Normen
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;
AVG §58 Abs2;
B-VG Art130 Abs2;
StbG 1985 §10;
StbG 1985 §11;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 19. Dezember 1995 wurde der Antrag des Beschwerdeführers - eines als Konventionsflüchtling anerkannten iranischen Staatsangehörigen - vom 31. Juli 1991 auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft gemäß §§ 10 und 11 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer lebe seit Februar 1980 in Österreich und sei während seines inländischen Aufenthaltes nie einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen. Seit 1984 lebe er ununterbrochen von der Sozialhilfe. In einer Stellungnahme vom Jänner 1994 habe der Beschwerdeführer zwar vorgebracht, einige Zeit selbständig erwerbstätig gewesen zu sein, im durchgeführten Ermittlungsverfahren dazu jedoch keine Unterlagen vorgelegt.
Der Beschwerdeführer sei im Alter von 46 Jahren nach Österreich gekommen. Eine Arbeitsaufnahme sei ihm zu dieser Zeit noch möglich und zumutbar gewesen. Es könne nicht im öffentlichen Interesse gelegen sein, einen Fremden, der während seines 16-jährigen inländischen Aufenthaltes durch keine Arbeits- oder Steuerleistung zum Gemeinwohl beigetragen habe, die Staatsbürgerschaft zu verleihen. Überdies entspreche es nicht dem allgemeinen Wohl, einen Antragsteller, der seit elf Jahren Sozialhilfe beziehe, einzubürgern, da angesichts des nunmehrigen Alters des Beschwerdeführers eine dauernde finanzielle Belastung der öffentlichen Hand zu erwarten sei.
Es liege zwar kein Einbürgerungshindernis im Sinne des § 10 Abs. 1 StbG vor, doch sehe sich die belangte Behörde nicht in der Lage, das ihr in § 11 StbG eingeräumte freie Ermessen zugunsten des Beschwerdeführers auszuüben.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 11 StbG hat sich die Behörde bei der Ausübung des ihr im § 10 leg. cit für die Verleihung der Staatsbürgerschaft eingeräumten freien Ermessens von Rücksichten auf das allgemeine Wohl, die öffentlichen Interessen und das Gesamtverhalten der Partei leiten zu lassen. Bei der Verleihung der Staatsbürgerschaft ist gegebenenfalls besonders auf den Umstand Bedacht zu nehmen, daß der Fremde Flüchtling im Sinne der Konvention vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, oder des Protokolls, BGBl. Nr. 78/1974, über die Rechtsstellung der Flüchtlinge ist.
Die Behörde hat ihre Ermessensentscheidung so zu begründen, daß eine Überprüfung, ob sie von dem ihr eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, möglich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1997, Zl. 96/01/0311).
Die belangte Behörde hat bei der Ermessensübung zu Recht zu Lasten des Beschwerdeführers berücksichtigt, daß dessen Aufenthalt eine dauernde finanzielle Belastung der öffentlichen Hand darstelle. Der Beschwerdeführer vertritt dazu zwar die Ansicht, es gereiche der öffentlichen Hand nicht zum Nachteil, wenn er als österreichischer Staatsbürger im Inland lebe, stellt jedoch nicht in Frage, daß er - als nunmehr 61-jähriger - auch weiterhin auf eine Unterstützung der öffentlichen Hand angewiesen sein werde.
Weiters hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, daß dieser während seines 16-jährigen Aufenthaltes in Österreich noch nie einer beruflichen Tätigkeit nachgegangen sei, obwohl ihm nach der Einreise die Arbeitsaufnahme durchaus noch möglich und zumutbar gewesen sei. Im Rahmen des Ermessenskriteriums des "Gesamtverhaltens" kann die dem Beschwerdeführer damit vorgeworfene mangelnde Arbeitsmoral zwar durchaus berücksichtigt werden, doch beruhen die dieser Annahme zugrundeliegenden Feststellungen vorliegend nicht auf einem mängelfreien Verfahren. Der Beschwerdeführer hat in seiner am 10. Jänner 1994 bei der belangten Behörde eingelangten schriftlichen Stellungnahme vorgebracht, von 1980 bis 1983 ein Lebensmittelgeschäft geführt zu haben, also selbständig erwerbstätig gewesen zu sein. Die belangte Behörde hat dazu keine Ermittlungen durchgeführt. Wenn sie dem Beschwerdeführer vorwirft, keine entsprechenden Unterlagen zu seiner selbständigen Tätigkeit vorgelegt zu haben, ist ihr zu entgegnen, daß der Beschwerdeführer dazu nicht aufgefordert wurde. Er wurde auch bei seiner Vernehmung am 22. September 1995 in keiner Weise zu diesem Thema befragt. Unter Berücksichtigung der seit geraumer Zeit gespannten Lage auf dem Arbeitsmarkt und des Alters des Beschwerdeführers kann aus dem Umstand, daß der Beschwerdeführer seit 1984 keiner Beschäftigung nachgegangen ist, noch nicht ohne weitere Erhebungen geschlossen werden, daß er sich während dieser Zeit nicht ausreichend um einen Arbeitsplatz bemüht hat. Die belangte Behörde hat insbesondere die im Akt befindliche Auskunft der Magistratsabteilung 12, wonach sich der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen beim Arbeitsamt melde, eine Arbeitsvermittlung bisher jedoch nicht erfolgt sei, nicht berücksichtigt.
Im übrigen hat die belangte Behörde die Flüchtlingseigenschaft des Beschwerdeführers zwar festgestellt, jedoch nicht ausgeführt, ob und mit welchem Stellenwert sie diese Tatsache bei der Ermessensentscheidung zugunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt hat.
Wegen der aufgezeigten Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und des dargestellten Begründungsmangels war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil nach der zitierten Verordnung als Ersatz für den Schriftsatzaufwand nur ein Betrag von S 12.500,-- vorgesehen ist und die Beschwerde nur in zweifacher, der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung vorzulegen war.
Aufgrund der somit vorliegenden Sachentscheidung erübrigt sich eine Entscheidung des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
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