VwGH 96/18/0221

VwGH96/18/022121.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde der C in S, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. September 1994, Zl. 9 566 549/3-III/12/94, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:

Normen

PaßG 1992 §14 Abs1 Z5;
PaßG 1992 §15 Abs1;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;
PaßG 1992 §14 Abs1 Z5;
PaßG 1992 §15 Abs1;
SGG §12 Abs1;
SGG §12 Abs3 Z3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 12. September 1994 wurde der Reisepaß der Beschwerdeführerin (ausgestellt am 12. Juli 1991 von der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn mit Gültigkeitsdauer bis zum 12. Juli 2001, Nr. W 0185797) gemäß § 15 Abs. 1 iVm § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, in seiner vorliegend maßgeblichen Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 507/1995 entzogen.

Begründend ging die belangte Behörde davon aus, daß die Beschwerdeführerin mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch, rechtskräftig am 4. November 1992, nach Herabminderung des Strafausmaßes durch das Oberlandesgericht Innsbruck mit Urteil vom 4. November 1992, zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren wegen Begehung des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 und 3 Z. 3 des Suchtgiftgesetzes verurteilt worden sei. Sie sei für schuldig befunden worden, den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer Menge, die das Mehrfache jener ausmache, deren Weitergabe geeignet wäre, im großen Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen, durch Verkauf bzw. durch schenkungsweise Übergabe an näher bezeichnete Abnehmer in Verkehr gesetzt zu haben, und zwar

1. im Sommer 1990 in Bregenz 30 g Heroin, 2. im Frühjahr 1991 in Bregenz 80 g Heroin, 3. im Sommer 1991 in Dornbirn 120 g Heroin, 4. im Herbst 1991 in Dornbirn 10 g Heroin und 5. im Herbst 1991 in Dornbirn jeweils einige Gramm Heroin. Dabei habe die Beschwerdeführerin trotz eines gegen sie gerichtsanhängigen Strafverfahrens (in dem sie schon im Jänner 1991 als Verdächtige bzw. Beschuldigte vernommen worden sei) neuerlich im Jahre 1991 einschlägige Straftaten gesetzt. Die Beschwerdeführerin sei am 6. Juli 1993 nach teilweiser Verbüßung mit bedingter Nachsicht für den Rest der Freiheitsstrafe aus der Haft entlassen worden.

Die Ausstellung eines Reisepasses sei gemäß § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1995 zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, daß durch den Aufenthalt des Paßwerbers im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. Gemäß § 15 Abs. 1 leg. cit. sei ein Reisepaß zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt oder eintreten würden, die die Versagung der Ausstellung eines Reisepasses gerechtfertigt hätten oder rechtfertigten. Fest stehe, daß die Beschwerdeführerin eine Mehrzahl von strafbaren Verhaltensweisen - die mit einem einzigen Strafurteil geahndet worden seien - gesetzt habe, die die Annahme nach § 14 Abs. 1 Z. 5 rechtfertigten. Die Entziehung des Reisepasses stelle eine Sicherungsmaßnahme dar, die die betroffene Person an der Möglichkeit hindern solle, durch einen Auslandsaufenthalt die innere Sicherheit der Republik Österreich - dazu zähle nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch die Gefährdung der Volksgesundheit - gefährden zu können. Um eine Zukunftsprognose im Sinne einer künftigen Gefährdung der inneren Sicherheit stellen zu können, sei es von Gesetzes wegen gar nicht erforderlich, daß eine entsprechende Tat bereits einmal gesetzt worden sei. Eine solche Prognose könne aber - wie im Beschwerdefall - jedenfalls bei Handel mit großen Mengen von Suchtgift berechtigt gestellt werden. Daher sei im Fall der Beschwerdeführerin der Paßentziehungsgrund gemäß §§ 15 iVm § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1992 zu Recht herangezogen worden. Die sicherlich anzuerkennende präventive Wirkung der über die Beschwerdeführerin verhängten Freiheitsstrafe, deren teilweiser Vollzug, die zuvor gegebene "strafgerichtliche Unbescholtenheit" sowie die bedingte Strafnachsicht für den Rest der Freiheitsstrafe stellten für sich allein noch keine Umstände dar, die der Beschwerdeführerin nach der Haftentlassung wieder den Besitz eines Reisepasses sofort zugestehen ließen. Um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein künftiges Unterbleiben der Gefährdung der inneren Sicherheit Österreichs annehmen zu können, müsse vor dem neuerlichen Ausstellen eines Reisepasses ein Zeitraum entsprechenden Wohlverhaltens der Beschwerdeführerin (auch in bezug auf die Abstandnahme der Begehung von "Delikten auf dem Drogensektor") verstreichen; im Hinblick auf die von der belangten Behörde gehandhabte Praxis könnte für die Beschwerdeführerin ein solcher Zeitraum von etwa vier Jahren in Betracht kommen. Der seit dem Zeitpunkt der letzten strafbaren Handlung verstrichene Zeitraum sei noch zu kurz, um im Entscheidungszeitpunkt eine Paßentziehung nicht als gerechtfertigt zu erachten.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluß vom 26. Februar 1996, B 2165/94-10, die Behandlung dieser Beschwerde ablehnte und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragte die Beschwerdeführerin, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1992 in seiner maßgeblichen Fassung (vgl. Pkt. I.1.) ist (u.a.) die Ausstellung eines Reisepasses zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß durch den Aufenthalt des Paßwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde. Gemäß § 15 leg. cit. ist ein Reisepaß (dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist) zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.

2.1. Die Beschwerde bestreitet nicht, daß die Beschwerdeführerin in den Jahren 1990 und 1991 (vgl. Punkt I.1.) Suchtgift in einer großen Menge an Dritte weitergegeben hatte und deswegen gerichtlich bestraft wurde.

Die Beschwerdeführerin macht indes unter dem Titel der inhaltlichen Rechtswidrigkeit - durch einen pauschalen Verweis auf die ursprünglich beim Verfassungsgerichtshof eingebrachte Beschwerde gerade noch erkennbar - geltend, daß bei einer "Gesamtbetrachtung der Situation der Beschwerdeführerin" (Unbescholtenheit, Begehung der gegenständlichen Suchtgiftdelikte bereits in den Jahren 1990 und 1991, bislang keinerlei Rückfall oder sonstiges auffälliges Verhalten der Beschwerdeführerin) die belangte Behörde eine äußerst günstige Zukunftsprognose für diese zu stellen gehabt hätte, die "den ausgesprochenen Paßentzug" keineswegs rechtfertige; der mittlerweile seit dem letzten Suchtgiftdelikt (Herbst 1991) vergangene Zeitraum sei lange genug, um eine positive Zukunftsprognose für die Beschwerdeführerin zu stellen und ihr ein entsprechendes Wohlverhalten zu attestieren.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Die belangte Behörde hat ihrer rechtlichen Beurteilung zu Recht zugrundegelegt, daß die Beschwerdeführerin - und zwar in vier Fällen durch Verkauf und in einem weiteren Fall gegenüber zwei Abnehmern durch schenkungsweise Übergabe - eine große Menge Suchtgift in Verkehr gesetzt hatte. Die belangte Behörde hat es weiters - ebenfalls zutreffend - als bedeutsam erachtet, daß die Beschwerdeführerin trotz eines gegen sie bereits gerichtsanhängigen Strafverfahrens (in dem sie schon im Jänner 1991 als Verdächtige bzw. als Beschuldigte vernommen worden ist) neuerlich im Verlauf des Jahres 1991 einschlägige Straftaten gesetzt hatte. Auch die von der Beschwerde ins Treffen geführte Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin bis zu der in Rede stehenden strafgerichtlichen Verurteilung und ihr (behauptetes) Wohlverhalten seit der letzten Tat lassen die in § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1992 umschriebene Annahme nicht als ungerechtfertigt erscheinen. Insbesondere vermochte die nur kurze Zeit von etwa 15 Monaten, die bei Erlassung des angefochtenen Bescheides seit der Entlassung der Beschwerdeführerin aus der Strafhaft verstrichen war, den von der belangten Behörde aus dem vorliegend festgestellten Handel der Beschwerdeführerin mit Suchtgift in größerer Menge in Verbindung mit der - entgegen der Beschwerdemeinung - gegebenen Erfahrungstatsache, daß bei einem derartigen Delikt die Gefahr der Wiederholung besonders groß ist, zu Recht gezogenen Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 15 und § 14 Abs. 1 Z. 5 leg. cit. nicht entscheidend zu beeinflussen.

2.3. Auf die unter dem Titel der Rechtswidrigkeit des Inhaltes von der Beschwerde kritisierten Ausführungen der belangten Behörde betreffend den "Beobachtungszeitraum", der bei Stellung eines Antrages auf neuerliche Ausstellung eines Reisepasses verstreichen müßte, braucht nicht weiter eingegangen zu werden, weil es sich dabei lediglich um informative Hinweise handelt, die keine rechtliche Grundlage des Bescheides darstellen.

3. Vor dem Hintergrund des eben Gesagten ist der Verfahrensrüge - unter Verletzung der "Begründungspflicht" gemäß §§ 58 und 62 AVG habe die belangte Behörde die "Gesamtsituation der Beschwerdeführerin" nur ungenügend "erörtert" und die Annahme nach § 14 Abs. 1 Z. 5 des Paßgesetzes 1992 im Beschwerdefall ohne "Prüfung der Einzelheiten" als gegeben erachtet (insbesondere betreffend die "Wiederholungsgefahr") - der Boden entzogen.

4. Da sich nach dem Gesagten die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

6. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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