VwGH 95/21/0140

VwGH95/21/014029.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde des B, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 4. Mai 1994, Zl. St 134/94, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §26;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §26;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, war mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. Jänner 1989 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz erlassen worden. Diesem lag zugrunde, daß der Beschwerdeführer mit Urteil des Kreisgerichtes Steyr vom 26. Juli 1988 wegen der §§ 127, 128 Abs. 1 Z. 4, § 129 Z. 1 und § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten - bedingt nachgesehen - verurteilt worden war. Weiters wurde darauf Bedacht genommen, daß der Beschwerdeführer, der am 13. Oktober 1984 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist war, in der Zeit vom Jänner bis April 1988 sechsmal wegen Übertretung des § 64 Abs. 1 KFG (Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung) rechtskräftig bestraft worden war. Der Beschwerdeführer war damals ledig und lebte seit acht Monaten mit einer jugoslawischen Staatsbürgerin in einer Lebensgemeinschaft. Er hatte keine Kinder und mußte für niemanden sorgen.

Dem Vollzug des Aufenthaltsverbotes stand zunächst der Umstand entgegen, daß dem Beschwerdeführer mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 20. März 1985 die Flüchtlingseigenschaft gemäß Asylgesetz (1968) zuerkannt worden war. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 15. Oktober 1993 wurde gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Asylgesetz (1991) in Verbindung mit Art. 33 Abs. 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, festgestellt, daß der Beschwerdeführer das Asyl verliere. In diesem Bescheid wurde ausgesprochen, daß der Beschwerdeführer (im Hinblick auf weitere gerichtliche Verurteilungen im Jahr 1993) eine Gefahr für die Sicherheit der Republik Österreich darstelle. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 8. November 1993 keine Folge gegeben. Am 23. Februar 1994 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des gegen ihn erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 26 Fremdengesetz.

Mit dem nunmehr angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich wurde dieser Antrag gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Landesgerichtes Linz vom 18. März 1993 wegen des Vergehens der fahrlässigen Hehlerei gemäß § 165 iVm § 164 Abs. 1 Z. 2 StGB und mit Urteil desselben Gerichts vom 10. August 1993 wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach den §§ 83 Abs. 1 und 84 Abs. 2 Z. 2 StGB, jeweils zu einer Geldstrafe, rechtskräftig verurteilt worden. Überdies sei der Beschwerdeführer mit Erkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 17. Dezember 1993 rechtskräftig gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1 iVm § 148 Abs. 1 der Gewerbeordnung 1973 bestraft worden. Diesem Straferkenntnis liege zugrunde, daß der Beschwerdeführer am 15. Februar, 21. Februar, 6. März, 11. März, 17. März, 5. April und 13. April 1993 in Linz das Gastgewerbe in der Betriebsart eines Buffets ausgeübt und Getränke ausgeschenkt habe, ohne im Besitz einer entsprechenden Gewerbeberechtigung gewesen zu sein. Mit Strafverfügung des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 1993 sei er wegen Übertretung des § 9 Bazillenausscheidergesetzes bestraft worden.

Nach § 26 Fremdengesetz habe die Behörde zu prüfen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die für die Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits sowie der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend seien, zu Gunsten des Fremden geändert haben und diese Interessen gegeneinander abzuwägen. Dabei sei auch auf die nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen.

Bei Vornahme dieser Prüfung gelange die belangte Behörde zu der Auffassung, die angeführten Verurteilungen rechtfertigten die Annahme, daß der (weitere) Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde. Diese Annahme ergebe sich im Hinblick auf die Verurteilung durch das Landesgericht Steyr sogar aufgrund einer zwingenden gesetzlichen Vermutung.

Das Aufenthaltsverbot greife in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers erheblich ein, weil dieser nunmehr verheiratet sei und mit drei Kindern (im Alter von drei bis fünf Jahren) im Bundesgebiet lebe. Dennoch sei die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung von (weiteren) strafbaren Handlungen dringend geboten (§ 19 FrG). Daran ändere auch nichts, daß der Tatbestand der fahrlässigen Hehlerei seit 1. Oktober 1993 nicht mehr bestehe. Angesichts der neuerlichen Straftaten des Beschwerdeführers sei davon auszugehen, daß seine soziale Integration kein erhebliches Ausmaß erreicht habe. Der Behauptung des Beschwerdeführers, er habe nunmehr einen gewerberechtlichen Geschäftsführer zur Verfügung, sei entgegenzuhalten, daß der Beschwerdeführer dies trotz oftmaliger Abmahnungen bislang nicht für erforderlich gehalten habe. Die vorzunehmende Abwägung führe dazu, daß dem öffentlichen Interesse an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes der Vorzug vor den gegenläufigen privaten Interessen des Beschwerdeführers zu geben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Von der Erstattung einer Gegenschrift sah sie ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 26 Fremdengesetz ist das Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind. Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhalt mit den §§ 18 bis 20 FrG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein relevanter Eingriff im Sinn des § 19 FrG vorliegt und - gegebenenfalls - die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes dringend geboten ist. Ferner hat sie zu beurteilen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände zugunsten des Fremden geändert haben, die zur Beurteilung der öffentlichen Interessen sowie der privaten und familiären Interessen maßgebend sind. Diese Interessen sind gegeneinander abzuwägen (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntis vom 30. September 1993, Zl. 93/18/0389, für viele andere).

Die belangte Behörde geht zwar zu Unrecht von der Annahme aus, daß bei Vorliegen eines der im Abs. 2 des § 18 FrG aufgezählten Tatbestände zwingend ein Aufenthaltsverbot zu erlassen wäre. § 18 Abs. 1 leg. cit. ordnet nämlich an, daß bei Vorliegen eines dieser Tatbestände eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen ist, ob dieser Tatbestand in concreto die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme rechtfertigt. Die belangte Behörde ist aber im Ergebnis dennoch zutreffend davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes vorliegen. Daran ändert auch der ohnehin von er belangten Behörde angenommene Umstand nichts, daß das Aufenthaltsverbot in das Privat- und (nunmehrige) Familienleben des Beschwerdeführers (Ehefrau und drei Kinder) erheblich eingreift. Der Beschwerdeführer ist nämlich ungeachtet des bestehenden Aufenthaltsverbotes im Jahr 1993 mehrfach straffällig geworden und er wurde deshalb sowohl gerichtlich als auch verwaltungsbehördlich bestraft. Angesichts der aus dem beharrlichen strafbaren Verhalten hervorgehenden Neigung des Beschwerdeführers, gegen maßgebliche Rechtsvorschriften zu verstoßen, hat die belangte Behörde mit Recht angenommen, daß die Annahme des § 18 Abs. 1 FrG nach wie vor gerechtfertigt und die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zur Verhinderung (weiterer) Straftaten dringend erforderlich ist. Die belangte Behörde hat die geänderte familiäre Situation des Beschwerdeführers (Ehefrau und drei Kinder) berücksichtigt, sie hat aber zutreffend aufgezeigt, daß das Gewicht der Integration des Beschwerdeführers im Bundesgebiet durch sein besagtes rechtswidriges Verhalten gemindert wird. Wenn die belangte Behörde bei Abwägung der öffentlichen Interessen mit den gegenläufigen privaten sowie familiären Interessen des Beschwerdeführers zur Auffassung gelangte, daß letzteren nicht dasselbe Gewicht beizumessen sei, so kann dies angesichts des Umstands, daß sich der Beschwerdeführer auch durch ein über ihn verhängtes Aufenthaltsverbot, das ihn im übrigen offensichtlich nicht zur gebotenen Ausreise veranlaßt hat, nicht von der Begehung weiterer zahlreicher Straftaten abhalten ließ, nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Soweit der Beschwerdeführer darauf verweist, daß er aufgrund des Krieges im ehemaligen Jugoslawien dorthin nicht zurückkehren könne, ist ihm zu entgegnen, daß mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht darüber abgesprochen wird, wohin der Fremde auszureisen habe oder (allenfalls) abgeschoben werde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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