VwGH 94/05/0027

VwGH94/05/002721.1.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des G in S, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 13. Dezember 1993, Zl. VI/1-1386/6-1993, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien:

1. Heribert und Gertrude A, beide in R, beide vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, 2. Stadtgemeinde R), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
BauO Bgld 1969 §104;
BauO Bgld 1969 §88;
BauO Bgld 1969 §90 Abs1 Z2;
BauO Bgld 1969 §93;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;
AVG §38;
BauO Bgld 1969 §104;
BauO Bgld 1969 §88;
BauO Bgld 1969 §90 Abs1 Z2;
BauO Bgld 1969 §93;
BauRallg;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und den Erstmitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von S 12.860,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das gegenständliche Bauverfahren, welches insbesondere die Errichtung einer Einfriedungsmauer an der seitlichen Grundgrenze der mitbeteiligten Bauwerber zum Grundstück des Beschwerdeführers beinhaltet, wurde durch ein Ansuchen vom 15. Juli 1983 eingeleitet. Zuvor schlossen die Bauwerber und der Beschwerdeführer einen Tausch- und Teilungsvertrag, wonach unter anderem ein bisher im Miteigentum stehendes Hofgrundstück real aufgeteilt und eine Grenzbegradigung in der Form durchgeführt wurde, daß eine Teilfläche Nr. 5, begrenzt durch die Vermessungspunkte 20-18-45-19-20 dem Grundstück Nr. 190 des Beschwerdeführers zugeschlagen wurde. Der Teilungsplan Nr. 2435 b/76 wurde mit Bescheid der Baubehörde erster Instanz vom 22. Juli 1983 bewilligt. Schon der anläßlich des Bauansuchens aus 1983 vorgelegte Plan der Bauwerber sah die Errichtung einer 3,20 m hohen Einfriedungsmauer an der (neuen) seitlichen Grundstücksgrenze zum Grundstück Nr. 190 vor.

Die darauf hin im Instanzenzug erteilte Baubewilligung wurde - nach einem aufhebenden Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, der eine von den Verwaltungsbehörden angenommene Präklusion des Beschwerdeführers nicht billigte - mit Ersatzbescheid der belangten Behörde vom 8. Oktober 1986 aufgehoben.

Der Verfasser des Teilungsplanes Nr. 2435 b/76, Dipl.-Ing. H. J., erstattete über Auftrag der Baubehörde am 28. September 1983 nachstehendes Gutachten:

"GUTACHTEN

Bei der Erstellung meines Teilungsplanes GZ. 2435 b/76 wurde das Gebäude Gst. 190 im Eigentum von G in der Natur vermessen und der Gebäudeeinsprung bei Punkt 18 mit 1,22 m (Hausecke oben) eingemessen.

Der Abstand der Hausecke am Boden gemessen betrug 1,05 m. Eine zeitraubende und vor allem sehr kostspielige Grenzfeststellung wurde als nicht notwendig erachtet, da die Sperrmaße 1,05 und 1,22 innerhalb der vom Vermessungsgesetz festgelegten Toleranzgrenze von 0,20 m lag und auch kein Grenzstreit vorlag.

Da es nach der Errichtung einer Mauer durch Bürgermeister A. zu einem Grenzstreit kam, habe ich über Ihrem Auftrag eine Grenzfeststellung durchgeführt. Es war dazu eine umfangreiche Aufnahme von in der Natur noch vorhandenen und in der Ung. Feldskizze identen Punkten notwendig. Es konnten auf Grund dieser Gebäudeecken durch Transformation 2 Meßlinien am X-Tor und im gemeinschaftlichen Hof mit einer Genauigkeit von +/- 0,10 cm rekonstruiert werden.

Von der ung. Neuvermessung im Jahre 1905 - 1910 wurde durch Rechtwinkelaufnahme die strittige Hausecke vermessen und konnte dadurch im neuen Vermessungssystem ebenfalls rechtwinkelig eingerechnet werden.

ERGEBNIS: Es sind nicht wie in der Natur die Punkte 18 bzw. 45 die Grenze zwischen Gst. 192/1 und 190, sondern in einem Abstand von 0,44 bzw. 0,52 cm die Punkte B - C, wobei der Punkt B von der Mauer (Punkt A) noch immer einen Abstand von 0,11 m hätte (hier möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß die Toleranzgrenze 0,20 m beträgt und die ungarische Vermessung nur mit einer Genauigkeit von 0,1 Klafter = 0,19 m durchgeführt wurde).

Die Fläche des im Plan gelb angelegten Trennstückes beträgt 0,4 m2 und es ist daher eine Flächenänderung nicht notwendig, da laut Vermessungsgesetz die Flächen der Grundstücke nur auf ganze m2 angegeben werden dürfen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die von Bürgermeister A. aufgestellte Mauer sich auf seinem Grundstück befindet, das im Plan dargestellte gelbe Trennstück auch im neuen Stande Herrn G gehört und somit keine Grenzverletzung vorliegt."

Diesem Gutachten war der Plan Nr. 2435 c/76 angeschlossen.

Mit Ansuchen vom 30. September 1992 legten die mitbeteiligten Bauwerber Auswechslungspläne mit einer Baubeschreibung vor. Der Auswechslungsplan Nr. 92/5351/170 weist dieselbe Mauer in derselben Lage aus, die schon im Einreichplan aus 1983 vorgesehen war. Anläßlich der Bauverhandlung am 14. Jänner 1993 erklärte der Beschwerdeführer unter anderem, es sei auf seinem Grundstück gebaut worden, denn gemäß dem Teilungsplan befinde sich die Grundstücksgrenze im Bereich einer in seiner Hausmauer vorhandenen Tür, 1,22 m von der Hausmauer entfernt. Dieser Teilungsplan sei im Auftrag des Bauwerbers durchgeführt worden und der Beschwerdeführer habe darauf bestanden, den Naturpunkt, der 1,22 m von dieser Haumauer entfernt liege, als Grundstücksgrenze festzulegen. Das sei geschehen.

Mit Schreiben vom 1. März 1993 teilte das Vermessungsamt Eisenstadt auf Anfrage der Baubehörde mit, es habe die Unterlagen, die zum Gutachten des Dipl.-Ing. J. geführt hätten, überprüft. Die im Gutachten verwendeten Messungslinien stimmten mit einer Feldskizze aus dem Jahr 1911 überein.

In einer Stellungnahme zu diesem Schreiben erklärte der Beschwerdeführer, es komme auf den dem Teilungsplan vom 21. Juli 1982 zugrundeliegenden Korrekturplan an, der die Unterschrift aller Beteiligten enthalten habe und in dem der Naturpunkt 18 deutlich mit "obere Ecke" bezeichnet sei. Von dort sei die (neue) Grenze gezogen worden und die Distanz dieses Punktes zur Hausmauer richtig mit 1,22 m angegeben worden. Die neue Grundstücksgrenze verlaufe somit eindeutig zwischen den von beiden Nachbarn durch Unterschrift vereinbarten Naturpunkten 18 und 20.

Mit Bescheid vom 20. April 1993 erteilte der erste Vizebürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde die beantragte Baubewilligung unter Auflagen. Mit der Bauplatzbewilligung seien die Grenzen des Bauplatzes nach dem Stand des bewilligten Teilungsplanes bestimmt worden. Nach dem projektsgegenständlichen Auswechslungsplan sollen keine Bauteile auf dem Grund des Beschwerdeführers errichtet werden. Das Gutachten des Dipl.-Ing. J. vom 28. September 1983 mit dem angeschlossenen Lageplan GZ. 2435 c/76 beziehe sich auf einen bestehenden Bau und sei im gegenständlichen Bewilligungsverfahren als Projektsverfahren nicht zu berücksichtigen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er auch den Bauplatzerklärungsbescheid vom 22. Juli 1983 bekämpfte. Der Gemeinderat gab mit Bescheid vom 20. August 1993 dieser Berufung keine Folge.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Vorstellung keine Folge. Gegenstand des Bauverfahrens sei immer die Bewilligung für eine zu errichtende Mauer und nicht die nachträgliche Bewilligung der bestehenden Mauer gewesen. Die zu errichtende Mauer sei jedoch zur Gänze auf den im Eigentum der mitbeteiligten Bauwerber stehenden Grundstücken geplant. Ausschließlich das in der Baubeschreibung in den Plänen dargestellte Projekt sei Gegenstand des Baubewilligungsverfahrens.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Einhaltung der burgenländischen Bauordnung, insbesondere der §§ 90, 91 und 100, sowie in seinem Recht auf aufsichtsbehördliche Behebung des mit Rechtswidrigkeit behafteten Bescheides des Gemeinderates der mitbeteiligten Stadtgemeinde vom 20. August 1993 verletzt erachtet. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Bauwerber, eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Bei Baubewilligungsverfahren handelt es sich stets - also auch dann, wenn eine nachträgliche Baubewilligung erteilt werden soll - um Projektgenehmigungsverfahren, in welchen die Baubehörde aufgrund des vom Antragsteller erarbeiteten Projektes die Frage der Bewilligungsfähigkeit zu beurteilen hat (siehe das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0050, mwN). Gegenstand des Verfahrens ist somit das in den Einreichplänen (und sonstigen Unterlagen) dargestellte Projekt, nicht aber ein von diesem Projekt abweichender tatsächlicher Baubestand (siehe das hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, Zlen. 92/05/0053, 92/05/0137, 0138, mwN).

Die von den mitbeteiligten Bauwerbern am 30. September 1992 vorgelegte Baubeschreibung sieht die Errichtung einer Mauer an der Grundstücksgrenze zum Grundstück des Beschwerdeführers vor. Dem am selben Tag eingereichten Bauplan (Grundrißplan betreffend das Erdgeschoß in Verbindung mit dem Lageplan) ist zu entnehmen, daß diese Mauer an der Grenze zum Grundstück Nr. 190 des Beschwerdeführers, jedoch noch auf dem Grundstück Nr. 192/1 der mitbeteiligten Bauwerber, errichtet werden soll. Im Befund der Verhandlungsschrift vom 14. Jänner 1993 heißt es, daß die Mauer entlang der Grundgrenze errichtet werde.

Gemäß § 90 Abs. 1 Z. 2 der burgenländischen Bauordnung (LGBl. Nr. 13/1970 in der durch die Novelle LGBl. Nr. 20/1981 geänderten Fassung; im folgenden: BO) ist dem Ansuchen um Erteilung einer Baubewilliung die Zustimmung des Grundeigentümers anzuschließen, wenn der Bewilligungswerber nicht Grundeigentümer ist.

Da die Zustimmung des Grundeigentümers eine Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung darstellt, ist die Frage, ob die zu verbauende Grundfläche (ganz oder teilweise) den Nachbarn gehört, wenn also Streitigkeiten über die Grundgrenze bestehen, eine von der Baubehörde zu lösende Vorfrage (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens5, E 40a zu § 38 AVG). Diese Vorfrage haben die Behörden, indem sie die Bauführung auf dem Grundstück Nr. 192/1 genehmigten, richtig gelöst:

Dem Bauansuchen vom 15. Juli 1983 lag, wie auch der Verhandlungsschrift vom 21. Juli 1983 zur Bauplatzerklärung zu entnehmen ist, der Teilungsplan Nr. 2435 b/76 des Dipl.-Ing. J. zugrunde. Dieser Teilungsplan sah den Grenzverlauf zwischen den Punkten 18 und 20 vor. Daher ist davon auszugehen, daß der damals vorgelegte Bauplan die Grundstücksgrenze richtig, d.h. zwischen den Punkten 18 und 20 wiedergibt, daß somit die Verbauung an jener Grenze vorgesehen war, die sich aus der Verbindungslinie zwischen den Punkten 18 und 20 ergibt. Da der nunmehr gegenständliche Plan Nr. 92/5321/170 keine Änderung bezüglich der Mauer erkennen läßt, ist davon auszugehen, daß auch das jetzt bewilligte Projekt die Mauer an der Linie zwischen den Punkten 18 und 20 vorsieht.

Tatsächlich ergibt sich aus dem Gutachten vom 28. September 1983 ein anderer Grenzverlauf; die dort im Plan Nr. 2435 c/76 eingezeichnete, damals konsenslos schon errichtete Mauer befände sich zwar nach der Meinung des Sachverständigen wegen des von ihm eruierten Grenzverlaufes zur Gänze auf dem Grundstück der Bauwerber, würde aber durch eine auf diesem Plan gezogene Linie zwischen den Punkten 18 und 20 (der Punkt 20 ist dort zwar nicht genannt, aber eindeutig lokalisierbar) offenbar durchschnitten werden. Es bedarf daher keiner Erörterung, ob im Sinne des Gutachtens anstelle des Punktes 18 die Linie B - D heranzuziehen sei, weil sich das Projekt ausdrücklich an die Linie Punkt 18 bis Punkt 20 hält. Nur das entspricht der mit Bescheid vom 22. Juli 1993 bewilligten und vorher vertraglich vereinbarten Teilung bzw. der Baubewilligung vom 20. August 1993, und nur so darf die Mauer konsensgemäß errichtet werden.

Die Frage, ob die tatsächlich bestehende Mauer dem seinerzeit erteilten und in der Folge beseitigten Konsens entspricht bzw. mit der nunmehrigen Bewilligung in Einklang gebracht werden kann, wäre in einem allfällgen Verfahren nach § 104 BO zu klären, zumal ein strittiger Grenzverlauf auch in einem Bauauftragsverfahren geklärt werden kann (siehe das hg. Erkenntnis vom 3. November 1983, Zl. 83/06/0088, BauSlg. Nr. 133).

Da das Vorhaben ausschließlich auf dem dem Teilungsplan entsprechenden Grundstück Nr. 192/1 verwirklicht werden soll, kann durch die Bewilligung in das geltend gemachte Recht des Beschwerdeführers nicht eingegriffen werden. Die Beschwerde erwies sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung

BGBl. Nr. 416/1994, insbesondere deren Art. III Abs. 2.

Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

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