VwGH 96/07/0079

VwGH96/07/007919.9.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hoffmann und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Rose, über die Beschwerde des J in E, vertreten durch Dr. N, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 10. Juli 1995, Zl. UR - 180030/2 - 1995 St/Ro, betreffend einen abfallrechtlichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde S, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AWG 1990 §18 Abs3;
AWG 1990 §18 Abs4;
AWG 1990 §3 Abs2;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG OÖ 1990 §1 Abs3;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
VwRallg;
AWG 1990 §18 Abs3;
AWG 1990 §18 Abs4;
AWG 1990 §3 Abs2;
AWG 1990 §32 Abs1;
AWG OÖ 1990 §1 Abs3;
B-VG Art10 Abs1 Z12;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Den Beschwerdeschriften und der Ablichtung des angefochtenen Bescheides ist im Zusammenhalt mit den vom Verfassungsgerichtshof übermittelten Verwaltungsakten folgender Sachverhalt zu entnehmen:

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. März 1995 war der Beschwerdeführer im gemeindebehördlichen Instanzenzug gemäß § 15 Abs. 1 O.ö. AWG in Verbindung mit § 42 Abs. 3 leg. cit. dazu verhalten worden, die auf einem näher bezeichneten Grundstück abgelagerten Abfälle, die nicht gefährlicher Abfall seien, nach dem Stand der Technik binnen vier Wochen zu entfernen und ebenso ordnungsgemäß zu entsorgen sowie der Behörde unaufgefordert einen einwandfreien Nachweis über die ordnungsgemäße Entsorgung vorzulegen.

Gegen diesen Bescheid hatte der Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde erhoben und in dieser die Anwendbarkeit der Bestimmungen des O.ö. AWG auf die vorgefundenen Ablagerungen bestritten. Das O.ö. AWG habe keine rückwirkende Kraft, die Ablagerungen unterlägen vielmehr den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 32 sowie 18 Abs. 3 und 4 AWG des Bundes, nach welchen den Liegenschaftseigentümer die Haftung für Sonderabfälle nach dem Sonderabfallgesetz träfe. Die Behörde habe zudem nicht ermittelt, ob nicht eine Altlast im Sinne des Altlastensanierungsgesetzes vorliege. Die dem Beschwerdeführer gegenüber geltend gemachte primäre Haftung als Verursacher finde weder im § 18 Abs. 3 AWG des Bundes noch im § 15 O.ö. AWG eine gesetzliche Deckung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung des Beschwerdeführers mit der Feststellung statt, daß durch den Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 28. März 1995 Rechte des Beschwerdeführers verletzt würden, hob den Bescheid des Gemeinderates auf und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die Gemeindebehörde zurück. In der Begründung ihres Bescheides widersprach die belangte Behörde der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Auffassung einer Anwendbarkeit des Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes auf die vorgefundenen Ablagerungen. Vom Sachverständigen des erstinstanzlichen gemeindebehördlichen Verfahrens sei unwidersprochen festgestellt worden, daß die aus den Jahren 1960 bis 1968 stammenden Ablagerungen nicht gefährliche Abfälle darstellten, deren Ablagerung auf behördlich genehmigten Hausmülldeponien zulässig sei. Es handle sich dabei unbestrittenermaßen um Abfälle aus der Pelz- und Lederverarbeitung sowie um Kunststoffemballagen ohne schädliche Restinhalte. Gemäß § 32 Abs. 1 AWG setze ein nach dieser Gesetzesstelle zulässiger Behandlungsauftrag hinsichtlich anderer Abfälle als Problemstoffen und Altölen aus privaten Haushalten aber voraus, daß für solche andere Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen seien. Dies sei nicht der Fall. Auch das Altlastensanierungsgesetz sei nicht anzuwenden, weil das betroffene Grundstück zwar als Verdachtsfläche gemeldet, jedoch nicht als Altlast im Altlastenatlas eingetragen sei, sodaß es zum Eintritt der Zuständigkeitskonzentration beim Landeshauptmann nicht gekommen sei. Zu klären bleibe allein die Zuständigkeit der Behörde auf Basis der Bestimmungen des O.ö. AWG. Eine Zuständigkeit der Gemeinde zur Erlassung eines Auftrages nach § 42 Abs. 3 O.ö. AWG setze nach dem Wortlaut dieser Bestimmung Ablagerungen auf fremdem Grund voraus, während im Falle des Vorliegens von Ablagerungen des Grundeigentümers selbst die Bezirksverwaltungsbehörde zur Auftragserteilung zuständig wäre. Die Gemeindebehörden hätten die maßgeblichen Umstände für ihre Zuständigkeit nicht in ausreichendem Maße ermittelt, weil unklar geblieben sei, von wem die Ablagerungen vorgenommen worden seien und ob der Verursacher zum Zeitpunkt der Ablagerungen Grundeigentümer gewesen sei. Sollten Grundeigentümer und Verursacher nämlich identisch gewesen sein, resultierte daraus die Unzuständigkeit der Gemeindebehörden zur Erlassung des Auftrages nach § 42 Abs. 3 O.ö. AWG. Aus diesem Grunde habe sich die Aufhebung des bekämpften Bescheides und die Zurückverweisung der Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde als unvermeidlich erwiesen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher deren Behandlung jedoch mit seinem Beschluß vom 27. Februar 1996, B 2638/95, abgelehnt und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Vor diesem Gerichtshof begehrt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides aus dem Grunde der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, allenfalls jener infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit der Erklärung, sich durch den angefochtenen Bescheid insoweit in seinen Rechten als verletzt zu erachten, als die belangte Behörde dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die Rechtsansicht überbunden habe, daß dieser die Zuständigkeit der Gemeinde zur Erlassung eines Entfernungsauftrages allein auf der Basis der Bestimmungen des O.ö. AWG zu prüfen habe, womit der Beschwerdeführer in seinem Recht darauf verletzt werde, daß die ihm zugerechneten Ablagerungen nach den seiner Auffassung nach anzuwendenden Bestimmungen des Abfallwirtschaftsgesetzes des Bundes mit dessen für ihn seiner Auffassung nach günstigeren Auswirkungen beurteilt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 15 Abs. 1 O.ö. AWG hat die Gemeinde, wenn auf einem Grundstück ohne Zustimmung des Grundeigentümers Abfälle gelagert oder abgelagert wurden und dies der Gemeinde bekannt wird, dem Verursacher gemäß § 42 Abs. 3 erster Satz die Abfuhr dieser Abfälle aufzutragen. Hat der Grundeigentümer einer gegen die allgemeine Regel des § 7 verstoßenden Lagerung oder Ablagerung von Abfällen zugestimmt oder diese offenkundig geduldet, so ist ihm oder dem Verursacher die Abfuhr dieser Abfälle aufzutragen. Dies gilt auch für Rechtsnachfolger des Grundeigentümers, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten.

Gemäß § 42 Abs. 3 erster Satz O.ö. AWG ist unabhängig von einer Bestrafung, einer Schadenersatzpflicht oder einer sonstigen Geldleistungsverpflichtung demjenigen, der dieses Landesgesetz übertreten hat, von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Falle des § 15 Abs. 1 bzw. 4 von der Gemeinde, mit Bescheid aufzutragen, den gesetzmäßigen Zustand innerhalb einer angemessenen Frist (wieder)herzustellen.

Bestimmungen des O.ö. AWG sind nach dessen § 1 Abs. 3, soweit durch sie der Zuständigkeitsbereich des Bundes, insbesondere in Angelegenheiten der Abfallwirtschaft hinsichtlich gefährlicher Abfälle berührt wird, so auszulegen, daß sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.

Die mit "Geltungsbereich" überschriebene Bestimmung des § 3 des AWG des Bundes bestimmt in ihrem ersten Absatz, daß dieses Bundesgesetz für gefährliche Abfälle (§ 2 Abs. 5) und Altöle (§ 21) gilt, während es nach dem zweiten Absatz dieses Paragraphen für nicht gefährliche Abfälle nur hinsichtlich einzelner aufgezählter Bestimmungen gilt, unter denen sich auch jene des § 18 Abs. 3 und 4 AWG und jene des § 32 leg. cit. befinden.

Diese Bestimmungen haben folgenden Wortlaut:

"§ 32. (1) Werden Problemstoffe und Altöle aus privaten Haushalten und vergleichbaren Einrichtungen nicht gemäß § 12 gelagert oder entsorgt, werden andere Abfälle - soweit für diese Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind - oder Altöle nicht gemäß den §§ 16 bis 18 entsorgt oder werden sie entgegen den §§ 19, 20 und §§ 28 bis 30 befördert, gelagert oder behandelt oder ist die schadlose Behandlung der Abfälle oder Altöle und des durch sie verunreinigten Bodens zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne des § 1 Abs. 3 geboten, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Dies gilt sinngemäß in den Fällen des § 37 Abs. 3 für die unverzügliche Wegbringung vom Amtsplatz des Zollamtes.

(2) Ist der gemäß Abs. 1 Verpflichtete nicht feststellbar, zur Entsorgung rechtlich nicht imstande oder kann er aus sonstigen Gründen dazu nicht verhalten werden, so ist der Auftrag unter den Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 und 4 dem Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich die im Abs. 1 genannten Abfälle befinden, zu erteilen; dessen Ersatzansprüche gegen den gemäß Abs. 1 Verpflichteten bleiben unberührt.

(3) Kann auch der Eigentümer nicht in Anspruch genommen werden, hat die Behörde bei Gefahr im Verzug die Entsorgung - bei gefährlichen Abfällen oder Altölen auf Kosten des Bundes - unmittelbar durchzuführen.

§ 18. ...

(3) Der Liegenschaftseigentümer, auf dessen Grundstück Sonderabfälle gemäß §§ 1 und 2 des Sonderabfallgesetzes, BGBl. Nr. 186/1983, vor Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zurückgelassen wurden, hat - soweit der Abfallbesitzer die Liegenschaft mit Zustimmung ihres Eigentümers oder dessen Rechtsvorgänger zur Sammlung oder Lagerung von Sonderabfällen nutzte - für die schadlose Behandlung dieser Sonderabfälle zu sorgen.

(4) Für Ablagerungen von Abfällen, die nicht Sonderabfälle gemäß § 1 und 2 des Sonderabfallgesetzes, BGBl. Nr. 186/1983, sind und die vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes durchgeführt wurden, ist Abs. 2 nur mit der Maßgabe anzuwenden, daß der Grundeigentümer nur dann zu deren Entsorgung herangezogen werden kann, wenn er die Ablagerungen auf eigenem Boden ausdrücklich gestattet und daraus in Form einer Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums einen Vorteil gezogen hat. Seine Leistungspflicht ist jedoch auf jenen Wert des Vorteiles begrenzt, der die übliche Vergütung für die Inanspruchnahme seines Eigentums überstieg. Läßt sich die übliche Vergütung nicht vergleichsweise feststellen, ist sie nach dem Wert des verursachten Nutzungsentganges und der verursachten sonstigen Nachteile - ausgenommen die Leistungspflicht nach Abs. 2 - zu bemessen."

Eine Betrachtung der dargestellten Rechtslage zeigt, daß der Beschwerdeführer durch die mit dem angefochtenen Bescheid dem Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde überbundene Rechtsansicht, die Bestimmungen des Abfallrechtes des Bundes seien im Beschwerdefall nicht anzuwenden, in seinen Rechten nicht verletzt worden ist. Die vom Beschwerdeführer bekämpfte Rechtsansicht der belangten Behörde teilt der Verwaltungsgerichtshof.

Soweit der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, daß die Herkunft der Ablagerungen aus den Jahren 1960 bis 1970 (nach den Feststellungen der Gemeindebehörde 1968) der Anwendbarkeit der Bestimmung des § 32 AWG deswegen entgegenstünde, weil diese Vorschrift allein auf Ablagerungen nach dem 1. Juli 1990 anzuwenden sei, unterliegt er einem Rechtsirrtum; der Verwaltungsgerichtshof hat diese Frage bereits im gegenteiligen Sinn entschieden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, 93/05/0137, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG verwiesen wird). Das entscheidend gegen den in der Beschwerde insgesamt vertretenen Standpunkt sprechende Fehlen der Anwendbarkeit des § 32 AWG auf den Beschwerdefall resultiert vielmehr, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, aus der die Anwendbarkeit dieser Vorschrift einschränkenden Bedingung des § 32 Abs. 1 AWG selbst, nach welcher die Erlassung eines Behandlungsauftrages nach der genannten Gesetzesstelle hinsichtlich anderer Abfälle als Problemstoffen und Altölen voraussetzt, daß für diese anderen Abfälle Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport in diesem Bundesgesetz vorgesehen sind. Dies aber ist nicht der Fall. Auch der Beschwerdeführer vermag eine solche, die von ihm aus anderen Gründen und insoweit rechtsirrig bestrittene Anwendbarkeit der Bestimmung des § 32 Abs. 1 AWG auf die vorliegenden Abfälle begründende Vorschrift nicht zu nennen. Sein Hinweis auf die Bestimmung des § 18 Abs. 3 AWG greift aus mehrfachen Gründen nicht. Der Beschwerdeführer übersieht zum einen, daß die Bestimmung des § 18 Abs. 3 AWG keinen Anwendungsbereich auf solche Sonderabfälle hätte, die vor dem zeitlichen Geltungsbereich des Sonderabfallgesetzes abgelagert wurden (vgl. das hg. Erkenntnise vom 19. Dezember 1995, 95/05/0309, 0310). Zum anderen handelt es sich bei den Bestimmungen des § 18 Abs. 3 und 4 AWG um Zurechnungsvorschriften abfallrechtlicher Pflichten; mit diesen Normen werden die Bedingungen geregelt, unter denen ein Behandlungsauftrag nach § 32 AWG an den Liegenschaftseigentümer gerichtet werden darf. Rechtliche Grundlage eines Behandlungsauftrages nach Bundesabfallrecht aber bleibt die Bestimmung des § 32 AWG, welche in ihrem ersten Absatz ihren Anwendungsbereich für nicht gefährliche Abfälle selbst in der zuvor dargestellten Weise regelt. In diesem Kontext nur ist auch die Rechtsanwendungsregel des § 3 Abs. 2 AWG zu verstehen.

Fehlte es an Bestimmungen hinsichtlich Sammlung, Lagerung, Behandlung und Transport der vorliegenden Abfälle im AWG des Bundes und kam deshalb die Erlassung eines Behandlungsauftrages in bezug auf diese Abfälle nach § 32 Abs. 1 AWG nicht in Betracht, dann lag im vorliegenden Fall keine Berührung des Zuständigkeitsbereichs des Bundes vor, die im Sinne des § 1 Abs. 3 O.ö. AWG der Anwendung allein der Bestimmungen dieses Landesgesetzes entgegengestanden wäre.

Da der Inhalt der Beschwerde somit schon erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

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