Normen
GehG 1956 §20b Abs1 idF vor 1987/237;
GehG 1956 §20b Abs1 Z3;
SPG 1991 §31;
SPG RichtlinienV 1993 §1 Abs3;
GehG 1956 §20b Abs1 idF vor 1987/237;
GehG 1956 §20b Abs1 Z3;
SPG 1991 §31;
SPG RichtlinienV 1993 §1 Abs3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.800,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer steht als Kriminalbeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion X.
Der Beschwerdeführer bezog auf Grund seines im Juli 1984 gestellten Antrages einen monatlichen Fahrtkostenzuschuß in der Höhe von S 782,--. Bei der Ermittlung der Höhe des Fahrtkostenzuschusses waren auch die Kosten für die Benützung eines innerstädtischen Verkehrsmittels der Stadt X berücksichtigt worden.
Am 27. Oktober 1992 faßte der Gemeinderat der Stadt X folgenden, der Bundespolizeidirektion X (Dienstbehörde erster Instanz) Anfang November 1992 übermittelten Beschluß:
"Den Sicherheitsbeamten der Bundespolizeidirektion X ist auch ohne Uniform gegen Vorweis eines Dienstausweises freie Fahrt auf den städtischen Bussen zu gewähren. Die Sicherheitsbeamten sind jedoch darauf aufmerksam zu machen, auch wenn sie nicht im Dienst sind, den Busfahrern für Hilfeleistungen im Anlaßfall zur Verfügung zu stehen".
In der Folge verringerte die Dienstbehörde erster Instanz den Fahrtkostenzuschuß des Beschwerdeführers ab 1. Dezember 1992 um den für das innerstädtische Verkehrsmittel aufgewendeten Betrag.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1994 ersuchte der Beschwerdeführer um Ausstellung eines Bescheides "über die Nichtgewährung des Fahrtkostenzuschusses innerhalb des Stadtgebietes X."
Daraufhin teilte die Dienstbehörde erster Instanz dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. Jänner 1995 mit, die Neubemessung und Verminderung des Fahrtkostenzuschusses ab 1. Dezember 1992 stehe im Zusammenhang mit dem Gemeinderatsbeschluß der Stadt X vom 27. Oktober 1992, "wonach für die Sicherheitswachebeamten der BPD-X (KRD und SWD) freie Fahrt mit den städtischen Bussen gewährt wurde...". Von der eingeräumten Möglichkeit hiezu Stellung zu nehmen, machte der Beschwerdeführer keinen Gebrauch.
Mit Bescheid vom 28. März 1995 gab die Bundespolizeidirektion X dem Antrag des Beschwerdeführers vom 16. Dezember 1994 um Weitergewährung des Fahrtkostenzuschusses für das öffentliche Beförderungsmittel im Bereich der Ortsgemeinde X gemäß § 20b Abs. 1 Z. 3 des Gehaltsgesetzes 1956 (im folgenden GG) nicht statt. Sie begründete dies im wesentlichen damit, mit dem Gemeinderatsbeschluß der Stadt X vom 27. Oktober 1992 (Gewährung der freien Fahrt auf städtischen Bussen für Sicherheitswachebeamte der BPD X auch ohne Uniform gegen Vorweis eines Dienstausweises) sei eine individuelle Freifahrtberechtigung auf einer für die Ermittlung des Fahrtkostenzuschusses bedeutsamen Teilstrecke eingeräumt worden, die die "notwendigen monatlichen Fahrtauslagen" im Sinne des § 20b Abs. 1 Z. 3 GG gemindert habe. Der dem Beschwerdeführer zuerkannte Fahrtkostenzuschuß sei daher ab 1. Dezember 1992 um den seiner Bemessung zugrunde liegenden Betrag für die Benützung der innerstädtischen Verkehrsmittel in X zu verringern gewesen.
In seiner Berufung brachte der Beschwerdeführer im wesentlichen vor, er sei nicht verpflichtet, außerdienstlich das innerstädtische Verkehrsmittel zu benützen. Er sei in seiner dienstfreien Zeit auch nicht verhalten, seinen Dienstausweis mitzuführen bzw. vorzuzeigen und damit die Freifahrtberechtigung in Anspruch zu nehmen. Der vorgenommene Abzug bei der Bemessung des Fahrtkostenzuschusses sei daher gesetzwidrig erfolgt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 27. Oktober 1995 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte sie nach Wiedergabe des bisherigen Verwaltungsgeschehens (unter erstmals vollständiger Zitierung des Gemeinderatsbeschlusses vom 27. Oktober 1992) aus, im Beschwerdefall sei strittig, ob die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen im Sinne des § 20b Abs. 1 Z. 3 GG für das billigste öffentliche Beförderungsmittel - daß innerhalb der Stadt X der städtische Autobus das zweckmäßigste für den Beschwerdeführer in Betracht kommende öffentliche Beförderungsmittel sei, stehe fest - durch die sämtlichen Exekutivbeamten eingeräumte Freifahrtberechtigung auf den innerstädtischen Bussen gemindert werde. In Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen wies die belangte Behörde darauf hin, der Beschwerdeführer könne selbstverständlich nicht gezwungen werden, ein bestimmtes Verkehrsmittel zu benützen; es bleibe ihm auch unbenommen, evtl. Ermäßigungen oder sogar Freifahrten nicht in Anspruch zu nehmen und weiterhin einen Fahrschein zu erwerben. Daraus könne aber keinesfalls abgeleitet werden, daß die damit verbundenen Fahrtkosten im Wege des Fahrtkostenzuschusses auf den Dienstgeber überwälzt werden könnten. Abgesehen davon halte es die belangte Behörde durchaus für zumutbar, bei Inanspruchnahme einer Ermäßigung im Falle einer Kontrolle einen Dienstausweis anstelle einer gültigen Fahrkarte vorzuweisen. Die Freifahrtberechtigung des Beschwerdeführers für die innerstädtischen Verkehrsmittel der Stadt X verminderten daher die "notwendigen monatlichen Fahrtauslagen" gemäß § 20b Abs. 1 Z. 3 GG.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 20b Abs. 1 und 3 GG, BGBl. Nr. 54/1956 idF der 24. GG-Novelle, BGBl. Nr. 214/1972 und der 46. GG-Novelle, BGBl. Nr. 237/1987 (letzterer auszugsweise) lauten:
"(1) Dem Beamten gebührt ein Fahrtkostenzuschuß, wenn
- 1. die Wegstrecke zwischen der Dienststelle und der nächstgelegenen Wohnung mehr als zwei Kilometer beträgt,
- 2. er diese Wegstrecke an den Arbeitstagen regelmäßig zurücklegt und
- 3. die notwendigen monatlichen Fahrtauslagen für das billigste öffentliche Beförderungsmittel, das für den Beamten zweckmäßigerweise in Betracht kommt, den Fahrtkostenanteil übersteigen, den der Beamte nach Abs. 3 selbst zu tragen hat.
...
(3) Der Fahrtkostenanteil, den der Beamte selbst zu tragen hat (Eigenanteil), beträgt
1. ab 1. September 1987 280 S 2. ab 1. September 1988 350 S 3. ab 1. September 1989 380 S
monatlich, jedenfalls aber die Kosten eines vom Beamten zu
benützenden innerstädtischen Massenbeförderungsmittels im Dienstort ..."
Gemäß § 31 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991, hat der Bundesminister für Inneres zur Sicherstellung wirkungsvollen einheitlichen Vorgehens und zur Minderung der Gefahr eines Konfliktes mit Betroffenen durch Verordnung Richtlinien für das Einschreiten der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu erlassen.
Abs. 2 dieser Bestimmung zählt demonstrativ Regelungsfälle
dieser Richtlinien auf.
Gemäß § 1 Abs. 3 der Richtlinien-Verordnung, BGBl. Nr. 266/1993, haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außerhalb des Dienstes zur Erfüllung ihrer Aufgaben nur dann einzuschreiten, wenn sie erkennen, daß dies zur Abwehr einer gegenwärtigen oder unmittelbar drohenden Gefahr für Leben, Gesundheit, Freiheit oder Eigentum eines Menschen in großem Ausmaß erforderlich und wenn ihnen dies nach den eigenen Umständen zumutbar ist. Im übrigen haben sie in Fällen, in denen Einschreiten durch Ausübung sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dringend geboten erscheint, die Sicherheitsbehörde hievon zu verständigen.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Gewährung des Fahrtkostenzuschusses nach § 20b Abs. 1 Z. 3 in Verbindung mit Abs. 3 GG verletzt. Unter Hinweis auf den Gemeinderatsbeschluß der Stadt X vom 27. Oktober 1992 bringt er im wesentlichen vor, er habe sich mit seinem Dienstausweis für die "freie Fahrt" beim Busfahrer auszuweisen, der somit in der Lage sei, ihn als Sicherheitswachebeamten zu erkennen und im Anlaßfall tatsächlich für Hilfeleistungen anzufordern. Der Beschwerdeführer müsse durch Vorweisen seines Dienstausweises gewärtig sein, zum Einschreiten verpflichtet zu sein, und zwar in einer Art und Weise, die weit über die normalen Einschreitvoraussetzungen der Richtlinien-Verordnung hinausgingen. Dies stelle aber eine Gegenleistung für die (angebliche) "Freifahrtberechtigung" dar, die ihr den Charakter einer Tarifermäßigung und damit die Anrechenbarkeit nach § 20b Abs. 1 Z. 3 GG jedenfalls dann nehme, wenn die Entgeltkomponente überwiege.
Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. April 1989, Zl. 88/12/0052 = Slg. N.F. Nr. 12905/A, auf dessen ausführliche Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 43 Abs. 2 VwGG hingewiesen wird, ausgesprochen hat, mindert eine individuelle Freifahrtberechtigung auf einer für die Ermittlung des Fahrtkostenzuschusses bedeutsamen Teilstrecke (daß eine solche vorläge, war im damaligen Beschwerdefall unbestritten) diese (ersatzfähigen) Auslagen.
Im Beschwerdefall ist strittig, ob die Möglichkeit der kostenlosen Inanspruchnahme der innerstädtischen Verkehrsverbindungen der Stadt X durch den Beschwerdeführer auf Grund des Gemeinderatsbeschlusses vom 27. Oktober 1992 als "Freifahrt" im Sinne dieses Erkenntnisses zu qualifizieren ist, und demnach nach § 20b Abs. 1 Z. 3 GG auf die "notwendigen monatlichen Fahrtauslagen" anzurechnen ist oder nicht.
Der vorliegende Beschwerdefall unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von jenem Sachverhalt, der dem obzitierten hg. Erkenntnis Slg. N.F. Nr. 12.905/A/1989 zugrundelag. In jenem Fall war nämlich auf Grund einer Aussage des Betriebsleiters des damaligen Verkehrsunternehmens die kostenlose Benützung des Verkehrsmittels durch den damaligen Beschwerdeführer unbestritten an keine Bedingung gebunden (siehe Seite 3 f dieses Erkenntnisses). Im Beschwerdefall hingegen besteht unbestritten bei Inanspruchnahme der auch bei außerdienstlichen Fahrten eingeräumten Begünstigung eine Verpflichtung des Beschwerdeführers, den Busfahrern für "Hilfeleistungen im Anlaßfall" zur Verfügung zu stehen.
Ausschlaggebend für die Lösung der hier strittigen Frage ist das Ausmaß der damit verbundenen Verpflichtung zum Einschreiten.
Ginge die im Gemeinderatsbeschluß vom 27. Oktober 1992 vorgesehene Verpflichtung nicht über das hinaus, wozu der Beschwerdeführer auf Grund der zum 1. Dezember 1992 geltenden Vorschriften (vgl. nunmehr insbesondere § 1 Abs. 3 der Richtlinien-Verordnung 1993) ohnehin verpflichtet wäre, läge eine nach § 20b Abs. 1 Z. 3 GG zu berücksichtigende "Freifahrt" vor. Dem Umstand, daß eine solche (inhaltsgleiche) Verpflichtung (neben einer gesetzlichen Grundlage)
- allenfalls - auch auf einer zivilrechtlichen oder sonstigen Rechtsgrundlage beruhte, käme unter dem Gesichtspunkt des § 20b Abs. 1 Z. 3 GG keine rechtserhebliche Bedeutung zu.
Anders verhält es sich aber dann, wenn danach eine weitergehende Pflicht zum Einschreiten der Sicherheitswachebeamten begründet wird, als dies nach dem Gesetz oder den sonstigen geltenden einschlägigen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. In diesem Fall liegt nämlich, wie der Beschwerdeführer zutreffend hervorgehoben hat, eine Gegenleistung für die (angebliche) "Freifahrtberechtigung" vor, die ihr den Charakter einer Tarifermäßigung und damit die Anrechenbarkeit nach § 20b Abs. 1 Z. 3 GG jedenfalls dann nimmt, wenn diese Entgeltkomponente überwiegt. Daß die wechselseitigen Verpflichtungen im obzitierten Gemeinderatsbeschluß vom 27. Oktober 1992 getroffen wurden, enthebt die Behörde nicht der Verpflichtung, deren Inhalt festzustellen und im Sinn des § 20b Abs. 1 Z. 3 GG zu beurteilen (vgl. dazu insgesamt das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/12/0255).
Dem angefochtenen Bescheid läßt sich nicht entnehmen, von welchem Inhalt der den Beschwerdeführer im Falle der Inanspruchnahme der Begünstigung treffenden Verpflichtung die belangte Behörde ausgegangen ist. Ungeklärt blieb insbesondere, wann ein Anlaßfall gegeben ist, und wieweit das "Zurverfügungstehen" des Sicherheitswachebeamten in diesem Fall reicht. Die belangte Behörde hat die Klärung dieser Fragen offenkundig deshalb für entbehrlich gehalten, weil sie selbst für den auf seine Rechtmäßigkeit nicht geprüften Fall einer über die einschlägigen Vorschriften bzw. die Richtlinien-Verordnung hinausgehenden (zivilrechtlichen) Verpflichtung zum Einschreiten des Beschwerdeführer davon ausgegangen ist, daß dies der (als Gegenleistung gewährten) "Freifahrt" nicht den Charakter der Anrechenbarkeit auf die notwendigen Fahrtkosten nach § 20b Abs. 1 Z. 3 GG nimmt, was jedoch nach dem oben Gesagten nicht dem Gesetz entspricht.
Abgesehen davon, daß Ausführungen in der Gegenschrift fehlende Erörtungen und Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu ersetzen vermögen, kann auf Grund dieses Gemeinderatsbeschlusses ohne weitere Ermittlungen nicht von vornherein gesagt werden, daß die mit der Inanspruchnahme der dort genannten Begünstigung verbundene Verpflichtung nicht über die nach den einschlägigen Bestimmungen begründete Verpflichtung eines Sicherheitswachebeamten zum Einschreiten auch außerhalb des Dienstes hinausgeht.
Es war daher der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft Stempelgebühren für die entbehrliche Vorlage der dritten Ausfertigung der Beschwerde sowie für die Ausfertigung des angefochtenen Bescheides, soweit sie S 60,-- (2 Bogen) übersteigt.
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