VwGH 97/19/1439

VwGH97/19/143917.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des 1967 geborenen NM in Wien, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Petrusgasse 2/15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1997, Zl. 121.313/2-III/11/97, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
VwRallg;
AufG 1992 §5 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §10 Abs1 Z6;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Februar 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 6 Abs. 2 sowie § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 und Z. 6 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit einem Touristensichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist und halte sich nach wie vor in Österreich auf. Er habe seinen Antrag auf Aufenthaltsbewilligung im Inland gestellt und es solle die Bewilligung im Anschluß an einen Touristensichtvermerk erteilt werden. Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG sei erfüllt. Durch die Antragstellung im Inland sei der Vorschrift des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht entsprochen worden und durch den weiteren Aufenthalt des Beschwerdeführers im Inland im Anschluß an den Touristensichtvermerk sei eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit gegeben, da das Verhalten des Beschwerdeführers auf andere Fremde Beispielswirkung haben könnte. Zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers sei zu sagen, daß durch den Aufenthalt seiner Ehegattin im Bundesgebiet unabsprechbare private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden; die Versagung eines Sichtvermerkes gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG stelle aber einen zulässigen Eingriff in das Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 MRK dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher diese antragsgemäß mit Beschluß vom 9. Juni 1997, B 870/97-4, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Über die ergänzte Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird, hat der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen:

§ 3 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 3 (1) Ehelichen und außerehelichen minderjährigen Kindern und Ehegatten

  1. 1. von österreichischen Staatsbürgern oder
  2. 2. von Fremden, die auf Grund einer Bewilligung, eines vor dem 1. Juli 1993 ausgestellten Sichtvermerks oder sonst gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 bis 5 rechtmäßig seit mehr als zwei Jahren ihren Hauptwohnsitz in Österreich haben,

    ist nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 Z. 3 und 4 eine Bewilligung zu erteilen, sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt."

§ 5 Abs. 1 AufG bestimmt:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 6 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

6. der Sichtvermerk zeitlich an einen Touristensichtvermerk anschließen oder nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 12 Aufenthaltsgesetz oder § 14) erteilt werden soll;"

Der Beschwerdeführer tritt den maßgeblichen Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde, wonach er mit einem Touristensichtvermerk eingereist sei und sich seither im Bundesgebiet aufhalte, nicht entgegen. Auf Basis dieser unbekämpften Bescheidfeststellungen ist aber der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gegeben.

Nach ständiger Rechtsprechung ist der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG auch dann verwirklicht, wenn die Aufenthaltsbewilligung nicht nahtlos an den Touristensichtvermerk anschließen soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0134). Für die Verwirklichung dieses Sichtvermerksversagungsgrundes ist es allein maßgeblich, daß sich der Fremde im Zeitpunkt der Erlassung des den Bewilligungsantrag abweisenden (Berufungs)Bescheides im Anschluß an eine Einreise mit Touristensichtvermerk im Bundesgebiet aufhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Oktober 1995, Zl. 95/19/0534).

Die den wesentlichen Bestandteil der Beschwerde bildenden Ausführungen hinsichtlich der Eheschließung des Beschwerdeführers mit einer Fremden, die über eine rechtsgültige Aufenthaltsbewilligung verfügt, verhelfen der Beschwerde nicht zum Erfolg. Soweit die Beschwerde mit diesem Vorbringen rügen will, daß durch die Heranziehung des Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG in Rechte, die sich aus Art. 8 MRK ergeben, eingegriffen worden sei, ist der Beschwerdeführer mit diesem Vorbringen auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach bei einer auf § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG gestützten Entscheidung eine Bedachtnahme auf private oder familiäre Interessen des Fremden aus den im Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Juli 1993, Slg. Nr. 13.497 genannten Gründen nicht in Betracht kommt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. Februar 1997, Zl. 96/19/0084, und vom 21. Mai 1997, Zl. 96/19/0818, u.a.).

Die belangte Behörde belastete ihren Bescheid nicht mit Rechtswidrigkeit, wenn sie vom Vorliegen des Ausschließungsgrundes des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ausging. Liegt aber ein Ausschließungsgrund vor, so ist dem Beschwerdeführer auf sein Vorbringen, daß er infolge Eheschließung mit seiner aufgrund einer Aufenthaltsbewilligung in Österreich lebenden Ehegattin, die einen Antrag auf Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft gestellt habe, gemäß § 3 AufG einen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung habe, zu erwidern, daß bei Vorliegen eines Ausschließungsgrundes eine Aufenthaltsbewilligung an die im § 3 Abs. 1 AufG genannten Personen nicht erteilt werden darf (vgl. die Erkenntnisse vom 14. Februar 1997, Zl. 95/19/0715, und vom 27. Juni 1997, Zl. 95/19/1815, u.a.).

Der Beschwerdeführer vertritt in diesem Zusammenhang die Auffassung, daß bei konsequenter Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG ein betroffener Fremder für den Fall der Eheschließung mit den in § 3 AufG genannten Personen den Nachweis eines gültigen Sichtvermerkes erbringen und erst nach Vorlage desselben standesamtlich heiraten dürfe. Dies ist schon deshalb unzutreffend, weil das Vorliegen eines Sichtvermerkes nach den Vorschriften des EheG keine Voraussetzung für den Abschluß einer Ehe darstellt. Sollte der Beschwerdeführer aber meinen, auf Personen, die sich mit bzw. im Anschluß an einen Touristensichtvermerk im Inland aufhalten, sei die Sonderregelung des § 3 Abs. 1 AufG - nach Eheschließung mit einer der dort genannten Personen - nicht anwendbar, so ist er auf die Rechtslage und die oben wiedergegebene Judikatur zu verweisen, wonach der Rechtsanspruch des § 3 Abs. 1 AufG nur zum Tragen kommt, "sofern kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt" (§ 3 Abs. 1 letzter Halbsatz AufG).

Bei der oben wiedergegebenen, vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Interpretation der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG wird dem Normzweck zum Durchbruch verholfen, die Fortsetzung des Aufenthaltes von Fremden im Bundesgebiet im Anschluß an Touristenaufenthalte nicht zu gestatten. Eine Aufenthaltsbewilligung kann somit wieder erteilt werden, sobald der Fremde seinen mit einer Einreise mit Touristensichtvermerk begonnenen Aufenthalt im Bundesgebiet beendet, vom Ausland aus eine Bewilligung beantragt und die Entscheidung der Behörde im Ausland abwartet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. März 1996, Zl. 95/19/0601, und das oben zitierte hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1997).

Im übrigen leitet sich die Regelung des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG im Gegensatz zu den Beschwerdeausführungen nicht aus dem Anspruch des Staates auf Wahrung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ab - dies verwechselt der Beschwerdeführer offenbar mit dem Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG -, sondern verfolgt den Zweck, die Fortsetzung von Aufenthalten im Anschluß an Touristenaufenthalte nicht zu gestatten.

Die belangte Behörde stützte sich zu Recht auf den Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 6 FrG; daher erübrigte sich ein Eingehen auf die ebenfalls herangezogenen Versagungsgründe des § 6 Abs. 2 AufG und § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Somit erübrigte sich auch der Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse des Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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