VwGH 97/06/0032

VwGH97/06/003216.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer sowie die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde der Gemeinde H, vertreten durch Dr. Georg Peterlunger, Rechtsanwalt in Salzburg, Kajetanerplatz/Schanzlgasse 8, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 28. November 1996, Zl. 1/02-32.292/29-1996, betreffend die Aufhebung einer Berufungsentscheidung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: F), zu Recht erkannt:

Normen

BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §22 Abs1 lita;
GdO Slbg 1994 §31 Abs1;
BauPolG Slbg 1973 §16 Abs3;
BauPolG Slbg 1973 §22 Abs1 lita;
GdO Slbg 1994 §31 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Vorgeschichte des Beschwerdefalles ist dem hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0083, zu entnehmen (der damalige Beschwerdeführer ist der nunmehrige Mitbeteiligte).

Mit dem an den Mitbeteiligten gerichteten Bescheid des Bürgermeisters der beschwerdeführenden Gemeinde vom 13. Jänner 1995 wurde gemäß § 22 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 16 Abs. 3 des Salzburger Baupolizeigesetzes die Abtragung einer näher bezeichneten Pkw-Kleingarage bis 1. Juni 1995 angeordnet.

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Berufung.

Mit dem (laut Fertigungsklausel von der Vizebürgermeisterin für die Gemeindevertretung gefertigten) Bescheid vom 5. Juli 1996 wurde "aufgrund des Sitzungsbeschlusses vom 01.07.1996" 1. die Berufung als unbegründet abgewiesen, (aber)

2. die Frist zur Beseitigung der Garage "mit 30.11.1996 gemäß § 59 AVG neu festgesetzt".

Dagegen erhob der Mitbeteiligte Vorstellung, die er unmittelbar bei der belangten Behörde einbrachte. Hierauf wurde die Gemeinde von der belangten Behörde ersucht, die Gemeindeakten, einen Auszug aus dem Protokoll der Gemeindevertretungssitzung, in welcher der dem bekämpften Bescheid zugrundeliegende Beschluß gefaßt worden sei, sowie eine Stellungnahme der Gemeinde zur Vorstellung vorzulegen. Mit Erledigung vom 30. September 1996 legte die Gemeinde unter Hinweis auf diese Aufforderung ihre Verwaltungsakten, "das Gemeindevertretungssitzungsprotokoll" (nämlich einen mit 17. September 1996 datierten Auszug aus dem Sitzungsprotokoll vom 1. Juli 1996) sowie eine Stellungnahme zur Vorstellung vor. Über Aufforderung der belangten Behörde übermittelte die Gemeinde mit Erledigung vom 27. November 1996 den entsprechenden Amtsbericht zur Sitzung vom 1. Juli 1996.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der bekämpfte Bescheid vom "9.7.1996" (richtig wohl: 5. Juli 1996) behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Berufungsbehörde zurückverwiesen. Dies wurde (zusammengefaßt) damit begründet, daß das Vorbringen des Vorstellungswerbers inhaltlich nicht geeignet gewesen sei, eine Verletzung von hinzukommenden subjektiv-öffentlichen Rechten durch den bekämpften Bescheid aufzuzeigen. Jedoch sei der bekämpfte Bescheid "aus formalrechtlicher Sicht - unabhängig vom Vorstellungsvorbringen" aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen gewesen: Dem Bescheid eines Kollegialorganes habe ein Beschluß zugrundezuliegen, der seinen Niederschlag im Spruch des Bescheides zu finden habe. Weiche der ausgefertigte Bescheid vom Beschluß des Gemeinderates ab, dann sei dies eine der Unzuständigkeit gleichkommende Rechtswidrigkeit, die die Gemeindeaufsichtsbehörde bei erhobener Vorstellung von Amts wegen wahrnehmen müsse. "Ansonsten" sei der Bescheid (zu ergänzen wohl: der Gemeindeaufsichtsbehörde) mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. Gerade "dieses Erfordernis bzw. die Nichteinhaltung war für den Verwaltungsgerichtshof Grund für das mehrfach zitierte aufhebende Erkenntnis" (nämlich vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0083) und es sei auch vorliegendenfalls "das gesetzliche Erfordernis wiederum nicht erfüllt" worden.

Gemäß § 30 der Salzburger Gemeindeordnung 1994 seien einzelne Anträge, die einer Beschlußfassung durch die Gemeindevertretung zugeführt werden sollen, so zu formulieren, daß eine Stimmabgabe mit "ja" oder "nein" möglich sei.

Gemäß dem im Vorstellungsverfahren vorgelegten Auszug aus dem Sitzungsprotokoll der Gemeindevertretungssitzung vom 1. Juli 1996 sei der Antrag "auf Zustimmung des Amtsvorschlages mit sechsmonatiger Frist auf den bestehenden Abbruchbescheid" (im Original unter Anführungszeichen) zur Abstimmung gebracht worden. Daß die Berufung als unbegründet abzuweisen sei, sei weder im Amtsvorschlag noch im gestellten Antrag enthalten und die mit 30. November 1996 neu festgesetzte Beseitigungsfrist finde hinsichtlich einer sechsmonatigen Frist auch keine Deckung, weil sich als Leistungsfrist der Jänner 1997 errechne bzw. der Bezug "auf den bestehenden Abbruchbescheid" (im Original unter Anführungszeichen) völlig unklar sei.

Bei den Anforderungen an eine Beschlußformulierung sei zwar nicht von einem übertriebenen Formalismus auszugehen, doch sollte der Inhalt der getroffenen Entscheidung entnehmbar und nachvollziehbar sein. Vorliegendenfalls lasse sich weder aus dem beschlossenen Antrag noch aus dem Amtsvorschlag die getroffene Entscheidung ableiten, weil der Amtsvorschlag unter Punkt 2 nur rechtliche Erwägungen enthalte, die nicht zwingend die Abweisung der Berufung ersichtlich machten. Die neu im Spruch des bekämpften Bescheides mit 30. November 1996 festgesetzte Beseitigungsfrist sei von der Beschlußfassung überhaupt nicht gedeckt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen "Aktenwidrigkeit und Rechtswidrigkeit des Inhaltes". Die beschwerdeführende Gemeinde erachtet sich in ihrem Recht "auf Einhaltung der Prüfungsbefugnis durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 80 Abs. 4 der Salzburger Gemeindeordnung 1994" verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die beschwerdeführende Gemeinde hat unaufgefordert eine Äußerung zur Gegenschrift eingebracht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin macht geltend, entgegen der Annahme der belangten Behörde sei der Bescheid vom 5. Juli 1996 durch die Beschlußfassung vom 1. Juli 1996 gedeckt. Die Aufsichtsbehörde stütze sich ausschließlich auf den Inhalt des vom Amtsleiter der Gemeinde verfaßten "Gedächtnisprotokolles" über den Verlauf der Gemeindevertretungssitzung am 1. Juli 1996, bezeichnet als "Auszug aus dem Sitzungsprotokoll", und den im Akt erliegenden Amtsbericht betreffend das verfahrensgegenständliche Bauvorhaben. Es möge dahingestellt bleiben, welche Anforderungen an den Inhalt von Sitzungsprotokollen über den Verlauf von Gemeindevertretungssitzungen zu stellen seien - weder die Salzburger Gemeindeordnung noch das AVG böten diesbezügliche Hinweise an -, jedenfalls wäre die belangte Behörde "gerade bei so schwerwiegenden Eingriffen in die verfassungsgesetzlich gewährleistete Gemeindeautonomie" verhalten gewesen, von Amts wegen den tatsächlichen Verlauf der Gemeindevertretungssitzung zu erurieren, "unabhängig vom Inhalt des Gedächtnisprotokolles". Wie die im Akt erliegende Protokollanmerkung vom 14. Jänner 1997 über den Verlauf der Gemeindevertretungssitzung vom 1. Juli 1996 zeige, sei vor Sitzungsbeginn von der die Sitzung betreffend diesen Tagesordnungspunkt leitenden Vizebürgermeisterin in das Konzept des Berufungsbescheides Einsicht genommen und sodann über Antrag eines näher bezeichneten Gemeindevertreters nicht nur der Amtsvorschlag mit seiner zusammenfassenden rechtlichen Würdigung des Berufungsvorbringens des Mitbeteiligten, sondern auch die Abweisung der Berufung beschlossen worden. Hätte die Aufsichtsbehörde ihre Verpflichtung zur Erforschung der materiellen Wahrheit bzw. zur Wahrung des Parteiengehörs entsprochen, anstatt sich "auf die auszugsweisen Aussagen im Gedächtnisprotokoll ausschließlich zu stützen, wären ihr jene Informationen zugegangen, die nunmehr im ergänzten Protokoll über den Sitzungsverlauf am 1.7.1996 enthalten sind". (Wird - zum Teil auch in der Äußerung zur Gegenschrift - näher ausgeführt).

Dem ist folgendes zu entgegnen: Gemäß § 31 Abs. 1 der Salzburger Gemeindeordnung 1994, LGBl. Nr. 107 (Wiederverlautbarung), ist über die Sitzungen der Gemeindevertretungen eine Niederschrift aufzunehmen. Darin ist der wesentliche Inhalt der Sitzung festzuhalten. Daraus ist zu folgern, daß auch der von der belangten Behörde im Vorstellungsverfahren von der Gemeinde abgeforderte Auszug aus dem Protokoll jener Gemeindevertretungssitzung, in welcher der dem angefochtenen Bescheid zugrundeliegende Beschluß gefaßt worden ist, diesbezüglich (also hinsichtlich der streitverfangenen Sache) den wesentlichen Inhalt der Sitzung festzuhalten hat.

Es kann nun dahingestellt bleiben, welche Bedeutung dieser im Beschwerdefall nachträglich (nach Zustellung des angefochtenen Bescheides und aus Anlaß der Erhebung der vorliegenden Beschwerde) verfaßten Protokollanmerkung vom 14. Jänner 1997 zukommt (in den Gemeindeakten erliegt unter OZ. 82 eine derartige "Protokollanmerkung" mit dem in der Beschwerde behaupteten Inhalt), weil selbst dann, wenn davon auszugehen wäre, daß - wie in dieser "Protokollanmerkung" festgehalten - die Vizebürgermeisterin vor Sitzungsbeginn in das Konzept des Berufungsbescheides Einschau gehalten habe und (sodann) nicht nur der Amtsvorschlag, sondern auch die Abweisung der Berufung beschlossen worden sei, sich weder daraus noch - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - aus den von der Gemeinde im Vorstellungsverfahren der belangten Behörde vorgelegten Stücken (Auszug aus der Niederschrift der Sitzung vom 1. Juli 1996 und Amtsbericht) eine Beschlußfassung der Gemeindevertretung dahin ergibt, daß die Leistungsfrist abweichend von der Festsetzung im erstinstanzlichen Bescheid nun bis zum 30. November 1996 verlängert werde (auch wenn man den gemäß dem Auszug aus dem Sitzungsprotokoll vom 1. Juli 1996 beschlossenen Antrag "auf Zustimmung des Amtsvorschlages mit sechsmonatiger Frist auf den bestehenden Abbruchbescheid" dahin verstehen könnte, daß die von der Behörde erster Instanz bis zum 1. Juni 1995 festgesetzte Leistungsfrist um sechs Monate verlängert werde, würde dies eine Verlängerung bis zum 1. Dezember 1995, nicht aber bis zum 30. November 1996 bedeuten). Die belangte Behörde hat daher schon deshalb zu Recht den Bescheid vom 5. Juli 1997 (der, wenngleich er in zwei Spruchpunkte gegliedert ist, inhaltlich eine untrennbare Einheit bildet) mangels Deckung durch einen Beschluß der Gemeindevertretung als rechtswidrig aufgehoben (vgl. dazu auch die Ausführungen im bereits eingangs genannten hg. Erkenntnis vom 16. März 1995, Zl. 94/06/0083, unter Hinweis auf Vorjudikatur).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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