VwGH 96/04/0158

VwGH96/04/015828.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, in der Beschwerdesache 1. des Heribert N und 2. der Brigitte N, beide in Z, beide vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in J, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. Mai. 1996, Zl. 04-15 Ga 18-95/6, betreffend gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung (mitbeteiligte Partei: G-GesmbH in S, den Beschluß gefaßt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §75 Abs2;
GewO 1994 §74 Abs2 Z1;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §75 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Aufgrund des Ansuchens der mitbeteiligten Partei um gewerbebehördliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Schottergrube an einem näher bezeichneten Standort wurde von der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld für den 17. Oktober 1994 eine Augenscheinsverhandlung anberaumt, bei der der Erstbeschwerdeführer folgende Stellungnahme erstattete:

"Ich erhebe Einwendung gegen das geplante Vorhaben, da ich befürchte, durch den Schotterabbaubetrieb in unzumutbarer Weise lärm- und staubbelästigt zu werden. Des weiteren befürchte ich auch einer unzumutbaren Geruchsbelästigung durch das im Betrieb befindliche Dieselaggregat und die eingesetzten Baumaschinen ausgesetzt zu werden, da der Abbau auf eine Tiefe bis zu 13 m erfolgen soll, habe ich auch Bedenken, daß dem Grundwasserschutz Genüge getan wird. Angesichts der Tatsache, daß ich mein anrainendes Grundstück vor kurzem in der Absicht erworben, habe, ein Wohnhaus zu errichten, bin ich auch der Meinung, daß es mir aus optischen Gründen auch nicht zugemutet werden kann, im Oste. meines Grundstückes ständig auf einen 6 m hohen Erdwall zu sehn. Ich gebe auch zu bedenken, daß nach Abschluß der Abbautätigkeit eine tiefliegende Fläche zurückbleiben wird, deren Folgenutzung mir nicht gewährleistet erscheint."

Gegen den die beantragte Genehmigung unter Vorschreibung von Auflagen erteilenden Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Knittelfeld vom 15. Mai 1995 erhoben sowohl der Erst- als auch die Zweitbeschwerdeführerin Berufung. In dieser wurde zunächst gerügt, daß die Zweibeschwerdeführerin dem Genehmigungsverfahren nicht beigezogen worden sei, obwohl sie Miteigentümerin eines näher bezeichneten an das Betriebsgrundstück angrenzenden Grundstückes sei. Weiters wurde darauf hingewiesen, daß auf diesem Grundstück die Errichtung eines Einfamilienhauses geplant und das Baubewilligungsverfahren nahezu abgeschlossen sei. Schließlich wurde - in Auseinandersetzung mit den Ergebnissen des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens - eine Staub- und Lärmbelastung durch das Vorhaben der mitbeteiligten Partei geltend gemacht.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 30. Mai 1996 wurde - nach Durchführung einer (weiteren) Augenscheinsverhandlung - der Berufung der Beschwerdeführer Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid durch Anordnung zweier zusätzlicher Auflagen ergänzt, unter anderem jener, daß nach Fertigstellung des Wohnhauses der Beschwerdeführer Beweissicherungsmessungen hinsichtlich Staubniederschlag und Staubkonzentration durch den luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigendienst erfolgen, wozu nach Fertigstellung des Hauses dem erhebenden Sachverständigen die erforderlichen Auskünfte über die näheren Betriebsabläufe zu erteilen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der sich die Beschwerdeführer ihrem gesamten Vorbringen zufolge irr den ihnen nach der GewO 1994 zukommenden Nachbarrechten verletzt erachten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Gemäß 5 74 Abs. 2, GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, den nicht den Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzgesetzes, BGBl. Nr. 234/1972, unterliegenden tätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die in 9 2 Abs. 1 Z. 4 lit. g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung aufgrund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

Im Verfahren aufgrund eines Ansuchens um Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer Betriebsanlage sind gemäß § 356 Abs. 3 GewO 1994 nur jene Nachbarn Parteien, die spätestens bei der Augenscheinsverhandlung Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 erheben, und zwar vom Zeitpunkt ihrer Einwendungen an. Weist ein Nachbar der Behörde nach, daß er ohne sein Verschulden daran gehindert war, die Parteistellung nach dem ersten Satz zu erlangen, so darf er seine Einwendungen gegen die Anlage im Sinne des § 74 Abs. 2 Z. 1, 2, 3 oder 5 auch nach Abschluß der Augenscheinsverhandlung und bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Angelegenheit vorbringen und ist vom Zeitpunkt seiner Einwendungen en Partei; solche Einwendungen sind vom Nachbarn binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses für ihre Erhebung bei der Behörde einzubringen, die die Augenscheinsverhandlung anberaumt hat, und von dieser oder von der Berufungsbehörde in gleicher Weise zu berücksichtigen, als wären sie in der mündlichen Verhandlung erhoben worden.

Nachbarn im Sinne der GewO 1994 sind gemäß § 75 Abs. 2 leg. cit. alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. Als Nachbarn gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe der Betriebsanlage aufhalten und nicht im Sinne des vorherigen Satzes dinglich berechtigt sind.

Ein Eigentümer oder sonstiger dinglich Berechtigter hat demnach das in § 75 Abs. 2 zweiter Satz erster Satzteil GewO 1994 aufgestellte Erfordernis des nicht (bloß) vorübergehenden Aufenthaltes im Nahebereich der Betriebsanlage nicht zu erfüllen. Allerdings kann der Eigentümer oder sonstige dinglich Berechtigte den seine Person betreffenden Nachbarschutz nur bei Zutreffen der in § 75 Abs. 2 erster Satz erster Satzteil GewO '1994 enthaltenen Merkmale und daher jedenfalls nur unter Berufung auf Sachverhaltsumstände geltend machen, die den Eintritt einer -persönlichen - Gefährdung oder Belästigung in Hinsicht auf einen, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt überhaupt möglich erscheinen lassen; hiefür ist die im Zeitpunkt der Erlassung des rechtsbegründenden Genehmigungsbescheides bestehende Sachlage maßgebend (vgl.. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 25. April 1980, VwSlg 10.110 A/1980, und vom 3. September 1996, Zl. 95/04/0162, sowie die dort zitierte Vorjudikatur).

Dieser Voraussetzung wird das Vorbringen der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren allerdings nicht gerecht; ergibt sich diesbezüglich daraus doch lediglich, daß auf dem der Betriebsliegenschaft benachbarten Grundstück der Beschwerdeführer die Errichtung eines Wohnhauses geplant und ein Baubewilligungsverfahren im Gange ist. Damit wird aber kein Umstand dargetan, demzufolge der Eintritt der geltend gemachten persönlichen Gefährdung bzw. Belästigung der Beschwerdeführer im Hinblick auf einer, wenn auch nur vorübergehenden Aufenthalt auf ihrem - unbebauten - Grundstück möglich wäre. Da sie weiters eine Gefährdung ihres Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte nicht geltend gemacht haben, können sie daher den in § 74 Abs. 2 Z. 1 und 2 GewO 1994 normierten Nachbarschutz nicht in Anspruch nehmen, sodaß sie durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in dem als Beschwerdepunkt geltend gemachten Recht verletzt werden konnten.

Die sich somit mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung als unzulässig erweisende Beschwerde war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zurückzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

W i e n , am 28. Jänner 1997

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