VwGH 96/07/0180

VwGH96/07/018029.10.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, in der Beschwerdesache 1. des D und 2. der M, beide in T, beide vertreten durch Dr. R, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 5. August 1996, Zl. 3/204-1572/1-1996, betreffend Parteistellung in einem Wasserrechtsverfahren, den Beschluß gefaßt:

Normen

AVG §1;
AVG §2;
AVG §63 Abs1;
B-VG Art102;
B-VG Art103 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §31a Abs5 Z2 litb;
AVG §1;
AVG §2;
AVG §63 Abs1;
B-VG Art102;
B-VG Art103 Abs4;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §31a Abs5 Z2 litb;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Thalgau vom 17. Oktober 1995 wurde der Antrag der Beschwerdeführer auf Zuerkennung der Parteistellung in einem Verfahren betreffend Bewilligung zur Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten im Objekt T. 165 abgewiesen.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Mit Bescheid vom 5. August 1996 wies die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung die in der Berufung gestellten Anträge teils ab, teils zurück. Die Rechtsmittelbelehrung enthält den Hinweis, daß gegen diesen Bescheid ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig ist, daß aber dagegen binnen sechs Wochen ab Zustellung Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden kann.

Die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erweist sich aus nachstehenden Gründen als unzulässig:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde über eine Berufung der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde Thalgau vom 17. Oktober 1995 entschieden. Dieser Bescheid des Bürgermeisters erging in einem Verfahren nach § 31a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959). Diese Bestimmung regelt die Lagerung, Leitung und den Umschlag wassergefährdender Stoffe.

Nach § 31a Abs. 5 lit. b Z. 2 WRG 1959 ist die für die Bewilligung und Aufsicht zuständige Behörde außerhalb wasserrechtlich besonders geschützter Gebiete für Anlagen zur Beheizung von Gebäuden, soweit sie nicht unter Z. 1 fallen, der Bürgermeister. Dieser wird als Organ des übertragenen Wirkungsbereiches der Gemeinde tätig.

Nach § 63 Abs. 1 AVG richten sich der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel (Vorstellung), abgesehen von den in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fällen, nach den Verwaltungsvorschriften.

Einen "in diesem Bundesgesetz besonders geregelten Fall" im Sinne des § 63 Abs. 1 AVG enthält § 2 AVG. Dieser bestimmt, daß dann, wenn die im § 1 erwähnten Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit keine Bestimmungen enthalten, in den Angelegenheiten der Bundesverwaltung in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörden (Bundespolizeibehörden) und in zweiter Instanz der Landeshauptmann sachlich zuständig sind.

Während das WRG 1959 im § 31a Abs. 5 lit. b Z. 2 eine Bestimmung über die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bürgermeisters enthält, fehlt eine Regelung des Instanzenzuges. Es kommt daher die Regel des § 2 AVG zum Tragen, daß in Angelegenheiten der Bundesverwaltung in zweiter Instanz der Landeshauptmann sachlich zuständig ist. Die gegenteilige Auffassung von Demmelbauer (Die Wasserrechtsnovelle 1969 aus der Sicht der Gemeinden, ÖGZ 1970, 536), wonach in zweiter Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde einzuschreiten habe, entbehrt der gesetzlichen Grundlage.

Im Beschwerdefall ist daher die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung unzuständigerweise tätig geworden. Diese Unzuständigkeit ist aber beim Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der vorliegenden Beschwerde nicht aufzugreifen, weil sich die Beschwerde als unzulässig erweist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts kann das Schweigen des Gesetzgebers über die Frage des Instanzenzuges nicht als Ausschluß eines Rechtsmittels gedeutet werden, weil ein solcher Ausschluß durch eine ausdrückliche Bestimmung ausgesprochen sein muß. Der Partei steht im Verwaltungsverfahren grundsätzlich ein instanzenmäßig unbeschränktes Berufungsrecht zu (vgl. die bei Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 501, angeführte Rechtsprechung).

Zu den Verwaltungsvorschriften, nach denen sich gemäß § 63 Abs. 1 AVG der Instanzenzug und das Recht zur Einbringung der Berufung und sonstiger Rechtsmittel richten, zählen auch verfassungsrechtliche Vorschriften.

§ 31a WRG 1959 hat seine kompetenzrechtliche Grundlage im Art. 10 Abs. 1 Z. 10 B-VG (Wasserrecht). Das Wasserrecht ist nach Art. 102 B-VG in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen. Mittelbare Bundesverwaltung ist nach Art. 102 B-VG die Vollziehung des Bundes im Bereich der Länder durch den Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden. Auf der Ebene unterhalb des Landeshauptmannes ermöglicht Art. 119 B-VG die Übertragung von Aufgaben der mittelbaren Bundesverwaltung auf Gemeinden (vgl. Weber, Die mittelbare Bundesverwaltung, 185).

Es kann im vorliegenden Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob es zulässig ist, daß der einfache Gesetzgeber in einer Angelegenheit der mittelbaren Bundesverwaltung den Instanzenzug von der Unterinstanz an den Landeshauptmann als das zentrale Organ der mittelbaren Bundesverwaltung ausschließt. Ein solcher Ausschluß findet sich im WRG 1959 auch nicht. Aus dem Grundsatz, daß das Schweigen des Gesetzgebers über die Frage des Instanzenzuges nicht als Ausschluß des Rechtsmittels gedeutet werden kann und aus der Stellung des Landeshauptmannes als zentrales Organ der mittelbaren Bundesverwaltung folgt, daß in Fällen wie dem vorliegenden, in denen keine ausdrückliche Regelung des Instanzenzuges vorliegt, der Instanzenzug im Bereich der mittelbaren Bundesverwaltung bis zum Landeshauptmann geht. Dies gilt auch für Bescheide, die eine Bezirkshauptmannschaft im Rahmen der mittelbaren Bundesverwaltung als unzuständige Berufungsbehörde erlassen hat. Somit ist im Beschwerdefall der Instanzenzug noch nicht erschöpft.

Da sich die Beschwerde demnach als unzulässig erweist, war sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. Mit dieser Entscheidung erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag der Beschwerdeführer, ihrer Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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