VwGH 96/09/0072

VwGH96/09/007216.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des W G in G, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt in Graz, Rosseggerkai 3/6/11, gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Amt der steiermärkischen Landesregierung vom 11. September 1995, Zl. LAD-08.10-11/93-40, betreffend Suspendierung und Kürzung der Bezüge nach der als Landesgesetz geltenden Dienstpragmatik in einem Disziplinarverfahren sowie gegen den Berichtigungsbescheid derselben Behörde vom 20. September 1995, Zl. LAD-08.10-11/93-41, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §7 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BDG 1979 §101 impl;
BDG 1979 §124 Abs3;
BDG 1979 §98;
BDG 1979 §99;
DP/Stmk 1974 §106 Abs1 idF 1984/033;
DP/Stmk 1974 §113;
DP/Stmk 1974 §117;
LBG Stmk 1974 §4;
AVG §37;
AVG §58 Abs2;
AVG §7 Abs1;
AVG §73 Abs2;
BDG 1979 §101 impl;
BDG 1979 §124 Abs3;
BDG 1979 §98;
BDG 1979 §99;
DP/Stmk 1974 §106 Abs1 idF 1984/033;
DP/Stmk 1974 §113;
DP/Stmk 1974 §117;
LBG Stmk 1974 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand als Oberregierungsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Steiermark und war bis zu seiner Suspendierung in der Rechtsabteilung 11 (Verkehrsabteilung) des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung tätig.

Am 21. Juni 1993 faßte die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung den im folgenden auszugsweise wiedergegebenen Beschluß:

"Die Disziplinarkommission beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung hat ...beschlossen:

1.) Gemäß § 117 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1994 wird gegen ORR. W G das Disziplinarverfahren eingeleitet.

2.) Gemäß § 106 Abs. 3 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984 wird ORR. W G suspendiert.

3.) ORR W G wird aufgefordert, bis 31.8.1993 folgende Fragen zu beantworten:

...

Begründung

Die Rechtsabteilung 1 hat am 17.5.1993 die Disziplinaranzeige gegen ORR W G erstattet. Es besteht der Verdacht des Verstoßes gegen § 21 der Dienstpragmatik, § 22 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984, § 24 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989 und § 28 Dienstpragmatik in der Fassung der Dienstpragmatik-Novelle 1972.

Aufgrund der vorliegenden Unterlagen ergeben sich folgende Vorwürfe gegen ORR. W G:

1.) Laut Aktenstatistik vom Dezember 1990 sind bei ORR W G von den ihm zugeteilten Strafakten rd. 100 Stück unerledigt.

2.) Bei den laut Aktenplanabschnitt 75 zugeteilten Strafakten ließ ORR W G einen überdurchschnittlichen Aktenrückstand entstehen.

3.) Laut Aktenzählung vom 29.11.1991 waren von ORR. W G zugeteilten Akten weit über 100 Führerschein- und Strafakten als unerledigt aufgelistet.

4.) Am 4.12.1992 um ca. 10.30 Uhr hat ORR W G ORR H S mit den Worten, "daß seine Zeit in der Rechtsabteilung 11 um sei," gedroht.

5.) Am 3.12.1992 am Vormittag hat sich ORR W G ohne Abmeldung und ohne dies in der Zeitkarte zu vermerken zum Landtag begeben und sich dort einen Großteil des Vormittags aufgehalten.

6.) Am 30.12.1992 hat ORR W G FOI M K vorgehalten, daß "Sie schon sehen werde, was auf sie zukomme und sie sich nicht mehr hinterm Rock von w.Hofrat N verstecken könne".

  1. 7.) ORR W G hat die Schreibkräfte als "blöd" bezeichnet.
  2. 8.) Am 7.1.1993 erklärte ORR W G gegenüber FI U N ".... waschen Sie sich endlich einmal, daß es hier nicht so stinkt."

    9.) Von Mitarbeitern der Rechtsabteilung 11 wird in einem Schreiben vom 18.1.1993 an die DPV Graz-Landhaus ausgeführt, daß ORR W G quasi Psychoterror ausübe.

    10.) Am 10.2.1992 hat ORR W G FOI M K gegenüber gedroht, daß er schon viele Vermerke über sie habe.

    11.) ORR W G ist der Aufforderung des Abteilungsvorstandes vom 3.2.1993, zum Führerscheinakt 11-39 Pi 13-92 betreffend I P eine Stellungnahme abzugeben, nicht nachgekommen.

    12.) Am 2.3.1993 hat ORR W G die Besprechung aller Juristen der Rechtsabteilung 11 mit dem Vertreter der Rechtsabteilung 1 betreffend die Personalauslastung in ungebührlicher Weise gestört, weshalb er vom Abteilungsvorstand aus dem Zimmer verwiesen werden mußte.

    13.) An der Dienstbesprechung am 2.4.1993 hat ORR W G trotz Einladung nicht teilgenommen und erklärte dieser, an keiner Dienstbesprechung mehr teilzunehmen.

    14.) Am 14.4.1993 hat ORR W G Ch M gegenüber erklärt, daß er grundsätzlich keine Weisungen von w.Hofrat N mehr entgegennimmt.

    15.) Am 15.4.1993 hat ORR W G das Schreiben GZ. 11-39 Hi 4-90 an das Büro Landesrätin W K gerichtet, obwohl aufgrund der allgemeinen Dienstanweisung die Unterfertigung sämtlicher Schriftstücke an die politischen Büros dem Abteilungsvorstand vorbehalten ist.

    16.) Am 20.4.1994 hat ORR W G w.Hofrat F N als Polit-Verbrecher bezeichnet.

    17.) Am 21.4.1993 hat sich ORR W G geweigert, von A S das Ergebnis der periodischen Aktenerhebung zu übernehmen.

    Diese Ausführungen zeigen, daß ORR W G Weisungen seines Vorgesetzten nicht beachtet hat und offensichtlich auch nicht gewillt ist, in Hinkunft Weisungen zu beachten. Auch das Verhalten gegenüber der Bediensteten der Rechtsabteilung 11 ist als nicht korrekt anzusehen. Eine weitere Belassung des ORR W G im Dienst gefährdet sowohl das Ansehen des Amtes als auch wesentliche Interessen des Dienstes. Es war daher die Suspendierung auszusprechen.

    ....."

    In der dagegen gerichteten Berufung vom 4. Juli 1993, die sich laut den gestellten Berufungsanträgen nur gegen die Suspendierung und die damit bewirkte Bezugskürzung richtete, nahm der Beschwerdeführer unter anderem ausführlich zu den ihm zur Last gelegten Vorwürfen Stellung. Der Aufforderung zur Fragenbeantwortung kam der Beschwerdeführer mit einem Schriftsatz vom 17. August 1993 nach.

    Mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. Juli 1993 gab die belangte Behörde der Berufung gemäß § 106 Abs. 6 der Dienstpragmatik 1914, RGBl. Nr. 15 in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989, LGBl. Nr. 87, keine Folge. Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Zl. 93/09/0445 - auf welches hinsichtlich des weiteren Sachverhaltes und Verfahrensablaufes zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird - wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

    Mit dem nunmehr angefochtenen (Ersatz-)Bescheid der belangten Behörde vom 11. September 1995 (erstangefochtener Bescheid) wies die belangte Behörde in der nichtöffentlichen Sitzung vom 11. September 1995 durch den Vorsitzenden Landesamtsdirektior wHR G O und die Mitglieder wHR W R und ORR A L die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 106 Abs. 6 der Dienstpragmatik 1914, RGBl. Nr. 15 in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989, LGBl. Nr. 87 und § 66 Abs. 4 AVG ab, womit sie die Entscheidung der Disziplinarkommission vom 21. Juni 1993 bestätigte. Begründend führte die belangte Behörde zunächst zur Zusammensetzung der Disziplinaroberkommission folgendes aus:

    "Vorsitzender aller Senate der Disziplinaroberkommission ist gemäß § 4 Abs. 3 Steiermärkisches Landesbeamtengesetz 1974, LGBl. Nr. 124, der Landesamtsdirektor, der im Falle der Verhinderung vom Landesamtsdirektior-Stellvertreter, bei dessen Verhinderung vom rangältesten rechtskundigen Mitglied der Disziplinaroberkommission vertreten wird. Weitere Mitglieder sind im Senat A1 (für Beamte der Verwendungsgruppe A mit den Anfangsbuchstaben A-G) w. Hofrat M R sowie ORR A L.

    Wie festgestellt wurde, konsumiert w.Hofrat M R in der Zeit von .... bis .... einen Erholungsurlaub.

    Im Interesse der raschen Durchführung des Verfahrens bzw. der Vermeidung von Verzögerungen wurde das gemäß Geschäftsverteilung der Disziplinaroberkommission für w.Hofrat M R an erster Stelle gereihte Ersatzmitglied w.Hofrat W R dem Senat beigezogen.

    Weiters wird bemerkt, daß im Zuge des gegenständlichen Verfahrens w.Hofrat G O mit Schreiben vom 24. Februar 1994 - zu diesem Zeitpunkt war O Landesamtsdirektorstellvertreter - aufgrund von damals gegenüber einer Mitarbeiterin von w.Hofrat O vom Berufungswerber abgegebenen, auf die Person von Hofrat O bezogenen kritischen Äußerungen auf seine mögliche Befangenheit hingewiesen hat. Ausdrücklich festgestellt wird, daß in Anbetracht der verstrichenen Zeit bzw. von Gesprächen, die mittlerweile mit ORR G geführt wurden und die in sachlicher Form verliefen, die seinerzeitigen Bedenken in Hinblick auf eine mögliche Befangenheit nicht mehr vorliegen."

    Zur Frage der vom Beschwerdeführer bekämpften Suspendierung führte die belangte Behörde sodann nach Zitierung der § 106 Abs. 1 der Dienstpragmatik in der Fassung der Landesbeamtengesetznovelle 1989 sowie der §§ 21 und 22 leg. cit. aus, Voraussetzung für den Anspruch einer Suspendierung sei, daß gegen den Beamten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung bestehe, die ihrem Wesen nach so schwerwiegend sei, daß eine Belassung des Beamten im Dienst wesentliche Interessen des Dienstes oder das Ansehen des Amtes gefährden würde. Die Suspendierung sei ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme, die dazu dienen solle, noch vor Klärung der Frage des Vorliegens einer Dienstpflichtverletzung und der abschließenden Entscheidung über die angemessene Strafe des Beamten eine den Verwaltungsaufgaben und dem Dienstbetrieb dienende, vorübergehende Sicherungsmaßnahme zu treffen. Gegen den Beschwerdeführer bestünde begründeter Verdacht, gegen § 22 der Dienstpragmatik dadurch verstoßen zu haben, daß er wiederholt in Einzelfällen Weisungen seines Vorgesetzten nicht nachgekommen sei und einer namentlich genannten Bediensteten der Personalabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung gegenüber erklärt habe, daß er grundsätzlich keine Weisungen seines Vorgesetzten mehr entgegennehme. Seine problematische Einstellung seinem Vorgesetzten gegenüber erhelle auch durch die ebenfalls inkriminierte angebliche Äußerung des Beschwerdeführers, dieser sei ein "Polit-Verbrecher". Eine wesentliche Belastung des Betriebsfriedens und damit auch des ordnungsgemäßen Ablaufes des Dienstbetriebes, somit den begründeten Verdacht eines Verstoßes gemäß § 21 DP, sehe die belangte Behörde auch in einer weiteren, dem Beschwerdeführer im einzelnen vorgeworfenen Äußerung einer Bediensteten gegenüber. In seinen zu den einzelnen Vorwürfen abgegebenen Stellungnahmen versuche der Beschwerdeführer zwar, seine angeblichen Äußerungen zu rechtfertigen, er habe sie jedoch auf Sachverhaltsebene nicht bestritten. Die ihm somit aber vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen seien ihrer Art nach in Verbindung mit der auch aus der Berufung ersichtlichen Einstellung des Beschwerdeführers seinem Vorgesetzten und seinen Mitarbeitern gegenüber geeignet, das Ansehen des Amtes und wesentliche Interessen des Dienstes zu gefährden. Als besonders gravierend wertete die belangte Behörde die Weigerung des Beschwerdeführers, Weisungen seines Abteilungsvorstandes zu befolgen, zumal der dienstliche Gehorsam eine wesentliche Voraussetzung für den geordneten Ablauf der Verwaltung schlechthin darstelle. Seine Äußerungen und sein Verhalten den Vorgesetzten und Mitarbeitern gegenüber stellten darüber hinaus eine schwere Belastung des Betriebsklimas dar. In den vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen komme ein so schwerwiegender Vertrauensbruch zum Ausdruck, daß der Verwaltung und den Mitarbeitern bis zur Klärung und zum Abschluß des Verfahrens eine Weiterbeschäftigung des Beschwerdeführers nicht habe zugemutet werden können. Die vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen seien darüber hinaus auch so geartet, daß die vom Beschwerdeführer bewirkte Störung des ordnungsgemäßen Dienstbetriebes auch nicht durch eine Versetzung hätte beseitigt werden können. Dies erhelle aus weiteren, von der belangten Behörde im einzelnen zitierten Ausführungen des Beschwerdeführers in der Berufung. Dem Beschwerdeführer sei es daher nicht gelungen, den gegen ihn bestehenden Verdacht schwerwiegender Dienstpflichtverletzungen zu entkräften oder eine Änderung in seinem Verhalten und in seiner Einstellung dahingehend erkennen zu lassen, daß er in Hinkunft seinen dienstlichen Verpflichtungen nachzukommen bereit wäre, weshalb die verfügte Suspendierung zu Recht erfolgt sei.

    Mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom 20. September 1995 berichtigte die belangte Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG den vierten Absatz der Seite 3 des erstangefochtenen Bescheides durch Einfügung der Zeit der urlaubsbedingten Abwesenheit des Kommissionsmitgliedes wHR. M R in der Zeit "vom 21. August bis einschließlich 11. September 1995" (anstelle des auf einem Versehen

    beruhenden unvollständigen Ausdrucks "in der Zeit von...... bis

    ..........einen Erholungsurlaub".

    Die Behandlung der gegen diese Bescheide vor dem Verfassungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde lehnte dieser mit Beschluß vom 28. November 1995, B 3280, 3281/95-3, ab. Über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde mit Beschluß vom 7. März 1996, B 3280, 3281/95-6, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß § 87 Abs. 3 VerfGG und Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.

    In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

    Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

    Der Beschwerdeführer erstattete hiezu eine Gegenäußerung.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

    Für das Disziplinarverfahren der öffentlich-rechtlichen Bediensteten im Land Steiermark gilt die Dienstpragmatik 1914 (RGBl. Nr. 15 in der Fassung BGBl. Nr. 213/1972) als Landesgesetz mit landesgesetzlichen Abweichungen (DP/Stmk).

    Gemäß § 106 Abs. 1 DP/Stmk in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1984, LGBl. Nr. 33 hat die Dienstbehörde die vorläufige Suspendierung zu verfügen, wenn über den Beamten die Untersuchungshaft verhängt wird (Anmerkung: Dieser Fall liegt hier nicht vor) oder durch die Belassung des Beamten im Dienst wegen der Art der ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes gefährdet würden.

    Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist gegen die vorläufige Suspendierung kein Rechtsmittel zulässig.

    Nach Abs. 3 leg. cit. ist jede vorläufige Suspendierung unverzüglich der Disziplinarkommission mitzuteilen, die über die Suspendierung zu entscheiden hat. Die vorläufige Suspendierung endet spätestens mit dem Tag dieser Entscheidung. Ist jedoch ein Disziplinarverfahren bei der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) bereits anhängig, so hat diese bei Vorliegen der im Abs. 1 genannten Voraussetzungen die Suspendierung zu verfügen.

    Nach § 106 Abs. 4 DP/Stmk in der Fassung der Landesbeamtengesetz-Novelle 1989, LGBl. Nr. 87, hat jede durch Beschluß der Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) verfügte Suspendierung die Kürzung des Monatsbezuges des Beamten - unter Ausschluß der Haushaltszulage - auf zwei Drittel für die Dauer der Suspendierung zur Folge. Die Disziplinarkommission (Disziplinaroberkommission) kann auf Antrag des Beamten oder von Amts wegen die Kürzung vermindern oder aufheben, wenn und soweit dies zur Aufrechterhaltung des notwendigen Lebensunterhaltes des Beamten und seiner Familienangehörigen, für die er sorgepflichtig ist, unbedingt erforderlich ist.

    Gemäß § 106 Abs. 6 leg. cit. hat die Berufung gegen eine Suspendierung bzw. eine Entscheidung über die Verminderung (Aufhebung) der Bezugskürzung keine aufschiebende Wirkung; über die Berufung hat die Disziplinaroberkommission ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden.

    Im Beschwerdefall wurde die Suspendierung durch die Disziplinarkommission ausgesprochen. Der Berufung des Beschwerdeführers dagegen hat die belangte Behörde mit ihrem nunmehrigen Ersatzbescheid in Entsprechung des § 106 Abs. 6 DP/Stmk ohne mündliche Verhandlung durch ihre Mitglieder Landesamtsdirektor wHR G O als Vorsitzenden und die weiteren Mitglieder wHR W R und ORR A L keine Folge gegeben.

    Den Ausführungen in der Beschwerde ist zu entnehmen, daß sich der Beschwerdeführer in seinen subjektiven Rechten auf richtige Zusammensetzung des bescheiderlassenden Kollegialorganes, in dem Recht auf Entscheidung innerhalb der hiefür gemäß § 113 DP/Stmk vorgesehenen Monatsfrist und in seinem Recht auf Aufhebung der Suspendierung infolge Wegfalles der gegen ihn erhobenen Tatvorwürfe verletzt erachtet.

    Unter Punkt C I/1 der Beschwerde macht der Beschwerdeführer zunächst geltend, die belangte Behörde habe die Bestimmung des § 113 DP/Stmk "nachhaltig mißachtet", wonach im Falle einer Suspendierung eines Beamten über die Berufung binnen einem Monat zu entscheiden ist.

    Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, daß das aufhebende hg. Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Zl. 93/09/0445, der belangten Behörde am 7. August 1995 zugestellt wurde und daher die in § 113 DP/Stmk normierte Monatsfrist am 8. September 1995 (einem Freitag) geendet hat. Die nunmehr angefochtene Entscheidung über die Suspendierung des Beschwerdeführers erfolgte durch die belangte Behörde in nichtöffentlicher Sitzung am 11. September 1995 (dem darauffolgenden Montag), also drei Tage nach Ablauf der Frist. Da die Suspendierung ihrem Wesen nach eine sichernde Maßnahme darstellt, die bei Zutreffen der gesetzlichen Voraussetzungen im Verdachtsbereich zwingend zu treffen ist und keine endgültige Lösung darstellt, braucht nicht nachgewiesen zu werden, daß der Beamte die ihm zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen tatsächlich begangen hat. Ebensowenig darf an die Begründung eines die Suspendierung verfügenden Bescheides übertriebene Anforderungen gestellt werden. Dem Charakter der Suspendierung als vorläufige Sicherungsmaßnahme entspricht es, eine rasche Entscheidung in dieser Frage vorzusehen, besteht doch zwischen der Suspendierung als Rechtsfolge und den dem Beamten im Verdachtsbereich vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen als deren Ursachen ein enger innerer Zusammenhang. Eine zeitliche Straffung des Verfahrens dient daher nicht nur den Interessen der Dienstbehörde, sondern auch den Interessen des Beamten selbst, Klarheit über die dienstrechtlichen Folgen der ihm zum Vorwurf gemachten Handlungen zu gewinnen. Ein diesbezügliches Recht des Beamten auf Einhaltung der Frist ist daher grundsätzlich zu bejahen. Der Beschwerdeführer ist daher damit im Recht, daß - wie bereits dargelegt - die belangte Behörde die in § 113 DP/Stmk vorgesehene einmonatige Entscheidungsfrist um drei Tage überschritten hat, und dies eine Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bedeutet. Verfahrensmängel können aber nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn die Partei die Entscheidungswesentlichkeit der von ihr aufgezeigten Verfahrensverletzung darlegt (vgl. dazu die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, Seite 591 zitierte hg. Judikatur). Der Beschwerdeführer hat es jedoch verabsäumt, in der Beschwerde darzulegen, in welchem materiellen Recht er sich konkret verletzt erachtet. Auch der Verwaltungsgerichtshof kann eine derartige Rechtsverletzung nicht erkennen (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 96/09/0266, welches zu der in diesem Punkte vergleichbaren Bestimmung des § 112 BDG 1979 ergangen ist), zumal eine Anwendung des § 73 AVG im Verfahren über eine Berufung gegen eine Suspendierung vor der Disziplinaroberkommission ausscheidet (vgl. Kucsko-Stadlmayer2, Das Disziplinarrecht der Beamten, S 389 f).

    Unter Punkt C I/2 der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, der zuständige (und weisungsgebundene) Sachbearbeiter seiner Dienststelle habe Dritten gegenüber telefonisch eine Mitteilung über die Dauer der Suspendierung des Beschwerdeführers gemacht, wozu er - als der zur Entscheidung über die Suspendierung zuständigen Kollegialbehörde nicht zugehörig - auch nicht berechtigt gewesen wäre. Dazu stellt sich die Frage, in welchem Recht sich der Beschwerdeführer durch diesen Vorfall verletzt erachten könnte, zumal es sich erstens offenkundig lediglich um eine Wissenserklärung und keinen Bescheid oder eine behördliche Enunziation handelt, zweitens eine Beschwer auch in der Beschwerde nicht zur Darstellung gebracht wird und drittens dieser Vorfall auch nicht Gegenstand der angefochtenen Bescheide war, sohin im Rahmen des Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung gar nicht zugänglich ist.

    Unter Punkt CI/3 und 7 macht der Beschwerdeführer die unrichtige Besetzung der belangten Behörde im wesentlichen mit dem Vorbringen geltend, der Vorsitzende wHR G O habe sich selbst mit Schreiben vom 24. Februar 1994 für befangen erklärt, außerdem wäre bei Einhaltung der Frist auch das urlaubsabwesende Mitglied wHR M R noch zur Verfügung gestanden.

    Zutreffend weist der Beschwerdeführer darauf hin, daß ein Ablehnungsrecht nur im Zusammenhang mit dem Verhandlungsbeschluß und der mündlichen Verhandlung, nicht aber im Suspendierungsverfahren vorgesehen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. April 1989, Zl. 88/09/0136, ergangen zu der diesbezüglich expliziten Bestimmung des § 124 Abs. 3 BDG 1979). Die allgemeine Regelung des § 7 AVG über die Amtsenthaltung bei Befangenheit gilt grundsätzlich auch im Disziplinarverfahren; daher haben sich auch die Mitglieder der Disziplinarbehörden ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn wichtige Gründe verliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Eine solche liegt nach dem Sprachgebrauch nicht vor, wenn ein Beamter in der Lage ist, eine objektive (sachliche) unparteiische Entscheidung zu treffen; der Beamte hat ausschließlich selbst zu beurteilen, ob Befangenheit vorliegt (vgl. Kucsko-Stadelmayer2, aaO S 201). Daher liegt die Anzeige der Befangenheit grundsätzlich im subjektiven Bereich des Betreffenden. Der Betreffende hat selbst nach gewissenhafter Prüfung zu entscheiden, inwieweit ihm bei Berücksichtigung aller hiefür maßgebenden Umstände, die unvoreingenommene Entscheidung in der Sache möglich ist oder nicht. Ist im vorliegenden Fall der Vorsitzende der belangten Behörde nach innerer Prüfung zur Überzeugung gelangt, daß seine im Februar 1994 geäußerten Befangenheitsbedenken im Zeitpunkt der Erlassung der hier gegenständlichen Entscheidung (etwa eineinhalb Jahre später) nicht mehr vorlagen, hat der Verwaltungsgerichtshof ohne Vorliegen weiterer Anhaltspunkte davon auszugehen, daß die zunächst befürchtete Befangenheit im Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr vorgelegen ist. Umstände, die darauf schließen ließen, der Vorsitzende der belangten Kollegialbehörde hätte wider besseres Wissen und Gewissen trotz Befangenheit an der nunmehr angefochtenen Entscheidung mitgewirkt, bringt der Beschwerdeführer nicht vor. Allein aus der Änderung der Einstellung - die überdies vom Vorsitzenden der belangten Kollegialbehörde begründet wurde - kann die pflichtwidrige Teilnahme an der bekämpften Entscheidung nicht abgeleitet werden. Im übrigen ist die gesetzmäßige Zusammensetzung der Kollegialbehörde in Disziplinarsachen lediglich zu jenem Zeitpunkt zu überprüfen, in dem der angefochtene Bescheid erlassen wurde. Spekulationen über An- und Abwesenheiten zu anderen Terminen (an jedem zwischen Einlangen der Berufung und der Berufungsentscheidung liegenden Arbeitstag) erübrigen sich daher. Angesichts der - unten dargelegten - Rechtmäßigkeit des vorliegend ebenfalls angefochtenen Berichtigungsbescheides war der erstangefochtene Bescheid in der Fassung des zweitangefochtenen Bescheides zu überprüfen. Daraus geht hervor, daß sich w.Hofrat M R im Zeitpunkt der Beschlußfassung auf Erholungsurlaub befand. Dies stellt einen ausreichenden Grund für den Eintritt seines Vertreters W R als Ersatzmitglied der belangten Behörde dar, weshalb die belangte Behörde auch in dieser Hinsicht nicht als unrichtig zusammengesetzt anzusehen ist.

    Unter Punkt C/I/4. moniert der Beschwerdeführer, man habe ihm die vom Disziplinaranwalt zum Inhalt der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung abgegebenen Stellungnahme nicht zur Gegenäußerung zugestellt und so sein Recht auf Parteiengehör verletzt. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß Beweiserhebungen, zu denen der Beschwerdeführer hätte Stellung nehmen können, gar nicht stattgefunden haben. Die Wahrung des Parteiengehörs bezieht sich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch ausschließlich auf den Tatsachenbereich, nicht aber auf Fragen der rechtlichen Beurteilung. Da vorausgesetzt wird, daß der Beschwerdeführer den Inhalt seiner Berufung kennt und ihm durch das Rechtsmittel die Möglichkeit eingeräumt wurde, seinen Rechtsstandpunkt umfassend darzulegen, ist für den Verwaltungsgerichtshof eine Beschneidung seiner Verteidigungsrechte nicht ersichtlich. Im übrigen fehlt auch hier jede Behauptung zur Frage der möglichen Entscheidungswesentlichkeit des vom Beschwerdeführer aufgezeigten angeblichen Verfahrensmangels.

    Zu den Punkten C/I/5 und 6 betreffend die mit dem zweitangefochtenen Bescheid verfügte Berichtigung des erstangefochtenen Bescheides in seinem Begründungsteil und die Frage der Abstimmungsreihenfolge sieht sich der Verwaltungsgerichtshof mit Rücksicht darauf, daß der Beschwerdeführer eine inhaltliche Unrichtigkeit der mit dem zweitangefochtenen Bescheid erfolgten Berichtigung nicht behauptet, nicht in der Lage, ein daraus resultierendes subjektives Recht des Beschwerdeführers oder eine mögliche daraus resultierende Rechtsverletzung des Beschwerdeführers zu erkennen. Dem Beschwerdeführer ist dazu ferner zu entgegnen, daß sich die belangte Behörde bei ihrer Berichtigung zu Recht auf § 62 Abs. 4 AVG berufen hat, weil es sich bei dem berichtigten Textfehler um einen nach dieser Gesetzesstelle berichtigungsfähigen Schreibfehler bzw. um eine einem solchen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit gehandelt hat.

    Insgesamt erweisen sich die angefochtenen Bescheide daher als von den vom Beschwerdeführer aufgezeigten und allenfalls vom Verwaltungsgerichtshof amtswegig aufzugreifenden Verfahrens- oder inhaltlichen Rechtswidrigkeiten frei, weshalb die Beschwerde als unbegründet gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

    Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

    Wien, am 16. September 1998

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte