VwGH 96/06/0181

VwGH96/06/018119.12.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde des A in F, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 7. Juni 1996, Zl. 03-12.10 F 40 - 96/1, betreffend Kanalanschlußverpflichtung (mitbeteiligte Partei: Gemeinde F, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §66 Abs4;
AVG §7 Abs1 Z5;
AVG §7 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. September 1995 wurde der Beschwerdeführer als Eigentümer der Grundstücke Nr. 918/2 und .134 der KG F mit dem darauf errichteten Hotel und dem Nebengebäude verpflichtet, die Schmutzwässer über die Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde abzuleiten, binnen einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides einen Bauentwurf über die Errichtung der Hauskanalanlage und deren Anschluß an den bestehenden Schacht einzubringen und binnen drei Monaten nach Rechtskraft der Genehmigung des Bauentwurfes die Hauskanalanlage zu errichten und an die öffentliche Kanalanlage der mitbeteiligten Gemeinde anzuschließen. In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß das Hotel bereits jahrelang an das Kanalnetz angeschlossen sei, der Schmutzwasserkanal sich nicht für die Einleitung der Abwässer des Hallenbades des Hotels eigne, und beim Nebengebäude lediglich Stallabwässer, die keine Schmutzwässer im Sinne des § 1 Abs. 2 des Kanalgesetzes seien, anfielen.

Der Gemeinderat beauftragte sodann die Behörde erster Instanz, Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens durchzuführen. Mit Schreiben vom 7. Februar 1996 beraumte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde eine mündliche Verhandlung für den 26. Februar 1996 an. Die Ladung zu dieser Verhandlung wurde dem Beschwerdeführer zu Handen seines ausgewiesenen Anwaltes zugestellt. Der einschreitende Anwalt beantragte hierauf die Zusendung der Entscheidung des Gemeinderates, worauf ihm mitgeteilt wurde, daß der gegenständliche Tagesordnungspunkt in nichtöffentlicher Sitzung abgehandelt worden sei.

An der Verhandlung vom 26. Februar 1996 nahmen neben dem Bürgermeister als Verhandlungsleiter ein bautechnischer Sachverständiger sowie der Beschwerdeführer persönlich teil. Der Rechtsfreund des Beschwerdeführers nahm an dieser Verhandlung nicht teil; es wurde ihm aber über sein Ersuchen eine Abschrift der Niederschrift über diese Verhandlung zugestellt, zu der er ausführte, es sei ein "Nichtsachverständiger" zugezogen worden, der von diesem erstattete Befund zum Nebengebäude im Obergeschoß und Dachgeschoß sei nicht nur unschlüssig, es sei auch der daraus gezogene gutachtliche Schluß mit den Denkgesetzen nicht nachvollziehbar.

Mit Bescheid vom 22. März 1996 gab der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 11. September 1995 teilweise Folge, der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde dahingehend geändert, daß der Anschluß an einen bestimmten Schacht laut einem beiliegenden Plan zu erfolgen habe.

Aufgrund der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 7. Juni 1996 den Bescheid des Gemeinderates vom 22. März 1996 wegen Verletzung von Rechten des Beschwerdeführers behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die beteiligte Gemeinde verwiesen. Die Aufhebung wurde damit begründet, daß über die Frage der Anschlußverpflichtung bzw. der Einleitung der Hallenbadwässer bereits mit Bescheid vom 28. November 1991 rechtskräftig entschieden worden sei, gegenüber diesem Bescheid habe sich weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert, sodaß von einer Identität der Sache auszugehen sei. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes "ne bis in idem" sei die neuerliche Entscheidung über die Einleitung der Hallenbadabwässer rechtswidrig gewesen, weshalb der Bescheid des Gemeinderates aufzuheben gewesen sei. Im übrigen vertrat die belangte Behörde die Ansicht, das Ermittlungsverfahren habe ergeben, daß in dem Nebengebäude (Stallgebäude) im Obergeschoß sowohl Versorgungsleitungen vorhanden seien, wenn auch die Wasserzufuhr unterbrochen sei, als auch Entwässerungsmöglichkeiten (intakter WC-Abfluß) eingebaut seien. Die theoretische Möglichkeit des Anfalles von Schmutzwässern sei daher gegeben, sodaß der Ausspruch der Anschlußverpflichtung für dieses "Nebengebäude" rechtmäßig erfolgt sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift, ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde hat aufgrund der Vorstellung des Beschwerdeführers den Bescheid des Gemeinderates zur Gänze aufgehoben. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 22. Oktober 1971, Slg. Nr. 8091/A, sowie das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 1984, Zl. 84/05/0133, BauSlg. Nr. 351, u.v.a.) kommt nur den tragenden Aufhebungsgründen eines aufsichtsbehördlichen Bescheides für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zu, sodaß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nur insoweit in seinen Rechten verletzt sein kann, als dessen Aufhebungsgründen für das fortgesetzte Verfahren bindende Wirkung zukommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. September 1993, Zl. 93/05/0074).

Die Aufhebung des Bescheides des Gemeinderates wurde ausschließlich damit begründet, daß über die Frage der Anschlußverpflichtung bzw. der Einleitung der Hallenbadwässer bereits mit Bescheid vom 28. November 1991 rechtskräftig entschieden worden sei und, da sich gegenüber diesem Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hätten, nicht nochmals in dieser Sache entschieden werden dürfe. Dieser Aufhebungsgrund wird in der Beschwerde nicht nur nicht bekämpft, sondern es wird dazu sogar vorgebracht (S. 7), daß es diesbezüglich an "der notwendigen Beschwer" fehle.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers kommt daher den Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid in bezug auf die Ableitung der Schmutzwässer des "Nebengebäudes" (Stallgebäude mit Wohnung) keinerlei bindende Wirkung zu. Da der Bescheid des Gemeinderates aufgrund der Aufhebung durch die belangte Behörde auch nicht in Rechtskraft erwachsen ist, ist die Sorge des Beschwerdeführers, der Gemeinderat könnte den Bau einer Hauskanalanlage (derzeit) "praktisch erzwingen", unbegründet.

Unter dem Titel der Unzuständigkeit rügt der Beschwerdeführer, daß im Berufungsverfahren die Behörde erster Instanz tätig gewesen sei. Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß kein gesetzliches Verbot besteht, wonach von einer unzuständigerweise einschreitenden Behörde vorgenommene Ermittlungen für das weitere von der zuständigen Behörde durchgeführte Verfahren nicht mehr herangezogen werden dürften. Sie unterliegen allerdings der Beweiswürdigung der zur Entscheidung berufenen zuständigen Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 95/05/0226). Im Beschwerdefall ist der Bürgermeister über Auftrag der Berufungsbehörde tätig geworden, wogegen keine Bedenken bestehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. April 1984, Slg. Nr. 11405/A, ausgesprochen hat, liegt auch keine Befangenheit vor, wenn der den Bescheid in erster Instanz erlassende Beamte im Auftrag der Berufungsbehörde ergänzende Ermittlungen durchführt.

Da weder die behauptete Unzuständigkeit vorliegt, noch der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in sonstigen Rechten verletzt wurde, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Im Hinblick auf die Erledigung des Beschwerdeverfahrens erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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