VwGH 96/19/1693

VwGH96/19/169317.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens,

Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des 1972 geborenen MR in Wien, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe beigegebenen Rechtsanwalt Dr. Daniela Majer in 1010 Wien, Mahlerstraße 13, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Oktober 1995, Zl. 303.020/2-III/11/95, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8;
AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §59 Abs1;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerium für Inneres) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte nach der Aktenlage über einen am 25. März 1992 ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerk mit Geltungsdauer bis 20. September 1992 und über einen am 21. Oktober 1992 ausgestellten gewöhnlichen Sichtvermerk mit Geltungsdauer bis 20. März 1993. Er beantragte zunächst am 20. Juli 1993 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, zog diesen Antrag jedoch in der Folge zurück. Ein weiterer Antrag vom 6. Juli 1994 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 27. September 1994 gemäß § 9 Abs. 3 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die zunächst dagegen erhobene Berufung zog der Beschwerdeführer zurück. Mit seinem am 27. Februar 1995 durch einen Vertreter bei der österreichischen Botschaft in Preßburg überreichten Antrag begehrte der Beschwerdeführer neuerdings die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehegattin, welche er am 3. Jänner 1994 geheiratet hatte.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. Oktober 1995 wurde dieser Antrag gemäß "§ 6 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes" abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der durch einen Vertreter erfolgten Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten. Der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG sei daher nicht Genüge getan.

Überdies sei die Erteilung einer Bewilligung aus dem Grunde des § 5 Abs. 1 AufG zu versagen, wenn ein Sichtvermerksversagungsgrund im Sinne des Fremdengesetzes vorliege. Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei dies dann der Fall, wenn durch den Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung gefährdet werde.

Der Beschwerdeführer habe lediglich in der Zeit vom 25. März 1992 bis 20. September 1992 und vom 21. Oktober 1992 bis 20. März 1993 über Sichtvermerke verfügt. Er habe sich jedoch auch nach Ablauf seines letztgültigen Sichtvermerkes unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Mit Wirkung vom 24. November 1993 sei der Beschwerdeführer mit einem Bescheid der Fremdenpolizeibehörde gemäß § 17 Abs. 1 FrG ausgewiesen worden. Ungeachtet dessen habe er seinen unrechtmäßigen Inlandsaufgehalt fortgesetzt. Dadurch sei das Tatbild des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG erfüllt. Die Erteilung einer Bewilligung sei gemäß § 5 Abs. 1 AufG ausgeschlossen.

Im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen überwögen die öffentlichen Interessen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinne des Art. 8 Abs. 1 MRK.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 5 Abs. 1 AufG lautet:

"§ 5. (1) Eine Bewilligung darf Fremden nicht erteilt werden, bei denen ein Sichtvermerksversagungsgrund (§ 10 Abs. 1 FrG) vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist."

§ 10 Abs. 1 Z. 4 FrG lautet:

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Sichtvermerkes ist zu versagen, wenn

...

4. der Aufenthalt des Sichtvermerkswerbers die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;"

Der Beschwerdeführer tritt den Feststellungen der belangten Behörde in Ansehung seines unrechtmäßigen Aufenthaltes nach Ablauf seines letztgültigen Sichtvermerkes und in der Folge auch nach seiner Ausweisung nicht entgegen.

Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides geht klar hervor, daß die belangte Behörde ihren Bescheid nicht ausschließlich auf den im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten § 6 Abs. 2 AufG, sondern darüber hinaus auf § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG gestützt hat. Geht aus der Bescheidbegründung klar hervor, daß die Behörde die Verwirklichung des letztgenannten Tatbestandes angenommen hat, so belastet der Umstand, daß sie diese Bestimmung nicht auch im Spruch ihres Bescheides anführte, letzteren nicht mit Rechtswidrigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1994, Zl. 94/18/0070).

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. März 1997, Zl. 95/19/0867) die Auffassung, daß ein länger dauernder Aufenthalt eines Fremden im Anschluß an die rechtskräftige Abweisung seines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages die Annahme rechtfertigt, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens gefährden.

Diese Überlegung hat umsomehr im Fall des Beschwerdeführers zu gelten, der seinen unrechtmäßigen Aufenthalt sogar im Anschluß an seine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG fortsetzte. Die Auffassung der belangten Behörde, der Versagungsgrund des § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG sei verwirklicht, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 MRK auf seine durch seine aufrechte Beschäftigung, die Anwesenheit seiner österreichischen Gattin und des gemeinsamen, am 11. November 1995 geborenen Kindes im Bundesgebiet verweist und überdies die Auffassung vertritt, er genieße gemäß § 19 FrG Ausweisungsschutz, vermag dies seiner Beschwerde aus nachstehenden Gründen nicht zum Erfolg zu verhelfen:

Bei der Entscheidung über seine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG waren die gemäß Art. 8 Abs. 1 MRK geschützten privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers sogar im Sinne des § 19 FrG bereits zu beachten. Daraus folgt, daß er diese Interessen an der nahtlosen Fortsetzung seines Aufenthaltes ohne zwischenzeitige Ausreise jedenfalls nur im Ausweisungsverfahren selbst, nicht aber mit weiteren, nach erfolgter Ausweisung vom Inland aus gestellten Anträgen auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verfolgen kann. Art. 8 Abs. 1 MRK steht daher der Versagung der Erteilung einer neuerlichen Bewilligung an einen Fremden, der sich im Anschluß an seine Ausweisung weiterhin unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, nicht entgegen.

Dieser Beurteilung steht auch das vom Beschwerdeführer zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Juni 1995, Slg. Nr. 14.148, nicht entgegen, weil dieses Erkenntnis nicht Fremde betrifft, die sich nach ihrer Ausweisung weiterhin im Bundesgebiet aufhielten. Wenn der Beschwerdeführer die Auffassung vertritt, seine Ausweisung wäre gemäß § 19 FrG nicht zulässig gewesen, so hätte er dies im Ausweisungsverfahren geltend zu machen gehabt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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