Normen
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2;
GrEStG 1987 §5 Abs1;
BAO §21 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs1;
GrEStG 1987 §4 Abs2;
GrEStG 1987 §5 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin schloß am 30. September 1993 mit R.F. einen Kaufvertrag. R.F. verkaufte ihr zwei Grundstücke im Gesamtausmaß von
32.372 m2. Die Kaufvertragsurkunde lautet auszugsweise:
"II. BELASTUNGEN
Die kaufgegenständlichen Liegenschaften sind bücherlich belastet. Die bücherlichen Belastungen ergeben sich aus den als integrierender Vertragsbestandteil angeschlossenen Grundbuchsauszügen, mit dem Grundbuchsstand vom Tage der Vertragsunterfertigung. Für die den grundbücherlichen Hypotheken zugrundeliegenden Darlehensverpflichtungen besteht keine Personalhaftung der Verkäuferin, sie werden von der Käuferin nicht übernommen.
III. KAUFPREIS
Der Kaufpreis beträgt ÖS 1,-- (Schilling eins). Er ist mit Unterfertigung dieses Kaufvertrages fällig. Dieser Kaufpreis trägt der zu Punkt II. dargestellten Belastungslage Rechnung.
...
V. GEWÄHRLEISTUNG
Die kaufgegenständlichen Parzellenflächen werden verkauft wie sie liegen und wie sie stehen.
Für allfällige Kontaminierungen des Bodens übernimmt die
Verkäuferin die alleinige Haftung und hält die Käuferin diesbezüglich
schad- und klaglos. Dies betrifft nicht Haftungen, die
ausschließlich den früheren Mieter ... betreffen und für die
der Verkäufer nicht - etwa als Grundeigentümer - haftet. ..."
Mit Kaufvertrag vom selben Tag erwarb die Beschwerdeführerin von R.F. drei weitere Grundstücke im Gesamtausmaß von 28.767 m2. Die Kaufvertragsurkunde ist im übrigen textlich ident mit dem oben wiedergegebenen Kaufvertrag.
Anläßlich der Anzeige der beiden Kaufverträge gaben die Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin an, der Erwerb sämtlicher Grundstücke durch die Beschwerdeführerin sei Teil einer umfassenden Vereinbarung, die R.F. mit seinen Gläubigern getroffen habe. Die Beschwerdeführerin übernehme lediglich die auf den Grundstücken lastenden Hypotheken als Realschuldnerin, nicht aber die Darlehensverpflichtungen. Auch der Veräußerer habe für die Darlehensverpflichtungen nicht gehaftet. Im Sinne der von der Beschwerdeführerin zitierten verwaltungsgerichtlichen Judikatur stelle eine bloße Hypothekenübernahme keine sonstige Leistung gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG dar; der Wert der Hypotheken habe für die steuerliche Bemessung außer Ansatz zu bleiben.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien (im folgenden: Finanzamt) ermittelte in weiterer Folge die Einheitswerte der Grundstücke mit S 3,979.666,60. Anfragen des Finanzamtes beantwortete die Beschwerdeführerin dahingehend, daß R.F. keine Vereinbarung mit Gläubigern getroffen habe, weil er keine Gläubiger habe; die Darlehensschuldnerin sei in Konkurs geraten. Die Beschwerdeführerin habe die Schulden nicht übernommen und es werde ihre Sache sein, die Versteigerung durch die Banken zu vermeiden und zu einem Arrangement zu kommen. Die hohen Sachhaftungen, die deutlich über dem gemeinen Wert der Liegenschaften lägen, hätten R.F. veranlaßt, sich der überbelasteten Liegenschaften durch Übertragung an die Beschwerdeführerin zu entledigen. Die Beschwerdeführerin werde sich auf dem freien Markt nach Käufern umsehen und es werde Sache der Käufer sein, mit den Gläubigerbanken endgültige Verhandlungen über die Pfandfreilassungen zu führen. Die Anfrage des Finanzamtes nach der Höhe der aushaftenden Darlehensbeträge beantworteten die Beschwerdeführervertreter mit der Vorlage von Grundbuchsauszügen und der Erklärung, daß die jeweiligen Kreditrahmen ausgeschöpft seien. Für die Hypothekargläubiger gäbe es keine Bürgschaftserklärungen, insbesondere nicht von seiten des Verkäufers. Die Beschwerdeführerin sei ein Tochterunternehmen einer Gläubigerbank.
Mit Bescheid vom 11. Juli 1994 schrieb das Finanzamt für beide Kaufverträge die Grunderwerbsteuer auf der Basis des oben genannten Einheitswertes gemäß § 4 Abs. 2 GrEStG vor.
In ihrer dagegen erstatteten Berufung verwies die Beschwerdeführerin darauf, daß eine Gegenleistung vorhanden sei und S 1,-- betrage. Der Kaufpreis hätte nur einen symbolischen Erinnerungsschilling betragen, da die Liegenschaft mit Bankschulden weit über den Verkehrswert belastet und überdies weitreichende Kontaminationen des Erdreiches zu befürchten seien. Der Wert der Liegenschaft sei praktisch null, weshalb die Gegenleistung tatsächlich nicht mehr als einen Schilling betragen habe.
Mit dem hier angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Grundstücke repräsentierten einen Verkehrswert, der über den angegebenen Erinnerungswert weit hinausgehe. Die Berufung habe nicht behauptet, die Grundstücke wären ohne Hinblick auf die pfandrechtlichen Belastungen allein aus der bodenmäßigen Beschaffenheit nichts wert. Der Hinweis auf weitreichende Kontaminationen des Erdreiches sei eine nicht ausgeführte Zweckbehauptung, zumal im Einheitswert eine Gebäudewert von S 2,285.816,-- enthalten sei. De facto habe der Erwerber die Schulden zu tragen. Die Höhe der Schulden sei nicht bestimmt, insbesondere sei nicht vorgebracht worden, daß sie niedriger wären als der Einheitswert. Der Wert der Gegenleistung sei nach der Aktenlage nicht zu ermitteln, weshalb der Einheitswert heranzuziehen war.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin aus dem Beschwerdeinhalt erkennbar in ihrem Recht auf Festsetzung der Grunderwerbsteuer ausgehend von einer Gegenleistung von je S 1,-- verletzt. Sie begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und
die Gegenschrift der belangten Behörde vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 GrEStG ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen. Gegenleistung ist gemäß § 5 Abs. 1 GrEStG bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen.
Grundsätzlich gehören Leistungen an Dritte, die dem Veräußerer obliegen, aber aufgrund der Parteienabrede vom Erwerber getragen werden müssen, zur Gegenleistung; zur Gegenleistung gehört also auch die Übernahme von Schulden durch den Käufer, die sich im Vermögen des Verkäufers zu dessen Gunsten auswirkten. Schuldübernahmen einer auf der Liegenschaft hypothekarisch sichergestellten Forderung als Kaufpreis oder sonstige Leistungen gehören neben dem Kaufpreis zur Gegenleistung (siehe die Nachweise bei Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern Band II, Grunderwerbsteuergesetz 1987, RZ 69 zu § 5 GrEStG, Ergänzung 42 C). Im gegenständlichen Fall wurden zwar Hypotheken übernommen, es hat sich aber weder der Käufer zur persönlichen Haftung verpflichtet, noch ist erkennbar, daß sich die Übernahme der Hypotheken im Vermögen des Veräußerers, den auch nur eine reine Sachhaftung traf, zu dessen Gunsten auswirken würde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in den zum Grunderwerbsteuergesetz 1955 ergangenen Erkenntnissen vom 18. April 1974, Zl. 1585/73 und vom 12. Mai 1978, Zl. 1250/77, auf die Übernahme der persönlichen Haftung (im Gegensatz zu einer bloßen Sachhaftung) zur Qualifzierung als "sonstige Leistung" abgestellt. Im Fall des Erkenntnisses vom 22. März 1973, Zl. 1402/72, wurde nicht nur keine persönliche Verpflichtung durch den die Hypothek übernehmenden Käufer vereinbart, sondern sogar ausdrücklich ausgemacht, daß der Verkäufer die Käuferin im Falle einer Inanspruchnahme schad- und klaglos hält. Daher wurde in jenem Fall keinerlei "sonstige Leistung" im Sinne des § 11 Abs. 1 Z. 1 GrEStG 1955 übernommen.
Davon unterscheidet sich aber der vorliegende Fall grundlegend:
Der Veräußerer hat keinerlei Verpflichtung übernommen, für die Erfüllung der Hypothekarschuld zu sorgen. Der Darlehensschuldner selber befindet sich im Konkurs; von ihm ist keine Erfüllung zu erwarten. Faktisch trifft daher die Beschwerdeführerin, wenn auch nur im Wege der Sachhaftung, die Schuldenlast. Es wäre realitätsfremd anzunehmen, daß die Beschwerdeführerin die Grundstücke nur übernommen hat, um sie nach durchgeführter Zwangsversteigerung wieder hergeben zu müssen. Sie hat selbst angegeben, daß Verhandlungen mit den Gläubigerbanken geführt würden, um letztlich Pfandfreilassungen zu erreichen. Dafür werden aber Leistungen der Beschwerdeführerin - welcher Art und in welcher Höhe auch immer - erforderlich sein.
Daß derartige Leistungen nicht dem Verkäufer zugute kommen, schadet nicht: Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Judikatur zum sogenannten Bauherrnmodell ausgesprochen: "Erbringt ein Käufer im Hinblick auf die Bebauung eines Grundstückes neben einem als Kaufpreis bezeichneten Betrag weitere Leistungen - an wen auch immer -, ist demnach zur Ermittlung der zutreffenden Bemessungsgrundlage auf den Besteuerungsgrund zurückzugreifen (hg. Erkenntnis vom 30. Mai 1994, Zl. 92/16/0144 m.w.N.). Im Erkenntnis vom 6. Oktober 1994, Zl. 92/16/0166, wurde dargetan, daß die Auffassung des dortigen Beschwerdeführers, auch beim Erwerb des noch unbebauten Grundstückes dürfe als Gegenleistung nur jener Betrag herangezogen werden, der dem Veräußerer tatsächlich zugekommen sei, der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes widerspreche; besteuert werde ja nicht die Bereicherung des Veräußerers, sondern der Erwerb des Käufers.
Die tatbestandsmäßige Voraussetzung der Grunderwerbsteuerpflicht, nämlich das Kaufgeschäft, liegt hier vor, weshalb ansonsten Raum für eine wirtschaftliche Betrachtungsweise bleibt (ständige Rechtsprechung; siehe zuletzt Erkenntnis vom 19. August 1997, Zl. 96/16/0148, 0149 m.w.N.). Eine solche Betrachtungsweise schließt aber die Annahme aus, die Gegenleistung hätte jeweils nur S 1,-- betragen. Vielmehr besteht die Gegenleistung auch aus jenen Bemühungen, die die Beschwerdeführerin für Pfandfreilassungen wird aufwenden müssen, damit sie die Grundstücke einer wirtschaftlich sinnvollen Verwertung zuführen kann.
Wie hoch diese Leistungen sein werden, ist unbekannt und nicht feststellbar. Daher hat die belangte Behörde völlig zu Recht § 4 Abs. 2 GrEStG herangezogen, wonach die Steuer vom Wert des Grundstückes zu berechnen ist, soweit eine Gegenleistung nicht vorhanden oder (wie hier) nicht zu ermitteln ist.
Ob die grundbücherlich ausgewiesenen Belastungen den Verkehrswert der Liegenschaft übersteigen, spielt keine Rolle, weil sie Summe dieser Belastungen nicht als Gegenleistung herangezogen wurde. Hinsichtlich der behaupteten Kontaminierungen ist auf § 6 Abs. 1 GrEStG zu verweisen, wonach der festgestellte Einheitswert maßgeblich ist.
Die Beschwerde erwies sich daher insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1997.
Wien, am 20. August 1998
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