Normen
AsylG 1991 §20 Abs2 idF 1994/610;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18;
AsylG 1991 §20 Abs2 idF 1994/610;
B-VG Art140 Abs1;
B-VG Art18;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der am 28. Juni 1995 in das Bundesgebiet eingereiste Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Liberias, gab bei der am 3. Juli 1995 vom Bundesasylamt durchgeführten niederschriftlichen Befragung auf Grund seines am 29. Juni 1995 gestellten Asylantrages zu seinen Fluchtgründen im wesentlichen folgendes an:
Er sei im Juni 1995 von Soldaten der Rebellengruppe "NPFL" gemeinsam mit einem Freund auf einem Fußballplatz gefangengenommen worden. Nach vier bis fünf Tagen sei er in ein Ausbildungslager gebracht worden, um als Kämpfer für diese Rebellengruppe ausgebildet zu werden. Am 8. Juni 1995 sei er als Wache eingeteilt worden. Dabei sei es ihm gelungen, zu flüchten. Auf die Frage, ob er weitere Gründe für die Flucht habe, gab er an, öfter mit seinem Onkel, bei dem er sich nach der Flucht aus dem Ausbildungslager aufgehalten habe, gestritten zu haben. Weitere Fluchtgründe habe er nicht. Bei einer Rückkehr in sein Heimatland müsse er damit rechnen, von den Rebellen getötet zu werden. Bei "Angehörigen der Regierung" seines Heimatlandes habe er deshalb nicht um Schutz ersucht, weil er nicht gewußt habe, wie er das machen könne.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 den Asylantrag mit der Begründung ab, daß die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen nicht glaubwürdig seien und der Beschwerdeführer überdies vor seiner Einreise nach Österreich in Slowenien vor Verfolgung sicher gewesen sei.
In seiner dagegen gerichteten Berufung wendete sich der Beschwerdeführer vor allem gegen die vom Bundesasylamt vorgenommene Beweiswürdigung und führte dazu im wesentlichen aus, daß vor dem Hintergrund der in seinem Heimatland herrschenden Bürgerkriegssituation seine Angaben durchaus glaubwürdig seien.
Mit Bescheid vom 23. Jänner 1996 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab.
In der Begründung dieses Bescheides verwies die belangte Behörde zunächst darauf, daß die Erstbehörde die niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers zusammengefaßt dargestellt habe, "weshalb die bezughabenden Passagen des bekämpften Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides erklärt werden". Die belangte Behörde hat diesen Angaben des Beschwerdeführers - anders als die Erstbehörde - nicht die Glaubwürdigkeit abgesprochen, sondern sie in rechtlicher Hinsicht dahin beurteilt, daß daraus eine individuelle Verfolgung des Beschwerdeführers durch staatliche oder dem Staat zurechenbare Institutionen aus einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründe nicht ableitbar sei. Die Bürgerkriegssituation in Liberia indiziere für sich allein nicht die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers. Insbesondere werde bemerkt, daß die vom Beschwerdeführer vorgebrachten, ihn persönlich betreffenden Umstände als "geradezu typische" Konsequenzen der in seinem Heimatland herrschenden Bürgerkriegssituation zu werten seien.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Wie dargestellt, hat die belangte Behörde aus dem erstinstanzlichen Bescheid nur die Wiedergabe der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers übernommen - wozu sie berechtigt war (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 1995, Zl. 95/01/0045) -, nicht jedoch die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung. Insbesondere hat sie die Abweisung des Asylantrages - anders als die Erstbehörde - nicht auch auf das Vorliegen des Asylausschließungsgrundes der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 AsylG 1991 gestützt. Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen geht daher ins Leere.
Da der Beschwerdeführer in der Berufung keine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens geltend gemacht hat und weder eine solche, noch ein anderer Grund für eine Ergänzung oder Wiederholung dieses Ermittlungsverfahrens aus der Aktenlage ersichtlich ist, hat die belangte Behörde ihrer Entscheidung zu Recht gemäß § 20 Abs. 1 AsylG 1991 nur das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens erster Instanz zugrundegelegt. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kann eine - zu Unrecht behauptete - Mangelhaftigkeit des Berufungsbescheides keinen Grund für die Ergänzung oder Wiederholung des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens nach § 20 Abs. 2 AsylG 1991 darstellen.
Die vom Beschwerdeführer mit der Begründung, daß der Begriff der "Mangelhaftigkeit" einen "nicht klärbaren Terminus" darstelle, geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 20 Abs. 2 AsylG 1991 werden vom Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick darauf, daß es zur Frage der Mangelhaftigkeit eines Ermittlungsverfahrens eine reichhaltige Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gibt (vgl. etwa die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 224 ff, wiedergegebene Judikatur zu den §§ 37 bis 55 AVG), nicht geteilt.
An den eingangs wiedergegebenen niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Fluchtgründen fällt auf, daß der Beschwerdeführer keinen Zusammenhang zwischen der von ihm behaupteten Gefahr der Verfolgung durch eine "Rebellengruppe" und einem der in § 1 Z. 1 AsylG 1991 taxativ aufgezählten Gründe hergestellt hat. In dem - auch aus der in der Beschwerde enthaltenen Schilderung der allgemeinen Lage in Liberia hervorgehenden - Umstand, daß im Heimatland des Beschwerdeführers Bürgerkrieg herrscht, liegt für sich allein nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Verfolgungsgefahr im Sinne des § 1 Z. 1 AsylG 1991 (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 95/01/0435). Der belangten Behörde ist daher zuzustimmen, daß sich aus den Angaben des Beschwerdeführers keine Gefahr einer Verfolgung aus den im § 1 Z. 1 AsylG 1991 genannten Gründen ableiten läßt.
Durch den in der Beschwerde enthaltenen Verweis auf Art. 33 GFK ist für den Beschwerdeführer schon deshalb nichts gewonnen, weil diese Bestimmung nicht die Voraussetzungen für die Asylgewährung, sondern für das Verbot der Ausweisung oder der Zurückweisung zum Inhalt hat. Dem Beschwerdeeinwand, der Verfolgerstaat dürfe es nicht in der Hand haben, "gegen ein Kollektiv von Individuen die Eingriffe so tiefschneidend zu fassen, daß das allgemein zu Ertragende über das individuell Zumutbare hinausginge", ist zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer eben nicht vorgebracht hat, die von ihm befürchteten Verfolgungsmaßnahmen richteten sich gegen ein - nach den Kriterien des § 1 Z. 1 AsylG 1991 abgegrenztes - "Kollektiv von Individuen".
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde sei der ihr aufgegebenen Ermittlungspflicht gemäß § 16 Abs. 1 AsylG 1991 nicht nachgekommen, ist ihr zu entgegnen, daß diese Bestimmung lediglich eine Konkretisierung der aus § 37 AVG in Verbindung mit § 39 Abs. 2 AVG hervorgehenden Verpflichtung der Verwaltungsbehörden, den für die Erledigung der Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt von Amts wegen vollständig zu ermitteln und festzustellen, darstellt, jedoch keine darüber hinausgehende Ermittlungspflicht begründet. Aus dieser Bestimmung kann aber keine Verpflichtung der Behörde abgeleitet werden, (weitere) Asylgründe, die der Asylwerber gar nicht behauptet hat, zu ermitteln (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1997, Zlen. 95/01/0147, 0148).
Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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