeführt, davon ausgehen, daß sie nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb dienen. Derartiges trifft für die verpachteten Flächen nicht zu. Auch wenn das eine oder andere Ar einer ca. 10 Hektar großen landwirtschaftlichen Fläche keiner konkreten landwirtschaftlichen Nutzung zugeführt wird, ist nach der Verkehrsauffassung der Zusammenhang zum landwirtschaftlichen Betrieb nicht unterbrochen, wenn nicht eine konkrete andersartige Nutzung festgestellt ist. Solche Grundflächen zählen daher - abgesehen vom hier nicht angenommenen Fall des § 52 Abs. 2 BewG - nicht zum Grundvermögen.
Im Beschwerdefall kommt somit entscheidende Bedeutung der Frage zu, welche Teile des Anwesens nicht vom Pachtverhältnis umfaßt sind. Die Berufungsvorentscheidung geht davon aus, daß das Pachtverhältnis zwar nicht die Wohngebäude I und II, aber das Wohngebäude III umfaßt. Die belangte Behörde nimmt hingegen im angefochtenen Bescheid an, daß die Wohngebäude I, II und III vom Pachtverhältnis ausgenommen seien und stützt diese Annahme auf eine Aussage des Pächters vom 13. April 1987. Dieser Aussage ist jedoch hinsichtlich des Gebäudeteiles III nur zu entnehmen, daß der Pächter diesen nicht mehr nutze. Die belangte Behörde hat sohin offenkundig in Verkennung der Rechtslage nicht auf den Umfang des Pachtverhältnisses abgestellt, sondern auf den Umfang der tatsächlichen Nutzung.
Die Beschwerde rügt auch zu Recht, daß der angefochtene Bescheid nicht erkennen läßt, aufgrund welcher Feststellungen gerade 204 m2 des Gst. 46 und 504 m2 des Gst. 47 dem Grundvermögen zugeordnet worden sind. Soweit sich der angefochtene Bescheid auf die Niederschrift über die Aussage des Pächters vom 13. April 1987 stützt, ist zu beachten, daß dieser im gegebenen Zusammenhang lediglich folgender Satz zu entnehmen ist: "Laut Pachtvertrag wird der Garten teilweise vom Pächter und Verpächter genutzt." Die Begründung eines Bescheides hat ua aufzuzeigen, welchen Sachverhalt die Behörde als erwiesen annimmt und aufgrund welcher Überlegungen sie gerade diese Sachverhaltsannahme getroffen hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 1997, 94/13/0200). Diesen Anforderungen an eine Begründung genügt der angefochtene Bescheid hinsichtlich der in Rede stehenden Grundflächen nicht.
Die BAO schreibt der Behörde grundsätzlich nicht vor, durch welche Beweismittel sie den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen hat. Ist die Aufnahme eines Augenscheines im Rahmen der amtswegigen Ermittlungspflicht zweckdienlich, hängt dessen Anberaumung nicht von einer Parteienerklärung ab.
Der angefochtene Bescheid war sohin, weil die inhaltliche Rechtswidrigkeit gegenüber der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften prävaliert, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994. Der Ersatz der Stempelgebühren war zuzusprechen für drei Ausfertigungen der Beschwerde (360 S) und eine Ablichtung des angefochtenen
Bescheides (60 S). Die Vorlage weiterer Beilagen war zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht erforderlich.
Wien, am 10. September 1998
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