Normen
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
BauO OÖ 1976 §46 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- und der mitbeteiligten Gemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Ansuchen vom 11. Mai 1994 beantragte die Zweitmitbeteiligte die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück Nr. 245/1 der KG S. Im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Stadtgemeinde G ist dieses Grundstück als "Bauland-Wohngebiet" ausgewiesen. Das zu bebauende Grundstück grenzt im Norden an die B 120 (S-Straße) und im Süden an die öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 244/8 (M-Weg). Entlang der Ostgrenze des zu bebauenden Grundstückes verläuft die öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 755 Weg, welcher die S-Straße und den M-Weg verbindet. An die öffentliche Verkehrsfläche Grundstück Nr. 755 grenzt im Osten das Grundstück Nr. 247 der Beschwerdeführerin mit dem Gebäude Grundstück Nr. .34.
Plangemäß soll auf dem zu bebauenden Grundstück Nr. 245/1 ein Mehrfamilienhaus mit den Außenmaßen von 21,50 m x 12,75 m mit einer Firsthöhe von 9,55 m über dem Erdgeschoßfußboden (d.i. 60 cm über dem Straßenniveau des M-Weges) errichtet werden. Der Dachfirst verläuft in nordsüdlicher Richtung. Der geringste Abstand des südöstlichen Teiles des Bauvorhabens beträgt zum bestehenden Straßenrand des M-Weges 2 m. Der geringste Abstand des zu errichtenden Gebäudes zum bestehenden Straßenrand des M-Weges beträgt rund 1,10 m.
Die Beschwerdeführerin wendete - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich - rechtzeitig ein, das Bauprojekt sei alleine schon deshalb nicht bewilligungsfähig, da der in § 63 des Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes normierte Mindestabstand unterschritten werde.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der erstmitbeteiligten Gemeinde vom 12. Jänner 1996 wurde der zweitmitbeteiligten Bauwerberin antragsgemäß die Baubewilligung unter Auflagen erteilt. Die Einwendungen der Beschwerdeführerin wurden teilweise zurück- und teilweise abgewiesen, zum Teil wurde die Beschwerdeführerin mit ihren Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Mit Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Gemeinde vom 11. Juni 1996 wurde der dagegen erhobenen Berufung der Beschwerdeführerin keine Folge gegeben.
Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 7. August 1996 wurde der Vorstellung der Beschwerdeführerin mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß die Beschwerdeführerin durch den Bescheid des Gemeinderates der erstmitbeteiligten Partei vom 11. Juni 1996 in ihren Rechten nicht verletzt werde. Der Nachbar habe zwar ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung bestimmter Abstände; es müsse sich hiebei jedoch um solche Abstände handeln, die dem Nachbarn gegenüber einzuhalten seien. Die von der Bauwerberin vorgenommene Projektsänderung stelle eine Einschränkung des Bauvorhabens dar, welche subjektive Nachbarrechte der Beschwerdeführerin nicht berühre. Eine Verletzung des Parteiengehörs infolge Nichtvorlage von Plänen für die Zusammenlegung von Wohnungen und der Streichung eines Stellplatzes könne deswegen nicht angenommen werden. Auch die in einer Auflage im Baubewilligungsbescheid enthaltene Änderung des Bauprojektes betreffend die Hauszugänge berühre kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht der Beschwerdeführerin.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid "in folgenden Rechten verletzt:
a) in der in § 18/1 des OÖ. Straßengesetzes normierten Verpflichtung, wonach Bauten an öffentlichen Straßen nicht näher als 2 m zum Straßenrand, gerechnet vom am weitesten entspringenden Bauteil errichtet werden dürfen;
b) in dem in § 44 alte OÖ. Bauordnung (§ 29/3 OÖ. Bauordnung 1994) normierten Recht, wonach der Bauplan alles zu enthalten hat, was für die Beurteilung des Bauvorhabens nach den Vorschriften dieses Landesgesetzes notwendig ist, sowie § 48 OÖ. Bauordnung, wonach der Bauwerber verpflichtet ist, der Baubehörde einen entsprechend geänderten Bauplan vorzulegen, wenn er im Zuge des Verfahrens das Bauvorhaben ändert;
c) in dem in § 45/3 AVG normierten Recht, daß den Parteien Gelegenheit zu geben ist, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis und Stellung zu nehmen."
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Da zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Oberösterreichischen Bauordnung 1994 am 1. Jänner 1995 (§ 60 Abs. 1 leg. cit.) das der Beschwerde zugrunde liegende Verwaltungsverfahren bereits anhängig war, ist im vorliegenden Verfahren die Oberösterreichische Bauordnung 1976 anzuwenden (vgl. § 58 Abs. 1 Oberösterreichische Bauordnung 1994). Gemäß § 46 Abs. 3 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 (BO) sind öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungsplanes oder Bebauungsplanes stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Hiezu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen.
Die Beschwerdeführerin fühlt sich deshalb in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt, weil das bewilligte Bauvorhaben nicht den Bestimmungen des § 18 Abs. 1 des Oberösterreichischen Straßengesetzes entspricht.
Vorschriften des Baurechtes, des Flächenwidmungsplanes oder des Bebauungsplanes über die Einhaltung bestimmter Abstände (Seitenabstände, Vorgärten, hintere Abstände, Baufluchtlinien), also Entfernungsvorschriften, begründen nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes subjektiv-öffentliche Nachbarrechte (vgl. hiezu die bei Hauer,
Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, Seite 208, dargestellte hg. Rechtsprechung). Abstandsvorschriften nach straßenrechtlichen Bestimmungen - nur auf solche beziehen sich die Einwendungen und der Beschwerdepunkt - dienen ausschließlich dem öffentlichen Interesse, nicht aber dem Interesse der Nachbarn, vermögen daher subjektiv-öffentliche Rechte im Sinne des § 46 Abs. 3 BO nicht zu begründen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1995, Zl. 92/05/0230, sowie das hg. Erkenntnis vom 17. November 1987, Zl. 83/05/0024, BauSlg. Nr. 999). Dem widerspricht auch nicht das von der Beschwerdeführerin zitierte, zur Tiroler Bauordnung ergangene hg. Erkenntnis vom 8. Februar 1987, Slg. Nr. 9.245/A, weil dieses nicht zum OÖ. Straßengesetz 1991 ergangen ist. Ob daher eine Zustimmung der Straßenverwaltung für die Unterschreitung des in § 18 Abs. 1 des Oberösterreichischen Straßengesetzes 1991 normierten Abstandes vorliegt, berührt kein subjektiv-öffentliches Recht der Beschwerdeführerin.
Die zweitmitbeteiligte Bauwerberin hat mit Schriftsatz vom 4. Oktober 1995 eine Projektsänderung dahingehend vorgenommen, daß zwei Wohnungen zusammengelegt und jeweils durch eine im Inneren des Gebäudes vorgesehene Stiege verbunden werden. Eine Projektseinschränkung wurde gleichzeitig dahingehend vorgenommen, daß der Stellplatz Nr. 2 nicht errichtet wird.
Diese Projektsänderung wurde auch der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht. Die Beschwerdeführerin äußerte sich zu dieser Projektsänderung nicht.
Unter Auflagenpunkt 22 im erstinstanzlichen Bescheid wurde der Bauwerberin vorgeschrieben:
"Die Wohnungszugänge im Erdgeschoß im Bereich der Straße sind um 90 Grad zu drehen, sodaß heraustretende Personen nicht direkt in Richtung öffentliches Gut gehen (Schutzbrüstung)."
In bezug auf diese Auflage wiederholt die Beschwerdeführerin ihre bereits in der Vorstellung vorgetragene Rüge, es fehle ein Plan, in dem eine klare Ausführung des Zugangsbereiches zum M-Weg im Detail dargestellt sei. Dies wäre im Hinblick auf die beabsichtigte Verbauungsdichte unbedingt erforderlich. Erst wenn ein Plan im Detail vorliege, sei die Beschwerdeführerin in der Lage, auch detaillierte Einwendungen diesbezüglich zu erheben. Die Beschwerdeführerin habe ein Recht auf Vorlage jener Belege und Pläne, soweit diese erforderlich seien, ihre Rechte zu verfolgen.
Aus der beschränkten Parteistellung des Nachbarn folgt, daß seine prozessualen Rechte nicht weiter gehen können als seine materiellen Rechte; Verfahrensmängel können nur dann zu einer Rechtsverletzung des Nachbarn führen, wenn der Nachbar bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften in einem Recht verletzt sein könnte. Die behaupteten Planmängel bezüglich der vorgeschriebenen 90-gradigen Drehung der Wohnzugänge berühren keine Rechte der Beschwerdeführerin, da diese Zugänge bereits in dem der mündlichen Verhandlung zugrunde liegenden, von der Bauwerberin vorgelegten Plan vorgesehen waren und ist mit der Auflage im Baubewilligungsbescheid keine Vergrößerung des Baues und Verringerung der Abstände zur öffentlichen Verkehrsfläche verbunden ist. Die vorgelegten Planunterlagen haben sohin ausgereicht, der Beschwerdeführerin jene Informationen zu vermitteln, die sie zur Verfolgung ihrer Rechte im Verwaltungsverfahren und vor dem Verwaltungsgerichtshof brauchte. Die durch Auflagepunkt 22 bewirkte Unvollständigkeit der vorgelegten Pläne bedeutet somit keine Beeinträchtigung der Rechte der Beschwerdeführerin.
Die Beschwerdeführerin machte bereits im Vorstellungsverfahren eine Verletzung des Parteiengehörs mit der Begründung geltend, daß im Baubewilligungsbescheid auch Stellungnahmen der Straßenverwaltung vom 11. Juli 1994 und des Fernmeldebauamtes Linz vom 6. Juli 1994 erwähnt seien, welche ihr nicht zur Kenntnis gebracht worden seien.
Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG sind für den Verwaltungsgerichtshof im Rahmen seiner Überprüfung nur jene Verfahrensmängel relevant, bei deren Vermeidung nicht ausgeschlossen werden kann, daß die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Beschwerdeführer, der eine Verfahrensverletzung geltend macht, darzulegen, was er vorgetragen hätte, wenn das Parteiengehör gewahrt worden wäre. Angesichts eines solchen Vorbringens ist es dem Verwaltungsgerichtshof möglich, die Frage zu beurteilen, ob die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschrift zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Im vorliegenden Fall führt die Beschwerdeführerin die Wesentlichkeit des geltend gemachten Verfahrensmangels in diesem Sinn nicht näher aus. Der Verwaltungsgerichtshof kann somit keine Verfahrensverletzung im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG feststellen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/05/0232). Im übrigen ist darauf zu verweisen, daß entgegen dem Beschwerdevorbringen in der mündlichen Verhandlung vom Amtssachverständigen sehr wohl auf die beiden vorzitierten Schreiben hingewiesen worden ist (siehe Amtsgutachten Punkte 21 und 22).
Die Beschwerdeführerin vermag somit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Rahmen der von ihr geltend gemachten Beschwerdepunkte nicht aufzuzeigen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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