Normen
BDG 1979 §110 Abs1 Z2;
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §94 Abs1 Z1;
BDG 1979 §94 Abs1;
BDG 1979 §96;
BDG 1979 §110 Abs1 Z2;
BDG 1979 §115;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §94 Abs1 Z1;
BDG 1979 §94 Abs1;
BDG 1979 §96;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seiner Punkte 6.)
1. Fall und 17.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im übrigen, d.h. hinsichtlich der Punkte 1.) - 5.),
6.) 2. Fall, 7.) - 16.) und 18.) - 22.), wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist das Heeres-Feldzeuglager Wien.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 4. Dezember 1995 faßte die belangte Behörde den Beschluß, gegen den Beschwerdeführer gemäß § 123 Abs. 1 BDG 1979 ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Der Spruch dieses, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides hat folgenden Wortlaut:
"Die Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung hat am 4. Dezember 1995 durch R Dr. Dagmar Gratzer als Senatsvorsitzende sowie durch ADir RgR Horst Wenhardt und ADir RgR Alfred Dichtl (vom Zentralausschuß bestellt) als weitere Mitglieder des Disziplinarsenates beschlossen, gegen ADir RgR Josef M. wegen des Verdachtes auf Verletzung der allgemeinen Dienstpflichten, auf Verletzung der Dienstpflichten als Vorgesetzter und Dienststellenleiter, auf Verletzung der Verpflichtung zur Einhaltung des Dienstweges, auf Verletzung des Verbotes der Geschenkannahme, auf Verletzung des § 3 des Bundesbediensteten-Schutzgesetzes hinsichtlich des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Bediensteten sowie hinsichtlich der schuldhaften Nichtbeachtung der Erlässe VB1 I Nr. 104/1987, VB1 I Nr. 19/1983, VB1 I Nr. 122/1990, VB1 I Nr. 40/1992, des Erlasses BMLV Zl. 30.000/383-3.3/83 vom 12.12.1983, des Dienstbehelfes "Personalangelegenheiten" des BMLV für das Bundesheer, der Erlässe BMLV Zl. 41.160/124-4.2/82 vom 19.2.1982, BMLV Zl. 42.960/155-4.6/93 vom 17.5.1993 und BMLV Zl. 42.920/386-4.4/85 vom 19.4.1995 ein Disziplinarverfahren gemäß § 123 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, in Ergänzung des Einleitungs- und Unterbrechungsbeschlusses vom 27. Juli 1995, GZ 11-DKfBuL/95, einzuleiten."
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde im einzelnen aus:
"1. Der Beschuldigte steht im Verdacht, in den Jahren 1993 bis 1995 VB Wolfgang D., Vzlt Hermann K., VB Gerhard G., VB Gerhard W., Finsp Walter R. und OOffzl H. - teilweise wiederholt - die Weisung erteilt zu haben, für ihn während der Dienstzeit Fahrten, die in keinem dienstlichen Zusammenhang standen, mit einem Heeres-Kraftfahrzeug durchzuführen.
2. Der Beschuldigte steht im Verdacht, seit Herbst 1993 OOffzl Johann L. alle ein bis zwei Monate die Weisung erteilt zu haben, für ihn Medikamente von der Firma Kwizda von Korneuburg in die Arsenal-Kaserne zu transportieren, obwohl dies in keinem dienstlichen Zusammenhang stand.
3. Der Beschuldigte steht im Verdacht, VB Christian Z. wiederholt - insbesondere im März 1993 - die Weisung erteilt zu haben, aus abzuverkaufenden Geräten (z.B. Kompressoren, Motoren, Lastkraftwagen) Teile auszubauen, bevor deren Wert durch das Dorotheum geschätzt wurde, um sie danach wieder einzubauen. Hiedurch hätte der eigentliche Wert dieser Gegenstände verschleiert werden sollen.
4. Der Beschuldigte steht im Verdacht, sich seit 1994 von Kntlr Edith C. regelmäßig während der Dienstzeit die Haare schneiden haben zu lassen.
5. Der Beschuldigte steht im Verdacht, Kntlr Robert K. im Sommer 1994 die Weisung erteilt zu haben, während der Dienstzeit in der Wohnung des Sohnes des Beschuldigten verschiedene Arbeiten zu verrichten. Ebenso steht er im Verdacht, VB Christian Z. und Kntlr Anton D. im Herbst 1994 die Weisung erteilt zu haben, während der Dienstzeit im Privathaus des Beschuldigten in Langenzersdorf eine verstopfte Dachrinne zu reparieren.
6. Der Beschuldigte steht im Verdacht, von den Herren K.,
B. und V. wiederholt Geschenke angenommen zu haben. Weiters steht er im Verdacht, im März 1994 Herrn B. Batterien von Heereskraftfahrzeugen (Steyr-Diesel) zugewendet zu haben.
7. Der Beschuldigte steht im Verdacht, zusammen mit Kntlr Anton D. und VB Ilse U. am 18. Jänner 1994 Waffen aus Beständen des Bundesministeriums für Landesverteidigung von der Firma Müller-Guttenbrunn Ges.m.b.H. in Amstetten vernichtet haben zu lassen, obwohl VB Anton D., FInsp Walter R., ASekr Bruno D. und VB Christian Z. den Befehl hatten, für die Vernichtung dieser Waffen zu sorgen. Der Verdacht der Dienstpflichtverletzung wird in diesem Zusammenhang auch dadurch erhärtet, daß ein hierüber angelegtes Protokoll hinsichtlich des Datums widersprüchlich ist; dieses Protokoll wurde am 17. Jänner 1994 erstellt, obwohl die Vernichtung der Waffen erst mit 18. Jänner 1994 bestätigt wird.
8. Der Beschuldigte steht im Verdacht, Herrn S. im Mai 1994 gefälligkeitshalber eine Bestätigung über den Verkauf von acht demilitarisierten Karabinern des Typs KMI ausgestellt zu haben, obwohl er hätte wissen müssen, daß das in Rede stehende Kriegsmaterial vor dessen Verkauf nicht demilitarisiert wurde.
9. Der Beschuldigte steht im Verdacht, bis April 1995 VB Ilse U. bei der Aufteilung von Arbeiten sowie bei der Beaufsichtigung und Einhaltung der Dienstzeit bevorzugt, Kntlr Edith C. jedoch benachteiligt zu haben, ohne daß hiefür sachliche Gründe vorlagen. Auch steht er im Verdacht im Dezember 1993 die Bewerbung von Kntrlr Robert K. um einen C-wertigen Arbeitsplatz im Sanitätslager wider besseres Wissen über dessen Leistungsfähigkeit befürwortet zu haben.
10. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im Sommer 1993 sowie im September und Oktober 1993 auf VB Norbert G., VB Lorenz R. und VB Rudolf Ö. Druck ausgeübt zu haben, um deren berufliches Weiterkommen zu verhindern.
11. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im Frühjahr/Sommer 1993 den schriftlichen Antrag von VB Norbert G. auf Erwerbung einer ausgeschiedenen Leuchtpistole aus unsachlichen, persönlich motivierten Gründen mündlich abgelehnt zu haben.
12. Der Beschuldigte steht im Verdacht, u.a. VB Monika D., VB Elisabeth P., ORev Gerhard O., VB Wolfgang D. und Fr. P. in der Zeit zwischen September 1993 und Februar 1995 wegen Geringfügigkeiten bzw. wegen Angelegenheiten, die nicht zu deren dienstlichen Obliegenheiten gehören, verbal attackiert zu haben.
13. Der Beschuldigte steht im Verdacht, VB Lorenz R. im März 1993 die Teilnahme eines für sein berufliches Weiterkommen wichtigen Kurses an der Heeresversorgungsschule verweigert und ihn im Juli 1993 einer gesetzlich nicht vorgesehenen kommissionellen "Dienstprüfung" unterzogen zu haben.
14. Der Beschuldigte steht im Verdacht, zumindest seit 1993 bei seinen Mitarbeitern (insbesondere bei Kntlr Robert K.) Alkoholkonsum während der Dienstzeit geduldet zu haben und fallweise selbst Alkohol während der Dienstzeit konsumiert zu haben.
15. Der Beschuldigte steht im Verdacht, seit 1993 geduldet zu haben, daß Kntlr Robert K. durch eindeutige Geschenke (Reizwäsche) und Aussagen VB Monika D. an der Dienststelle belästigte.
16. Der Beschuldigte steht im Verdacht, Verwendungsänderungen willkürlich angeordnet zu haben, ohne einen schriftlichen Dienstauftrag erteilt und ohne weitere dienst- und besoldungsrechtliche Maßnahmen (weitere Standesbehandlung, PERSIS-Speicherung, Berücksichtigung eventueller Nebengebühren) veranlaßt zu haben. Dies sei insbesondere im Jänner und Februar 1995 im Bereich der FM- und E-Lagergruppe geschehen.
17. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im Herbst 1993 VB Wolfgang D., Kntlr Robert K., Zgf S. und Kpl. Reinhold A., aus jenen Arbeitsbereichen abgezogen zu haben, in denen ihre Arbeitskraft dringend erforderlich gewesen wäre, um sie - weniger wichtige - Renovierungsarbeiten durchführen zu lassen.
18. Der Beschuldigte steht im Verdacht, anläßlich eines Wechsels des Lagermeisters des Sanitätslagers/Altlager im Februar 1993 (anstelle von ORev Gerhard O. wurde VB Lorenz R. Lagermeister) keine Übergabe- bzw. Übernahmeinventur angeordnet zu haben, obwohl dies aufgrund vermutender Fehlbestände dringend geboten gewesen sei.
19. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im Herbst 1994, anläßlich des Bekanntwerdens des Fehlens von drei Sturmgewehren des Typs StG 77, entsprechende Vernichtungsprotokolle im nachhinein angefertigt zu haben, anstatt eine Inventurmeldung zu erstatten.
20. Der Beschuldigte steht im Verdacht, Vzlt Hermann K. zumindest seit 1993 beeinflußt zu haben, seine dienstlichen Aufgaben (insbesondere die Abgabe fachlicher Stellungnahmen) entgegen bestehender Richtlinien durchzuführen.
21. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im September 1994 gegenüber FInsp Elisabeth K. negative Meinungen über deren Ehemann auf unsachliche Art geäußert zu haben.
22. Der Beschuldigte steht im Verdacht, im Jahre 1994 die Gesundheit von VB Wolfgang D., Zgf S., Kpl Reinhold A. und Herrn V. gefährdet zu haben, indem er ihnen die Weisung erteilt habe, ohne entsprechende Schutzbekleidung mit stark ätzenden Flüssigkeiten PVC-Böden zu reinigen. Weiters steht der Beschuldigte im Verdacht, im Jahre 1994 die Gesundheit von VB Wolfgang D. gefährdet zu haben, indem er diesem die Weisung erteilt habe, ohne entsprechenden Atemschutz mit einem Betonversiegelungslack zu arbeiten.
Mit Schreiben des Heeres-Materialamtes vom 15. November 1995, Zl. 32.214-3170/PersA/95, wurde in Ergänzung zum do. Schreiben vom 28. Juni 1995, Zl. 18.713-3170/PersR/95, gegen ADir RgR Josef M. wegen der in Rede stehenden Sachverhalte Disziplinaranzeige bei der Disziplinarkommission für Beamte und Lehrer beim Bundesministerium für Landesverteidigung erstattet.
Da sich sämtliche Sachverhalte auf den Zeitraum zwischen 1993 und 1995 beziehen und - wie sich aus der Disziplinaranzeige zweifelsfrei ergibt - der Disziplinarbehörde (frühestens) am 30. August 1995 bekannt wurden, ist hinsichtlich der angeführten Verdachtsmomente keine Verjährung nach § 94 BDG 1979 eingetreten.
Unter Bedachtnahme auf die bisherigen Ermittlungsergebnisse steht der Beschuldigte im Verdacht, gegen die Dienstpflichten gemäß den §§ 43, 45, 54 und 59 BDG 1979, gegen § 3 des Bundesbediensteten-Schutzgesetzes sowie gegen die im Spruch dieses Bescheides angeführten Erlässe verstoßen zu haben.
Da derzeit gegen den Beschuldigten ein Strafverfahren anhängig ist, das mit den angeführten Verdachtsmomenten in einem persönlichen, sachlichen und zeitlichen Zusammenhang steht, ist das Disziplinarverfahren gemäß § 114 Abs. 1 BDG 1979 bis zum rechtskräftigen Abschluß des strafgerichtlichen Verfahrens zu unterbrechen." (Eigennamen durch Anfangsbuchstaben abgekürzt)
Gegen diesen Bescheid - soweit er die Einleitung des Disziplinarverfahrens betrifft - richtet sich die vorliegende Beschwerde. Der Beschwerdeführer erachtet sich dadurch verletzt, daß gegen ihn ein weiteres Disziplinarverfahren eingeleitet wurde, obgleich keine schuldhafte Dienstpflichtverletzung vorliege und Verjährung eingetreten sei, durch unrichtige Anwendung der §§ 43, 45, 54, 59, 91 und 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979, der Vorschriften über die Sachverhaltsermittlung, das Parteiengehör, den Spruch und die Bescheidbegründung. In Ausführung des so umschriebenen Beschwerdepunktes trägt der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides vor, dessen Spruch enthalte lediglich eine abstrakte Aufzählung eines Verdachtes von Dienstpflichtverletzungen, ohne - auch nicht ansatzweise - irgendein Verhalten, das ihm zur Last gelegt werde, in groben Umrissen zu umschreiben. Selbst dann, wenn die Begründung zur Auslegung des unklaren, unvollständigen und dem § 59 AVG nicht entsprechenden Spruches herangezogen werde, entstehe keine Klarheit darüber, welcher konkrete Vorgang Gegenstand des künftigen Disziplinarverfahrens sein solle, weil auch in der Begründung keine einzige Tat nach Ort, Zeit, etc. so umschrieben sei, daß keine Unklarheit darüber möglich sei, welche Handlungen ihm zur Last gelegt würden. In Punkt 7 werde ein Sachverhalt geschildert, der keinen Verdacht einer Dienstpflichtverletzung begründe. Der Beschwerdeführer fährt sodann fort, im einzelnen zu den aufgelisteten Beschuldigungspunkten deren mangelnde Konkretisierung - unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0101 - darzulegen. Der angefochtene Bescheid enthalte hinsichtlich der Kenntnis allfälliger Dienstpflichtverletzungen die Feststellung, daß "sich sämtliche Sachverhalte auf den Zeitraum zwischen 1993 und 1995 beziehen" und der "Disziplinarbehörde (frühestens) am 30.8.1995 bekannt wurden". Damit enthalte der angefochtene Bescheid aber keine Begründung, warum die Disziplinarbehörde erst am 30. August 1995 Kenntnis erlangt habe, vielmehr sei dies bereits bedeutend früher geschehen. Es wäre daher Aufgabe der belangten Behörde gewesen, in einer der nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise unter Anführung des als erwiesen angenommenen Sachverhaltes darzulegen, zu welchem Zeitpunkt die Dienstbehörde vom Vorliegen der für die Annahme einer Dienstpflichtverletzung des Beschuldigten relevanten Umstände Kenntnis erlangt habe oder ob neue hervorgekommene Tatsachen oder Beweismittel oder lediglich eine andere rechtliche Beurteilung des bekannt gewesenen Sachverhaltes zur Erlassung des angefochtenen Einleitungsbeschlusses geführt hätten. Dem Einleitungsbeschluß fehlten daher die Mindestvoraussetzungen, er genüge daher den vom Gesetz verlangten Anforderungen nicht. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, die Begründung des Einleitungsbeschlusses sei lediglich ein zum Teil aus der Disziplinaranzeige übernommener Sachverhalt, sie führe jedoch nicht an, warum durch den von der Behörde festgestellten bzw. angenommenen Sachverhalt (im Verdachtsbereich) gegen die im Spruch angeführten Dienstpflichten verstoßen worden sei. Außerdem sei aus keinem Beschuldigungspunkt zu ersehen, "worin die Verletzung der Verpflichtung zur Einhaltung des Dienstweges bestünde". Allgemein gehe aus der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht hervor, warum sich nach Ansicht der belangten Behörde auf Grund welchen Verhaltens der Verdacht welcher Dienstpflichtverletzung ergebe. Es sei auch dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, auf welche Ermittlungen sich die belangte Behörde gestützt habe. Auch unter Zugrundelegung der Disziplinaranzeige vom 15. November 1995 gehe nicht hervor, welche Handlungen oder Unterlassungen dem Beschwerdeführer als Dienstpflichtverletzung (im Verdachtsbereich) vorgeworfen würden. Ebenso sei unbegründet geblieben, warum der Verdacht betreffend die angeblichen Dienstpflichtverletzungen als so schwer beurteilt würde, daß es erforderlich sei, ein Disziplinarverfahren einzuleiten und nicht nach § 118 Abs. 1 BDG 1979 vorzugehen. Die belangte Behörde habe darüber hinaus innerhalb von zwei Wochen nach Einlangen der Disziplinaranzeige den Beschluß auf Einleitung des Disziplinarverfahrens gefällt, sodaß der Beschwerdeführer auf Grund der erst am 21. November 1995 erfolgte Zustellung der Anzeige noch vor Fällung des Einleitungsbeschlusses durch die Disziplinarbehörde am 4. Dezember 1995 nicht ausreichend habe Stellung nehmen können. Dabei hätte er Mängel der Sachverhaltsermittlung und teilweise bereits eingetretene Verjährung geltend machen können.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Beschwerdeführer erstattete zur Gegenschrift der
belangten Behörde eine Gegenäußerung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben Ermittlungen der Disziplinarbehörde vor der Einleitung des Disziplinarverfahrens das Ziel, zu klären, ob die Voraussetzungen für die Einleitung gegeben sind oder ob allenfalls offenkundige Gründe für eine sofortige Verfügung der Einstellung des Disziplinarverfahrens vorliegen.
Nach § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 darf der Beamte wegen einer Dienstpflichtverletzung nicht mehr bestraft werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von dem Zeitpunkt, zu dem der Disziplinarbehörde die Dienstpflichtverletzung zur Kenntnis gelangt ist, eine Disziplinarverfügung erlassen oder ein Disziplinarverfahren vor der Disziplinarkommission eingeleitet wurde.
Disziplinarbehörden sind nach § 96 BDG 1979 1. die Dienstbehörden, 2. die Disziplinarkommissionen, 3. die Disziplinaroberkommission. Welche Behörden Dienstbehörden sind, bestimmt § 2 DVG, welcher als Zuständigkeitsnorm auch im
9. Abschnitt des BDG 1979 anwendbar ist. Gemäß § 1 Abs. 1 Z. 22 DVV 1981 sind die Feststellungen und Verfügungen in Disziplinarangelegenheiten den nachgeordneten Dienstbehörden übertragen. Gemäß § 2 Z. 7 lit. d DVV 1981 ist im Bereich des Bundesministeriums für Landesverteidigung im Beschwerdefall das Heeres-Materialamt nachgeordnete Dienststelle in diesem Sinne.
Erlangt die Dienstbehörde, die nach § 96 BDG 1979 zu den Disziplinarbehörden zählt, von einer "Dienstpflichtverletzung" Kenntnis, so muß sie entweder binnen sechs Monaten eine Disziplinarverfügung erlassen oder die Anzeige an die Disziplinarkommission so rechtzeitig weiterleiten, daß binnen dieser Frist noch ein Einleitungsbeschluß (§ 123 Abs. 2 BDG 1979) gefaßt werden kann. Tut sie es nicht, so ist die Tat nach Ablauf dieser Frist verjährt, soweit nicht § 94 Abs. 2 BDG 1979 in Betracht kommt. Unabhängig von der Kenntnis durch die Dienstbehörde ist die Tat jedenfalls dann verjährt, wenn seit dem Zeitpunkt ihrer Beendigung drei Jahre vergangen sind (absolute Verjährungsfrist), soweit nicht § 94 Abs. 3 BDG 1979 in Betracht kommt. "Kenntnis" ist positives Wissen um die wesentlichen Sachverhaltselemente. Woher die Kenntnis stammt, ist nicht entscheidend. Sie kann sowohl auf eigenen Recherchen der zur Durchführung des Disziplinarverfahrens berufenen Disziplinarkommission oder auf einer Disziplinaranzeige beruhen (vgl. hg. Erkenntnis vom 21. Mai 1992, Zl. 92/09/0039). Kenntnis erlangt die Dienstbehörde in einer die Frist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979 in Lauf setzenden Weise, wenn ihr - von dem später als Dienstpflichtverletzung gewürdigten Verhalten des Beamten - ausreichend Mitteilung gemacht worden ist. In Betracht kommt nur das auf sicheren Grundlagen beruhende Wissen über bestimmte Tatsachen, nicht das bloße Erfahren eines Gerüchtes. Dagegen kommt es nicht auf die zutreffende rechtliche Subsumtion, also die Kenntnis davon an, daß die bekannt gewordenen Tatsachen einen disziplinär zu ahndenden Tatbestand erfüllen. Bei der Kenntnis von solchen Umständen kann es auch nicht darauf ankommen, daß die Dienstbehörde bereits mit Sicherheit vom Vorliegen aller dieser Tatsachen ausgeht, ist sie doch gar nicht zur Durchführung eines umfassenden Beweisverfahrens berufen. Es kann daher nur auf die Kenntnis jener Umstände abgestellt werden, die für die Dienstbehörde gemäß § 110 Abs. 1 Z. 2 BDG 1979 die Pflicht zur Weiterleitung der Disziplinaranzeige an den Vorsitzenden der Disziplinarkommission und an den Disziplinaranwalt begründen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1990, Zl. 89/09/0136, und die dort wiedergegebene Judikatur).
Für die Einleitung des Disziplinarverfahrens reicht es aus, wenn genügende Verdachtsgründe gegen den Beamten vorliegen, die die Annahme einer Dienstpflichtverletzung rechtfertigen. Die Disziplinarkommission muß bei Fällung des Einleitungsbeschlusses noch nicht völlige Klarheit darüber haben, ob ein bestimmter Beamter eine Dienstpflichtverletzung begangen hat; dies ist in dem der Einleitung des Verfahrens nachfolgenden Ermittlungsverfahren aufzuklären. Ebensowenig muß im Einleitungsbeschluß das dem Beamten zur Last gelegte Verhalten bereits abschließend rechtlich gewürdigt werden. Daher reicht es, wenn aus dem Einleitungsbeschluß, d.h. aus dem Spruch im Zusammenhang mit seiner Begründung, das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Dienstpflichtverletzung erachtet wird, nur in groben Umrissen soweit beschrieben ist, daß damit klargestellt ist, hinsichtlich welchen Verhaltens ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird und warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt. Im Rahmen dieser Umgrenzungs- und Klarstellungsfunktion muß daher im Einleitungsbeschluß lediglich die dem Beschuldigten vorgeworfene Handlung so beschrieben werden, daß praktisch unverwechselbar feststeht, welcher konkrete Vorgang Gegenstand des Disziplinarverfahrens sein soll (vgl. auch hg. Erkenntnis vom 26. November 1992, Zl. 92/09/0101, und die dort wiedergegebene Judikatur).
Diesen Anforderungen wird der gegenständliche Einleitungsbeschluß hinsichtlich der Punkte 6.) 1. Fall (Verdacht der Geschenkannahme) und 17.) nicht gerecht, ergeben sich doch aus der - zur Interpretation des Spruches heranzuziehenden - Begründung nicht einmal konkrete Zeitangaben bzw. individuelle Merkmale der Handlungen, die dem Beschwerdeführer als Dienstpflichtverletzung vorgeworfen werden, sodaß von einer Unverwechselbarkeit nicht mehr die Rede sein kann. In Hinblick auf diese Punkte war daher mangels ausreichender Konkretisierung der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Hinsichtlich der übrigen, der Klarstellungsfunktion des Einleitungsbeschlusses noch gerecht werdenden Punkte ergeben sich daraus aber nicht nur konkrete, gegen den Beschwerdeführer vorgetragene Verdachtsmomente, sondern auch der Zeitpunkt, zu dem die Disziplinarbehörde von den inkriminierten Handlungen Kenntnis erlangt hat. Dieser liegt noch innerhalb der Frist des § 94 Abs. 1 Z. 1 BDG 1979, sodaß Verjährung nicht eingetreten ist. Auf welchen Umstand sich die Vermutung des Beschwerdeführers stützt, die Kenntnis der Dienstbehörde von den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Handlungen sei schon vor dem von der belangten Behörde genannten Zeitpunkt erfolgt, wird in der Beschwerde nicht dargelegt. Ein anderer Zeitpunkt der Kenntnisnahme ergibt sich auch aus den in der Beschwerde (zu Punkt 18 und 19 des Einleitungsbeschlusses) erwähnten schriftlichen Unterlagen nicht, aus denen allein - ohne Berücksichtigung der nunmehr zur Kenntnis gebrachten weiteren Umstände - nicht von vornherein auf eine Unregelmäßigkeit hätte geschlossen werden können, wird dem Beschwerdeführer ja gerade ein Verhalten zum Vorwurf gemacht, das dem Inhalt dieser Urkunden widerspricht.
Im vorliegenden Verfahrenstadium ist auf die einzelnen Anschuldigungspunkte und deren Bestreitung in der Beschwerde inhaltlich nicht einzugehen, da dies dem weiteren Verfahren vorbehalten bleibt. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch den Beschwerdeausführungen insoweit nicht folgen, als der Beschwerdeführer meint, der angefochtene Bescheid enthalte keine Begründung, warum sich nach dem geschilderten Verhalten der Verdacht einer Dienstpflichtverletzung ergibt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ergibt sich vielmehr aus den im Begründungsteil des angefochtenen Bescheides im einzelnen angeführten Tathandlungen mit ausreichender Klarheit der Verdacht von Dienstpflichtverletzungen.
Die Beschwerde war daher hinsichtlich der Punkte 1.) - 5.),
6.) 2. Fall, 7.) - 16.) und 18.) - 22.) gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit Art. I B Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
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