VwGH 97/01/0425

VwGH97/01/04253.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Dorner und die Hofräte Dr. Kremla und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Mag. Unterer, über den Antrag des Islam Zekolli in Mürzsteg, geboren am 2. März 1971, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Rechtsanwalt in Leoben, Franz-Josef-Straße 6/P, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. April 1996, Zl. 4.348.774/1-III/13/96, betreffend Asylgewährung, den Beschluß gefaßt:

Normen

RAO 1868 §9 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;
RAO 1868 §9 Abs1 impl;
VwGG §46 Abs1;
VwGG §46 Abs3;

 

Spruch:

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 16. April 1996, der den im Wiedereinsetzungsantrag enthaltenen Angaben zufolge dem Verfahrenshelfer und nunmehrigen Vertreter des Beschwerdeführers, eines jugoslawischen Staatsangehörigen, am 24. Oktober 1996 gemeinsam mit dem "Beschluß" des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 26. September 1996 über die Bestellung zum Verfahrenshelfer zugestellt worden war, wurde sein Antrag auf Asylgewährung abgewiesen.

Zur Begründung des zugleich mit der Beschwerde gegen diesen Bescheid erhobenen Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Beschwerdefrist wird ausgeführt, im Sekretariat des Beschwerdevertreters sei auf Grund eines offensichtlichen, auf den zum damaligen Zeitpunkt außergewöhnlichen Kanzleibetrieb zurückzuführenden Versehens als Frist für die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde und einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde "als letzter Tag" der 5. Dezember 1996 eingetragen worden. In der Folge sei am 5. Dezember 1996 eine mit einem Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof verbundene Verfassungsgerichtshofbeschwerde zur Post gegeben worden. Diese Beschwerde habe der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 25. Februar 1997, B 4891/96, zurückgewiesen und gleichzeitig den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof abgewiesen. Dies sei im wesentlichen damit begründet worden, daß der Verfahrenshelfer für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bestellt worden sei, sodaß die Frist für die Erhebung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht erst mit der gemeinsam mit der Bestellung zum Verfahrenshelfer erfolgten Zustellung des angefochtenen Bescheides in Lauf gesetzt worden sei.

Die fälschliche Eintragung der Frist für die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde, welche die Ursache für die Versäumung einer gesonderten Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gewesen sei, sei durch eine äußerst verläßliche, langjährig beschäftigte Kanzleibedienstete, der die Führung des Fristenbuches obliege, vorgenommen worden. Derartige Eintragungsfehler seien auf Grund der äußerst gewissenhaften und umsichtigen Dienstauffassung dieser Bediensteten als auffallende Ausnahme von der Regel zu bezeichnen.

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, die durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, daß sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Soweit im Wiedereinsetzungsantrag versucht wird, die Versäumung der Frist für die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde damit zu begründen, daß innerhalb der eingetragenen Frist eine Verfassungsgerichtshofbeschwerde mit einem Abtretungsantrag eingebracht und deshalb die Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde unterlassen worden sei, ist zunächst festzuhalten, daß der Vertreter des Beschwerdeführers nicht gehindert war, unabhängig von der Einbringung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde auch eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde innerhalb der - was das verwaltungsgerichtliche Verfahren betrifft, richtig - eingetragenen Frist zu erheben. Es kann aber weiters nicht als lediglich minderer Grad des Versehens angesehen werden, wenn der Vertreter des Beschwerdeführers anläßlich der Abfassung bzw. Unterfertigung der Verfassungsgerichtshofbeschwerde nicht beachtete, daß er nicht für die Erhebung einer Verfassungsgerichtshofbeschwerde, sondern für die Einbringung einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde als Verfahrenshelfer bestellt worden war, da ihm dieser Umstand bei Aufwendung der ihm zumutbaren Sorgfalt jedenfalls hätte auffallen müssen. Darüber hinaus darf der Rechtsanwalt die Festsetzung der Fristen seinen Kanzleibediensteten nicht völlig überlassen, weil nur er selbst die Fristen zu setzen und ihre Vormerkung anzuordnen hat (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom 17. August 1994, Zl. 94/15/0112). Damit hat aber der Beschwerdevertreter in ihm zurechenbarer Weise die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen erforderliche und ihm nach den persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer acht gelassen und somit ein Verhalten gesetzt, welches nicht mehr dem Begriff des minderen Grades des Versehens untergeordnet werden kann (vgl. die hg. Beschlüsse vom 15. Dezember 1987, Zl. 87/07/0174, 0188, und vom 14. Juli 1989, Zl. 89/17/0112). Abgesehen davon hat es der Beschwerdevertreter auch unterlassen darzutun, ob und in welcher Intensität er die von ihm angeführte Kanzleibedienstete hinsichtlich der Wahrnehmung ihrer dienstlichen Obliegenheiten überwacht und überprüft hat.

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand konnte somit gemäß § 46 VwGG nicht stattgegeben werden.

Dies hat weiters zur Folge, daß die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war.

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