VwGH 96/18/0434

VwGH96/18/043424.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Neumair, über die Beschwerde des R, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 25. Juli 1996, Zl. SD 509/96, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §80;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §80;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 25. Juli 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 und Z. 5 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. Nr 838/1992, ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von zehn Jahren erlassen.

Am 25. Jänner 1996 um 22.25 Uhr sei der Beschwerdeführer mit seinem Pkw bei der Grenzkontrollstelle Nickelsdorf in das Bundesgebiet eingereist. Als Beifahrer habe sich im Pkw eine andere namentlich genannte Person befunden, die sich mit einem ihr nicht gehörenden Reisepaß ausgewiesen habe. Der Beschwerdeführer habe angegeben, er hätte nicht gewußt, daß diese Person einen fremden Reisepaß verwenden würde. Er hätte diese Person in einem bestimmten Ort in Ungarn aufgenommen und sie vorher gefragt, ob sie einen Reisepaß oder einen Sichtvermerk hätte. Er hätte auch kein Geld dafür bekommen.

Die genannte Person habe zunächst (Niederschrift vom 26. Jänner 1996, 04.30 Uhr) angegeben, sie hätte in Budapest einen Mann angesprochen, den sie nicht kennen würde und der sie nach Österreich mitgenommen hätte. Sie hätte für die Fahrt nichts bezahlt. Eine halbe Stunde später habe diese Person ergänzend zu Protokoll gegeben, ein gewisser "C" hätte ihr von einer Organisation berichtet, die sie nach Österreich bringen könnte. "C" hätte mit ihrem Bruder in München telefoniert und wäre sodann mit ihr nach Budapest gefahren. Dort hätte sie den Beschwerdeführer getroffen, der sie nach Deutschland bringen sollte. Von diesem hätte sie den Reisepaß erhalten und, wie ihr "C" gesagt hätte, die "Paßdaten" auswendig gelernt.

Der Beschwerdeführer wende sich gegen die Heranziehung des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG, weil diese "Gesetzesstelle nur dann zulässig" wäre, wenn der Fremde um seines Vorteils willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hätte, was - so führe der Beschwerdeführer weiters aus - im großen und ganzen den Tatbestand des § 81 FrG der gerichtlich stafbaren Schlepperei darstellen würde. Eine gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers würde aber nicht vorliegen.

Dem sei zu erwidern, daß Schlepperei um des Vorteils willen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu einem gerichtlich strafbaren Tatbestand würde, während in anderen Fällen eine Verwaltungsübertretung vorläge. Die belangte Behörde schließe sich der Beweiswürdigung der Erstbehörde an, die die Aussage der vom Beschwerdeführer beförderten Person als schlüssig und widerspruchsfrei im Hinblick auf die Gesamtumstände der Einreise gewertet habe. Die Tatsache, daß diese Person ursprünglich andere Angaben gemacht habe, stehe dem nicht entgegen. Für die Behörde sei klar, daß die letzte Aussage dieser Person der Wahrheit entspreche. Es ergebe sich daher aus der Sachverhaltsdarstellung, daß der Beschwerdeführer in Frankfurt DM 2.500,-- erhalten hätte. Damit sei der Tatbestand (Schlepperei) "um seines Vorteils willen" erwiesen.

Darüber hinaus lägen auch die beiden rechtskräftigen Bestrafungen nach dem Fremdengesetz vom 27. Juli 1995 (Bundespolizeidirektion Wien) und vom 13. Februar 1996 (Bezirkshauptmannschaft Neusiedl) vor. Der Einwand des Beschwerdeführers gegen die von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl verhängte Verwaltungsstrafe, daß er sie nicht weiter bekämpft hätte, obwohl er die Vorsätzlichkeit seines Handelns stets vehement bestritten hätte, ändere nichts an der Rechtskraft dieser Verwaltungsstrafe. Die beiden rechtskräftigen Bestrafungen seien für die Fremdenbehörde bindend. Das Gesetz stelle ausschließlich auf das Vorliegen rechtskräftiger Bestrafungen des Fremden wegen der im § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG genannten Übertretungen ab. Damit werde eine (bindende) Tatbestandswirkung von bestimmten rechtskräftigen Bestrafungen normiert (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 1996, Zl. 95/18/1160).

Auf Grund der nach § 18 Abs. 2 Z. 2 und Z. 5 FrG verwirklichten Tatbestände sei auch die gemäß § 18 Abs. 1 FrG geforderte Annahme gerechtfertigt. In einem solchen Fall sei ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn dem nicht die §§ 19 und 20 Abs. 1 FrG entgegenstünden.

Durch den etwas mehr als neunjährigen Aufenthalt, der allerdings erst seit 1990 legalisiert worden sei, werde auf Grund des Aufenthaltsverbotes in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch im Grunde des § 19 FrG zulässig und im Hinblick auf die Ziele nach Art. 8 Abs. 2 MRK (hier: Verhinderung von strafbaren Handlungen, Schutz der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen) dringend geboten. Dringend geboten sei diese Maßnahme vor allem deswegen, weil es sich beim Tatbestand der Schlepperei um eine "besonders vorzuwerfende Straftat" handle.

Im Hinblick auf den dargestellten Sachverhalt und die vorliegenden Bestrafungen sei die Erstbehörde zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, diesen "wegen Rechtswidrigkeit" aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer läßt die im Hinblick auf den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG maßgebliche Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde, daß er zweimal wegen Übertretung des Fremdengesetzes - einmal davon wegen "Schlepperei" (§ 80 FrG) - rechtskräftig bestraft worden sei, ausdrücklich unbestritten. Damit hat der Beschwerdeführer den Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. erfüllt. Daß die belangte Behörde im Fall des Beschwerdeführers die im § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme für gerechtfertigt hielt, begegnet im Hinblick auf die erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch das Schlepperunwesen (vgl. zu diesem Gesichtspunkt aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa die Erkenntnisse vom 17. Juni 1993, Zl. 93/18/0213, und vom 14. April 1994, Zl. 94/18/0133) keinem Einwand. Da sich der angefochtene Bescheid zutreffend auf § 18 Abs. 2 Z. 2 stützt, erübrigt es sich, auf das gegen die Anwendbarkeit des § 18 Abs. 2 Z. 5 FrG gerichtete Beschwerdevorbringen einzugehen.

2.1. Der Beschwerdeführer hält den angefochtenen Bescheid erkennbar im Grund der §§ 19 und 20 FrG für rechtswidrig. "Bei einer entsprechenden Interessenabwägung" - er halte sich nunmehr seit fast zehn Jahren in Österreich auf, sei hier seit sechs Jahren berufstätig und verfüge über eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung - sei "wohl klar ersichtlich", daß die Auswirkungen eines Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation "als weit schwerer" zu betrachten wären als die eventuellen nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes.

2.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt.

Nachdem die belangte Behörde - zutreffend - einen im Grund des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers angenommen hat, kam sie - ebenfalls zutreffend - zu dem Ergebnis, daß die Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer zulässig sei. Aus der Sicht des Verwaltungsgerichtshofes stößt es auf keine Bedenken, die Beendigung des Aufenthaltes angesichts der genannten Übertretungen des Fremdengesetzes

(vgl. Punkt II. 1.) - wobei die rechtskräftige Bestrafung wegen "Schlepperei" im Hinblick auf das gewichtige öffentliche Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens ausschlaggebend ins Gewicht fällt - als zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen dringend geboten zu erachten (vgl. die unter Punkt II. 1. zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Auch das Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Auch wenn der Beschwerdeführer bereits längere Zeit in Österreich lebt und beruflich tätig ist, ist für ihn daraus nichts zu gewinnen, weil seine privaten Interessen hinter dem als besonders gewichtig zu veranschlagenden öffentlichen Interesse an der Unterbindung des Schlepperunwesens zurücktreten.

3. Der Beschwerdeführer wendet sich auch gegen die Dauer der Gültigkeit des Aufenthaltsverbotes; seines Erachtens könnte mit einer "weit kürzeren Zeit des Entzugs der Aufenthaltsberechtigung des Auslangen gefunden werden, zumal ein Fremder, der solche Verhaltensweisen (nämlich die genannten Übertretungen des Fremdengesetzes) setzt, nicht als einfach "unverbesserlich" gewertet werden "könne".

Wenngleich die Begründung in diesem Zusammenhang knapp ausgefallen ist, so zeigt doch die Beschwerde nicht auf, was die belangte Behörde hätte veranlassen müssen, für SEINEN Fall anzunehmen, daß die für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände (d.h. die oben dargestellte, massive Gefährdung öffentlicher Interessen) vorhersehbarerweise vor Verstreichen der festgesetzten Dauer von zehn Jahren wegfallen würden. So gesehen führt auch diese Rüge nicht zum Erfolg.

4. Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein gesonderter Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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