VwGH 96/18/0251

VwGH96/18/025127.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. M. Fellner, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. O, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. April 1996, Zl. SD 1618/95, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;
FrG 1993 §18 Abs1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z2;
KFG 1967 §64 Abs1;
KFG 1967 §64 Abs5;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. April 1996 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen mazedonischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei im Juli oder August 1990 sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet gelangt. In der Folge habe er Sichtvermerke und eine Aufenthaltsbewilligung bis 3. Dezember 1995 erhalten. In den Jahren 1993 bis 1995 sei der Beschwerdeführer sechsmal rechtskräftig wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung (§ 64 Abs. 1 KFG) bestraft worden. Darüber hinaus weise er acht rechtskräftige Bestrafungen wegen Nichterteilung der Lenkerauskunft (§ 103 Abs. 2 KFG), zwei weitere rechtskräftige Bestrafungen nach dem KFG (§ 103 Abs. 1 iVm § 36e, § 64 Abs. 5) sowie eine rechtskräftige Bestrafung nach dem Fremdengesetz wegen unerlaubten Aufenthaltes (§ 82 Abs. 1 Z. 4 iVm § 15 Abs. 1) auf.

Die Verstöße gegen § 64 Abs. 1 KFG seien als schwerwiegende Verwaltungsübertretungen zu werten. Im Hinblick auf die sechsmalige Bestrafung wegen dieses Gesetzesverstoßes habe der Beschwerdeführer zu erkennen gegeben, daß er nicht gewillt sei, diese der Sicherheit des Straßenverkehrs dienende Vorschrift zu beachten. Im einzelnen sei dazu festzuhalten, daß der Beschwerdeführer, als er das erste Mal am 23. April 1993 wegen dieses Tatbestandes betreten worden sei, einen im Jahr 1991 ausgestellten tschechischen Führerschein vorgewiesen und angegeben habe, nicht gewußt zu haben, daß er nach einem Jahr ab Begründung des ordentlichen Wohnsitzes in Österreich einen österreichischen Führerschein benötige. Anläßlich seiner neuerlichen Betretung am 10. Jänner 1994 sei er bereits mit S 5.000,-- bestraft worden. Bei seiner dritten Betretung am 4. November 1994 habe er angegeben, nur einen mazedonischen Führerschein zu besitzen und erst "einen neuen machen" zu müssen; diesmal sei er mit S 15.000,-- bestraft worden. Am 23. November 1994 sei er ein viertes Mal betreten worden. Im Jahr 1995 schließlich sei er wegen desselben Tatbestandes zwei weitere Male rechtskräftig bestraft worden. Damit sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG erfüllt und jedenfalls auch die Annahme gerechtfertigt, daß der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährde (§ 18 Abs. 1 Z. 1 FrG), wozu noch die Bestrafung nach dem Fremdengesetz und die übrigen Bestrafungen nach dem Kraftfahrgesetz kämen.

Aufgrund des fünfjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich liege ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener Eingriff in sein Privatleben vor. Dieser sei jedoch zur Verteidigung der Ordnung, zur Verhinderung von strafbaren Handlungen und zum Schutz der Rechte anderer (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten, weil der Beschwerdeführer trotz nicht geringer Bestrafungen von weiteren strafbaren Handlungen nicht abzuhalten gewesen sei. Im Hinblick auf die Unbelehrbarkeit des Beschwerdeführers falle auch die fünfjährige Aufenthaltsdauer und die damit verbundene Integration nicht ins Gewicht. Sehr wohl falle aber die Beharrlichkeit ins Gewicht, mit welcher der Beschwerdeführer der Sicherheit der Allgemeinheit dienende Schutznormen übertreten habe. Die Abwägung ergebe, daß die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht so schwer wögen wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung; dabei sei die Berufstätigkeit und die ausreichende Wohnversorgung des Beschwerdeführers berücksichtigt worden. Die "höchst umfangreichen" Unterhaltsverpflichtungen des Beschwerdeführers könnten auch aus dem Ausland erfüllt werden.

Die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gründe seien nicht geeignet gewesen, die belangte Behörde zu veranlassen, den Bescheid der Erstbehörde aufzuheben oder in irgendeiner Weise abzuändern.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. In der Beschwerde bleiben sämtliche von der belangten Behörde festgestellten rechtskräftigen Bestrafungen unbestritten. Sie vertritt indes die Meinung, daß es sich bei den Verstößen des Beschwerdeführers gegen § 64 Abs. 1 KFG nicht um schwerwiegende Verwaltungsübertretungen i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG handle. Dies deshalb, weil er nicht ohne Lenkerberechtigung, sondern mit einer tschechischen Lenkerberechtigung gefahren sei und diese aufgrund der "vergleichbaren Verkehrsmodalitäten" als ausreichend angesehen werden könne, "um damit in Österreich kraftfahrtechnisch bestehen zu können". Es sei einzuräumen, daß der Beschwerdeführer den "Formalvorschriften" nicht entsprochen habe, "aber materiell ist das mangelnde Umschreiben der Lenkerberechtigung doch relativer und sohin milder zu sehen".

1.2. Dieses Vorbringen ist verfehlt. Selbst wenn man dem Beschwerdeführer in bezug auf seinen ersten festgestellten Verstoß gegen § 64 Abs. 1 KFG nach Ablauf der im § 64 Abs. 5 leg. cit. normierten Frist von längstens einem Jahr nach Begründung seines Hauptwohnsitzes im Bundesgebiet - innerhalb welcher Frist er aufgrund seiner ausländischen Lenkerberechtigung zum Lenken eines Kraftfahrzeuges in Österreich berechtigt war - ein Versehen konzedierte und diese erste Übertretung (am 23. April 1993) nicht als gravierend betrachtete, so mußte ihm jedenfalls im Hinblick auf die dafür erfolgte erstmalige Bestrafung wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne die erforderliche österreichische Lenkerberechtigung die Rechtswidrigkeit jedes künftigen derartigen Verhaltens bewußt gewesen sein, weshalb ihm hinsichtlich der weiteren fünf Verstöße gegen § 64 Abs. 1 KFG Vorsatz zur Last liegt. Die vorsätzliche Mißachtung einer zentralen kraftfahrrechtlichen Norm wie der des § 64 Abs. 1 KFG aber stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine schwerwiegende Verwaltungsübertretung i.S. des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG dar (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 23. November 1995, Zl. 95/18/1173, und vom 18. Jänner 1996, Zl. 94/18/1117, mwN).

1.3. Ist damit - entgegen der Beschwerdeauffassung - der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 2 FrG durch den Beschwerdeführer verwirklicht, so trifft dies auch für die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme zu. Dies deswegen, weil die besagten Übertretungen angesichts dessen, daß das Lenken eines Kraftfahrzeuges ohne (die erforderliche österreichische) Lenkerberechtigung zu den gröbsten Verstößen gegen das Kraftfahrgesetz zählt (vgl. die beiden vorzitierten hg. Erkenntnisse), Gefährdungen öffentlicher Interessen (der öffentlichen Ordnung und Sicherheit) von großem Gewicht darstellen.

2. Auch mit ihrem Vorbringen, die belangte Behörde habe die persönliche Situation des Beschwerdeführers nicht in einer dem Art. 8 Abs. 2 MRK gerecht werdenden Weise gewürdigt, vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides aufzuzeigen. Abgesehen davon, daß die belangte Behörde - zutreffend - einen im Grunde des § 19 FrG relevanten Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers annahm, kam sie - gleichfalls zutreffend - ungeachtet dessen zu dem Ergebnis, daß die Verhängung des Aufenthaltsverbotes über den Beschwerdeführer nach dieser Bestimmung zulässig sei, stößt es doch auf keine Bedenken, die Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet angesichts der sich in der Vielzahl der von ihm begangenen - wie dargetan - schwerwiegenden Verwaltungsübertretungen manifestierenden Neigung, die österreichische Rechtsordnung zu mißachten, als zum Schutz der öffentlichen Ordnung und zur Verhinderung (weiterer) strafbarer Handlungen, somit zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Zielen, dringend geboten zu erachten (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis Zl. 95/18/1173). Die bereits damit gegebene Notwendigkeit eines Aufenthaltsverbotes wird noch durch die unbestrittenen weiteren rechtskräftigen Bestrafungen nach dem Kraftfahrgesetz, vor allem aber durch die rechtskräftige Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes unterstrichen. Von daher gesehen treten die insbesondere in einem etwa fünfeinhalbjährigen Aufenthalt in Österreich und in der daraus resultierenden Integration begründeten gegenläufigen persönlichen Interessen des Beschwerdeführers deutlich in den Hintergrund.

3. Schließlich haftet auch der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung gemäß § 20 Abs. 1 FrG Rechtswidrigkeit nicht an. Im Gegensatz zur Behauptumg des Beschwerdeführers wurde im angefochtenen Bescheid auf alle nunmehr in der Beschwerde ins Treffen geführten, nach der zitierten Vorschrift relevanten Umstände Bedacht genommen. Indes ist der belangten Behörde beizupflichten, wenn sie in Anbetracht der Vielzahl der und zudem innerhalb eines längeren Zeitraumes gesetzten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers die öffentlichen Interessen an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes höher einschätzte als die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers. Der Beschwerdehinweis, daß der Beschwerdeführer mit seinem in Österreich erzielten Einkommen seine in Mazedonien lebende Familie (Frau und vier Kinder) "ernähren muß", vermag daran nichts zu ändern, zumal er seiner Unterhaltsverpflichtung auch von einem anderen Land aus nachkommen kann.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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