VwGH 97/04/0127

VwGH97/04/012728.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde des H in L, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Mai 1997, Zl. 318.624/1-III/A/2a/97, betreffend Zurückweisung eines Antrages nach § 358 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1973 §358 Abs1 impl;
GewO 1973 §81 Abs1 impl;
GewO 1994 §358 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §80 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
GewO 1973 §358 Abs1 impl;
GewO 1973 §81 Abs1 impl;
GewO 1994 §358 Abs1;
GewO 1994 §74 Abs2;
GewO 1994 §80 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14. Mai 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Feststellung, sein Imbißstand an einem näher bezeichneten Standort unterliege nicht der Genehmigungspflicht im Sinne des § 74 GewO 1994, wegen Offenkundigkeit der Bewilligungspflicht gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 zurückgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides ging der Bundesminister davon aus, am gegenständlichen Standort sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. Februar 1970 die Errichtung einer Steckerl-Fisch-Braterei gemäß §§ 25, 26, 30 und 74 GewO (1859) gewerbepolizeilich genehmigt worden. Nach der einen integrierenden Bestandteil des Bescheides bildenden Niederschrift sollte auf der in Rede stehenden Parzelle das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform einer Fischbraterei ausgeübt werden. Zu diesem Zweck sei auf dem Grundstück ein hölzernes Objekt im Ausmaß von ca. 12 m2 augestellt worden, in welchem ein Fischbratofen, ein Ausgabetisch und eine sanitäre Anlage, welche jedoch nicht für Gäste geeignet gewesen sei, untergebracht worden sei. Darüberhinaus sei das Abstellen von maximal fünf Gästefahrzeugen auf einem angeschlossenen Parkplatz genehmigt worden. Nunmehr werde die ehemalige Fischbraterei als Imbißstand geführt. Im Vorgartenbereich seien Stellplätze für sechs Besucher-Pkw errichtet worden. Während der warmen Jahreszeit werde ein Gastgarten mit Tischen und Bänken für 20 Personen betrieben. Der Imbißstand selbst gliedere sich nunmehr in einen Gastraum und in einen Küchenbereich. Im Gastraum stünden Tische und Bänke für etwa zehn Personen. An der Außenwand des Imbißstandes sei ein Wandventilator errichtet. Darüberhinaus sei ein Holzofen mit einem ins Freie führenden Rauchrohr aufgestellt worden. Im Gastraum befinde sich ein mobiler Propangasofen und in der Küche ein Holzkohlengrill, über welchem eine Rauchabzugshaube angebracht sei. Mittels eines außenliegenden Dachventilators würden Rauchgas, Küchendunst und sekundär auch Gastraumluft ins Freie ausgeblasen. Weiters werde im Imbißstand mittels einer Stereoanlage und Lautsprecherboxen Hintergrundmusik betrieben. Wie der Sachverständige im Rahmen des Lokalaugenscheines weiters festgestellt habe, träten im Gastbetrieb Geruchs- und Lärmemissionen auf. Geruchsemissionen würden hervorgerufen durch Rauchgas beim Holzofen, Rauchgas beim Holzkohlengrill für Steckerlfischzubereitung, und Küchenabluft. Lärmemissionen würden durch Parkplatzlärm, Gesprächslärm der Gäste beim Betreten und Verlassen des Lokals sowie im Gastgarten und schließlich durch Ventilatorgeräusche hervorgerufen. Da das nächstgelegene bewohnte Gebäude in nordöstlicher Richtung in einer Entfernung von ca. 100 m liege, könnten sich diese Geruchs- und Lärmemissionen als Immissionen bei diesem Nachbargebäude auswirken. Von diesem Sachverhalt ausgehend und im Hinblick auf das Bestehen eines Genehmigungsbescheides gelangte der Bundesminister zu dem Ergebnis, die gegenständliche Anlage unterliege prinzipiell der Genehmigungspflicht. Bei Erfüllung der im § 81 GewO 1994 genannten Voraussetzungen sei daher auch eine Änderung der Betriebsanlage genehmigungspflichtig. Da sich die nunmehr bestehende Betriebsanlage von der im Jahr 1970 genehmigten wesentlich unterscheide und, wie der Sachverständige in seinem Befund festgestellt habe, Immissionen im Sinne des § 74 GewO 1994 bei den Nachbarn nicht ausgeschlossen werden könnten, liege "Offenkundigkeit" der Genehmigungspflicht vor, weshalb ein Feststellungsbescheid im vorliegenden Fall nicht zu erlassen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 25. Juni 1997, Zl. B 1421/97-5, deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer nach seinem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Feststellung der fehlenden Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Betriebsanlage verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt er im wesentlichen vor, der Betrieb einer Fischbraterei sei unbestritten behördlich genehmigt worden. In der Folge sei das Objekt in einen Imbißstand in Form eines Würstelstandes umgewandelt worden, was im Prinzip dasselbe sei und in der Folge mindestens 20 Jahre lang betrieben worden, bis der Beschwerdeführer das Objekt übernommen habe. Es gebe nicht den geringsten Anhaltspunkt für eine Gefährdung oder Beeinträchtigung von Anrainern. In der gesamten Umgebung gebe es außer Grünflächen und einer Bundesstraße in einer Entfernung von zumindest 200 m (nicht wie festgestellt 100 m) nirgends jemanden, der durch den Gewerbebetrieb beeinträchtigt werden könnte. Es scheide jede theoretische Beeinträchtigung oder Gefährdung nachbarlicher oder beteiligter Personen aus, wobei festzustellen sei, daß solche entgegen dem Grundsatz des Parteiengehörs offensichtlich nicht befragt worden seien, jedenfalls der Beschwerdeführer nie Gelegenheit erhalten habe, zu irgendwelchen diesbezüglichen Aktivitäten Stellung nehmen zu können. Seit 1970 habe es offensichtlich nie die geringsten behördlichen Probleme oder Beschwerden von Anrainern gegeben. Plötzlich, seit der Beschwerdeführer Inhaber sei, schienen sich künstliche, konstruierte, ja geradezu mutwillig behördliche Aktivitäten zu häufen. Die Änderung einer Fischbraterei auf einen Würstelstand oder Kiosk habe sich bereits im Jahr vor der Tätigkeit des Beschwerdeführers vollzogen, wobei in den Sommermonaten selbstverständlich auch die Fischbraterei ausgeübt werde. Wenn diese bereits 1970 genehmigt worden sei und da dieselben gesetzlichen Grundlagen wie für einen Würstelstand gälten, widerspreche der bekämpfte Bescheid dem Grundsatz der formellen und materiellen Rechtskraft.

Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind, unter anderem die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in einer anderen Weise zu belästigen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, ist die Genehmigungspflicht schon dann gegeben, wenn Auswirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 nicht auszuschließen sind. Tatbestandselement nach § 74 Abs. 2 leg. cit. ist die mit einer gewerblichen Betriebsanlage verbundene konkrete Eignung, die in der zitierten Gesetzesstelle näher bezeichneten Auswirkungen hervorzurufen (vgl. die in Kobzina/Hrdlicka, Gewerbeordnung 1994, S. 239, zitierte hg. Judikatur).

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen, wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

Nach § 358 Abs. 1 GewO 1994 hat der Landeshauptmann, wenn Umstände bekannt werden, die die Genehmigungspflicht einer Anlage im Sinne des § 74 begründen könnten, der Inhaber der Anlage aber in Zweifel zieht, daß die Voraussetzungen für die Genehmigungspflicht gegeben seien, auf Antrag des Inhabers der Anlage die Anlage oder das Vorhaben zu prüfen und durch Bescheid festzustellen, ob die Errichtung und der Betrieb der Anlage der Genehmigung bedürfen. Ein Feststellungsbescheid ist jedoch nicht zu erlassen, wenn die Genehmigungspflicht der Anlage offenkundig ist.

Das Feststellungsverfahren nach § 358 GewO 1994 ist auch für die Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Genehmigungspflicht der Änderung einer Betriebsanlage nach § 81 gegeben sind, anwendbar (vgl. Kobzina/Hrdlicka, a.a.O., S. 359).

Gemäß § 80 Abs. 1 GewO 1994 erlischt die Genehmigung der Betriebsanlage, wenn der Betrieb der Anlage nicht binnen fünf Jahren nach erteilter Genehmigung in zumindest einem für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teil der Anlage aufgenommen oder durch mehr als fünf Jahre in allen für die Erfüllung des Anlagenzweckes wesentlichen Teilen der Anlage unterbrochen wird, wobei nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem "Betrieb der Anlage" der konsensgemäße Betrieb der genehmigten Anlage zu verstehen ist (vgl. Kobzina/Hrdlicka, a.a.O., S. 288).

Die belangte Behörde konnte sich bei der von ihr getroffenen Feststellung, die von der in Rede stehenden Betriebsanlage in ihrer jetzigen Form ausgehenden Emissionen könnten sich bei den Nachbargebäuden als Immissionen auswirken, auf das Gutachten des von ihr beigezogenen Sachverständigen stützen. Im Verfahren vor der belangten Behörde ist der Beschwerdeführer diesem Gutachten nicht entgegengetreten. Mit den nunmehr in der Beschwerde enthaltenen, ganz allgemein gehaltenen Ausführungen vermag der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof Zweifel an der Schlüssigkeit dieses Sachverständigengutachtens nicht zu erwecken. Auf das in diesem Zusammenhang erstattete Beschwerdevorbringen, die nächsten Nachbarn befänden sich nicht in 100 m, sondern in 200 m Entfernung, ist wegen des gemäß § 41 Abs. 1 VwGG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht weiter einzugehen. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers bedurfte es zur Feststellung der Eignung der in Rede stehenden Betriebsanlage, bei den Nachbarn Immissionen herbeizuführen, keiner Vernehmung dieser Nachbarn. Die belangte Behörde konnte daher auch, ohne den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit zu belasten, von deren Vernehmung absehen.

Auch die Behauptung des Beschwerdeführers in der Beschwerde, die in Rede stehende Betriebsanlage werde seit ihrer erstmaligen Genehmigung in unveränderter Form betrieben, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung dar, weshalb auch darauf nicht weiter einzugehen ist.

Ausgehend von dem von der belangten Behörde in einer nicht als rechtswidrig erkennbaren Weise festgestellten Sachverhalt vermag der Verwaltungsgerichtshof auch in ihrer Rechtsansicht, die Betriebsanlage sei in ihrer jetzigen Form geeignet, Nachbarn im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 durch Geruch, Lärm und Rauch zu belästigen und unterliege daher offenkundig der Genehmigungspflicht, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Ist aber die Genehmigungspflicht der in Rede stehenden Betriebsanlage als offenkundig anzusehen, so erfolgte die Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers gemäß § 358 Abs. 1 GewO 1994 frei von Rechtsirrtum. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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