Normen
BStFG 1996 §12 Abs1 Z2 idF 1996/656 ;
BStFG 1996 §6;
BStFG 1996 §7 Abs1;
StGB §34 Z11;
StGB §34;
VStG §20;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
BStFG 1996 §12 Abs1 Z2 idF 1996/656 ;
BStFG 1996 §6;
BStFG 1996 §7 Abs1;
StGB §34 Z11;
StGB §34;
VStG §20;
VStG §21;
VStG §5 Abs1;
VStG §5 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aufgrund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. Juni 1997 wurde dem Beschwerdeführer angelastet, er habe am 27. April 1997 um 22.10 Uhr einen näher bezeichneten Personenkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3,5 t auf der A 14 in Hörbranz, Höhe Grenzkontrollstelle, in Fahrtrichtung Deutschland gelenkt, wobei er als Lenker des genannten Kraftfahrzeuges eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben. Die Behörde erster Instanz erblickte darin eine Verwaltungsübertretung gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 i.V.m. § 7 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996. Es wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) von S 3.000,-- (72 Stunden) verhängt.
In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer im wesentlichen geltend, er habe nicht die Absicht gehabt, die österreichische Autobahn zu befahren und habe deshalb keine Mautvignette gelöst. Er sei von St. Gallen kommend durch Bregenz in Richtung Deutschland gefahren. Bezogen auf seinen Wohnsitz und Zielort Lauben hätte die Benützung der österreichischen Autobahn und auch des Pfändertunnels für ihn nur einen Umweg bedeutet. Er sei deshalb auf der Landstraße durch Lochau Richtung Deutschland gefahren. Als er kurz nach dem Ortsende von Lochau die Beschilderung "Deutschland" und das Schild "Autobahn Deutschland" wahrgenommen habe, sei er davon ausgegangen, daß er bei Benützung dieser Abzweigung direkt auf die deutsche Autobahn kommen werde. Ein Hinweis auf die österreichische Mautpflicht in Form der Verpflichtung des Erwerbes einer Autobahnvignette habe bei dieser Abzweigung gefehlt. Überdies sei im Verhältnis zu der in diesem Bereich sehr breiten Landstraße Lochau-Hörbranz die gegenständliche Abzweigung relativ unscheinbar und schlecht wahrzunehmen, daß er vornherein nicht angenommen habe, er werde über diese Zufahrt direkt auf die österreichische Autobahn gelangen. Als der Beschwerdeführer kurz nach erfolgter Einfahrt in diese Abzweigung seinen Irrtum erkannt habe, habe er keine Möglichkeit mehr gehabt, die Zufahrtstraße zu verlassen, da ein Wenden verboten und ein "Rückwärtsausfahren" zu gefährlich gewesen sei. Es sei ihm daher nichts anderes übrig geblieben, als die kurze Strecke bis zum Autobahnzollamt zu fahren, wo er promt vom Zollbeamten angehalten und auf das Fehlen der Mautvignette hingewiesen worden sei. Er sei daher ein Opfer der in diesem Bereich äußerst schlechten und im Hinblick auf den Hinweis "Autobahn Deutschland" auch irreführenden Beschilderung. Dieser besonders gelagerte Sachverhalt lasse die Straffälligkeit dieses einmaligen Versehens fraglich erscheinen. Dies nicht zuletzt auch im Hinblick darauf, daß ohnehin in nächster Zeit das Teilstück der österreichischen Autobahn von der deutschen Grenze bis zum Ende des Pfändertunnels mautfrei gestellt werden solle. Weiters sei die verhängte Geldstrafe bei weitem überhöht. Die Behörde erster Instanz habe die Bestimmung des § 20 VStG übersehen, wonach bei einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen die Verwaltungsbehörde im Rahmen der außerordentlichen Strafmilderung die Strafe auch unterhalb der gesetzlichen Mindeststrafe aussprechen könne. Im vorliegenden Fall lägen keine Erschwerungsgründe, sondern ausschließlich Milderungsgründe vor. Es seien dies die Unbescholtenheit des Beschwerdeführers, der Umstand, daß er keinerlei Absicht gehabt habe, die Mautpflicht zu verletzen und nur aufgrund eines Versehens auf die österreichische Autobahn gelangt sei, das Fehlen eines Hinweises auf die Mautpflicht bei der vom Beschwerdeführer benützten Zufahrt, die sehr kurze, vom Beschwerdeführer tatsächlich befahrene Strecke der österreichischen Autobahn sowie der Umstand, daß ohnehin für die nächste Zeit auf diesem Teilstück und für den Bereich des gesamten Pfändertunnels die Aufhebung der Mautpflicht vorgesehen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der angeführten Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis bestätigt. Diese Entscheidung ist nach Anführung der maßgeblichen Bestimmungen des Bundesfinanzierungsgesetzes 1996 im wesentlichen damit begründet, der Umstand, daß der Beschwerdeführer versehentlich auf die österreichische Autobahn gefahren sei, könne ihn nicht entschuldigen. Die im Zuge der Landesstraße Nr. 1, auf welcher der Beschwerdeführer damals gefahren sein müsse, bestehenden Autobahnhinweisschilder wiesen eindeutig auf die österreichische Autobahn hin. Da er wissen habe müssen, daß er die Grenze zu Deutschland noch nicht passiert hätte, habe er nicht davon ausgehen können, daß die zu befahrende Autobahn auf deutschem Bundesgebiet liege. Der Beschwerdeführer könne somit nicht Opfer einer "irreführenden Beschilderung" gewesen sein. Es treffe auch nicht zu, daß ein Hinweis auf die österreichische Mautpflicht auf der Autobahn bei der Abzweigung kurz nach dem Ortsende von Lochau gefehlt habe. Dem Verwaltungssenat sei bekannt, daß an dieser Abzweigung auf die Vignettenpflicht auf der Autobahn in entsprechender Weise hingewiesen werde. Abgesehen davon komme aber solchen Hinweistafeln auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen nur deklaratorische Bedeutung zu, da das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz und die dazu ergangene Mautstreckenverordnung nicht durch Verkehrszeichen kundzumachen seien. Die Einvernahme des Beschwerdeführers im Amtshilfewege sei deshalb entbehrlich, da der Beschuldigte im Berufungsverfahren rechtsfreundlich vertreten gewesen und der im Verfahren wesentliche Sachverhalt unstrittig sei und aus der Sicht der belangten Behörde keiner Ergänzung bedurft habe. Die Einvernahme der S.L. als Zeugin sei aus diesem Grunde nicht erforderlich gewesen. Auch die Durchführung eines Ortsaugenscheines zum Beweis dafür, daß bei der gegenständlichen Autobahnauffahrt ein Hinweis auf die Mautpflicht nicht bestanden habe, sei deshalb nicht notwendig, weil der belangten Behörde die Örtlichkeiten bekannt seien und - wie dargelegt - die Frage, ob solche Hinweistafeln betreffend die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen bei der Autobahnauffahrt in Lochau-Hörbranz angebracht gewesen seien, auf die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers keinen Einfluß gehabt habe. Die erstinstanzliche Behörde habe die Mindeststrafe verhängt. Im vorliegenden Fall liege lediglich der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit vor. Diesem Milderungsgrund stehe das Verschulden des Beschwerdeführers, das zumindest mit grober Fahrlässigkeit anzunehmen sei, entgegen. Die vom Beschwerdeführer im übrigen geltend gemachten Milderungsgründe könnten nicht als solche gewertet werden. So sei aus der Sicht der belangten Behörde die Länge der vom Beschwerdeführer auf der Autobahn gefahrenen Strecke sowohl für die Tatbestandsmäßigkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers als auch für die außerordentliche Milderung der Strafe irrelevant. Die Anwendung des § 20 VStG komme nur bei einem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe oder wenn der Beschuldigte Jugendlicher sei, in Betracht. Beides treffe im vorliegenden Fall nicht zu.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Durchführung eines mängelfreien Ermittlungsverfahrens, auf eine nachvollziehbare, widerspruchsfreie Begründung sowie in seinem Recht, gemäß § 21 nicht bestraft zu werden bzw. gemäß § 20 VStG geringer bestraft zu werden, verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 7 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201 in der im vorliegenden Fall maßgeblichen Stammfassung, unterliegt, solange für Fahrzeuge, die von den in Abs. 2 genannten Kategorien umfaßt werden, keine fahrleistungsabhängige Maut auf Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) und Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) eingehoben wird, deren Benützung einer zeitabhängigen Maut, die von den Bundesstraßengesellschaften ab 1. Jänner 1997 namens des Bundes einzuheben ist. Die Maut ist vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten. § 7 Abs. 2 leg. cit. regelt die Entgelte verschiedener Kategorien von Jahresvignetten für verschiedene Kategorien von Fahrzeugen (darunter auch für mehrspurige Kraftfahrzeuge, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t beträgt). Gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 BStFG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 656/1996 begehen Lenker von Kraftfahrzeugen, die mit diesen mautpflichtige Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) oder Bundesstraßen S (Bundesschnellstraßen) benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis zu S 60.000,-- zu bestrafen. Gemäß § 12 Abs. 2 leg. cit. liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit von Gerichten fallenden strafbaren Handlung bildet. Gemäß § 12 Abs. 6 leg. cit. sind die Bestimmungen der §§ 21 und 50 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß Abs. 1 nicht anwendbar. Gemäß § 6 leg. cit. haben die Bundesstraßengesellschaften deutlich und rechtzeitig auf fahrleistungs- und zeitabhängig bemautete Strecken hinzuweisen.
Der Beschwerdeführer bestreitet weder die von der Behörde angenommene Tatbildmäßigkeit seines Verhaltens noch, daß ihn ein Verschulden treffe, macht aber geltend, daß die Behörde gemäß § 21, allenfalls § 20 VStG hätte vorgehen müssen.
Was das geltend gemachte Recht des Beschwerdeführers betrifft, gemäß § 21 VStG nicht bestraft zu werden, genügt es darauf hinzuweisen, daß gemäß § 12 Abs. 6 BStFG in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 656/1996, u.a. § 21 VStG auf Verwaltungsübertretungen gemäß § 12 Abs. 1 leg. cit. nicht anwendbar ist.
Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters im Recht auf Anwendung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG verletzt.
Gemäß § 20 VStG ist vorgesehen, daß die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden kann, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Beschuldigte ein Jugendlicher ist. Die in Frage kommenden Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe sind gemäß § 19 Abs. 2 VStG den §§ 32 bis 35 StGB zu entnehmen. § 34 StGB sieht u. a. folgende Milderungsgründe vor: wenn der Täter bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (Z. 2), der Täter die Tat unter Umständen begangen hat, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahekommen (Z. 11) und die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum (§ 9 leg. cit.) begangen hat, insbesondere wenn er wegen vorsätzlicher Begehung der Tat bestraft wird (Z. 12).
Die Anwendung des § 20 VStG setzt ein beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen voraus. Die belangte Behörde hat die Auffassung vertreten, daß ein solches beträchtliches Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorliegt. Lediglich die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Unbescholtenheit stelle einen solchen Milderungsgrund dar. Dem stehe das Verschulden des Beschwerdeführers, nämlich zumindest grobe Fahrlässigkeit, entgegen. Die übrigen geltend gemachten Umstände könnten nicht als Milderungsgründe gewertet werden.
Wenn sich der Beschwerdeführer im Rahmen des § 20 VStG darauf beruft, daß er nur aus Versehen auf die Autobahn aufgefahren und die Beschilderung nicht klar gewesen sei, wendet er sich in Wahrheit gegen das von der belangten Behörde zumindest mit grober Fahrlässigkeit angenommene Verschulden des Beschwerdeführers. Die belangte Behörde vertrat dazu zutreffend die Auffassung, der Beschwerdeführer habe, da er wissen habe müssen, daß er die Grenze zu Deutschland noch nicht passiert habe, nicht davon ausgehen können, die zu befahrende Autobahn liege auf deutschem Staatsgebiet. Eine irreführende Beschilderung lag somit nicht vor. Das behauptete versehentliche Auffahren auf die Autobahn kann nicht als ein Umstand im Sinne des § 34 Z. 11 StGB angesehen werden, der einem Entschuldigungsgrund nahekommt.
Sofern sich der Beschwerdeführer auf das Fehlen eines Hinweises auf die Mautpflicht bei der von ihm benützten Zufahrt beruft, ist er darauf hinzuweisen, daß nach der hg. Judikatur zu § 5 Abs. 2 VStG (vgl. u.a. das Erkenntnis vom 26. Februar 1968, Slg. Nr. 7297/A, und vom 23. Oktober 1986, Zl. 86/02/0064) auch für den ausländischen Kraftfahrer die Verpflichtung besteht, sich über die Rechtsvorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu befolgen hat, ausreichend zu unterrichten hat. Es bedurfte daher um von der Kenntnis des Beschwerdeführers betreffend die Rechtsvorchrift in bezug auf die Mautpflicht auf österreichischen Autobahnen nicht ausdrücklicher Hinweistafeln darauf vor den Zufahrten auf Autobahnen, sofern eindeutig ausgewiesen ist, daß eine bestimmte Zufahrt auf eine Autobahn führt, da sich die Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aus § 1, § 7 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit § 12 Abs. 1 Z. 2 BStFG ergibt und daher § 6 BStFG nur deklarative Bedeutung hat.
Es kommt auch in dieser Hinsicht kein Milderungsgrund im Sinne des § 34 StGB in Betracht. Daraus, daß der Beschwerdeführer keine entsprechende Hinweistafel wahrgenommen habe, wie er in der Beschwerde vorbringt, kann für ihn nichts gewonnen werden. Sofern der Beschwerdeführer auch mit diesem Vorbringen einen Tatirrtum geltend machen will, ist auf die Ausführungen des vorangegangenen Absatzes zu verweisen.
Auch die im Verfahren ins Treffen geführten Gründe, daß die vom Beschwerdeführer befahrene Strecke der Autobahn nur eine sehr kurze gewesen und daß eine Aufhebung der Mautpflicht auf dieser Autobahnstrecke geplant sei, stellen keine Milderungsgründe im Sinne des § 34 StGB dar.
Die belangte Behörde hat daher zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für eine außerordentliche Milderung im Sinne des § 20 VStG verneint.
Sofern der Beschwerdeführer in der Beschwerde andere Milderungsgründe als die im Berufungsverfahren geltend gemachten anführt, war auf diese im Hinblick auf das vom Verwaltungsgerichtshof im Falle eines mängelfreien Verfahrens aus § 41 Abs. 1 VwGG abgeleitete Neuerungsverbot nicht mehr Rücksicht zu nehmen.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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