VwGH 96/12/0150

VwGH96/12/015017.9.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Höß als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des N, vertreten durch die Sachwalterin Edeltraud Haugeneder in Ybbs/Donau, vertreten durch Dr. Johannes Riedl, Rechtsanwalt in Stadt Haag, Höllriglstraße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 2. Oktober 1995, Zl. VIII/1-L-1048/7, betreffend Waisenversorgungsgenuß, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
PG 1965 §17 Abs4 lita;
AVG §37;
PG 1965 §17 Abs4 lita;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben, als mit ihm festgestellt worden ist, daß der Waisenversorgungsgenuß ruht.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Sachwalterin, stellte mit Schreiben vom 30. Oktober 1992 den Antrag auf Zuerkennung einer Waisenpension nach seiner am 8. August 1989 verstorbenen Mutter, die als Landeslehrerin in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich gestanden war.

Mit Bescheid des Landesschulrates für Niederösterreich vom 20. April 1993 wurde darüber wie folgt entschieden:

"Es wird festgestellt, daß Ihnen gemäß § 17 Abs. 2 und 3 des Bundesgesetzes vom 18. November 1965, BGBl. Nr. 340/1965 (Pensionsgesetz 1965) kein Waisenversorgungsgenuß gebührt."

Zur Begründung führte die Behörde erster Instanz im wesentlichen nach Wiedergabe des § 17 PG 1965 weiter aus, auf Grund der amtsärztlichen Gutachten der Bezirkshauptmannschaft Amstetten vom 3. März 1993 und vom 9. April 1993 sei ersichtlich, daß die Schulausbildung des Beschwerdeführers mit Unterbrechungen bis 1985 gedauert habe. Dies sei somit bis zum 29. Lebensjahr so gewesen. Eine Erwerbsunfähigkeit - wie im § 17 Abs. 3 PG 1965 normiert - sei daher infolge Krankheit oder Gebrechens nicht gegeben gewesen. Die Erwerbsunfähigkeit sei im zuletzt genannten Gutachten lediglich für vorläufig zwei Jahre festgestellt worden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer, vertreten durch seine Sachwalterin, Berufung, focht den erstinstanzlichen Bescheid seinem gesamten Umfang nach an und beantragte die Abänderung dahingehend, daß ihm eine Waisenversorgung gemäß § 17 Abs. 3 PG 1965 gewährt werde, in eventu daß der Behörde erster Instanz die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufgetragen werde. Begründend wurde unter Vorlage von Gutachten im wesentlichen vorgebracht, daß die Erkrankung und Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers schon vor dem 18. Lebensjahr ohne Unterbrechung vorgelegen sei.

In der Folge wurden mit Schreiben vom 11. Oktober 1993 bzw. 21. Jänner 1994 ergänzende Unterlagen vorgelegt, die die ununterbrochene Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers bestätigen sollten. Nach Befassung der Sanitätsabteilung der belangten Behörde und weiteren Erhebungen über die Sachwalterin des Beschwerdeführers erging der angefochtene Bescheid mit folgendem Spruch:

"Der Berufung von N, vertreten durch die Sachwalterin Edeltraud Haugeneder, gegen den Bescheid des Landesschulrates für NÖ vom 20. April 1993, P/A-0060653/73-1992, wird Folge gegeben und der Bescheid aufgehoben.

Es wird festgestellt, daß Herrn N, geboren am 16. Dezember 1956, ab 1. Dezember 1989 ein monatlicher Waisenversorgungsgenuß nach der am 8. August 1989 verstorbenen Gisela Ehrlich, VHL i.R., in der Höhe von monatlich brutto S 7.169,50, eine Nebengebührenzulage zum Versorgegenuß von monatlich brutto S 37,-- und eine Zulage von monatlich brutto S 150,-- gebühren.

Gleichzeitig wird festgestellt, daß der Waisenversorgungsgenuß ruht."

Zur Begründung wird nach Wiedergabe der Rechtslage im wesentlichen weiter ausgeführt, auf Grund des vorliegenden nervenfachärztlichen Gutachtens sei als erwiesen anzunehmen, daß die dauernde Erwerbsunfähigkeit des Beschwerdeführers seit Vollendung des 18. Lebensjahres gegeben sei und damit die Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 PG 1965 erfüllt seien. Nach Auseinandersetzung mit den Grundlagen für die Berechnung des Waisenversorgungsgenusses, der Frage der Verjährung und der Bemessung des Waisenversorgungsgenusses des Beschwerdeführers wird unter Hinweis auf § 17 Abs. 4 PG 1965, nach dem der Waisenversorgungsgenuß zu ruhen hat, wenn das Kind u.a. Einkünfte bezieht, die zur Bestreitung seines angemessenen Lebensunterhaltes ausreichen, weiter ausgeführt, aus der Aktenlage und den "durchgeführten Ermittlungen (siehe vor allem Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1990)" ergebe sich, daß der Beschwerdeführer neben Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung vor allem Einkünfte aus Kapitalvermögen im Jahr 1990 in der Höhe von S 220.000,-- bezogen habe. Darüberhinaus sei ihm vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich mit Bescheid vom 3. März 1993 eine Waisenversorgung von monatlich S 5.257,-- zuerkannt worden. Diese Einkünfte reichten aus, um einen angemessenen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zwar seien die Voraussetzungen für die Gewährung des Waisenversorgungsgenusses gemäß § 17 Abs. 3 PG 1965 gegeben, doch sei auf Grund der vorstehenden Feststellungen der Waisenversorgungsgenuß gemäß § 17 Abs. 4 PG 1965 ruhend zu stellen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der kostenpflichtige Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und kostenpflichtige Abweisung beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach dem gesamten Beschwerdevorbringen sieht sich der Beschwerdeführer inhaltlich - trotz etwas widersprüchlicher Formulierungen - durch den der Berufung an sich stattgebenden Bescheid nur insofern verletzt, als damit ausgesprochen worden war, "daß der Waisenversorgungsgenuß ruht".

Er bringt als inhaltliche Rechtswidrigkeit - nach Außerstreitstellung der Höhe des festgestellten Waisenversorgungsgenusses - im wesentlichen vor, die belangte Behörde sei bei der Ruhendstellung des Waisenversorgungsgenusses davon ausgegangen, daß er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Vermietung und Verpachtung, insbesondere aus Kapitalvermögen, erzielen und darüber hinaus vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich eine Waisenversorgung von monatlich S 5.257,-- erhalten würde. Diese Einkünfte seien von der belangten Behörde als ausreichend angesehen worden, um ihm einen angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen. Nach Anerkennung der regelmäßigen Waisenversorgung vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Niederösterreich bestreite der Beschwerdeführer aber die der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Einkünfte aus Kapitalvermögen zur Gänze. Darüberhinaus weist er daraufhin, daß er auf Grund einer Einweisung in einer Nachsorgeklinik der Nervenlandesklinik untergebracht worden sei und allein aus diesem Titel ein monatlicher Aufwand von über S 20.000,-- entstehe. Im Hinblick auf diesen hohen Aufwand habe er die Waisenversorgung vom Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer als Zuschuß erhalten. Die medizinische Notwendigkeit seiner Unterbringung in dieser Anstalt werde von der belangten Behörde auch nicht bestritten. Ohne den hinsichtlich der Auszahlung strittigen Waisenversorgungsgenuß wäre er jedenfalls nicht in der Lage, seinen angemessenen Lebensunterhalt zu finanzieren.

Diesem Vorbringen kommt im Ergebnis schon aus folgenden Überlegungen Berechtigung zu:

Aufgabe der Behörde in einem Verfahren nach § 17 Abs. 4 lit. a PG 1965 ist es, in einem ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahren Feststellungen sowohl zur Frage des Bezuges von Einkünften als auch zur Notwendigkeit dieser zur Bestreitung eines angemessenen Lebensunterhaltes zu treffen. Die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, die sich nur auf die Seite der Einkünfte beziehen und teilweise offenbar nur einmalige Erlöse des Jahres 1990 erfassen, werden den vorstehend skizzierten Anforderungen keinesfalls gerecht.

Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid im Rahmen der Anfechtung als mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich im Rahmen des Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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