VwGH 96/02/0529

VwGH96/02/052930.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel, und die Hofräte Dr. Kremla, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführerin Mag. Böhm, über die Beschwerde der AF in F-G, vertreten durch Dr. Edelbert Giesinger, Rechtsanwalt in Feldkirch, Hirschgraben 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. September 1996, Zl. 3-1-49/96/K4, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Grundverkehrsangelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
GVG Vlbg 1993 §10 Abs1 litc;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1;
AVG §66 Abs4;
GVG Vlbg 1993 §10 Abs1 litc;
GVG Vlbg 1993 §5 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Antrag vom 24. November 1995 begehrte die Beschwerdeführerin die "grundverkehrskommissionelle Behandlung" eines Kaufvertrages vom 4. September 1979, wonach die Beschwerdeführerin an die H.-OHG (Käuferin) ein näher genanntes Grundstück verkauft hat. Auch die Käuferin stellte einen mit 9. November 1995 datierten "Fortsetzungsantrag" auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung dieses Kaufvertrages.

Mit Bescheid vom 21. Februar 1996 wurde von der Grundverkehrs-Landeskommission für Vorarlberg die Genehmigung für den Erwerb dieses Grundstückes durch die Käuferin gemäß § 4 und § 5 Abs. 1 in Verbindung mit § 10 Abs. 1 lit. c des Vorarlberger Grundverkehrsgesetzes (1993; kurz: VGVG), LGBl. Nr. 61/1993, versagt.

Gegen diesen Bescheid erhob daraufhin die Käuferin Berufung an die belangte Behörde, die mit Bescheid vom 31. Mai 1996 den Bescheid vom 21. Februar 1996 gemäß § 66 Abs. 2 AVG behob und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Grundverkehrs-Landeskommission verwies.

In der Begründung führte die belangte Behörde u.a. aus, daß es sich - im Gegensatz zu den von der Erstbehörde getroffenen Sachverhaltsannahmen - bei der Käuferin um eine nach den österreichischen Rechtsvorschriften gegründete Gesellschaft mit satzungsmäßigem Sitz in Österreich handle, weshalb sich diese Gesellschaft in Österreich (z.B. im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb von Grundstücken für betriebliche Zwecke) nicht auf das Niederlassungsrecht oder das damit verbundene Diskriminierungsverbot berufen könne. Es könnten sich jedoch die liechtensteinischen Gesellschafter des gegenständlichen Unternehmens auf das Niederlassungsrecht, das auch den Erwerb von Grundstücken für Unternehmenszwecke mitumfasse, berufen. Die Gründung oder Beteiligung an einer Gesellschaft im Sinne des Art. 58 EG-Vertrag (bzw. des Art. 34 des EWG-Abkommens) in einem anderen Mitgliedstaat sei nämlich eine Form der Niederlassungsfreiheit. Es gelte daher der Grundsatz der Nichtdiskriminierung gegenüber Inländern. Zufolge der Bestimmung des § 3 Abs. 1 lit. b VGVG komme somit im vorliegenden Fall die Regelung über den Grunderwerb durch Ausländer nicht zur Anwendung. Die Übergangsbestimmung des § 31 Abs. 3 VGVG komme im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil diese nur für Gesellschaften mit Sitz in Liechtenstein gelte, die Käuferin jedoch eine Gesellschaft mit Sitz in Österreich sei.

Die Erstbehörde werde im fortgesetzten Verfahren zunächst zu untersuchen haben, ob es sich beim vorliegenden Grundstück überhaupt um ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinn des § 2 Abs. 1 VGVG handle. Falls dies zutreffe, wären nicht mehr die Bestimmungen über den Grunderwerb durch Ausländer anzuwenden, sondern es wäre zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 5 VGVG erfüllt seien.

In der Folge holte die Erstbehörde eine Stellungnahme eines landwirtschaftlichen Amtssachverständigen ein, welcher in einem Aktenvermerk vom 10. Juli 1996 feststellte, daß es sich um ein rechteckiges, ebenes Grundstück mit ca. 120 m Länge und ca. 18 m Breite handle, zu welchem eine Zufahrt an beiden Breitseiten durch befestigte Feldwege bestehe. Beidseitig der Zufahrtswege existiere eine starke, im mittleren Teil eine einzelne Weidebestockung. Im übrigen Bereich befinde sich Schilf-, Binsen- und Unkräuterbewuchs, ca. 2 m hoch. Hinsichtlich der Nutzung stellte der Amtssachverständige fest, daß mehrjährig keine landwirtschaftliche Grünlandnutzung erfolgt und für eine landwirtschaftliche Nutzung eine Kultivierung notwendig sei. Diese Stellungnahme wurde von der Behörde dem Parteiengehör zugeführt.

Mit Bescheid vom 19. August 1996 wies die Erstbehörde den Antrag der Beschwerdeführerin vom 24. November 1995 gemäß den §§ 4 und 5 VGVG zurück. Die Erstbehörde selbst wertete diesen Antrag als einen solchen auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung zum Verkauf des gegenständlichen Grundstückes der Beschwerdeführerin.

In der Begründung dieses Ersatzbescheides wies die Erstbehörde u. a. auch darauf hin, daß das gegenständliche Grundstück im geltenden Flächenwidmungsplan der Stadt Feldkirch als "Freifläche Sondergebiet (Kiesabbau und Erholungsgebiet)" ausgewiesen sei. Aufgrund dieser Widmung sei jedenfalls kein Baugrundstück gegeben. Ein landwirtschaftliches Grundstück würde dann vorliegen, wenn nach der Beschaffenheit und der Art der tatsächlichen Verwendung eine landwirtschaftliche Nutzung vorläge. Diese Voraussetzungen seien aber nach dem Gutachten des landwirtschaftlichen Amtssachverständigen nicht gegeben. Es sei die typische landwirtschaftliche Nutzung nach Ansicht der Erstbehörde auch nicht deshalb unterlassen worden, um allenfalls das VGVG zu umgehen. Da das gegenständliche Grundstück weder ein Baugrundstück noch ein landwirtschaftliches Grundstück im Sinne des VGVG sei, sei der Antrag mangels Bewilligungspflicht zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie beantragte, den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend abzuändern, daß von der Rechtsmeinung, der gegenständliche Grundstückserwerb unterliege nicht dem VGVG, Abstand genommen und ausgesprochen werde, "daß die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für den Kaufvertrag vom 04.09.1979 versagt" werde.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. September 1996 wies die belangte Behörde die Berufung als unzulässig zurück. In der Begründung wird u.a. unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom 31. Mai 1988, Zl. 87/11/0096, ausgeführt, daß eine Berufung unzulässig sei, wenn dem Antrag der Partei des Verfahrens "vollinhaltlich stattgegeben" worden sei. Diese Rechtsprechung gelte "sinngemäß" auch im vorliegenden Fall, in welchem die Erstbehörde den Antrag mangels Bewilligungspflicht zurückgewiesen habe. Dies deshalb, weil das rechtliche Interesse der Partei im Verfahren vor den Grundverkehrsbehörden "allein auf die Abwehr eines auf öffentlichem Recht beruhenden Eingriffes in die Privatsphäre" gerichtet sei. Wenn daher die Erstbehörde feststelle, daß keine Bewilligungspflicht bestehe und sohin feststehe, daß ein Eingriff in die Privatsphäre nicht stattfinde, so sei damit "das rechtliche Interesse der Parteien an einem Tätigwerden dieser Behörde erschöpft". Die Berufung sei daher zurückzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Beschwerdeführerin sowohl inhaltliche Rechtswidrigkeit als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Falle einer Zurückweisung eines Antrages (hier: auf grundverkehrsbehördliche Bewilligung) ist Sache der Berufungsentscheidung gemäß § 66 Abs. 4 AVG nur die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Der Berufungsbehörde ist es verwehrt, den unterinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsrechts, 5. Auflage, S. 566, unter E 71a zu § 66 Abs. 4 AVG wiedergegebene hg. Judikatur). Der belangten Behörde war es daher verwehrt, den erstinstanzlichen Bescheid - entgegen der im Berufungsantrag und auch in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zum Ausdruck kommenden Absicht der Beschwerdeführerin - in eine Sachentscheidung (Versagung der grundverkehrsbehördlichen Bewilligung) abzuändern. War aber das Berufungsbegehren auf eine unzulässige Sachentscheidung durch die Berufungsbehörde gerichtet, so wies diese im Ergebnis zu Recht die Berufung der Beschwerdeführerin zurück. Überdies sei angemerkt, daß das Grundverkehrsrecht im Falle eines genehmigungspflichtigen Rechtserwerbs kein subjektiv-öffentliches Recht der Parteien auf Versagung einer solchen Bewilligung vorsieht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. September 1998

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