VwGH 96/06/0109

VwGH96/06/010929.8.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. König, über die Beschwerde der N-Gesellschaft mbH. in Innsbruck, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Bausachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 27. März 1996, Zl. I-1895/1966, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: E in Innsbruck), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
BauO Tir 1989 §7 Abs1 lita;
BauO Tir 1989 §7 Abs1 litb;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §27;
ROG Tir 1994 §30 Abs4;
ROG Tir 1994 §55;
ROG Tir 1994 §56 Abs2;
ROG Tir 1994 §59 Abs3;
AVG §8;
BauO Tir 1989 §7 Abs1 lita;
BauO Tir 1989 §7 Abs1 litb;
BauRallg;
ROG Tir 1994 §27;
ROG Tir 1994 §30 Abs4;
ROG Tir 1994 §55;
ROG Tir 1994 §56 Abs2;
ROG Tir 1994 §59 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin suchte mit Eingabe vom 29. September 1995, eingelangt bei der Behörde am 2. Oktober 1995, um die Erteilung der Baubewilligung für eine Wohnanlage im Ausmaß von 30,97 m x 16,20 m, bestehend aus Erdgeschoß und zwei Obergeschoßen, an. Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin des daran nordöstlich anschließenden Grundstückes.

Über dieses Ansuchen fand am 28. Dezember 1995 eine mündliche Bauverhandlung statt, zu der die Mitbeteiligte nachweislich unter Hinweis auf die Präklusionsfolgen des § 42 AVG geladen wurde. Mit einem am 27. Dezember 1995 bei der Behörde eingelangten Schreiben sprach sich die Mitbeteiligte gegen die Bewilligung des eingereichten Bauprojektes mit der Begründung aus, daß die Abluftöffnungen der Tiefgarage unterhalb des Abstandsbereiches gegen die gemeinsame Grenze lägen, was zu erheblichen Geruchsbelästigungen und gesundheitlichen Schädigungen führen könne. Außerdem würden die im derzeit gültigen Bebauungsplan normierten erweiterten Abstandsvorschriften nicht eingehalten. Mit dieser Beschneidung des Nachbarrechtes werde eine Baumasse ermöglicht, die nicht dem Stadtentwicklungskonzept entspreche. Die Baumasse sei gegenüber dem Durchschnittsbestand in der Kleinsiedlungsbebauung P um das Viereinhalbfache erhöht. Der vom Gemeinderat beschlossene und noch nicht rechtskräftige Bebauungsplan entspreche den übergeordneten Raumordnungsvorstellungen. Der rechtskräftige Bebauungsplan regle in seinen gültigen Festlegungen der Abstandsbestimmungen bereits das Ziel eines ungestörten Ortsbildkonzeptes. Die Abstandsbestimmungen seien daher als flexible Baugrenzlinien im Sinne des § 59 Abs. 3 TROG zu werten. Die Nichteinhaltung der im Bebauungsplan festgelegten Abstände verletze subjektiv-öffentliche Rechte der Mitbeteiligten. Eine Aufhebung der erweiterten Abstandsbestimmungen beschränke sie in ihren verfassungsmäßig festgelegten Rechten. In der Verhandlung vom 28. Dezember 1995 selbst verwies die Mitbeteiligte auf ihre Stellungnahme und führte weiters aus, daß an der südlichen Grundgrenze wieder ein Holzzaun errichtet werden sollte.

Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 29. Jänner 1996 wurde der Beschwerdeführerin die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Mitbeteiligten wurden teils ab-, teils zurück-, teils auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die Mitbeteiligte aus, das geplante Vorhaben sehe die Einhaltung der Abstandsbestimmungen des § 7 TBO vor sowie eine Baumassendichte von 4,4 und eine Bebauungsdichte von 0,46. Die Bewilligung des Vorhabens verletze die Nachbarrechte der Mitbeteiligten in zweierlei Hinsicht: In bezug auf die erweiterten Abstandsbestimmungen nach den derzeit (noch) rechtskräftigen Verbauungsplänen und in bezug auf die Bewilligungsvoraussetzungen des § 115 Abs. 2 TROG 1994. Durch die Abänderung der Baupläne nach der Bauverhandlung (Entfall des Dachgeschoßes etc.) hätten sich die Abstände überhaupt nicht, die Baumassendichte und die Bebauungsdichte nur unwesentlich geändert. Der Innsbrucker Gemeinderat habe am 10. Oktober 1995 den Bebauungsplanentwurf 63/go zur Auflage beschlossen. Dieser Entwurf sehe als Zielsetzung für die künftige Bebauung eine Baumassendichte von 2,3 und eine Bebauungsdichte von 0,35 vor, was in etwa der derzeitigen Verbauung in diesem Gebiet entspreche. Gemäß § 115 Abs. 1 TROG 1994 dürfe auf den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes als Bauland gewidmeten Grundstücken, für die Verbauungspläne bestehen, abweichend von § 55 Abs. 4 TROG die Baubewilligung auch erteilt werden, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan nach dem TROG 1994 noch nicht bestehen. Gemäß § 115 Abs. 2 TROG 1994 dürfe die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden auf solchen Grundstücken bis zur Erlassung der neuen Bebauungspläne nach dem TROG 1994 nur dann erteilt werden, wenn die Bebauung einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Bauordnung nicht zuwiderlaufe. Die MA III-Planung und Baurecht, habe in diesem Zusammenhang ein Gutachten über das geplante Objekt erstellt, das die Mitbeteiligte anbei übersende. In diesem Gutachten werde festgestellt, daß das betreffende Bauvorhaben einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der örtlichen Raumordnung zuwiderlaufe und keine zweckmäßige Bebauung gewährleiste. Im erstinstanzlichen Bescheid werde dieses Gutachten völlig außer acht gelassen.

Mit Bescheid vom 27. März 1996 hat die belangte Behörde der Berufung der Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Stadtmagistrates vom 29. Jänner 1996 Folge gegeben, den erstinstanzlichen Bescheid behoben und das Bauansuchen abgewiesen. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens ausgeführt, nach einem Verbauungsplan vom 5. Mai 1955 mit der Bezeichnung Nr. 338c seien auf dem Bauplatz Gebäude der Bauklasse 1 (Gebäudehöhe 4,0 bis 9,0 m) zulässig, welche nach den "erweiterten Abstandsbestimmungen" auf dem Bauplatz zu situieren seien. Diese "erweiterten Abstandsbestimmungen" sähen bei Baulängen bis zu 12,0 m einen Grenzabstand von mindestens 5,0 m vor, je Meter Mehrlänge habe sich der Grenzabstand pro Meter um 0,2 m zu erhöhen. Eine Dichtefestlegung enthalte dieser Verbauungsplan aus dem Jahre 1955 nicht. Ein allgemeiner bzw. ergänzender Verbauungsplan nach den Vorschriften des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994 sei bis zur Erlassung des Baubewilligungsbescheides noch nicht in Kraft getreten; ein solcher, nämlich der Bebauungsplan mit der Bezeichnung Nr. 63/go, sei zwar nach dem diesbezüglichen Beschluß des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck aufgelegt worden, und darüber hinaus auch in der Sitzung des Gemeinderates vom 22. Februar 1996 beschlossen worden, jedoch infolge Ausstehens der aufsichtsbehördlichen Genehmigung noch nicht in Kraft getreten. Die Abstandsregulative des TROG 1994 und der Verbauungsplan aus 1955 seien nicht miteinander vergleichbar, sodaß diesbezüglich von einem Widerspruch zu den Bestimmungen des TROG 1994 auszugehen sei und daher auf den Verbauungsplan Nr. 338c in bezug auf die Abstandsregelung nicht Bedacht zu nehmen sei. Der in der Berufung reklamierte Einwand bezüglich Unterschreitung der Mindestabstandsgrenze könne daher nicht zu einer Versagung der Baubewilligung führen. Zum weiteren Berufungsvorbringen, die vorgesehene Bebauung entspreche in der räumlichen Ausdehnung, der Geschoßflächen- und Bebauungsdichte nicht einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Zielsetzung der örtlichen Raumordnung, sei auf die Bestimmung des § 115 TROG 1994 hinzuweisen, wonach, abweichend von § 55 Abs. 4 TROG 1994, eine Baubewilligung auch erteilt werden dürfe, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehe, das zu bebauende Grundstück jedoch als Bauland oder als Sonderfläche gewidmet sei und hiefür Verbauungspläne bestünden. Das zu bebauende Grundstück sei als Bauland gewidmet. Nach Abs. 2 des § 115 TROG 1994 dürfe auf derartigen Grundstücken bis zur Erlassung des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden nur erteilt werden, wenn die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung nicht zuwiderlaufe. Der zuständige Sachverständige des Amtes für Flächenwidmungs- und Bebauungsplanung habe in seinen Stellungnahmen vom 25. Oktober 1995, 2. November 1995 und letztlich 22. Dezember 1995 übereinstimmend dargelegt, daß das Bauvorhaben mit diesen Zielen, welche im übrigen im bereits beschlossenen Bebauungsplan mit der Bezeichnung Nr. 63/go enthalten seien, insbesondere in bezug auf die zur Genehmigung eingereichte Geschoßflächendichte bzw. Bebauungsdichte nicht in Einklang zu bringen sei, und daher das Bauvorhaben den Zielen der örtlichen Raumordnung für dieses Gebiet zuwiderlaufe. Insbesondere finde die im Bebauungsplan Nr. 63/go vorgesehene maximale Bebauungsdichte von 0,35 sowie maximale Baumassendichte von 2,3, die aus städteplanerischer Sicht als für das vom Bauvorhaben umfaßte Gebiet noch vertretbar angesehen werden könne, im (reduziert) vorliegenden Bauansuchen insoferne keinerlei Deckung, als dieses nach Angaben des Bauwerbers vom 15. November 1996 (richtig: 15. Jänner 1996) eine Baumassendichte von 3,6 und eine Geschoßflächendichte von 1,24 (Höchstgeschoßflächendichte 0,9 im künftigen Bebauungsplan) aufweise. Diesbezüglich seien die Sachverhaltsfeststellungen der Baubehörde erster Instanz mangelhaft erfolgt bzw. teilweise sogar aktenwidrig angenommen worden, sodaß, nachdem im Anlaßfall die Beachtung von Dichtebestimmungen trotz bestehender Festlegungen über die Bauhöhe aber mangels anzuwendender Abstandsregelungen nicht ohne Einfluß auf die Situierung und höhen- und längenmäßige Ausdehnung des Baukörpers sei, die Mitbeteiligte in ihren subjektiv-öffentlich-rechtlichen Nachbarinteressen beeinträchtigt werde und daher der Berufung Folge zu geben sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zum Zeitpunkt der Erlassung des nunmehr angefochtenen Bescheides stand der Verbauungsplan vom 5. Mai 1955 in Geltung. Er sah eine Festsetzung der Gebäudehöhe (4,0 m bis 9,0 m) vor und "erweiterte Abstandsbestimmungen", die je nach Baulängen variabel waren. Gemäß § 59 Abs. 3 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 1994, LGBl. Nr. 81/1993 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 4/1996 (TROG 1994), sind Baugrenzlinien nicht straßenseitig gelegene Linien, durch die der Mindestabstand baulicher Anlagen gegenüber anderen Grundstücken als Straßen bestimmt wird. Die Baugrenzlinien können für oberirdische und unterirdische bauliche Anlagen gesondert festgelegt werden.

Nach § 114 Abs. 1 TROG 1994 dürfen die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bestehenden Bebauungspläne nicht mehr geändert werden. Sie treten mit der Erlassung des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes für die betreffenden Grundflächen außer Kraft. Bis dahin ist auf die Festlegungen solcher Bebauungspläne, soweit sie nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes stehen, im Bauverfahren Bedacht zu nehmen. Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Ansicht der belangten Behörde, wonach die variablen Abstandsbestimmungen im Verbauungsplan 1955 zur Regelung des § 59 Abs. 3 TROG 1994 im Widerspruch stehen, da das TROG 1994 keine Abstandsbestimmungen kennt, die nach der LÄNGE des Bauvorhabens variieren, sondern entweder im Bebauungsplan festgelegte Baugrenzlinien vorsieht oder Abstände im Sinne des § 7 TBO, die an die Höhe des Bauwerkes geknüpft sind. Die Richtigkeit dieser Rechtsansicht ergibt sich auch aus § 56 Abs. 2 letzter Satz TROG 1994, wonach in den ergänzenden Bebauungsplänen auch festgelegt werden kann, daß statt der Mindestabstände nach § 7 Abs. 1 lit. b TBO jene nach § 7 Abs. 1 lit. a TBO einzuhalten sind. Mit Recht ist daher die belangte Behörde davon ausgegangen, daß die Abstandsregelung des Verbauungsplanes Nr. 338c im Beschwerdefall wegen ihres Widerspruchs zum TROG 1994 nicht zu berücksichtigen war und daher durch das Bauvorhaben, das, wie auch die Mitbeteiligte einräumte, die Abstandsbestimmungen des § 7 TBO einhält, hinsichtlich der Abstände keine subjektiv-öffentlichen Rechte der Mitbeteiligten verletzt werden.

Gemäß § 115 Abs. 1 TROG 1994 darf auf den im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes als Bauland und als Sonderflächen gewidmeten Grundstücken und auf Grundstücken, für die Verbauungspläne (Wirtschaftspläne) bestehen, abweichend vom § 55 Abs. 4 eine Baubewilligung auch erteilt werden, wenn der allgemeine und der ergänzende Bebauungsplan für das betreffende Grundstück noch nicht bestehen. Soweit diese Bebauungspläne jedoch bestehen, darf die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden zu bestehenden Gebäuden nur erteilt werden, wenn die darin festgelegte verkehrsmäßige Erschließung rechtlich sichergestellt ist. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung darf die Baubewilligung für den Neubau von Gebäuden mit Ausnahme von Nebengebäuden zu bestehenden Gebäuden auf Grundstücken nach Abs. 1 erster Satz bis zur Erlassung des allgemeinen und des ergänzenden Bebauungsplanes nur erteilt werden, wenn a) die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung nicht zuwiderläuft;

b) unbeschadet des Abs. 1 zweiter Satz die Bebauung des betreffenden Grundstückes einer zweckmäßigen verkehrsmäßigen Erschließung und Erschließung des betreffenden Gebietes mit Einrichtungen zur Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer geordneten Gesamterschließung des Gemeindegebietes nicht entgegensteht und

c) der Neubau eine zweckmäßige und bodensparende Bebauung des betreffenden Grundstückes gewährleistet.

Als Aufgaben und Ziele der örtlichen Raumordnung definiert § 27 leg.cit. u.a. die ausgewogene Anordnung und Gliederung des Baulandes im Hinblick auf die Erfordernisse des Schutzes des Landschaftsbildes, Vorsorge für eine zweckmäßige und bodensparende, auf die Bedürfnisse der Bevölkerung und die Erfordernisse des Schutzes des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes abgestimmte Bebauung und verkehrsmäßige Erschließung der bebauten und zu bebauenden Gebiete und Grundflächen.

Zur Frage der Vereinbarkeit des Objektes mit einer geordneten baulichen Gesamtentwicklung der Gemeinde im Sinne der Ziele der örtlichen Raumordnung hat der Sachverständige für Planung und Baurecht in seinem Gutachten vom 22. Dezember 1995 ausgeführt, daß der gesamte Bereich Pradl-Ost eine gemischte, stark durchgrünte Baustruktur hoher Wohnqualität aufweise, wobei sich Villenbebauung und konzeptiv bebaute größere Flächen abwechselten. Die Geschoßflächendichten des Bestandes betrügen bei 2 bis 3 Geschoßen 0,25 bis 0,5, bei größeren Wohneinheiten 0,1 bis 1,0, beim Seniorenheim ca. 0,7. Aufgrund der allgemeinen Baulandknappheit und der Notwendigkeit, die innere Stadtentwicklung verstärkt zu forcieren, sei der Bereich neu bearbeitet worden, wobei eine moderate Verdichtung des bestehenden Wohngebietes unter grundsätzlicher Beibehaltung der gemischten, stark durchgrünten Baustruktur mit hoher Umwelt- und Wohnqualität angestrebt werde. In diesem Sinne sei im kleinkörnigen Bereich die Baumassendichte von 2,3, verbunden mit der Bebauungsdichte 0,35, zur Sicherung der Durchgrünung stadtplanerisch vertretbar. Im Bebauungsplanentwurf seien diese Vorgaben berücksichtigt. Sie würden durch das Bauvorhaben nicht eingehalten, die maximale Bebauungsdichte werde um 10 % überschritten, die Baumassendichte werde mit 4,44 gegenüber jener im Bebauungsplanentwurf vorgesehenen von 2,3 wesentlich überschritten.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Bedenken dagegen, die Grundlagen, die dem bereits beschlossenen, aber noch nicht in Kraft getretenen Bebauungsplan zugrunde liegen, als Ziele der örtlichen Raumordnung der Gemeinde zu qualifizieren. Entsprechend dem oa. Gutachten, dem die Beschwerdeführerin während des Verwaltungsverfahrens nicht auf gleicher Ebene entgegengetreten ist, hätte die belangte Behörde auch dann nicht grundsätzlich davon ausgehen können, daß die angestrebte Bebauungsdichte nicht eingehalten wird, wenn sie in ihrem Bescheid auf die letzte Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom 15. Jänner 1996 Bezug nahm, in der diese selbst eine Baumassendichte von 3,6 und eine Geschoßflächendichte von 1,24 angegeben hat. Dennoch hat die belangte Behörde durch den angefochtenen Bescheid im Ergebnis Rechte der Beschwerdeführerin verletzt:

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg.Nr. 10.317/A, und seither in durchgehender Rechtsprechung ausgeführt hat, ist die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde im Falle einer beschränkten Parteistellung des Berufungswerbers, wie es für Nachbarn im Baubewilligungsverfahren typisch ist, auf jenen Themenkreis eingeschränkt, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ist sohin ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zusteht.

Entgegen den Beschwerdeausführungen hat zwar die Mitbeteiligte bereits in ihren Einwendungen gegen das Bauvorhaben eine Überschreitung der Baumassendichte geltend gemacht und dieses Vorbringen auch in ihrer Berufung aufrechterhalten. Präklusion liegt somit nicht vor. Nach § 30 Abs. 4 TBO können subjektiv-öffentliche Einwendungen insbesondere auf Vorschriften über die widmungsgemäße Verwendung von Grundstücken, die Bauweise, die Bauhöhe, die Mindestabstände von baulichen Anlagen, die Beschaffenheit des Bauplatzes und den Brandschutz gestützt werden. Nach dieser (nicht taxativen) Aufzählung ist zu erkennen, daß den Nachbarn jedenfalls hinsichtlich der Bauhöhe und der Abstände von Gebäuden ein subjektives öffentliches Recht zukommen soll. Der Umstand, daß die Bebauungsdichte (Baudichte) nicht genannt wurde, läßt den Schluß zu, daß dem Nachbarn diesbezüglich kein Mitspracherecht eingeräumt werden sollte. Dies entspricht auch der langjährigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach hinsichtlich einer Bebauungsdichte dem Nachbarn nur dann ein Rechtsanspruch zusteht, wenn mittels Bebauungsdichte gleichzeitig Abstände und/oder Gebäudehöhen bestimmt werden (vgl. etwa das zur Tiroler Bauordnung ergangene hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1985, Zl. 85/06/0021).

Im Beschwerdefall hält das Bauvorhaben, wie auch die Mitbeteiligte einräumte, die Abstände des § 7 TBO ein, die Höhe war durch den Verbauungsplan vom 5. Mai 1955 determiniert und wird vom Bauvorhaben eingehalten. Dabei waren, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat, die Abstandsregelungen des Verbauungsplanes aus 1955 wegen Widerspruches zum TROG nicht anzuwenden, die belangte Behörde hat aber übersehen, daß die Abstandsregelungen des § 7 TBO anzuwenden waren, was durch das Bauvorhaben erfolgte. Da die belangte Behörde zu Unrecht davon ausgegangen ist, daß mangels anzuwendender Abstandsregelungen trotz der Festlegung der Bauhöhe der mitbeteiligten Nachbarin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung von Dichtebestimmungen zukam, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil in dem in der Verordnung vorgesehenen pauschalierten Aufwandersatz die Umsatzsteuer bereits enthalten ist und Stempelgebühren für nicht erforderliche Ausfertigungen der Beilagen nicht zuzuerkennen waren.

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