VwGH 96/18/0080

VwGH96/18/008023.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte

Dr. Zeizinger, Dr. Robl, Dr. Rigler und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch Dr. T, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 7. August 1995, Zl. SD 1314/94, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;
FrG 1993 §19;
EMRK Art8 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 7. August 1995 wurde der Beschwerdeführer, ein pakistanischer Staatsangehöriger, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer sei im September 1992 unter Umgehung der Grenzkontrolle und ohne erforderlichen Sichtvermerk in das Bundesgebiet eingereist. Sein am 19. Oktober 1992 gestellter Asylantrag sei ebenso wie sein Antrag nach dem Aufenthaltsgesetz rechtskräftig abgewiesen worden. Da er sich demnach unrechtmäßig in Österreich aufhalte, sei die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 FrG erfüllt.

Was die Zulässigkeit der Ausweisung nach § 19 FrG anlange, so sei im Hinblick auf die familiären Bindungen des Beschwerdeführers - er lebe bei seinen Adoptiveltern, die österreichische Staatsbürger seien - zweifellos von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen. Es sei jedoch zu bedenken, daß der Beschwerdeführer zu keiner Zeit über eine behördliche Bewilligung für seinen Aufenthalt verfügt habe. Er habe zunächst - sofern sein Aufenthalt überhaupt jemals rechtmäßig gewesen sei - die Rechtmäßigkeit seines Aufenthaltes in Österreich aufgrund einer allfälligen vorläufigen Aufenthaltsberechtigung im Rahmen des Asylverfahrens erreicht, wobei sein diesbezüglicher Antrag mittlerweile als unbegründet abgewiesen worden sei. In einem solchen Fall sei die Ausweisung im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (konkret: im Interesse eines geordneten Fremdenwesens) dringend geboten. Sohin erweise sich die Ausweisung im Grunde des § 19 FrG als zulässig.

2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof; dieser trat sie nach Ablehnung von deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschlüsse vom 28. November 1995, B 2951/95 - 6, und vom 24. Jänner 1996,

B 2951/95 - 8).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und begehrt aus diesen Gründen die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde räumt ausdrücklich ein, daß der Beschwerdeführer illegal eingereist sei und sich seither unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Damit besteht Übereinstimmung mit der belangten Behörde hinsichtlich der Erfüllung des Tatbestandes des § 17 Abs. 1 erster Satzteil FrG. Gegensätzliche Auffassungen bestehen indes in bezug auf die Frage der Zulässigkeit der Ausweisung im Grunde des § 19 FrG.

2.1. Während die belangte Behörde - ausgehend von einem i. S. des § 19 leg. cit. relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - die Zulässigkeit der Ausweisung im Hinblick auf deren Dringend-geboten-sein im Interesse der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) bejahte, vertritt die Beschwerde die Ansicht, daß die im Rahmen des Art. 8 Abs. 2 MRK gebotene "Abwägung im Einzelfall" ein Überwiegen der persönlichen Interessen des Beschwerdeführers ergebe und daher dessen Ausweisung nicht notwendig sei.

2.2. Der Gerichtshof vermag die Beschwerdeauffassung nicht zu teilen. Das, was der Beschwerdeführer als eine "Verletzungshandlung", die "an sich gering ist", bezeichnet, nämlich "der bloß illegale Aufenthalt, der sich lediglich aus dem Faktum der einige Jahre zurückliegenden Einreise ergibt", ist tatsächlich als gravierende Beeinträchtigung der aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen sehr hohen Stellenwert aufweisenden Normen zur Regelung der Einreise und des Aufenthaltes von Fremden zu werten (vgl. dazu aus der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa das Erkenntnis vom 11. April 1996, Zl. 96/18/0154, mwN). Dem solcherart mit großem Gewicht ausgestatteten maßgeblichen öffentlichen Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens (bzw. an der Ausweisung des Beschwerdeführers) stehen die von der Beschwerde ins Treffen geführten (und im bekämpften Bescheid auch berücksichtigten) privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, in welche durch eine Ausweisung eingegriffen würde, gegenüber. Diese Interessen bzw. der Eingriff in dieselben sind zwar - von der belangten Behörde richtig gesehen - relevant i.S. des § 19 FrG, jedoch angesichts des erst etwa dreijährigen, also noch keineswegs langen, wohl aber zur Gänze unrechtmäßigen (allenfalls teilweise durch eine bloß vorläufige Berechtigung nach dem Asylgesetz 1991 gekennzeichneten) Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht so stark ausgeprägt, daß sie - auch unter Bedachtnahme auf seine Adoption durch ein österreichisches Ehepaar vor etwas mehr als zwei Jahren - nicht hinter das besagte maßgebliche öffentliche Interesse zurückzutreten hätten.

3. Bei diesem Ergebnis kommt der Frage, ob das den Beschwerdeführer betreffende Asylverfahren rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei (so die Feststellung der belangten Behörde) oder ob der Beschwerdeführer seinen Asylantrag zurückgezogen habe (so das Beschwerdevorbringen), keine rechtserhebliche Bedeutung zu. Die darauf Bezug habende Verfahrensrüge entbehrt demnach der Relevanz.

4. Da nach dem Gesagten die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

5. Infolge Entscheidung in der Hauptsache erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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