Normen
AVG §67g Abs1 idF 1995/471;
AVG §67g Abs1 idF 1995/471;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Salzburg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 1 StVO 1960 gemäß § 99 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 100 Abs. 1 leg. cit. mit einer Freiheitsstrafe von 28 Tagen bestraft, weil er am 19. November 1995 um 20.40 Uhr ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug an einer näher bezeichneten Örtlichkeit in Salzburg in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Gemäß dem zufolge § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren geltenden § 67g Abs. 1 AVG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 471/1995) ist der Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates samt der wesentlichen Begründung öffentlich zu verkünden. Wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, dann kann die öffentliche Verkündung des Bescheides unterbleiben, sofern die Einsichtnahme in den Bescheid jedermann gewährleistet ist. Gleiches gilt, wenn der Bescheid nicht unmittelbar im Anschluß an die Verhandlung gefällt wird und alle anwesenden Parteien auf die Verkündung verzichten.
Nach der hg. Rechtsprechung (vgl. das Erkenntnis vom 18. September 1996, Zl. 96/03/0045) ist der Bescheid eines unabhängigen Verwaltungssenates mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, eine öffentliche Verkündung des Bescheides aber unterblieben ist, obwohl die Voraussetzungen des letzten Satzes des § 67g Abs. 1 AVG nicht gegeben waren.
Aus den Verwaltungsstrafakten geht hervor, daß am 8. Oktober 1996 und am 6. November 1996 mündliche Verhandlungen vor der belangten Behörde stattgefunden haben. Im Protokoll über die Verhandlung vom 6. November 1996 ist im Anschluß an die Schlußäußerung des Vertreters des Beschwerdeführers folgendes festgehalten:
"Dem Beschuldigtenvertreter wird noch eine Frist von zwei Wochen gegeben, weitere Beweismittel für die Unschuld seines Mandanten vorzubringen. Andernfalls ergeht schriftlich der Bescheid
Auf eine öffentliche mündliche Bescheidverkündung wird diesfalls verzichtet.
Vom Beschuldigtenvertreter wird ein graphologischer Vergleich der Unterschriften am Meßprotokoll und am Protokoll (bzw. den Schriftproben) des Beschuldigten zum Beweis dafür beantragt, daß die Identität der damaligen beamtshandelten Person nicht mit jener des Beschuldigten übereinstimmt.
Dem Beweisantrag wird stattgegeben.
Die erkennenden Behörde wird ein graphologisches Gutachten einholen. Dieses Gutachten bzw. eine Stellungnahme eines Gutachters wird der Beschuldigtenvertreterin mit der Gelegenheit zur Äußerung übermittelt werden.
Der Beschuldigtenvertreter stimmt dieser Vorgangsweise zu."
In der Folge holte die belangte Behörde den graphologischen Untersuchungsbericht vom 22. November 1996 ein, zu dem der Beschwerdeführer eine Stellungnahme abgab. Sodann erließ die belangte Behörde ohne Durchführung einer weiteren Verhandlung den angefochtenen Bescheid. Eine Verkündung dieses Bescheides fand nicht statt.
Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage ist zu untersuchen, ob im Beschwerdefall die Voraussetzungen des letzten Satzes des § 67g Abs. 1 AVG gegeben waren, ob also alle bei der Verhandlung am 6. November 1996 anwesenden Parteien auf die Verkündung des Bescheides verzichtet haben. Diese Frage ist hinsichtlich des Beschwerdeführers zu verneinen. Die von dessen Vertreter abgegebene Erklärung, auf die Bescheidverkündung zu verzichten, bezog sich ihrem klaren Wortlaut nach (arg: "diesfalls") bloß darauf, daß im Falle des Nichtvorbringens weiterer Beweismittel für die "Unschuld" des Beschwerdeführers der Bescheid schriftlich ergehe. Dieser Fall trat aber nicht ein, stellte doch der Vertreter des Beschwerdeführers unmittelbar im Anschluß an die Verzichtserklärung den Antrag auf Einholung eines graphologischen Gutachtens, dem von der belangten Behörde stattgegeben wurde.
Aus diesem Grund war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, daß aus dem Protokoll über die Verhandlung vom 6. November 1996 entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Auffassung der belangten Behörde nicht hervorgeht, daß der Vertreter des Beschwerdeführers ausdrücklich auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet und sich mit einer bloß schriftlichen Stellungnahme zum allfälligen graphologischen Gutachten einverstanden erklärt habe. Hinsichtlich des graphologischen Untersuchungsberichtes wird daher auf § 51i VStG sowie auf § 51g Abs. 3 leg. cit. hingewiesen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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