Normen
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litc;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs4;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 lita;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art130 Abs2;
BauPolG Slbg 1973 §9 Abs1 litc;
BauRallg;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs3;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs4;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8 lita;
BebauungsgrundlagenG Slbg 1968 §25 Abs8;
B-VG Art130 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat sowohl den Erstbeschwerdeführern als auch den Zweitbeschwerdeführern jeweils Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Die Erstmitbeteiligten sind Eigentümer der Grundstücke Nr. 690/3 und 633/2 und 102, KG U. Mit Eingabe vom 24. März 1986 suchten sie um die Bewilligung für die Dachstuhlanhebung sowie um die Erteilung der Ausnahmegenehmigung zur Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 8 Salzburger Bebauungsgrundlagengesetz (BGG) an. Mit Bescheid vom 14. Juli 1992 wurde sowohl die Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes bewilligt als auch die baubehördliche Bewilligung für die Anhebung des Dachstuhles samt damit verbundener Vergrößerung der Raum- und Durchgangshöhen unter Vorschreibung von Auflagen erteilt.
Mit Bescheid vom 18. Februar 1993 wurde infolge der von den Erst- und Zweitbeschwerdeführern erhobenen Berufung der erstinstanzliche Bescheid gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung an die Baubehörde erster Instanz zurückverwiesen. Die Berufungsbehörde begründete ihre Entscheidung im wesentlichen damit, daß bei der Beurteilung, ob eine ausnahmsweise Zulassung des Unterschreitens des gesetzlichen Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 8 BGG in Betracht komme, "der Frage, ob es sich bei einem in der Natur vorhandenen Bauteil um eine baubehördlich bewilligte oder nicht bewilligte Anlage handelt, gleichfalls entscheidungswesentliche Bedeutung" zukomme. Das der Berufungsbehörde vorgelegene Ermittlungsergebnis reiche nicht aus, um diese Frage zu beantworten.
2. Mit Eingabe vom 15. Juni 1993 brachten die Erstmitbeteiligten neuerlich ein Bauansuchen ein, mit dem sie die Bewilligung für die Anhebung des Dachstuhles, der Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes sowie für den Ausbau des Dachgeschoßes zu Wohnzwecken für das sich auf der Gp. 690/3, 663/2 und 192 befindliche Wohnhaus beantragten. Mit dieser Eingabe wurden auch - unter Beibehaltung des Deckblattes der Planunterlagen vom 24. März 1986 - Pläne sowie eine Baubeschreibung und der bereits im ersten Bauverfahren beigebrachte Lage- und Höhenplan vorgelegt. Am 2. September 1993 fand infolge des abgeänderten Bauansuchens eine mündliche Verhandlung statt, in der der bautechnische Amtssachverständige betreffend die Planunterlagen feststellte, daß einzelne Kotierungen - insbesondere jene, die sich auf den geneigten Geländeverlauf bezögen - irreführend erschienen. Im übrigen gelangte der Amtssachverständige zu dem Ergebnis, daß das beantragte Bauprojekt unter Einhaltung bestimmter Auflagen bewilligungsfähig sei. Die Erst- und Zweitbeschwerdeführer erhoben im Rahmen dieser mündlichen Bauverhandlung im wesentlichen folgende Einwände: Die im Verhältnis zu dem ursprünglichen Bauansuchen von 1986 nunmehr beantragten Projektsänderungen führten insgesamt zu einer weiteren Verschlechterung und Zunahme der sich aus dem Projekt ergebenden nachteiligen Folgen für die Erst- und Zweitbeschwerdeführer. Einerseits hielte das eingereichte Projekt den gesetzlichen Mindestabstand nicht ein und es seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 25 Abs. 8 BGG nicht gegeben. Andererseits widersprächen die baulichen Maßnahmen den Vorschriften über die zulässige Bebauungshöhe insoweit, als im Fall ihrer Ausführung infolge mangelnder Besonnung eine den menschlichen Gesundheitsbedürfnissen entsprechende Wohnnutzung durch die Nachbarn nicht mehr möglich wäre. Weiters bestehe ein Widerspruch des Projektes zur Bauplatzerklärung, durch welchen gleichfalls die subjektiven Rechte der Nachbarn betroffen würden. Die Erstmitbeteiligten ergänzten infolge des Verhandlungsergebnisses die Einreichpläne im Sinne der vom Bausachverständigen bemängelten Punkte. Der Bausachverständige gelangte zum Ergebnis, daß die Austauschpläne "im wesentlichen" entsprächen. Mit Bescheid vom 27. April 1994 wurde den Erstmitbeteiligten sowohl die Bewilligung zur Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 8 BGG als auch die baubehördliche Bewilligung für die Anhebung des Dachstuhles und den Ausbau des Dachgeschoßes unter Vorschreibung bestimmter Auflagen erteilt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wiederholten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer die bereits im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Einwendungen. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 25 Abs. 8 BGG seien keinesfalls erfüllt. Weder würde es eine unbillige Härte für die Bauwerber darstellen, wenn sie den gegenständlichen Dachausbau nicht durchführen könnten, noch wäre es "dringend erforderlich", zur Wahrung der Funktion des verfahrensgegenständlichen Wohnhauses den Dachgeschoßausbau mit Anhebung der Dachtraufe durchzuführen. Darüber hinaus habe sich die Baubehörde erster Instanz nicht in ausreichendem Maße mit den nachteiligen Auswirkungen der Baumaßnahmen für die Beschwerdeführer auseinandergesetzt. Die bewilligte, ausnahmsweise Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes stehe außerdem in Widerspruch zu den Festlegungen in der Bauplatzerklärung.
Mit Bescheid vom 24. Februar 1995 wies die Berufungsbehörde die Berufung der Erst- und Zweitbeschwerdeführer als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde berief sich in ihrer Begründung im wesentlichen auf das Gutachten des bautechnischen Amtssachverständigen, der dargelegt habe, daß die Errichtung von Zubauten zum Zwecke der Schaffung zusätzlichen Wohnraumes in Form selbständiger Baukörper nicht möglich sei. Die von den Berufungswerbern aufgeworfenen Fragen seien im erstinstanzlichen Verfahren ausreichend behandelt worden und sei daher der erstinstanzlichen Behörde betreffend die Bewilligung der Unterschreitung des Mindestabstandes gemäß § 25 Abs. 8 BGG im Ergebnis zu folgen. Die für die Beurteilung entscheidenden Maße seien den Einreichunterlagen in der dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde liegenden Ausführungen, wie auch die Beurteilung durch den bautechnischen Sachverständigen ergeben habe, zu entnehmen und daher für die zu treffende Entscheidung ausreichend. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wiederholten die Erst- und Zweitbeschwerdeführer ihr Vorbringen betreffend die unzulässige Bewilligung gemäß § 25 Abs. 8 BGG und hinsichtlich des Widerspruches der zugelassenen Abstandsunterschreitung zur Festlegung in der Bauplatzerklärung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 5. September 1995 wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Zum Vorstellungsvorbringen betreffend die Unterschreitung des gesetzlichen Mindestabstandes führte die belangte Behörde aus, daß der Behörde bei der Beurteilung der Frage, ob ein Ausnahmefall vorliege, ein individueller Beurteilungsspielraum offenbleibe. Eine Überprüfung des Bescheides dahingehend, ob das Ermessen im Hinblick auf die Annahme des Ausnahmefalles und der Ausnahmewürdigkeit im Sinne des Gesetzes gehandhabt worden sei, müsse anhand des Bescheides möglich sein, ansonsten liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 25 Abs. 8 BGG hätten sich die Behörden erster und zweiter Instanz auf das schlüssige Gutachten das bautechnischen Amtssachverständigen gestützt bzw. die Frage der "unbilligen Härte" aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des konkreten Einzelfalles beurteilt. Die Behörden hätten eine Interessenabwägung zutreffend vorgenommen und die behaupteten Nachteile der Erst- und Zweitbeschwerdeführer mit den Vorteilen der Ausnahmewerber abgewogen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift, in der sie wie diese die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrte.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführer:
Die Erstbeschwerdeführer machen im wesentlichen die Überschreitung der zulässigen Bauhöhe und die mit der Anhebung des Wohnhauses verbundene Beeinträchtigung der Belichtungs- und Besonnungsverhältnisse geltend. Darüber hinaus werde der Mindestabstand gemäß § 25 Abs. 3 Salzburger BGG nicht eingehalten und es seien die Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung gemäß § 25 Abs. 8 Salzburger BGG nicht erfüllt.
Dazu ist folgendes festzustellen:
Gemäß § 25 Abs. 8 Salzburger BGG kann die Unterschreitung der in § 25 Abs. 3 leg.cit. normierten Abstände ausnahmsweise zugelassen werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fällt die Gewährung einer solchen Ausnahme in das Ermessen der Baubehörde, wobei die Voraussetzungen für die Ermessensübung nach § 25 Abs. 8 lit. a bis d leg.cit. gegeben sein müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1981, Slg. Nr. 10.607/A). Dabei ist zu beachten, daß diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. April 1991, Zl. 91/06/0039). Der Nachbar hat ein subjektiv-öffentliches Recht darauf, daß eine Ausnahme nach § 25 Abs. 8 leg.cit., welche seine Interessenssphäre berührt, nur bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen nach einer im Sinne des Gesetzes gelegenen Ermessensübung und in einem von wesentlichen Mängeln freien Verfahren erteilt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Dezember 1981, Slg. Nr. 10.607/A).
§ 25 Abs. 8 lit. a leg. cit. setzt für die ausnahmsweise Zulässigkeit der Unterschreitung des Mindestabstandes voraus, daß dessen Einhaltung eine unbillige Härte darstelle, etwa wenn bestehende Bauten nicht in einer zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung ihrer Funktion dringend erforderlichen Weise geändert werden könnten oder die bauliche Ausnutzbarkeit der Grundfläche ausgeschlossen oder wesentlich beeinträchtigt wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgesprochen hat, kann die Unmöglichkeit einer Änderung unter Wahrung der gesetzlichen Abstände nicht nur dann angenommen werden, wenn die erforderliche Änderung im Sinne des § 25 Abs. 8 leg. cit. unter Einhaltung der gesetzlichen Abstände für den Bauwerber wirtschaftlich unzumutbar wäre. Nicht jeglicher wirtschaftlicher Nachteil berechtige aber zur Annahme des Vorliegens einer unbilligen Härte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1996, Zl. 95/06/0054). Darüber hinaus nimmt die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Unmöglichkeit der Änderung eines Bestandes unter Wahrung des gesetzlichen Abstandes auch dann an, wenn die Maßnahme ansonsten technisch nicht möglich wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. Dezember 1990, Zl. 89/06/0130).
Die Baubehörden haben der Beurteilung der Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 25 Abs. 8 lit. a BGG das Gutachten des hochbautechnischen Amtssachverständigen zugrunde gelegt, aus dem hervorgeht, daß bei dem Objekt (Doppelwohnhaus mit zwei getrennten Eingängen) die Beibehaltung von zwei getrennten Stiegenhäusern sachlich vorgegeben sei. Die Räume im Dachgeschoß seien durch die Lage der Treppe im Traufenbereich nur dann gefahrlos zu erreichen, wenn eine entsprechende Durchgangshöhe gewährleistet sei. Eine Verlegung der Treppen würde eine erhebliche bauliche Maßnahme erfordern. Eine einseitige Anhebung der Dachtraufe wäre aus gestalterischen Gründen jedenfalls abzulehnen. Die geplanten Erweiterungsmaßnahmen seien mit der Anzahl der im Wohnhaus lebenden Personen begründet. Zehn Personen bewohnten derzeit eine Nutzfläche von rd. 150 m2, die Größe der antragsgegenständlichen Wohnfläche betrage im Dachgeschoß 60 m2 und sei für eine zeitgemäße Wohnform unerläßlich. Im Ergebnis sei eine zeitgemäße Wahrung der Funktion des Wohnhauses durch die Schaffung zusätzlichen Wohnraumes notwendig. In einer ergänzenden Stellungnahme führte der bautechnische Amtssachverständige aus, daß die Errichtung eines selbständigen Objektes auf zwei näher bezeichneten Grundstücken bei Einhaltung der gesetzlichen Mindestabstände aufgrund der geringen Größe dieser Grundstücke nicht möglich sei. Ein direkter Zubau zur Schaffung von Wohnräumen an der Südseite könnte - wenn überhaupt möglich - nur mit umfangreichen baulichen Maßnahmen realisiert werden, die im Vergleich zur beantragten Traufenanhebung beim bestehenden Objekt einen unverhältnismäßig höheren Bau- und Kostenaufwand erfordern würden und gestalterisch problematisch seien. Hinsichtlich der Beschattungsauswirkungen, die durch die projektierte Traufenanhebung hervorgerufen werde, hielt der Amtssachverständige unter Verweis auf ein Gutachten aus dem ursprünglichen Bauverfahren fest, daß die Baumaßnahmen nicht geeignet seien, das benachbarte Grundstück und Objekt im Hinblick auf die Belichtung und Besonnung wesentlich zu beeinträchtigen.
Aus diesen Ausführungen läßt sich nicht ableiten, daß die beantragte Änderung "zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung" der Funktion des Gebäudes erforderlich ist.
Der Sachverständige mag nachgewiesen haben, daß eine Baumaßnahme zur Vergrößerung des zur Verfügung stehenden Wohnraumes technisch nicht in anderer Weise möglich sei (bzw. nur mit ungleich höherem Aufwand; vgl. dazu auch unten).
Für die maßgebliche Rechtsfrage, ob die Vergrößerung des Wohnraumes zur Erhaltung oder zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion erforderlich sei, wird damit jedoch nichts gewonnen.
Der Sachverständige legt seiner Beurteilung offensichtlich die Zahl der derzeit im Haus wohnenden Personen zugrunde und schließt aus dieser Zahl auf das Erfordernis der Vergrößerung des Wohnraumes.
Der Sachverständige hat damit - ohne daß die belangte Behörde dies aufgegriffen und in ihrer Begründung erörtert hätte - eine bestimmte Rechtsauffassung als Prämisse seinem Gutachten zugrunde gelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag diese Auffassung nicht zu teilen. § 25 Abs. 8 lit. a BGG kann nicht dahingehend verstanden werden, daß die "Funktion" eines Wohnhauses auch durch die Anzahl der das Haus de facto bewohnenden Personen bestimmt würde. Wenngleich derartigen Tatsachen auch im Rahmen des § 25 Abs. 8 lit. a BGG im Einzelfall bei der Prüfung der Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung der Funktion Bedeutung zukommen kann, würde das vom Sachverständigen - und damit im Ergebnis von der belangten Behörde - zugrunde gelegte Abstellen auf die tatsächliche Belegung eines Gebäudes bedeuten, daß es der Konsenswerber in der Hand hätte, durch die Schaffung von Fakten die Rechtslage (im Sinne der Ermöglichung eines Ausbaues unter Erteilung einer Abstandsnachsicht) zu seinen Gunsten zu gestalten.
Im Beschwerdefall hat die belangte Behörde dem Umstand, ob ein Ausbau des Dachgeschoßes vor den gegenständlichen Baumaßnahmen bewilligt war, keine Bedeutung beigemessen. Es könnte allenfalls dann davon gesprochen werden, daß die gegenständlichen Baumaßnahmen zur Erhaltung oder zeitgemäßen Wahrung der Funktion des Gebäudes erforderlich seien, wenn die Funktion des bewilligten Gebäudes bislang bereits durch die Eigenschaft als Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoß gegeben war. Wenn sich die belangte Behörde eingehend mit den Ausführungen des Sachverständigen zur Frage, ob auf dem Baugrundstück durch eine andere Baumaßnahme zusätzlicher Wohnraum geschaffen werden könne, auseinandersetzt, so übersieht sie, daß zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion eines als Wohnhaus dienenden (und als solches bewilligten) Gebäudes in der Regel nicht die Vergrößerung der Wohnfläche zählt (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. November 1995, Zl. 92/06/0101). Die belangte Behörde hat stillschweigend die den Überlegungen des Sachverständigen zugrunde liegende Prämisse übernommen, daß eine Vergrößerung der Wohnfläche erforderlich sei. Das Bestreben nach Vergrößerung der Wohnfläche kann für sich allein noch nicht das Tatbestandselement, daß die Baumaßnahme zur zeitgemäßen Wahrung der Funktion des Gebäudes erforderlich sein muß, erfüllen. Daß im Beschwerdefall besondere Umstände vorlägen (wie etwa die Notwendigkeit der Schaffung zeitgemäßer Einrichtungen, die zu einem Wohnhaus gehören und im konsentierten Bestand nicht vorhanden wären), die allenfalls einen Ausbau rechtfertigen könnten, hat die belangte Behörde ebenfalls nicht festgestellt.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß die von der belangten Behörde zitierte Feststellung des Sachverständigen, daß ein südseitiger Zubau "in gestalterischer Hinsicht" problematisch sei, keineswegs belegt, daß der Zubau technisch nicht möglich oder rechtlich unzulässig sei; da § 25 Abs. 8 BGG als Ausnahmeregelung streng auszulegen ist, bestehen auch in dieser Hinsicht Bedenken gegen die - auch insofern eine unzulässige Vermengung der Sach- und Rechtsfragen darstellende
- Beurteilung durch den Sachverständigen, der sich die belangte Behörde - ebenfalls ohne nähere Erörterung - angeschlossen hat. Auch insoweit fehlen entsprechende Feststellungen bzw. eine ausreichende Begründung. Es ist daher nicht nachprüfbar, ob
- wie in der Gegenschrift der mitbeteiligten Marktgemeinde vertreten wird - tatsächlich die angenommene rechtliche Unmöglichkeit für andere Lösungen besteht. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang den Beschwerdeführern entgegenhält, daß sie nicht gehalten wäre, im Bauverfahren, welches ein Projektsverfahren darstelle, andere Varianten zu prüfen, so übersieht sie, daß im Verfahren nach § 25 Abs. 8 BGG sehr wohl entscheidungswesentlich ist, ob die zeitgemäße Wahrung der Funktion des Gebäudes auch auf andere Weise erreicht werden könnte. Wäre dies nämlich der Fall, fehlte es an der Voraussetzung des § 25 Abs. 8 lit. a BGG.
Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage verkannt, wenn sie davon ausging, daß die Gemeindebehörden aufgrund des dargestellten Gutachtens zu Recht angenommen hätten, daß die Voraussetzungen für die Ermessensübung im vorliegenden Fall gegeben gewesen seien.
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit damit über die Vorstellung der Erstbeschwerdeführer entschieden wurde, schon aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
2. Zur Beschwerde der Zweitbeschwerdeführer:
Die Zweitbeschwerdeführer wenden sich in der Beschwerde nicht gegen die Erteilung der Abstandsnachsicht, sondern machen die Verletzung der Bestimmungen über die zulässige Bebauungshöhe geltend. Die Zweitbeschwerdeführer erachten sich durch die "Anhebung der Höhe des Wohnhauses ... im Bereich der beiden Dachtraufen" in der zweckentsprechenden Nutzung ihrer Liegenschaft (insbesondere im Zusammenhang mit Belichtung und Besonnung) beeinträchtigt; sie seien im Recht auf Beachtung der Bestimmungen über die zulässige Höhe eines Bauwerkes verletzt.
Subjektive Rechte des Nachbarn in Bezug auf die Höhe von Bauten ergeben sich nach § 9 Abs. 1 lit. g Sbg BauPolG, insbesondere aus den Vorschriften betreffend die Höhe und die Lage der Bauten im Bauplatz. Insoweit kommt den Zweitbeschwerdeführern das subjektive Recht auf Einhaltung der Vorschriften über die Gebäudehöhe zu. Wenn die belangte Behörde in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid darauf hinweist, daß nach der hg. Rechtsprechung kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht hinsichtlich der Belichtung und Besonnung besteht, übersieht sie, daß damit keine Aussage darüber getroffen ist, ob ein Recht auf Einhaltung der Vorschriften über die Gebäudehöhe besteht. Dieses Recht kommt dem Nachbarn jedoch sehr wohl zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Juli 1982, Zlen. 82/06/0005, 0006).
Die belangte Behörde hätte sich daher nicht damit begnügen dürfen zu prüfen, ob der Seitenabstand im Sinne des § 25 Abs. 3 BGG eingehalten ist. Sie hätte vielmehr die Ausübung des Planungsermessens bei der Festsetzung der Gebäudehöhe in der Bauplatzerklärung zu überprüfen gehabt. Dadurch, daß sie dies aufgrund ihrer verfehlten Rechtsanschauung unterlassen hat, leidet der angefochtene Bescheid insoweit an einem wesentlichen Begründungsmangel. Da dieser Mangel auf die verfehlte Rechtsansicht der belangten Behörde zurückzuführen ist, liegt eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auch insoweit, als damit über die Vorstellung der Zweitbeschwerdeführer abgesprochen wird, vor.
3. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher sowohl hinsichtlich der Erst- als auch der Zweitbeschwerdeführer als inhaltlich rechtswidrig. Er war daher (zur Gänze) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft den Stempelaufwand für nicht erforderliche Beilagen.
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