VwGH 95/18/1054

VwGH95/18/105415.10.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde der Sedina Covic, (geb. 4.8.1981), in Mauerkirchen, vertreten durch H C in Mauerkirchen, dieser vertreten durch Dr. Christian Greinz, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Fürstenallee 50, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. März 1995, Zl. 300.703/3-III/11/95, betreffend Zurückweisung einer Berufung i. A. einer Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs3;
AVG §63 Abs5;
AVG §66 Abs4;
VwGG §41 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 11.380,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 30. März 1995 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den von der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn namens des Landeshauptmannes von Oberösterreich erlassenen Bescheid vom 2. November 1994 betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen.

Die belangte Behörde führte begründend aus, daß die Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides rechtswirksam am 25. November 1994 erfolgt, die Berufung jedoch erst am 20. Dezember 1994, und daher verspätet, eingebracht worden sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerdeführerin wendet gegen den angefochtenen Bescheid ein, sie bzw. ihr gesetzlicher Vertreter seien "zur Zeit der Hinterlegung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 2. 11. 1994" verreist gewesen, weshalb ihr Vertreter den Bescheid "verspätet erhalten" habe.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg. Vor der Zurückweisung einer Berufung als verspätet hat die Behörde entweder von Amts wegen zu prüfen, ob ein Zustellmangel unterlaufen ist - wenn nämlich Umstände auf einen solchen hinweisen - oder dem Berufungswerber die offenbare Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten; unterläßt sie dies, so kann der Berufungswerber ohne Verstoß gegen das Neuerungsverbot den Zustellmangel in seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof geltend machen. Geht die Behörde von der Feststellung der Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Berufungswerber vorgehalten zu haben, so hat sie das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen. (Vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, Zl. 95/18/0974, mwH.)

Der belangten Behörde, die die nach der Aktenlage offenkundige Versäumung der Berufungsfrist der Beschwerdeführerin vor Erlassung des die Berufung zurückweisenden Bescheides nicht vorgehalten hat, ist somit ein wesentlicher Verfahrensfehler unterlaufen, kann doch im Hinblick auf das wiedergegebene Beschwerdevorbringen nicht ausgeschlossen werden, daß die Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensfehlers zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können.

2. Von der Durchführung der von der Beschwerdeführerin beantragten Verhandlung konnte im Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

3. Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Oktober 1998

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