Normen
AZG §15 Abs1;
AZG §7 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
AZG §15 Abs1;
AZG §7 Abs1;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft
Salzburg-Umgebung vom 31. Juli 1995 wurde der Beschwerdeführer
in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer
einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. schuldig erkannt,
"daß die Gesellschaft bei der Beschäftigung" von 13 im
folgenden namentlich genannten Arbeitnehmern "das
Arbeitszeitgesetz in 13 Fällen durch Überschreiten der
höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von 10 Stunden ... übertreten
hat". Es folgt eine Auflistung der Arbeitnehmer sowie von Daten
zwischen dem 19. August und dem 22. September 1994, jeweils mit
dem Zusatz "Tagesarbeitszeit ... 12 Stunden". Dadurch habe der
Beschwerdeführer 13 Übertretungen nach § 7 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) begangen. Über ihn wurden 13 Geldstrafen im Ausmaß von je S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe "insgesamt zwei Wochen") verhängt sowie ein Verfahrenskostenbeitrag von S 7.800,-- vorgeschrieben. Der Beschwerdeführer hat gegen dieses Straferkenntnis berufen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, "daß die Ersatzfreiheitsstrafe jeweils einen Tag beträgt"; dem Beschwerdeführer wurde ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von S 15.600,-- vorgeschrieben.
In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In Ansehung des Schuldspruches bringt der Beschwerdeführer folgendes vor:
1.1. Der Tatort sei nicht hinreichend beschrieben. Der Sitz der Leitung der Gesellschaft scheine im Spruch des angefochtenen Bescheides nicht auf.
Die belangte Behörde hat den Spruch der Erstbehörde ohne Änderung der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Taten bestätigt. Die behauptete Rechtswidrigkeit müßte demnach bereits dem Spruch des Straferkenntnisses vom 31. Juli 1995 anhaften. Dies ist jedoch schon deswegen nicht der Fall, weil in diesem Spruch auf den Sitz der Unternehmensleitung in Oberndorf Bezug genommen wird und diese Angabe nur als Anführung des Tatortes verstanden werden kann, weil sie andernfalls funktionslos und inhaltsleer wäre (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1994, Zl. 92/18/0366). Die Anführung des Sitzes eines renommierten Unternehmens in einer verhältnismäßig kleinen Gemeinde bedarf im übrigen im gegebenen Zusammenhang keiner Konkretisierung durch die Anschrift (wie dies im übrigen noch in der Aufforderung zur Rechtfertigung der Fall gewesen ist).
1.2. Was die Angabe der durch die strafbaren Handlungen verletzten Verwaltungsvorschrift im Sinne des § 44a Z. 2 VStG anlangt, führt der Beschwerdeführer aus, § 7 Abs. 1 AZG enthalte (zumindest) vier unterschiedliche Tatbestände. Das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte "Überschreiten der Tagesarbeitszeit von 10 Stunden" nach dem letzten Satz des § 7 Abs. 1 AZG erfülle nur einen dieser Tatbestände. Der Spruch sei daher in dieser Hinsicht nicht hinreichend konkret.
Dazu genügt es, auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der bei der Anführung der verletzten Verwaltungsvorschrift eine genaue Bezeichnung eines von mehreren in einem Absatz einer Gesetzesstelle enthaltenen Straftatbestandes nicht erforderlich ist, wenn im Hinblick auf die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat die Zuordnung zu diesem Tatbestand klar ist (vgl. das Erkenntnis vom 30. Mai 1989, Zl. 88/08/0184). Das insofern gegebene "Mitzitieren" von nicht übertretenen Tatbeständen verletzt keine Rechte des Beschuldigten.
1.3. Im Straferkenntnis vom 31. Juli 1995 heißt es ferner, der Beschwerdeführer sei schuldig, daß die Gesellschaft das Gesetz übertreten habe. Ihm sei somit eine Übertretung angelastet worden, die nicht er begangen habe.
Die im Spruch gewählte Ausdrucksweise ist unmißverständlich. Die Beschäftigung von Arbeitnehmern erfolgt begrifflich durch den Arbeitgeber. Der Beschwerdeführer ist als dessen handelsrechtlicher Geschäftsführer kraft § 9 Abs. 1 VStG für die vom Arbeitgeber gesetzten Gesetzesverstöße verantwortlich gewesen. Wenn dies im Spruch verbal mit den Wörtern zum Ausdruck gebracht wird, er sei schuldig, daß der Arbeitgeber verstoßen habe, so begegnet dies keinen Bedenken in der Richtung, daß Rechte des Beschuldigten verletzt sein könnten. Die Art der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers wurde jedenfalls ausreichend umschrieben.
1.4. Völlig verfehlt ist das Beschwerdeargument, die gewählte Textierung "N.N. 19.8.1994 Tagesarbeitszeit ... 12 Stunden" lasse offen, ob der betreffende Arbeitnehmer an diesem Tag 12 Stunden gearbeitet oder ob die Überschreitung der höchstzulässigen Arbeitszeit an diesem Tag 12 Stunden betragen habe. Die in Rede stehenden 12 Stunden Tagesarbeitszeit sind eindeutig zu der vorher erwähnten höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von 10 Stunden in Bezug gesetzt. Von einer Überschreitung UM 12 Stunden ist keine Rede.
1.5. Die Behauptung des Beschwerdeführers, bei allen 13 Übertretungen handle es sich um ein fortgesetztes Delikt, welches mit nur einer Strafe hätte belegt werden dürfen, und das in diesem Zusammenhang genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sind ebenfalls nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Verwaltungsstrafsachen nach arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen, es läge je rechtswidrig beschäftigtem Arbeitnehmer eine gesondert zu ahndende Verwaltungsübertretung vor, ist einheitlich (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., zu § 22 VStG, S. 871f zitierten Entscheidungen). Das in der Beschwerde zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes erging indes zum Ausländerbeschäftigungsgesetz; ihm kommt wegen des unterschiedlichen Schutzzweckes der in Rede stehenden Gesetze im vorliegenden Zusammenhang keine Bedeutung zu (dies auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor der Novelle zum AuslBG BGBl. Nr. 231/1988).
1.6. Der Beschwerdeführer beruft sich auch zu Unrecht auf § 8 Abs. 1 lit. c AZG. Nach dieser Bestimmung darf die für den Betrieb zulässige Dauer der Arbeitszeit um eine halbe Stunde täglich, jedoch höchstens bis zu 10 Stunden täglich bei Arbeiten zur abschließenden Kundenbedienung einschließlich der damit zusammenhängenden notwendigen Aufräumungsarbeiten ausgedehnt werden. Abgesehen davon, daß dem Beschwerdeführer zur Last gelegt wird, daß die in Rede stehenden Arbeitnehmer länger als zehn Stunden täglich gearbeitet haben, ist § 8 Abs. 1 lit. c AZG auf den vorliegenden Fall deswegen von vornherein nicht anwendbar, weil diese Gesetzesstelle lediglich die Bedienung von Kunden betrifft, die sich bei Ende der Arbeitszeit noch in den Betriebsräumen von Handels- bzw. Gast- und Schankräumen aufhalten. Keinesfalls wird dadurch die Verlängerung der Tagesarbeitszeit bei einem Druckereiunternehmen, das dringende Arbeiten zur Erfüllung von Bestellungen von Kunden durchzuführen hat, gerechtfertigt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Beschwerdeführers gegen ein derartiges Verständnis vom Inhalt des Gesetzes teilt der Verwaltungsgerichtshof im übrigen nicht. Es stellt vielmehr einen wesentlichen Unterschied dar, ob sich der zu bedienende Kunde an Ort und Stelle befindet oder ob es sich um die Fertigstellung von - selbstverständlich von "Kunden" bestellten - Arbeiten handelt, ob es sich also um die Erfüllung einer einem abwesenden Kunden gegenüber zu einem früheren Zeitpunkt eingegangenen Verpflichtung handelt; schließlich würde sich die Meinung des Beschwerdeführers schwerlich mit dem Wortsinn der Wendung "abschließende Kundenbedienung" vereinbaren lassen.
1.7. Wenn auch aus der Anwendung des § 7 Abs. 1 AZG durch die Verwaltungsstrafbehörden hervorgeht, daß auf Seiten des Arbeitgebers ein erhöhter Arbeitsbedarf geherrscht habe, so bedeutet das nicht, daß über die in dieser Bestimmung ausdrücklich gezogenen zeitlichen Grenzen hinaus gearbeitet werden dürfte. Die vom Beschwerdeführer vermißten Auseinandersetzungen mit Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, aus denen ein erhöhter Arbeitsbedarf abzuleiten gewesen wäre, wären daher überflüssig gewesen, weil sie nicht zu einem für den Beschwerdeführer günstiger lautenden Bescheid hätten führen können.
1.8. Soweit der Beschwerdeführer Diskrepanzen zwischen der Anzeige des zuständigen Arbeitsinspektorates und dem Spruch des Straferkenntnisses und in diesem Zusammenhang Aktenwidrigkeit geltend macht, ist dies unverständlich, weil die angezeigten Überschreitungen der Tagesarbeitszeit sowohl hinsichtlich Datum als auch Ausmaß bei allen betroffenen Arbeitnehmern übereinstimmen.
1.9. Der Beschwerdeführer führt ferner aus, in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe er behauptet, hinsichtlich der mit der Ziffer 11 bezeichneten Übertretung liege eine Überschreitung der Tagesarbeitszeit an einem der beiden im Spruch genannten Tage nicht vor. Die belangte Behörde sei darauf überhaupt nicht eingegangen.
Dieses Beschwerdevorbringen ist zutreffend.
Der in dieser mündlichen Verhandlung einvernommene Zeuge habe weiters ausgeführt, daß die im Spruch des Straferkenntnisses aufscheinenden Tagesarbeitszeiten von zwölf Stunden insofern unrichtig seien, als es in allen Fällen Pausen im Ausmaß von insgesamt je einer Stunde gegeben habe. Die belangte Behörde sei darauf nicht eingegangen.
Auch dieses Beschwerdevorbringen ist zutreffend.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag infolgedessen die Richtigkeit dieser - die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Taten im Sinne des § 44a Z. 1 VStG betreffenden - Beschwerdebehauptungen nicht zu überprüfen. Dies belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
2. Hinsichtlich der Strafbemessung wendet sich der Beschwerdeführer vor allem dagegen, daß in allen Fällen die Höchststrafe verhängt worden ist. Er rügt in diesem Zusammenhang speziell:
2.1. Die Erstbehörde habe das Vorliegen von neun einschlägigen Vormerkungen als straferschwerend angenommen. Die belangte Behörde sah nur mehr zwei Vormerkungen als erschwerend an, ohne die Strafen herabzusetzen.
2.2. Der Beschwerdeführer sei inzwischen Pensionist. Es sei daher unzulässig, die Strafbemessung u.a. mit Gründen der Spezialprävention zu untermauern.
2.3. Die in den obigen Ziffern 2.1. und 2.2.
wiedergegebenen Beschwerdegründe zeigen auf, daß die einheitliche Verhängung der gesetzlichen Höchststrafe für alle 13 Verwaltungsübertretungen an wesentlichen Begründungsmängeln leidet. Es fehlt jegliche Erklärung dafür, wieso - bei anerkanntem Fehlen "besonderer Erschwerungsgründe" gegenüber einem Pensionisten mit angenommenen durchschnittlichen Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnissen linear mit der Verhängung der Höchststrafe vorgegangen wurde, obwohl die ursprünglich angenommene Zahl der Vorstrafen bei weitem nicht zutrifft und obwohl sich die einzelnen Übertretungen nach dem Ausmaß der Überschreitungen der Tagesarbeitszeit (z.T. an sechs Tagen, z.T. nur an einem Tag) erheblich voneinander unterscheiden.
3. Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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