VwGH 96/09/0199

VwGH96/09/019915.4.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der Svetlana Nikolic in Wien, geboren am 16. Oktober 1960, vertreten durch Dr. Werner Zach, Rechtsanwalt in Wien I, Spiegelgasse 19, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Wien, vom 5. März 1996, Zl. 6702 B, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §56;
AuslBG §2 Abs2;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §56;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Arbeitsmarktservice hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin beantragte am 21. März 1995 beim Arbeitsmarktservice Angestellte die Feststellung, daß sie selbst für die Durchführung von Arbeiten (Architekturaufträge im Zusammenhang mit der Planung und Errichtung einer sozialen Wohnhausanlage) aufgrund eines mit einem selbständigen Architekten abgeschlossenen Werkvertrages keine Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 2 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) benötige. Sie sei ordentliche Hörerin für Architektur an der TU Wien, besitze ein eigenes Atelier mit PC, Zeichentisch, Anschluß für Telefon und Facsimile und werde zur Einkommensteuer veranlagt.

Besprechungen mit dem Werkvertragspartner erfolgten drei- bis viermal pro Monat. Sie sei im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung zum Zweck der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit gewesen, deren Verlängerung sie fristgerecht beantragt habe. Ihr Feststellungsinteresse begründete die Beschwerdeführerin nicht ausdrücklich, jedoch erkennbar damit, daß sie am 28. Dezember 1994 fristgemäß den Antrag auf Verlängerung der Wirksamkeit ihrer für den Zweck der Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit Gültigkeit bis 13. Februar 1995 erteilten Aufenthaltsbewilligung gestellt habe.

Sie legte in der Folge den Werkvertrag vom 8. Juli 1993 vor.

Die Behörde erster Instanz stellte fest, daß die vorliegende Werkvertragstätigkeit eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG darstelle und daher der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliege. Eine Antragstellung zur inhaltlichen Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen für die Beschäftigungsbewilligung habe gemäß § 19 Abs. 3 iVm § 2 Abs. 3 lit. a AuslBG durch den inländischen Werkvertragspartner zu erfolgen.

Aufgrund der dagegen erhobenen Berufung gewährte die belangte Behörde mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 Parteiengehör zu folgendem Thema:

"Entsprechend den bisher vorgelegten Nachweisen ist davon auszugehen, daß Frau Nikolic nicht aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften gemäß § 2 Abs. 2 lit. b Ausländerbeschäftigungsgesetz tätig ist. Sie ist weder Mitglied der Architektenkammer, noch wurde aufgrund der Ihnen bereits zugegangenen Feststellungen eine auf ihren Namen lautende Gewerbeberechtigung vorgelegt."

In der Stellungnahme vom 29. Jänner 1996 gestand die Beschwerdeführerin zu, daß sie keine Gewerbeberechtigung besitze und nicht Mitglied der Architektenkammer sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. März 1996 gab die belangte Behörde einerseits der Berufung keine Folge, bestätigte den angefochtenen Bescheid und wies andererseits den Antrag auf Feststellungsbescheid "mangels Antragslegitimation" zurück. Sie begründete den Bescheid nach inhaltlicher Wiedergabe der §§ 3 Abs. 1 und 2, 19 Abs. 1, 19 Abs. 3, 2 Abs. 3 und 2 Abs. 2 lit. b AuslBG folgendermaßen:

"Dem Antrag auf Feststellungsbescheid für Frau Nikolic wurde deren Werkvertrag mit Herrn Architekten Walter Selzhammer vom 8.7.1993 als Entscheidungsgrundlage nachgereicht. Frau Nikolic ist nicht Inhaberin einer auf Ihren Namen lautenden Gewerbeberechtigung und auch nicht Mitglied der Architektenkammer.

Laut Antrag auf Feststellungsbescheid vom 6.3.1995 ist Frau Nikolic aufgrund des Werkvertrages mit der Erledigung von Architekturaufträgen beschäftigt. Es handelt sich um die Planung und Errichtung einer Wohnhausanlage, für die Bau- und Detailpläne zu erstellen sind. Sie verfügt laut Antrag über ein eigenes Atelier, das mit PC, Zeichentisch, Telefon, Facsimile ausgestattet ist. Besprechungen mit dem Vertragspartner des Werkvertrages erfolgen 3 - 4 mal pro Monat.

Mit Parteiengehör vom 15.12.1995 wurden Sie ersucht nachzuweisen, ob Frau Nikolic über eine Gewerbeberechtigung verfügt oder Mitglied bei der Architektenkammer ist. Aufgrund des Parteiengehörs war zu prüfen, ob Frau Nikolic aufgrund der oben genannten "gewerberechtlichen oder sonstigen Vorschriften" tätig ist. Laut Stellungnahme zum Parteiengehör vom 29.1.1996 ist Frau Nikolic weder Inhaberin einer Gewerbeberechtigung, noch Mitglied der Architektenkammer.

Aufgrund des Anbringens ist daher davon auszugehen, daß Frau Nikolic weder aufgrund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften gemäß § 2 Abs. 2 lit b tätig ist noch gemäß obigen Bestimmungen zur Antragstellung, auch wenn es sich um die Beantragung eines Feststellungsbescheides handelt, berechtigt ist.

Die von Ihnen beantragte Feststellung, daß der Werkvertrag nicht der Bewilligungspflicht gemäß AuslBG unterliegt, ist von der dazu antragslegitimierten Person zu stellen, das ist jene Person, welche bei Zutreffen der Voraussetzungen für die Verwendung einer ausländischen Arbeitskraft eine Beschäftigungsbewilligung benötigt und nicht jene Person, für welche bei Zutreffen obiger Voraussetzungen eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist.

Der Antrag auf Feststellung, daß Frau Nikolic eine Tätigkeit ausübt, welche nicht den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes unterliegt, ist deshalb mangels Legitimation zur Antragstellung zurückzuweisen."

Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung der Beschwerde mit Beschluß vom 10. Juni 1996, B 1380/96-3, ablehnte und sie über entsprechenden Antrag der Beschwerdeführerin dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abtrat.

In einer Beschwerdeergänzung macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist der Spruch eines Bescheides in sich widersprüchlich, erweist sich ein solcher Bescheid als inhaltlich rechtswidrig.

Mit dem angefochtenen Bescheid wird einerseits der Feststellungsbescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. In diesem Bescheid war über den Antrag der Beschwerdeführerin, sie begehre die Feststellung, daß sie selbst für die Durchführung von bestimmten Arbeiten keine Beschäftigungsbewilligung im Sinne des § 2 AuslBG benötige, hinausgehend nach dem Inhalt des Bescheidspruches die Feststellung getroffen worden, die vorliegende Werkvertragstätigkeit stelle eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. b AuslBG dar und unterliege daher der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG. Die Behörde erster Instanz hat somit eine durch das Antragsbegehren nicht gedeckte Feststellung getroffen, die ein für die Beschwerdeführerin ungünstigeres Ergebnis bewirkte. Indem die belangte Behörde den negativen Feststellungsbescheid der ersten Instanz bestätigte, verletzte sie durch Aufrechterhaltung des Bescheides erster Instanz die Beschwerdeführerin in ihren Rechten. Bei einem auf Grund eines gestellten Antrages gesetzten Verwaltungsakt (der von Amts wegen nicht zu erlassen wäre) ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann, mag auch das Begehren, so wie es gestellt worden ist, aussichtslos oder gar unzulässig sein (vgl. z.B. die in Hauer-Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 167, wiedergegebene

hg. Rechtsprechung).

Der angefochtene Bescheid ist daher schon wegen dieser unzulässigen Überschreitung des Antragsbegehrens mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes behaftet.

Andererseits hat die belangte Behörde auch den Antrag der Beschwerdeführerin mangels Legitimation zur Antragstellung zurückgewiesen.

Die im gegenständlichen Fall maßgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 20. März 1975, BGBl. Nr. 218, mit dem die Beschäftigung von Ausländern geregelt wird, idF BGBl. Nr. 502/1993 (AuslBG), lauten:

"§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

...

§ 2. (1) Als Ausländer im Sinne dieses Bundesgesetzes gilt, wer nicht die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt.

(2) Als Beschäftigung gilt die Verwendung

  1. a) in einem Arbeitsverhältnis,
  2. b) in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis, sofern die Tätigkeit nicht auf Grund gewerberechtlicher oder sonstiger Vorschriften ausgeübt wird,
  3. c) in einem Ausbildungsverhältnis,
  4. d) nach den Bestimmungen des § 18 oder
  5. e) überlassener Arbeitskräfte im Sinne des § 3 Abs. 4 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes, BGBl. Nr. 196/1988.

(3) Den Arbeitgebern gleichzuhalten sind

  1. a) in den Fällen des Abs. 2 lit. b die inländischen Vertragspartner jener Personen, für deren Verwendung eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich ist,
  2. b) in den Fällen des Abs. 2 lit. c und d der Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, oder der Veranstalter und
  3. c) in den Fällen des Abs. 2 lit. e auch der Beschäftiger im Sinne des § 3 Abs. 3 des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes.

    ...

(4) Für die Beurteilung, ob eine Beschäftigung im Sinne des Abs. 2 vorliegt, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes maßgebend."

Gemäß der in § 2 Abs. 2 AuslBG enthaltenen Begriffsbestimmung gilt eine selbständige Erwerbstätigkeit nicht als Beschäftigung im Sinne des AuslBG. Die Ausstellung einer Beschäftigungsbewilligung, einer Arbeitserlaubnis oder eines Befreiungsscheines nach dem AuslBG kommt daher für selbständig Erwerbstätige nicht in Frage.

Die Beschwerdeführerin behauptet, sie sei selbständige Unternehmerin. Aus dem inhaltlichen Zusammenhang ihrer Behauptungen ist weiters ersichtlich, daß sie der Meinung ist, der von ihr abgeschlossene Werkvertrag mit dem selbständigen Architekten lasse nicht die Annahme eines arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses zu.

Ein Feststellungsinteresse, ob eine bestimmte Tätigkeit den Bestimmungen des AuslBG unterliegt, kann in begründeten Einzelfällen nicht von vornherein ausgeschlossen werden (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 96/09/0088).

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrundegelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 84/08/0047, vom 28. Juni 1988, Zl. 87/11/0066, und vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0722). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid insoweit nicht gerecht, als die belangte Behörde nicht zu erkennen gibt, ob bzw. warum sie von einem zulässigen Feststellungsinteresse ausgeht. Sollte die Begründung des angefochtenen Bescheides dahingehend zu verstehen sein, daß sie ein Feststellungsinteresse als gegeben erachtet hätte, so ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, aus welchen Gründen die belangte Behörde die Tätigkeit der Beschwerdeführerin aufgrund des gegenständlichen Werkvertrages als unselbständig oder arbeitnehmerähnlich ansah und darauf aufbauend die Antragslegitimation verneinte. Die belangte Behörde hat auch nicht die diesbezüglichen Ausführungen der Behörde erster Instanz übernommen. Sie hat sich damit begnügt, festzustellen, daß die Beschwerdeführerin ihre Tätigkeit nicht aufgrund einer erteilten Gewerbeberechtigung ausübe, und daß sie nicht der Architektenkammer angehöre. Die Feststellungen der belangten Behörde wären nur dann ausreichend, würde bereits allein der Mangel der Gewerbeberechtigung und/oder der Zugehörigkeit zur Architektenkammer zwingend zu dem Ergebnis führen, daß dann eine Beschäftigung iS von § 2 Abs. 2 AuslBG vorliegt. Dies ist jedoch nicht der Fall.

Die in der Gegenschrift von der belangten Behörde zu diesem Thema (inhaltliche Ausgestaltung des Werkvertrages, aufgrund dessen auf einen Dienstleistungsvertrag zu schließen sei) enthaltenen Ausführungen können den vorliegenden Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides im nachhinein nicht ungeschehen machen.

Somit wurden auch Verfahrensvorschriften außer acht gelassen, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Der angefochtene Bescheid war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren hinsichtlich des Schriftsatzaufwandes war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Gebührenersatz war nur in Höhe von S 420,-- (Beschwerdeergänzung dreifach, angefochtener Bescheid einfach) zuzusprechen.

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