VwGH 96/08/0064

VwGH96/08/006411.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der H OHG in B, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 22. Jänner 1996, Zl. 120.752/3-7/95, betreffend Versicherungspflicht nach dem ASVG und dem AlVG (mP 1. M, derzeit unbekannten Aufenthaltes, 2. Vlbg GKK, 3. PVA der Angestellten, 4. AUVA, 5. AMS Vorarlberg), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- und der mitbeteiligten Vorarlberger Gebietskrankenkasse Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Partei sprach am 22. März 1994 bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vor und gab zu Protokoll, daß sie vom 15. September 1991 in datumsmäßig bestimmten Zeiträumen bei der Beschwerdeführerin als Pianistin beschäftigt gewesen sei. Sie legte nachträglich die bei ihr noch vorhandenen "Bescheidausfertigungen für den Ausländer" gemäß § 20 Abs. 6 AuslBG des Landesarbeitsamtes Vorarlberg bzw. des Arbeitsamtes Bregenz vom 16. Juli 1991, 1. Juni 1992, 11. Dezember 1992 und 16. Dezember 1993 sowie den Dienstzettel über die Vereinbarungen mit der Beschwerdeführerin vom 1. Juni 1992 und 9. August 1993 vor.

Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom 6. Juni 1994 wurde (im verfahrensgegenständlichen Spruchpunkt I.) festgestellt, daß die Erstmitbeteiligte aufgrund ihrer Tätigkeit für die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 15. September 1991 bis 3. Jänner 1992, vom 6. März 1992 bis 15. Mai 1992, vom 15. September 1992 bis 31. Dezember 1992, vom 1. Februar 1993 bis 31. Mai 1993 und vom 15. September 1993 bis 15. Jänner 1994 der Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG sowie gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei.

In der Begründung des Bescheides wurde ausgeführt, daß die Erstmitbeteiligte bei ihrer persönlichen Vorsprache die Zeiträume ihrer Beschäftigung bei der Beschwerdeführerin als Pianistin angegeben habe. Es sei eine Arbeitszeit von 19.00 bis 22.30 Uhr an sechs Tagen pro Woche vereinbart gewesen. Bei Bedarf sollte die Erstmitbeteiligte etwas länger spielen. Die Arbeitstage seien in einem Plan im vorhinein bekanntgegeben worden. An festgesetzten Tagen sei es auch vorgekommen, daß der Erstmitbeteiligten bei ihrem Vorsprechen erklärt worden sei, daß man sie heute nicht brauche. Es sei aber auch der Fall gewesen, daß sie an einem freien Tag "angerufen worden sei". Über eine Vertretung sei nicht gesprochen worden. Die Erstmitbeteiligte habe angenommen, daß sie sich nicht vertreten lassen könne. Hinsichtlich der gespielten Musik habe sie keine besonderen Vorschriften erhalten. Entsprechend ihrer Erfahrung habe sie die Musikwünsche der Gäste abschätzen können. Als Entlohnung habe sie S 10.000,-- netto (monatlich?) sowie Unterkunft in einem Personalzimmer und Verpflegung erhalten. Die Tätigkeit sei in den genannten Zeiträumen unter denselben Voraussetzungen ausgeübt worden.

Im Dienstzettel vom 9. August 1993 sei angeführt, daß die Erstmitbeteiligte vom 15. September 1993 bis 31. Mai 1994 als Pianistin beschäftigt werde. Punkt 6. des Dienstzettels lautet:

"Erkrankung: Jede Arbeitsverhinderung ist dem Arbeitgeber sofort bekanntzugeben, damit, falls notwendig, eine Dienstplanänderung vorgenommen werden kann. Die ärztliche Bestätigung mit Dauer und Ursache der Arbeitsunfähigkeit sind sobald als möglich vorzulegen."

Dem Beitragsprüfer der Kasse sei mitgeteilt worden, daß die erstmitbeteiligte Partei als selbständige Pianistin verpflichtet worden sei.

Die Erstmitbeteiligte sei über Monate bzw. mehrere Saisonen an die vorgegebene Arbeitszeit gebunden gewesen. Die Arbeitstage seien aufgrund des teilweise bestehenden Planes fix vorgegeben gewesen. Bei Bedarf habe die Erstmitbeteiligte vom Dienstgeber auch angerufen werden können. In den vorhandenen Dienstzetteln sei eine generelle Vertretungsmöglichkeit nicht angeführt und sei die Erstmitbeteiligte auch nie vertreten worden. Die Erstmitbeteiligte habe geglaubt, daß sie sich nicht hätte vertreten lassen können, und es sei mit dem Dienstgeber darüber auch nicht gesprochen worden. Die Erstmitbeteiligte sei in die Organisation des Hotels eingebunden gewesen und sei insoweit zumindest der "stillen Autorität" des Dienstgebers unterlegen. Von den anderen Dienstnehmern habe sich die Erstmitbeteiligte in keiner Weise unterschieden. Arbeitszeit und Arbeitsort seien klar vom Dienstgeber vorgegeben gewesen und habe eine persönliche Arbeitspflicht bestanden. Die notwendigen Betriebsmittel (Klavier) seien vom Hotel zur Verfügung gestellt worden. Die Erstmitbeteiligte habe lediglich die Notenhefte beigebracht. Es sei daher auch von wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen.

Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch. Sie verwies darauf, daß die Erstmitbeteiligte sich habe vertreten lassen können. Daß sie dies nicht in Anspruch genommen habe, obliege nicht der Werkvertragsgeberin. Seitens der Werkvertragsgeberin seien keine Weisungen erteilt worden. Die Frage der Arbeitszeiten sei insofern nicht von ausschlaggebender Bedeutung, als auch in einem Werkvertrag gewisse Leistungen zu gewissen Zeitpunkten nicht schädlich seien. Auch könne man sich in einem Werkvertrag in die Organisation der Werkvertraggeberin einbinden, von einer "stillen Autorität" könne daher aufgrund der gegebenen Sachlage nicht gesprochen werden. Auch das Wohnen in einem Personalzimmer sei für einen Werkvertrag nicht schädlich. Im übrigen habe die Erstmitbeteiligte bis September 1993 in einem Gästezimmer gewohnt.

Eine Arbeitspflicht habe nicht bestanden. Es sei auch üblich (z.B. Bregenzer Festspiele), daß die notwendigen Betriebsmittel (Klavier) von der Auftraggeberin zur Verfügung gestellt werden. Sollte dies schädlich sein, so wären sämtliche Künstler der Bregenzer Festspiele ebenfalls Dienstnehmer.

Von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit könne aus folgenden Gründen nicht gesprochen werden:

Die Erstmitbeteiligte sei sechsmal in der Woche lediglich für ca. drei Stunden anwesend gewesen. Sie hätte daher Zeit gehabt, sich anderweitig zu beschäftigen. Auch hinsichtlich der Höhe dieses Entgeltes könne bei einer Künstlerin nicht von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit gesprochen werden. Das Vorliegen einer Arbeitsbewilligung sei nicht schädlich, weil jeder Ausländer, der im Inland tätig werde, eine Arbeitsbewilligung benötige, unabhängig davon, ob ein Werk- oder Dienstvertrag vorliege.

Die Erstmitbeteiligte habe gegenüber der Werkvertragsgeberin erklärt, sie werde sich selbst versichern und auch ihr Honorar selbst versteuern. Urlaubs- und Weihnachtsentgelt seien ebensowenig wie "bezahlte Krankheit" vereinbart gewesen.

Im übrigen sei auch die Dienstzeit nicht genau fixiert gewesen. Es sei der Erstmitbeteiligten freigestanden, wann sie spiele und was sie spiele. Wenn beispielsweise im Hause andere Veranstaltungen mit Musik aufgeführt worden seien, dann habe die Erstmitbeteiligte von sich aus erklärt, an diesen Tagen nicht zu spielen. Ein Dienstnehmer hätte hiezu keine Möglichkeit gehabt. An solchen Tagen habe die Erstmitbeteiligte auch kein Entgelt erhalten und habe sie sich so ihre Zeit frei einteilen können. Wenn wenig Gäste anwesend gewesen seien, habe sie manchmal erklärt, es mache ihr keinen Spaß, in einem leeren Raum zu spielen. Auch in solchen Fällen sei die Beschwerdeführerin bereit gewesen, dies zu akzeptieren. Es habe auch Abende gegeben, an denen die Gäste gebeten hätten, daß nicht gespielt werden solle. In einem solchen Fall habe die Erstmitbeteiligte auf ihr Abendengagement verzichtet. Die Erstmitbeteiligte habe sich im Hotel wie ein Gast aufgehalten.

Zusammenfassend sei zu betonen, daß die Erstmitbeteiligte eigenständig spielen oder nicht spielen habe können und ihr auch von der Beschwerdeführerin manchmal eine Absage erteilt worden sei. Das Thema "fixe Arbeitszeiten" gehe daher ins Leere. Die Erstmitbeteiligte habe sich jederzeit vertreten lassen können, sodaß ein Dienstverhältnis unter keinen Umständen unterstellt werden könne. Das Ausstellen eines Dienstzettels sei lediglich ein Formfehler gewesen, der auf die Unkenntnis der Rechtslage zurückzuführen sei. Es komme aber nicht auf das äußere Erscheinungsbild (Dienstzettel), sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt (selbständige Künstlerin) an.

Mit Bescheid vom 22. Februar 1995 gab der Landeshauptmann von Vorarlberg dem Einspruch keine Folge und bestätigte den angefochtenen Bescheid. In der Begründung wurde nach Wiedergabe des Verfahrens vor dem Versicherungsträger und der Angaben der von der Einspruchsbehörde im Rahmen des ergänzenden Ermittlungsverfahrens einvernommenen persönlich haftenden Gesellschafterin der Beschwerdeführerin, der Erstmitbeteiligten und des Geschäftsführers des Hotels der Beschwerdeführerin von folgendem Sachverhalt ausgegangen: Die Erstmitbeteiligte sei in den genannten Zeiträumen bei der Beschwerdeführerin als Pianistin beschäftigt gewesen. Zu Beginn jedes Beschäftigungsverhältnisses sei mit ihr ein sogenannter "Dienstzettel für Mitarbeiter" ausgefüllt und von ihr und dem Geschäftsführer des Hotels unterfertigt worden. Dieser Dienstzettel enthalte neben der Festsetzung der Höhe des Honorars Bestimmungen über die Lohnauszahlung und Kündigungsfrist sowie über das Verhalten im Falle einer Erkrankung. Die Erstmitbeteiligte habe an sechs Abenden in der Woche gearbeitet und zwar jeweils drei bis dreieinhalb Stunden von ca. 19.00 bis 22. 30 Uhr. Manchmal habe sie entsprechend den Wünschen der Gäste länger gespielt. An anderen Tagen - wenn nur wenige Gäste anwesend gewesen seien - habe ihr der Geschäftsführer mitgeteilt, daß sie nicht zu spielen brauche und nach Hause gehen könne. Bei Abwesenheit des Geschäftsführers habe niemand für ihn stellvertretend erklären können, daß sie - die Erstmitbeteiligte - nicht zu spielen brauche. Der Geschäftsführer habe bestimmt, an welchen Tagen die Erstmitbeteiligte frei gehabt habe. Manchmal sei auch ein Plan für einen längeren Zeitraum ausgearbeitet worden, in welchem festgelegt worden sei, an welchen Abenden sie habe spielen müssen und an welchen sie freigehabt habe. An Abenden, an welchen keine Gäste im Raum gewesen seien, hätte sie nicht spielen müssen. Sie habe sich jedoch für den Fall bereithalten müssen, daß Gäste kommen würden. Zusätzlich zu diesen Abenden habe die Erstmitbeteiligte zweimal im Jahr mittags, nämlich am Muttertag und am weißen Sonntag, gespielt. Hinsichtlich der gespielten Musik seien ihr keine Vorschreibungen gemacht worden, jedoch seien ihr vom Geschäftsführer und von seiten des Publikums Wünsche entgegengebracht worden, denen sie nachgekommen sei. Als Entgelt für ihre Leistungen habe die Erstmitbeteiligte S 10.000,-- pro Monat erhalten; weiters sei ihr Personalessen und Unterkunft (in einem Gästezimmer) im Hotel der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellt worden. Für Kleidung und Musiknoten habe die Erstmitbeteiligte selbst aufkommen müssen. Das Klavier sei ihr im Hotel zur Verfügung gestellt worden. Die Erstmitbeteiligte sei während der Beschäftigungsverhältnisse nicht erkrankt, weshalb sich auch die Frage der Vertretung nicht gestellt habe. Die Frage einer allfälligen Vertretungsmöglichkeit sei während der Dauer des Beschäftigungsverhältnisses nicht aufgeworfen worden.

Hinsichtlich der Arbeitszeiteinteilung habe der Geschäftsführer ausgeführt, daß die Erstmitbeteiligte an sechs Abenden habe arbeiten müssen und daß er bestimmt habe, an welchen Tagen sie frei gehabt habe. Zu Beginn des erstmaligen Arbeitsverhältnisses im September 1991 sei eine drei- bis dreieinhalbstündige Arbeitszeit von 19.00 bis 22.30 Uhr festgelegt worden. Diese Arbeitszeit sei bei den folgenden Beschäftigungsverhältnissen weiterhin eingehalten worden. Teilweise sei ein längerfristiger Plan ausgearbeitet worden, in welchem der Geschäftsführer die freien Tage der Erstmitbeteiligten festgesetzt habe. Falls keine Gäste im Raum waren, habe sich die Erstmitbeteiligte zum Spielen zumindest bereithalten müssen. Auch sei nur der Geschäftsführer befugt gewesen, der Erstmitbeteiligten die Möglichkeit einzuräumen, ob sie bei Anwesenheit weniger Gäste spiele oder nicht.

Aus diesen Ausführungen ergebe sich, daß die Erstmitbeteiligte in bezug auf ihre Arbeitszeit jedenfalls nicht habe frei verfügen können.

Die Gesellschafterin der Beschwerdeführerin habe angegeben, daß die Erstmitbeteiligte ohne weiteres die Arbeitsleistung hätte ablehnen können bzw. daß sie sich durch einen anderen Pianisten jederzeit hätte vertreten lassen können. Es sei nämlich kein großer Wert auf eine Begleitung durch eine Pianistin gelegt worden.

Diese Argumentation sei aber nicht stichhältig. Tatsache sei, daß sich die Erstmitbeteiligte an die vereinbarten Arbeitszeiten gehalten habe und daß ihre freien Tage vom Geschäftsführer des Hotels im vorhinein festgesetzt worden seien. Auch wenn es sich nach den Behauptungen der Einspruchswerberin bei der Ausstellung des Dienstzettels um einen Formfehler gehandelt haben sollte, so wäre sicher ein so maßgeblicher Punkt wie die freie Vertretungsmöglichkeit in diesen Bestimmungen angeführt bzw. mit der Erstmitbeteiligten zumindest darüber gesprochen worden. Wäre es tatsächlich gleichgültig gewesen, ob die Erstmitbeteiligte an einem Abend anwesend gewesen sei oder nicht, so wäre der maßgebliche Passus in den Dienstzetteln, durch welchen die Erstmitbeteiligte verpflichtet worden sei, jede Arbeitsverhinderung dem Arbeitgeber sofort bekanntzugeben, damit eine allfällige Dienstplanänderung vorgenommen werden könne, sicher gestrichen worden. Auch die Bestimmung im Dienstzettel über die Vorlage einer ärztlichen Bestätigung im Krankheitsfalle wäre diesfalls gestrichen worden. Weiters wäre nicht ein monatliches Bruttohonorar von jeweils S 10.000,-- vereinbart worden, sondern vielmehr ein Honorar, welches nach Stunden oder nach einzelnen Abenden berechnet worden wäre. Aufgrund der Angaben der Erstmitbeteiligten sei im Hinblick auf die vorliegende schriftliche Vereinbarung davon auszugehen, daß während der angeführten Arbeitszeiten eine persönliche Arbeitspflicht bestanden habe.

Die Erstmitbeteiligte habe gewußt, wie sie sich in einem Hotel der vornehmen Klasse zu verhalten habe. Bei ihren Auftritten habe sie noble Abendkleidung getragen und habe Lieder gespielt, die den Wünschen der anwesenden Gäste und des Geschäftsführers entsprochen hätten. Es sei wohl davon auszugehen, daß die Erstmitbeteiligte - hätte sie sich nicht in dieser Art und Weise verhalten - gerügt worden wäre. Sie sei somit der Kontrolle des Geschäftsführers nicht nur in bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten, sondern auch in bezug auf die Arbeitszeit unterlegen. Dieses, durch Kontrollrechte zwar abgesicherte, sich aber zufolge der dargelegten Umstände nicht in konkreter Form äußernde Weisungsrecht des Geschäftsführers werde von der Rechtsprechung mit der Bezeichnung "stille Autorität des Arbeitgebers" umschrieben (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1991, Zl. 90/08/0152).

Hinsichtlich des Arbeitsortes sei festzustellen, daß sich diese im wesentlichen aus der Art der Tätigkeit der Erstmitbeteiligten ergeben habe.

Es sei auch von einer wirtschaftlichen Abhängigkeit der Erstmitbeteiligten auszugehen. Diese dürfe nicht - wie im Einspruch ausgeführt - mit Lohnabhängigkeit, also mit dem Angewiesensein der Beschäftigten auf das Entgelt zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes gleichgesetzt werden. Sie finde vielmehr ihren Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel. Im vorliegenden Fall seien die Betriebsmittel (die entsprechenden Räumlichkeiten im Hotel und das Klavier) vom Dienstgeber zur Verfügung gestellt worden.

Letztlich sei darauf zu verweisen, daß in Grenzfällen, wenn weder der Inhalt noch die tatsächlichen Verhältnisse über die Natur des Rechtsverhältnisses einen eindeutigen Aufschluß über die Art des Beschäftigungsverhältnisses geben, die Bezeichnung für die vertraglichen Beziehungen (im vorliegenden Fall "Dienstzettel für Mitarbeiter") den Ausschlag geben könne, wenn die verwendete Bezeichnung nicht bloß durch eine unter Ausnützung der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Vertragsteiles zustande gekommene absichtliche Verschleierung der tatsächlichen Verhältnisse zu erklären sei. Eine derartige Verschleierungsabsicht habe nicht festgestellt werden können.

Zum Hinweis der Beschwerdeführerin auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, Zl. 92/08/0153, sei anzuführen, daß nach diesem Erkenntnis in solchen Fällen, in denen Musiker eher spontan und fallweise, nach Bedarf des Lokals engagiert würden und nicht weiter in die Organisation des Gastbetriebes eingebunden seien, sowie ihr Programm inhaltlich und zeitlich frei gestalten könnten, ein Werkvertrag vorliege. Im Gegensatz dazu sei die Erstmitbeteiligte jedoch nicht spontan und fallweise nach Bedarf des Hotels engagiert worden. Auch sei sie in der Gestaltung ihres Programmes nicht frei gewesen. Für die Erstmitbeteiligte habe eine persönliche Arbeitspflicht bestanden und es sei eine Vertretung durch Dritte nicht vorgesehen gewesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, die Erstmitbeteiligte habe wählen können, ob sie an einem Abend, an dem nur wenig Gäste anwesend sind, spiele. Auch die Länge des Vortrages habe sie selbst wählen können. Unter diesen Umständen könne nicht von einer persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit gesprochen werden. Die Erstmitbeteiligte habe ihre Arbeitsleistungen in persönlicher Selbständigkeit erbracht. Bei dem von ihr abgeschlossenen Vertrag handle es sich um einen Werkvertrag; es schade eine falsche Bezeichnung nicht, wenn sich aus der Auslegung anderweitiges ergebe. Da es der Erstmitbeteiligten oblegen sei, ob sie spiele oder nicht, und dennoch im Werkvertrag festgehalten worden sei, daß sie sechsmal in der Woche drei- bis dreieinhalb Stunden spielen sollte, ergebe sich schon daraus die ihr gewährte Freizügigkeit. Ein weiteres Indiz hiefür sei, daß sie sich jederzeit durch eine andere Person hätte vertreten lassen können. Aus der Tatsache, daß eine derartige Situation niemals aufgetreten sei, könne nicht geschlossen werden, daß über derartige Vorfälle nicht gesprochen worden sei bzw. eine Vereinbarung darüber getroffen worden sei.

Der Geschäftsführer und die Gesellschafterin der Beschwerdeführerin hätten übereinstimmend angegeben, daß ganz klar hervorgehoben worden sei, daß sich die Erstmitbeteiligte jederzeit vertreten lassen dürfe. Weiters seien ihr Freiheiten gewährt worden, die einem Dienstnehmer niemals gewährt worden wären. Aufgrund der vorliegenden Aussagen wäre aber eine Deutung der Punkte der schriftlichen Vereinbarung durchaus in die Richtung möglich, daß eine freie Vereinbarung zwischen den Vertragsparteien geschlossen worden sei, in welcher die Erstmitbeteiligte selber habe wählen können, ob bzw. was sie spiele, als auch die Länge ihrer Auftritte. Keineswegs könne aufgrund des Tragens nobler Abendkleider und Spielens von Gästewünschen auf die Kontrolle des Geschäftsführers geschlossen werden. Vielmehr verhalte es sich bei jedem Künstler so, daß er, um zu gefallen, den Wünschen der Gäste entspreche. Der Erstmitbeteiligten sei niemals vorgeschrieben worden, welche Kleidung sie zu tragen habe. Es könne daher keinesfalls von einer stillen Autorität gesprochen werden.

Es schade nicht, daß der Arbeitsort vorgegeben worden sei und das Klavier zur Verfügung gestellt worden sei.

Zusammenfassend sei daher festzuhalten, daß die Erstmitbeteiligte an keine feste Arbeitszeit gebunden gewesen sei, sie sich durch andere Musiker habe vertreten lassen können, frei von Weisungen der Geschäftsführung gewesen sei, keinen Erfolg zu garantieren gehabt habe und daher die Punkte überwögen, welche auf eine Auslegung des "Dienstvertrages" als eines Werkvertrages schließen ließen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Nach ausführlicher Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde aus, daß sie sich hinsichtlich des festgestellten Sachverhaltes und der rechtlichen Beurteilung zur Gänze den Ausführungen in den Bescheiden der Unterinstanzen anschließe und auf deren umfassende Begründungen verweise. Zum Vorbringen in der Berufung werde folgendes näher ausgeführt:

Dem - wiederholten - Vorbringen, der Erstmitbeteiligten sei es freigestanden, ob sie an einem Abend spielen wolle oder nicht, stehe ganz eindeutig die Aussage des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin entgegen, wonach er der Erstmitbeteiligten bei der Anwesenheit von nur wenigen Gästen gelegentlich gesagt habe, daß sie nicht zu spielen brauche und nach Hause gehen könne. Wenn er nicht anwesend gewesen sei, habe niemand stellvertretend für ihn sagen können, daß sie nicht zu spielen brauche. Wenn keine Gäste im Raum gewesen seien, so habe die Erstmitbeteiligte sich für den Fall bereithalten müssen, daß Gäste gekommen wären.

Auch die Erstmitbeteiligte habe bei ihrer Einvernahme vor der Einspruchsbehörde angegeben, daß sie nie frei entscheiden habe können, ob sie spielen wolle oder nicht.

Die Aussage des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin, daß der Erstmitbeteiligten bei der Arbeitszeiteinteilung jeweils im vorhinein mitgeteilt worden sei, an welchen Tagen sie frei habe, spreche gegen die Behauptung in der Berufung, daß die Erstmitbeteiligte an keine feste Arbeitszeit gebunden gewesen sei.

Was die neuerlich vorgebrachte Argumentation anlange, daß die Erstmitbeteiligte sich jederzeit habe vertreten lassen dürfen, sei auf die Niederschrift des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin vor der Einspruchsbehörde zu verweisen, die wie folgt laute: "... Die Frage der Vertretungsmöglichkeit hat sich tatsächlich nie gestellt. Wenn sie an einem Tag aus irgendeinem Grund (z.B. Einkaufen, Besuch einer Freundin, etc.) nicht hätte spielen wollen, hätte sie mir das mitgeteilt und ich hätte ihr frei gegeben. In diesem Fall wäre eben nicht Klavier gespielt worden, um eine Vertretung hätte man sich nicht gekümmert ..." Aus dieser Aussage ergebe sich eindeutig, daß die Erstmitbeteiligte weder die Möglichkeit noch die Verpflichtung gehabt habe, im Falle einer Verhinderung für die Vertretung zu sorgen, sondern man hätte ihr so wie jedem anderen Dienstnehmer eben frei gegeben.

Die Tatsache, daß die Erstmitbeteiligte ihre Kleidung selbst habe wählen können und ihr Programm einigermaßen frei gestaltet habe, führe jedenfalls nicht zum Überwiegen der Merkmale einer selbständigen Tätigkeit im Sinne des § 4 Abs. 2

ASVG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin meint, der angefochtene Bescheid sei mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet, weil die belangte Behörde auch über die Arbeitslosenversicherung der Musikerin abgesprochen habe. Mit dem Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse sei die Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 ASVG festgestellt worden. Dieser Abspruch sei auch der alleinige Gegenstand des Bescheides des Landeshauptmannes von Vorarlberg gewesen.

Dieses Vorbringen geht nicht vom oben dargestellten Akteninhalt aus. Bereits mit dem Bescheid der Behörde erster Rechtsstufe wurde über die Versicherungspflicht sowohl nach dem ASVG als auch nach dem AlVG abgesprochen. Dies war auch Gegenstand des Einspruchsbescheides und daher zutreffend auch des nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheides.

Die Beschwerdeführerin macht schließlich geltend, die belangte Behörde hätte zum Schluß kommen müssen, daß ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG nicht vorliege. Allein die Tatsache, daß die übernommene Arbeitspflicht generell nicht erbracht habe werden müssen bzw. durch Dritte habe vorgenommen werden können, auch unabhängig davon, ob von dieser Berechtigung tatsächlich Gebrauch gemacht worden sei, führe zu einem Fehlen der persönlichen Abhängigkeit und der persönlichen Arbeitspflicht.

Mit diesem Vorbringen geht die Beschwerdeführerin nicht von den Feststellungen der belangten Behörde aus und bekämpft damit in Wahrheit die Beweiswürdigung (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/08/0222, m.w.N.) der belangten Behörde. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt und die dabei angestellten Erwägungen halten vor dem rechtlichen Hintergrund des genannten Erkenntnisses einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle stand: Die belangte Behörde hat hinsichtlich der Vertretungsbefugnis der Erstmitbeteiligten zutreffend die Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin dahingehend gedeutet, daß die Erstmitbeteiligte weder die Möglichkeit noch die Verpflichtung gehabt habe, im Falle einer Verhinderung für ihre Vertretung zu sorgen. Es wäre ihr nach den Angaben des Geschäftsführers in bestimmten Fällen freigegeben worden. Eben daraus ergibt sich aber eine persönliche Arbeitspflicht der Erstmitbeteiligten. Die Angaben des Geschäftsführers, wonach ausschließlich er befugt gewesen sei, die Erstmitbeteiligte von ihrer Dienstleistung zu entbinden, und sie sich für den Fall, daß noch keine Gäste anwesend waren, für ihre Dienstleistung habe bereithalten müssen, bezeugen ebenfalls eine persönliche Arbeitspflicht der Erstmitbeteiligten.

Die Möglichkeit einer Vertretung oder gar generellen Vertretung wurde zwischen der Erstmitbeteiligten und der Beschwerdeführerin (bzw. deren Vertreter) nicht besprochen. In dem von den Parteien des Vertragsverhältnisses unterfertigten Dienstzettel ist aber die Verpflichtung der Erstmitbeteiligten festgehalten, jede Arbeitsverhinderung sofort bekanntzugeben. Den von der belangten Behörde übernommenen Erwägungen der Einspruchsbehörde ist aber zuzustimmen, daß im Falle einer generellen Vertretungsbefugnis dieser Punkt einer Abänderung bedurft hätte. Die belangte Behörde durfte aufgrund der Angaben des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit den Angaben der Erstmitbeteiligten und der vorliegenden Dienstzettel annehmen, daß eine persönliche Arbeitspflicht der Erstmitbeteiligten gegeben war und eine generelle Vertretungsbefugnis nicht vorlag, ohne daß ihr ein vom Verwaltungsgerichtshof wahrzunehmender Fehler in der Beweiswürdigung unterlaufen wäre.

Da auch sonst nicht erkennbar ist, daß der belangten Behörde bei Abwägung aller Umstände der Beschäftigung der Erstmitbeteiligten ein Rechtsirrtum unterlaufen wäre, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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