VwGH 97/02/0498

VwGH97/02/049819.12.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des Mag. A in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Juli 1997, Zl. UVS-03/P/18/01823/97, betreffend Abweisung eines Verfahrenshilfeantrages, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art89 Abs1;
StPO §41;
StPO §452 Z7;
VStG §51a;
VwRallg;
ZPO §63 Abs1;
ZPO §64 Abs1 Z3;
B-VG Art89 Abs1;
StPO §41;
StPO §452 Z7;
VStG §51a;
VwRallg;
ZPO §63 Abs1;
ZPO §64 Abs1 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1997 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß § 51a Abs. 1 VStG abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, gegen den Beschwerdeführer sei von der Bundespolizeidirektion Wien ein Verwaltungsstrafverfahren wegen einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO geführt worden, das seinen vorläufigen Abschluß im Straferkenntnis vom 13. März 1996 gefunden habe. Der Beschwerdeführer verweise darauf, daß er außerstande sei, ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes die Kosten seiner Verteidigung zu tragen. Selbst wenn man ihm aber zubilligen sollte, daß er außerstande sei, ohne Beeinträchtigung des für eine einfache Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, fehle es jedenfalls am zweiten, sachbezogenen Erfordernis, das in § 51a VStG als Voraussetzung für die Gewährung der Verfahrenshilfe aufgestellt sei: Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers seien nämlich besondere Schwierigkeiten der Sach- und Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei zu berücksichtigen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0270). Es werde daher vor allem auf die Komplexität der Rechts- und Sachlage sowie darauf zu achten sein, ob Rechtsfragen zur Beurteilung anstünden, die bisher uneinheitlich entschieden worden seien, in denen ein Abgehen von der bisherigen Rechtsentscheidungspraxis erwogen werde oder denen grundsätzliche Bedeutung zukomme. Die über den Beschwerdeführer erstinstanzlich verhängte Geldstrafe betrage S 10.000,-- und habe somit selbst für den Beschwerdeführer als Beamten keine "existenzbedrohende Dimension". Weiters könne in dem gegenständlichen Tatvorwurf weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, noch eine besonders schwierige Sach- oder Rechtslage erkannt werden.

Mit Schriftsatz vom 1. September 1997 richtete der Beschwerdeführer an den Verwaltungsgerichtshof einen Antrag, ihm zur Erhebung einer Beschwerde gegen den zitierten Bescheid vom 14. Juli 1997 die Verfahrenshilfe zu bewilligen. Diesem Antrag wurde mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1997, Zl. VH 97/02/0042, mit der Begründung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer entsprechend dem von ihm vorgelegten Vermögensbekenntnis imstande sei, ohne Beeinträchtigung des für ihn erforderlichen notwendigen Unterhaltes die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu bestreiten (§ 63 Abs. 1 ZPO); dem Antrag sei daher schon aus diesem Grund nicht stattzugeben gewesen. In der Folge erhob der Beschwerdeführer entsprechend der Regelung des § 26 Abs. 3 letzter Satz VwGG rechtzeitig Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 14. Juli 1997 an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1997, Zl. V 17/97 u.a., wurde die vom Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien erlassene Geschäftsverteilung für 1997, Zl. UVS-GV/5/96, als gesetzwidrig aufgehoben; gleichzeitig wurde ausgesprochen, daß die Aufhebung mit Ablauf des 31. Oktober 1997 in Kraft trete und die gesetzwidrige Verordnung auch in den beim Unabhängigen Verwaltungssenat Wien zu bestimmten, näher angeführten Zahlen anhängigen Verfahren nicht mehr anzuwenden sei.

Da es sich beim vorliegenden Verfahren nicht um eines dieser soeben bezogenen Verfahren und auch um keinen Anlaßfall (vgl. Art. 139 Abs. 6 B-VG) handelt und der angefochtene Bescheid vor der Aufhebung der zitierten Geschäftsverteilung für 1997 erlassen wurde, vermag sich der Beschwerdeführer in Hinsicht auf die behauptete Unzuständigkeit der belangten Behörde nicht auf dieses Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1997 zu berufen.

Was die vom Beschwerdeführer gerügte Kundmachung der als Verordnung anzusehenden, zitierten Geschäftsverteilung der belangten Behörde für 1997 anlangt, so finden sich im angeführten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 10. Oktober 1997 insoweit die Ausführungen, gesetzliche Regelungen über die Publikation dieser Rechtsverordnung bestünden in der Wiener Landesrechtsordnung, anders als in einzelnen anderen Ländern, nicht. Auf Grund der dem Verfassungsgerichtshof vorliegenden, die Erlassung der angefochtenen Geschäftsverteilung betreffenden Unterlagen sowie einer hiezu erstatteten Äußerung des Präsidenten des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien sei jedoch von folgendem auszugehen: Die bekämpfte Geschäftsverteilung sei unmittelbar nach ihrer Erlassung sämtlichen Mitgliedern des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zugestellt sowie in der Folge auch dem Amt der Wiener Landesregierung, sämtlichen Geschäftsgruppen des Magistrates der Stadt Wien und dem Verwaltungsgerichtshof sowie dem Verfassungsgerichtshof übermittelt worden. Ferner liege diese Geschäftsverteilung in der Protokoll- und Einlaufstelle des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zur allgemeinen Einsicht auf und werde auf diese Möglichkeit auch durch Anschlag im betreffenden Amtsgebäude hingewiesen. Im Hinblick darauf gelange der Verfassungsgerichtshof zur Auffassung, daß die angefochtene Geschäftsverteilung auch dem Publizitätserfordernis genüge, das für eine der Normenkontrolle des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art. 139 B-VG unterliegende Rechtsvorschrift bestehe.

Damit ist zwar noch nicht ausgesagt, ob die erwähnte Verordnung gehörig kundgemacht wurde. Der Verwaltungsgerichtshof ist berechtigt, dies selbst zu prüfen, wobei das Fehlen einer gehörigen Kundmachung zur Folge hätte, daß die Verordnung auch keine Rechtswirkungen entfalten hätte können (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 25. April 1985, Zl. 84/02/0267).

Eine solche gehörige Kundmachung ist aber im Zusammenhang mit den vom Verfassungsgerichtshof im bereits mehrfach zitierten Erkenntnis vom 10. Oktober 1997 getroffenen Feststellungen zu bejahen: Gerade mit dem Hinweis des Beschwerdeführers auf Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 8. Auflage, Rz 602, ist für den Beschwerdeführer nichts gewonnen, wo unter anderem zum Ausdruck gebracht wurde, daß dann, wenn es an einfachgesetzlichen Regelungen fehle, die Kundmachung in einer solchen Art zu erfolgen habe, daß die Adressaten von der Verordnung "Kenntnis erhalten können ("ortsübliche Kundmachung")". Diese Rechtsanschauung findet insbesondere im dort bezogenen Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 25. März 1960, Slg. Nr. 3714, seine Stütze. Ausgehend davon reichte es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für die gehörige Kundmachung der in Rede stehenden Verordnung (Geschäftsverteilung) jedenfalls aus, daß diese entsprechend den zitierten Feststellungen des Verfassungsgerichtshofes in der Protokoll- und Einlaufstelle des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien zur allgemeinen Einsicht auflag und auf diese Möglichkeit auch durch Anschlag im betreffenden Amtsgebäude hingewiesen wurde (vgl. in diesem Zusammenhang zur ordnungsgemäßen Kundmachung durch den Hinweis auf aufliegende Pläne und Unterlagen auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. März 1978, Slg. Nr. 8256).

Damit ist dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die ordnungsgemäße Kundmachung der in Rede stehenden Geschäftsverteilung hätte an allgemein zugänglicher Stelle innerhalb des öffentlichen Gebäudes in einem "Schaukasten angeschlagen" werden müssen, der Boden entzogen; ob die Geschäftsverteilung - so der Beschwerdeführer - in einer "Schublade" verwahrt werde, ist rechtlich unerheblich. Damit kann auch dahingestellt bleiben, ob der vom Beschwerdeführer "zum Zeitpunkt der nunmehrigen Beschwerde" behauptete, diesbezügliche Sachverhalt auch zum Zeitpunkt der Geltung der maßgeblichen Geschäftsverteilung 1997 gegeben war.

Der weitere Hinweis des Beschwerdeführers auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Oktober 1997, Zl. B 2434/95, ist geradezu mutwillig: In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof einen Bescheid der belangten Behörde wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit) aufgehoben, weil das einzelne Mitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien, das die dort bekämpfte Entscheidung getroffen habe, dem aus Art. 6 EMRK abzuleitenden Erfordernis der "Unabhängigkeit und strukturellen Unparteilichkeit" nicht entsprochen habe, zumal es sich um einen auf Dauer seiner bloß befristeten Zugehörigkeit zum Unabhängigen Verwaltungssenat Wien karenzierten Beamten des Bundes im Personalstand der Bundespolizeidirektion Wien gehandelt habe, der als einzelnes Mitglied unter anderem über die Rechtmäßigkeit der Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch Organwalter eben dieser Behörde zu befinden gehabt habe.

Woher der Beschwerdeführer seinen "Wissensstand" hat, daß es sich bei dem bei der Erlassung des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides eingeschrittenen Organwalter DDr. L um ein "vorher im Polizeidienst gestandenes Organ" handeln soll, bleibt im dunkeln. Vielmehr handelt es sich um eine durch nichts untermauerte Behauptung des Beschwerdeführers, wobei bemerkt wird, daß dem Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich des in Rede stehenden Organwalters eine andere (frühere) Verwendung bekannt ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom 24. November 1993, Zl. 93/02/0270, zur Vorschrift des § 51a erster Satz VStG zum Ausdruck gebracht, bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege sei vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung bedacht zu nehmen; als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers würden besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohende Strafe) zu berücksichtigen sein.

Gerade die "besonderen persönlichen Umstände" des Beschwerdeführers schlossen von vornherein die Beigebung eines Verteidigers aus, handelt es sich doch beim Beschwerdeführer um einen rechtskundigen öffentlichen Bediensteten (vgl. auch die diesbezüglichen Angaben im hg. Akt VH 97/02/0042), der in der Lage sein mußte, seinen Standpunkt vor dem unabhängigen Verwaltungssenat auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen. Daß der Tatvorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b in Verbindung mit § 5 Abs. 2 StVO "wohl zu den schwierigsten Tatbeständen der StVO überhaupt zählt", ist unrichtig. Der durch den angefochtenen Bescheid abgewiesene Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe erweist sich daher schon deshalb als geradezu mutwillig, wobei weiters bemerkt sei, daß sich im Hinblick auf die Aktenlage (vgl. den zitierten hg. Akt Zl. VH 97/02/0042) maßgebliche Anhaltspunkte dafür ergeben, daß der Beschwerdeführer keineswegs außerstande gewesen wäre, ohne Beeinträchtigung des für ihn zu einer einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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