VwGH 95/18/1049

VwGH95/18/10492.10.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des H in Ybbs, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, Preinsbacherstraße 9, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 3. April 1995, Zl. Fr 390/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
AuslBG §15 Abs1 Z2;
EheG §23;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 3. April 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Gemäß § 18 Abs. 1 FrG sei gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt sei, daß sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe.

Der Beschwerdeführer sei am 22. Mai 1992 versteckt in einem Lastkraftwagen nach Österreich eingereist. Am 25. Mai 1992 habe er einen Asylantrag gestellt. Dieser sei mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 7. September 1992 abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung erhoben. Im Oktober 1992 habe er die Ehe mit einer näher genannten österreichischen Staatsbürgerin geschlossen. Aufgrund dieser Eheschließung sei dem Beschwerdeführer vom Arbeitsamt Melk ein Befreiungsschein für die Dauer vom 16. November 1992 bis zum 15. November 1997 ausgestellt worden. Ab dem 1. Dezember 1992 sei der Beschwerdeführer einer Beschäftigung als Hausarbeiter bei einem Unternehmen nachgegangen. Am 17. September 1993 habe der Beschwerdeführer seinen Asylantrag zurückgezogen; der Bundesminister für Inneres habe daraufhin den genannten Asylbescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich ersatzlos behoben. Dadurch habe auch seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung gemäß § 7 Abs. 1 des Asylgesetzes seine Gültigkeit verloren. Dem Beschwerdeführer sei jedoch von der Bezirkshauptmannschaft Melk am 17. September 1993 eine bis zum 17. März 1994 befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden; diese sei am 8. Februar 1994 bis zum 8. Februar 1996 verlängert worden.

Das Bezirksgericht Donaustadt habe mit Urteil vom 25. Mai 1994, rechtkräftig seit dem 5. September 1994, die Ehe des Beschwerdeführers mit der angesprochenen österreichischen Staatsbürgerin gemäß § 23 des Ehegesetzes für nichtig erklärt. Der Beschwerdeführer habe seine Ehe nur deshalb geschlossen, um sich die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich und damit eine Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die Aufnahme einer ehelichen Gemeinschaft sei nie erfolgt.

Die Behörde erachte daher die über den Beschwerdeführer verhängte fremdenpolizeiliche Maßnahme als gerechtfertigt. Es würde dem öffentlichen Interesse grob zuwiderlaufen, wenn sich der Beschwerdeführer durch Mißbrauch des Instituts der Ehe den tatsächlichen Aufenthalt im Bundesgebiet verschaffen könnte. Auf diese Weise würden die fremdengesetzlichen Bestimmungen "ad absurdum" geführt werden. Den für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen und deren Befolgung durch die Normadressaten komme aber aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Daher rechtfertige das vorgeworfene Verhalten, die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin nur deshalb geschlossen zu haben, um sich eine Aufenthaltsberechtigung und einen Befreiungsschein gemäß dem Ausländerbeschäftigungsgesetz verschaffen zu können, die Annahme, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich die öffentliche Ordnung gefährde.

Der Beschwerdeführer halte sich seit Mai 1992 in Österreich auf, er hätte nach seinen Angaben in Österreich einen großen Freundeskreis und wäre daher voll in das "österreichische Gesellschafts- und Sozialleben" integriert. Dennoch sei die Behörde aufgrund des vom Beschwerdeführer gesetzten Verhaltens der Auffassung, daß die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Der Behörde seien auch keine familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu in Österreich lebenden Personen bekannt; auch seiner Berufung ließen sich diesbezüglich keine Anhaltspunkte entnehmen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde läßt die Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid, daß die vom Beschwerdeführer geschlossene Ehe gemäß § 23 des Ehegesetzes gerichtlich für nichtig erklärt worden sei, weil diese Ehe nur deshalb geschlossen worden wäre, dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und eine Aufenthaltsgenehmigung in Österreich und damit eine Anwartschaft auf den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft zu erlangen, unbestritten.

2. Die Beschwerde führt gegen den angefochtenen Bescheid aber ins Treffen, daß das Streben nach Erlangung einer Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung durch die in Rede stehende Eheschließung nicht dem § 23 des Ehegesetzes unterstellt werden könnte, "sodaß an sich die Ehenichtigkeitserklärung mit der österreichischen Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen" sei.

Die mit diesem Vorbringen aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits durch das Erkenntis des Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Juni 1997, Zl. 97/18/0181, mwH, klargestellt. Auf dieses Erkenntnis wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.

3. Weiters wendet der Beschwerdeführer gegen den angefochtenen Bescheid ein, daß sein Fall im Sinne des § 18 FrG nicht "in retrospektiver Weise" betrachtet werden dürfe und seine Anwesenheit in Österreich weder die Ruhe und Ordnung noch die Sicherheit gefährde und auch nicht gegen "staatseminente Interessen" verstoße.

Die damit angesprochene Rechtsfrage, ob ein Aufenthaltsverbot im Lichte des § 18 Abs. 1 FrG auf die Tatsache des Abschlusses einer Ehe zum Zweck der Beschaffung fremdenrechtlich bedeutsamer Berechtigungen gegründet werden dürfe, ist ebenfalls in dem zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs, mwH, klargestellt. Auch diesbezüglich wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.

4. Die Ausführungen des Beschwerdeführers, daß das Eingehen der als nichtig erklärten Ehe keinesfalls notwendig zur Erlangung einer "Arbeitsbewilligung" gewesen wäre, gehen ins Leere, da es im Hinblick auf das Vorliegen des Ehenichtigkeitsurteiles, aus dem sich - unbestritten - ergibt, daß der Beschwerdeführer mit der Eheschließung den Zweck verfolgt habe, ihm die Möglichkeit zu verschaffen, eine Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung und in weiterer Folge die östereichische Staatsbürgerschaft zu erlangen, unbeachtlich ist, ob der Beschwerdeführer diese Bewilligung auch auf andere Weise hätte erlangen können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 1996, Zl. 96/18/0204).

4. Die Bekämpfung der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG ist nicht geeignet, diese und deren Ergebnis als rechtswidrig darzutun. Der Umstand, daß der Beschwerdeführer in Österreich einer "geregelten Beschäftigung und Arbeit" nachgehe und sich hier seit etwas weniger als drei Jahren aufgehalten habe, ist hinsichtlich der diesbezüglichen Berechtigungen auf die rechtsmißbräuchlich eingegangene Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zurückzuführen, weshalb eine sich aus der Aufenthaltsdauer bzw. der Beschäftigung allfällig ergebende Integration des Beschwerdeführers nicht wesentlich zu seinen Gunsten zu veranschlagen ist. Im übrigen wird die sich aus den Feststellungen der belangten Behörde ergebende Auffassung, daß keine familiären Bindungen des Beschwerdeführers in Österreich gegeben seien, nicht bekämpft. Das Ergebnis der behördlichen Interessenabwägung, daß die Auswirkungen des (im übrigen hinsichtlich der Dauer nicht bekämpften) Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme, kann daher nicht als rechtwidrig erkannt werden.

5. Da somit der Beschwerdeinhalt erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

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