VwGH 95/16/0005

VwGH95/16/000527.2.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde 1. der A-Bank und 2. der M-Aktiengesellschaft, beide in W, beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 6. Juni 1994, Zl. 300.937/1-I.7/1994, betreffend Nachlaß von Gerichtsgebühren,

Normen

ABGB §891;
ABGB §896;
BAO §236;
GEG §9 Abs2;
GGG 1984 TP9 litb Z4;
VwGG §34 Abs1;
ABGB §891;
ABGB §896;
BAO §236;
GEG §9 Abs2;
GGG 1984 TP9 litb Z4;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

1. den Beschluß gefaßt:

Die Beschwerde der M-Aktiengesellschaft wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Die Beschwerde der A-Bank wird als unbegründet abgewiesen.

Die beiden Beschwerdeführerinnen haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 12. November 1991 wurde vom Bezirksgericht X im Lastenblatt der im Eigentum der Zweitbeschwerdeführerin stehenden Liegenschaft EZ 527, KG H, die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Eintragung eines Pfandrechts bewilligt, wobei die Rechtswirksamkeit dieser Rangordnung bis zum 11. November 1992 bestand. Eine entsprechende Pfandbestellungsurkunde vom 7. Oktober/15. Oktober 1992 wurde "infolge Verzögerungen im Postlauf" erst am 12. November 1992 beim Bezirksgericht vorgelegt. Auf Grund dieses Umstandes und der Tatsache, daß die Pfandbestellungsurkunde seitens der erstbeschwerdeführenden Bank ohne Beisetzung des Datums unterfertigt worden ist, wurde der Antrag auf Bewilligung der Eintragung vom Bezirksgericht X mit Beschluß vom 20. Dezember 1992 zurückgewiesen. Nach Beisetzung des Datums durch die Erstbeschwerdeführerin wurde der Antrag nochmals eingebracht. Das Pfandrecht wurde sodann mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom 11. März 1993 in der in der Urkunde vereinbarten Höhe von S 145,600.000,-- eingetragen.

Mit Zahlungsauftrag vom 19. Mai 1993 wurde den beiden Beschwerdeführerinnen die Bezahlung einer Eintragungsgebühr für die Einverleibung des genannten Pfandrechts einschließlich einer Einhebungsgebühr von zusammen S 1,601.650,-- zur ungeteilten Hand vorgeschrieben.

In der Folge stellte die Zweitbeschwerdeführerin den Antrag, ihr von den vorgeschriebenen Gerichtsgebühren einen Teilbetrag von S 728.000,-- nachzulassen. Dabei wurde im wesentlichen vorgebracht, wäre die Eintragung des Pfandrechts im angemerkten Rang möglich gewesen, so wären nur zusätzliche Gebühren in Höhe von S 873.600,-- angefallen. Die Einbringung des zusätzlich vorgeschriebenen Betrages sei für das Unternehmen der Zweitbeschwerdeführerin eine "massive wirtschaftliche Härte".

Mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 12. Juli 1993, JMZ 300.912/1-I.7/93, wurde dem Antrag nicht Folge gegeben. Einem neuerlichen Begehren der Zweitbeschwerdeführerin vom 15. Februar 1994 auf Nachlaß der Gebührenschuldigkeit von S 728.000,-- wurde sodann mit Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 17. März 1994,

JMZ 300.912/2-I.7/94, ohne Begründung stattgegeben.

Mit einer Eingabe vom 28. April 1994 begehrten beide Beschwerdeführerinnen in der Folge den Nachlaß der Gebührenschuld von S 728.000,--. Dieser Betrag könne von der Zweitbeschwerdeführerin nicht finanziert werden. Alle Kosten, die der Erstbeschwerdeführerin im Zusammenhang mit der Sicherstellung des in Rede stehenden Kredites entstanden seien, müßten von der Zweitbeschwerdeführerin getragen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag der Erstbeschwerdeführerin um Nachlaß des Teilbetrages von S 728.000,-- keine Folge gegeben. Der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin wurde mangels Aktivlegitimation zurückgewiesen. Die Abweisung des Nachlaßgesuchs der Erstbeschwerdeführerin wurde von der belangten Behörde damit begründet, daß die Regreßpflicht der Zweitbeschwerdeführerin für sich allein keine besondere Härte darstelle. Die privatrechtlichen Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien könnten einen Abgabenanspruch des Bundes nicht beeinträchtigen. Ein öffentliches Interesse an der Nachlaßgewährung sei im gegebenen Zusammenhang nicht zu erkennen.

Sowohl von der Kreditgeberin als auch der Kreditnehmerin wurde Beschwerde erhoben. Beide Beschwerdeführerinnen erachten sich in ihrem Recht "auf fehlerhafte Handhabung des bei einer Entscheidung über den Nachlaß von Gebühren auszuübenden Ermessens gemäß § 9 Abs. 2 GEG sowie in dem aus § 9 Abs. 2 GEG folgenden Recht auf Nachlaß unter den darin genannten Voraussetzungen" verletzt. Die Beschwerdeführerinnen beantragen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Wie insbesondere aus der Bezeichnung des Rechtes, in dem die Beschwerdeführerinnen verletzt zu sein behaupten, aber auch aus dem übrigen Inhalt der Beschwerde ersichtlich ist, ist Gegenstand der Anfechtung lediglich der Verwaltungsakt, mit dem über den Antrag der Erstbeschwerdeführerin auf Nachlaß von Gerichtsgebühren abgesprochen worden ist, und nicht der Abspruch über die Zurückweisung des Antrages der Zweitbeschwerdeführerin. Durch den Verwaltungsakt aber, mit dem dem Nachlaßansuchen der Erstbeschwerdeführerin keine Folge gebeben wurde, wurde die Zweitbeschwerdeführerin aber - ungeachtet einer allfälligen Regreßmöglichkeit der Erstbeschwerdeführerin gegen die Zweitbeschwerdeführerin - nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt. Soweit die Beschwerde somit von der Zweitbeschwerdeführerin erhoben wurde, war sie daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen.

Im übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Nach § 9 Abs. 2 GEG können Gebühren und Kosten auf Antrag nachgelassen werden, wenn die Einbringung mit besonderer Härte für den Zahlungspflichtigen verbunden wäre oder wenn der Nachlaß im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Nach Auffassung der Erstbeschwerdeführerin erscheint es im öffentlichen Interesse geboten, den bereits der Zweitbeschwerdeführerin gewährten Nachlaß auch der Erstbeschwerdeführerin zu gewähren. Damit übersieht diese, daß an der Einhebung von Abgaben und damit auch den in Rede stehenden Gerichtsgebühren an sich ein öffentliches Interesse besteht. Demgegenüber muß das im § 9 Abs. 2 GEG als Voraussetzung eines Nachlasses angeführte öffentliche Interesse - um einen Nachlaß zu rechtfertigen - im Einzelfall so gewichtig sein, daß es jenes allgemein bestehende öffentliche Interesse an der Einhebung der Gebühren eindeutig überwiegt (vgl. Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren5, 368 und die dort angeführte Judikatur). Im Gegensatz zur Meinung der Erstbeschwerdeführerin kann aus dem Umstand, daß der Zweitbeschwerdeführerin - nach bereits entschiedener Sache - der in Rede stehende Gebührenbetrag nachgelassen worden ist, keinerlei öffentliches Interesse an einem Nachlaß (auch) gegenüber der Erstbeschwerdeführerin erkannt werden. Zugunsten welches öffentlichen Rechtsträgers sich der angestrebte Nachlaß auswirken könnte, wurde in der Beschwerde nicht dargetan. Daß ein solcher Nachlaß für die erstbeschwerdeführende Bank zumindest auch entsprechende Wirkungen für einen öffentlichen Rechtsträger nach sich ziehen könnte, erscheint bei der vorliegenden Sachlage undenkbar. Auch die Regreßmöglichkeit der Erstbeschwerdeführerin gegenüber der Zweitbeschwerdeführerin betrifft ausschließlich das Privatrechtsverhältnis der beiden Vertragspartner. Ein Zusammenhang mit dem Begriff des öffentlichen Interesses ist diesbezüglich ausgeschlossen.

Wenn in der Beschwerde ausgeführt wird, öffentliches Interesse liege nach "ÖStZB 1984, 268" (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Oktober 1983, Zl. 82/15/0124) vor, wenn die Einhebung die Existenz der Partei ernstlich gefährden würde, so wurde das Erkenntnis unrichtig wiedergegeben. Vielmehr kann nach dem angeführten Judikat eine UNBILLIGKEIT der Einhebung i.S.d. § 236 BAO gegeben seien, wenn die Einhebung die Existenz des Unternehmens gefährdet. Von einem öffentlichen Interesse - das nicht Tatbestandsmerkmal des § 236 Abs. 1 BAO ist - ist in dem Erkenntnis keine Rede.

Der Umstand, daß der Zweitbeschwerdeführerin aus welchen Gründen immer ein Nachlaß der Gerichtsgebühren gewährt worden ist, ändert daran nichts, daß hinsichtlich der Erstbeschwerdeführerin selbst die Voraussetzungen eines Nachlasses im Sinne des § 9 Abs. 2 GEG gegeben sein müssen. Im übrigen ist auf die ständige Rechtsprechung zur insoweit vergleichbaren Bestimmung des § 236 BAO hinzuweisen, wonach bei einem Gesamtschuldverhältnis eine Nachsicht von Abgaben nur dann in Betracht kommt, wenn die Nachsichtsvoraussetzungen bei allen Gesamtschuldnern erfüllt sind (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2425, und die dort wiedergegebene Rechtsprechung).

Auch das Vorbringen der Erstbeschwerdeführerin, die Verpflichtung sei für sie deswegen mit einer besonderen Härte verbunden, weil die Vorschreibung des Gebührenbetrages von S 728.000,-- nur durch ein minderes Versehen der Zweitbeschwerdeführerin, nämlich die um einen Tag verspätete Einreichung des Antrages auf Eintragung des Pfandrechtes verursacht wurde, kann ihr nicht zum Erfolg verhelfen. Abgesehen davon, daß die besondere Härte in den persönlichen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen selbst begründet sein muß (vgl. Tschugguel/Pötscher, a.a.O, 367, und die dort angeführte Rechtsprechung), wird mit diesem Vorbringen wie im gesamten bisherigen Verfahren geflissentlich die Feststellung vermieden, daß der Zweitbeschwerdeführerin als der offenkundig für die grundbuchsmäßige Abwicklung Verantwortlichen seit dem Abschluß des Pfandvertrages am 15. Oktober 1992 für die Einreichung des Antrages nahezu ein Monat zur Verfügung gestanden ist, sie diese Zeit aber ungenützt hat verstreichen lassen. Überdies war die Zurückweisung des Grundbuchsgesuchs auch darin begründet, daß die Erstbeschwerdeführerin die Pfandbestellungsurkunde ohne Beisetzung des Datums unterfertigt hatte.

Die Voraussetzungen für einen Nachlaß der Gerichtsgebühren waren daher im Beschwerdefall nicht gegeben, sodaß die Beschwerde insoweit, als sie von der Erstbeschwerdeführerin erhoben worden ist, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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