VwGH 96/05/0053

VwGH96/05/005325.6.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Gritsch, über die Beschwerde 1) der Gemeinde N und 2) der Bauern-Urbarialgemeinde N, beide vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in N, gegen den Bescheid der Burgenländischen Landesregierung vom 10. August 1995, Zl. VI/1-1314/1-1994, betreffend Einwendungen in einer Bauangelegenheit (mitbeteiligte Parteien: 1. Johann M, 2. Johann V, 3. Ludwig M,

4. Paul B, 5. Viktor E und 6. Dr. Eugen R, die erst- bis fünftmitbeteiligten Parteien vertreten durch Dr. Eugen R, Rechtsanwalt in M), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §42 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §10 Abs1 Z6 idF 1994/011;
BauO Bgld 1969 §10 Abs6 Z5 idF 1994/011;
BauO Bgld 1969 §63 Abs2;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg;
NatSchG Bgld 1990 §52;
VwRallg;
AVG §42 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
BauO Bgld 1969 §10 Abs1 Z6 idF 1994/011;
BauO Bgld 1969 §10 Abs6 Z5 idF 1994/011;
BauO Bgld 1969 §63 Abs2;
BauO Bgld 1969 §94 Abs1;
BauO Bgld 1969 §94 Abs3;
BauRallg;
NatSchG Bgld 1990 §52;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerinnen haben dem Land Burgenland insgesamt Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Peter D und Elvira P sind je zur Hälfte Miteigentümer des Grundstückes Nr. 3271 Wald der Liegenschaft EZ 125, Grundbuch N, mit 4042 m2. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Erstbeschwerdeführerin als Baubehörde erster Instanz vom 24. September 1974 wurde dieses Grundstück zum Bauplatz erklärt und - mit Zustimmung der Grundstückseigentümer - antragsgemäß Kom.Rat. Johann U. mit Bescheid des Bürgermeisters der Erstbeschwerdeführerin vom 24. Setpember 1974 die baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Jagdhütte erteilt. Die Mitbeteiligten sind Rechtsnachfolger des Bauwerbers Kom.Rat. Johann U. Mit Eingabe vom 7. Mai 1993 beantragten die Mitbeteiligten (nach Zurückziehung ihrer übrigen Anträge in der mündlichen Verhandlung vom 7. Mai 1994) die baurechtliche Bewilligung für die (von der mit Bescheid des Bürgermeisters der Erstbeschwerdeführerin vom 24. September 1974 abweichenden) im Zuge der Errichtung des bewilligten Gebäudes erfolgten Änderungen.

Im in der Niederschrift vom 7. Mai 1994 festgehaltenen Befund werden diese Änderungen wie folgt umschrieben:

"Die mit Bescheid vom 24.9.1974 bewilligte Jagdhütte wurde in dem geplanten Ausmaß von 7,5 x 8,64 errichtet. Auch die Umrisse entsprechen hinsichtlich Traufhöhe, Firsthöhe und Dachneigung dem eingereichten Bauobjekt. ... Weiters wurde die Vorderansicht der Jagdhütte entgegen dem bewilligten Projekt in der Form verändert, daß über die gesamte Breite ein Balkon, zugänglich vom Dachgeschoß, sowie ein symmetrisch angeordnetes zweites Fenster im Erdgeschoß und zwei Balkontüren vom ausgebauten Dachgeschoß ausgeführt wurden. An der Rückseite des Bauobjektes wurde in Verlängerung des Stiegenaufganges ebenfalls ein Fenster hergestellt. Mit diesen Veränderungen ergibt sich ein Querbezug mit dem ursprünglich eingereichten Bauvorhaben (Plan vom Mai 1974).

In der inneren Raumeinteilung wurde anstelle des Werkzeug- und Geräteraumes nun - wie ursprünglich vorgesehen - ein Sanitärraum (Bad, WC) und eine Kochnische hergestellt. Der Futterlagerraum im Erdgeschoß mit Kunststoffbodenbelag enthält einen Eßtisch mit Sitzgelegenheiten für zehn Personen, eine Anrichte, einen Kasten und eine Bartheke. Der Aufenthaltsraum für Jäger im Erdgeschoß ist als Schlafraum ausgebildet, ebenso sind im Dachgeschoß zwei Aufenthaltsräume mit Schlafgelegenheiten eingerichtet. Unter der o.a. Theke ist ein Flaschenkeller im Ausmaß von ca. 1,5 x 2,0 m eingerichtet. Für die Beheizung der Hütte wurde ein Kachelofen in der seinerzeit vorgesehenen, aber im Einreichplan nicht mehr aufscheinenden Form hergestellt.

..."

Die Zweitbeschwerdeführerin ist eine Agrargemeinschaft i. S. des § 47 des Burgenländischen Flurverfassungs-Landesgesetzes und Eigentümerin eines ca. 240 ha großen Waldgrundstückes in unmittelbarer Nähe des obbezeichneten Grundstückes.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf vom 18. August 1994 wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 53 AVG und §§ 88, 93 Abs. 1 und 108 der Bgld. Bauordnung i. V.m. der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom 4. Dezember 1991, mit der die Besorgung von Angelegenheiten bestimmter Gemeinden aus dem Bereich der örtlichen Baupolizei auf die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft übertragen wird, LGBl. Nr. 97/1991 in der geltenden Fassung, die baubehördliche Bewilligung "für die aus dem Befund ersichtlichen Änderungen der bestehenden Jagdhütte auf der Liegenschaft Grundstück Nr. 3271, KG N, mit Ausnahme des 2,0 x 2,50 m großen Zubaus" unter Auflagen erteilt. Gleichzeitig wurde den mitbeteiligten Parteien gemäß § 104 Abs. 3 der Bgld. Bauordnung aufgetragen, diesen Zubau binnen drei Monaten ab Zustellung des Bescheides zu entfernen. Die von der Zweitbeschwerdeführerin erhobenen Einwendungen wurden teilwese als unbegründet abgewiesen, teilweise als unzulässig zurückgewiesen. Über die Einwendungen der Erstbeschwerdeführerin wurde nicht abgesprochen.

In der von den Beschwerdeführerinnen dagegen erhobenen Berufung wurde ausgeführt, daß die erstbeschwerdeführende Gemeinde ihre Berufungslegitimation darauf stütze, daß sie Verwalterin der Gemeindestraße Grundstück Nr. 5568 der Liegenschaft EZ 2, KG N (öffentliches Gut), sei, welche an das betroffene Grundstück grenze. Das Recht zur Erhebung der Berufung werde auch auf § 52 Bgld. Naturschutz- und Landschaftspflegegesetz "per Analogie" gestützt. Wesentliche öffentliche Interessen seien durch das gegenständliche Bauvorhaben betroffen. Im Fall der Delegierung von Aufgaben aus dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde an die Bezirkshauptmannschaft - wie im vorliegenden Fall - müsse der Gemeinde das Recht zur Wahrnehmung von Gemeindeinteressen zustehen; auch daraus resultiere die Legitimation zur Erhebung der Berufung. Die im Jahre 1974 bescheidmäßig ausgesprochene Bauplatzerklärung sei "für die Errichtung einer Jagdhütte" erfolgt. Die Baubewilligung habe sich ebenfalls auf die Errichtung einer Jagdhütte bezogen; tatsächlich sei jedoch ein "Wochenendhaus" errichtet worden. Hierauf habe sich aber die Bauplatzerklärung nicht bezogen. Es bedürfe daher einer Bauplatzerklärung gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 und 6 der Bgld. Bauordnung in der Fassung der Bauordnungsnovelle 1993. Da eine solche nicht vorliege, hätte der gegenständliche Antrag der mitbeteiligten Parteien abgewiesen werden müssen. Das Bauvorhaben hätte auch deshalb nicht bewilligt werden dürfen, weil die Wasserversorgung des Gebäudes nicht sichergestellt sei. Da die Antragsteller nicht Jagdpächter seien, könne das gegenständliche Gebäude auch nicht als Jagdhütte benützt werden. Die Bauführung widerspreche daher auch der Widmungsbewilligung. Das Gebäude widerspreche auch dem Landesentwicklungsprogramm Mittleres Burgenland. Die Beschwerdeführerinnen hätten in der Bauverhandlung auch auf mögliche Immissionen (wie Lärm usw.) hingewiesen, die von einem Ferien- und Wochenendhaus ausgingen und eine Beeinträchtigung der Ausübung der Jagd bedeuteten.

Mit dem angefochtenen Bescheid der Bgld. Landesregierung vom 10. August 1995 wurde die Berufung teilweise ab-, teilweise zurückgewiesen und es wurden die Beschwerdeführerinnen "zur Durchsetzung der Einwendungen auf den Zivilrechtsweg verwiesen".

In der Begründung wurde hiezu - soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich - ausgeführt, Gegenstand des vorliegenden Verwaltungsverfahrens sei die Bewilligung der Änderung eines Gebäudes, für das es (in seinen Umrissen) bereits eine rechtskräftige Bauplatzerklärung und eine rechtskräftige Baubewilligung aus dem Jahre 1974 gäbe. Die Frage der Wasserversorgung sei nicht Gegenstand einer subjektiv öffentlich-rechtlichen Einwendung eines Nachbarn im Sinne der Bgld. Bauordnung. Die Einwendung, daß mit der Nutzung des Gebäudes mögliche Immissionen (Lärm usw.) zu erwarten seien, die eine Beeinträchtigung der Ausübung der Jagd bedeuten würden, stelle ebenfalls keine subjektiv öffentlich-rechtliche Einwendung dar. Der Schutz der Immissionen erstrecke sich nur auf natürliche Personen und nicht auch auf Tiere. Die Einwendung wäre nur zulässig, wenn der Berufungswerber selbst durch die Immission (Lärm) unzumutbar beeinträchtigt würde. Bei den Beschwerdeführerinnen handle es sich jedoch um juristische Personen, bei denen eine Beeinträchtigung wie z.B. durch Lärm ausgeschlossen sei. Der Einwand, der seinerzeitige Bauwerber Kom.Rat. Johann U. habe sich verpflichtet, nach Ablauf der Pachtdauer die Jagdhütte einem neuen Jagdpächter zur Verfügung zu stellen oder abzutragen, sowie der Einwand, es sei zu erwarten, daß für den Fall der Benützung der Jagdhütte als Wochenend- und Ferienhaus neue Jagdpächter abgehalten würden, die Pacht zu einem angemessenen Pachtzins zu übernehmen und dadurch ein möglicher Einnahmenausfall eintreten könnte, stellten ebenfalls keine im Baubewilligungsverfahren beachtliche Einwendungen dar.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung der Behandlung mit Beschluß vom 28. November 1995, B 3401/95-3, an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Die Beschwerdeführerinnen erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihren Rechten insoferne verletzt, als die belangte Behörde entgegen den Bestimmungen des § 94 Abs. 3 Bgld. Bauordnung eine nachträgliche Baubewilligung erteilt hat, obwohl diese wegen berechtigter öffentlich-rechtlicher Einwendungen ... zu versagen gewesen wäre".

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete, ebenso wie die mitbeteiligten Parteien, eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit ihrem Antrag vom 7. Mai 1993 begehren die mitbeteiligten Parteien die Bewilligung von Änderungen der mit Baubewilligungsbescheid der Erstbeschwerdeführerin als Baubehörde erster Instanz vom 24. September 1974 erteilten Baubewilligung für die Errichtung einer Jagdhütte.

Gemäß § 88 Abs. 1 der Bgld. Bauordnung, LGBl. Nr. 13/1970, in der im Hinblick auf die Erlassung des angefochtenen Bescheides am 11. Februar 1994 in Kraft getretenen Bauordnungsnovelle 1993, LGBl. Nr. 11/1994 (BO), bedarf einer Bewilligung (Baubewilligung) der Behörde

...

  1. 5. die Abänderung, Instandhaltung oder die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden, Gebäudeteilen, einzelner Räume und von Bauteilen, wenn die Festigkeit, die Brandsicherheit, die gesundheitlichen Verhältnisse, das Orts- oder Landschaftsbild beeinflußt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten.

Aus dem einen integrierenden Bestandteil des erstinstanzlichen Bescheides bildenden Befund betreffend die gegenständlichen, am bewilligten Gebäude vorgenommenen Änderungen ergibt sich, daß es sich hiebei um ein Bauvorhaben im Sinne des § 88 Abs. 1 Z. 5 BO handelt.

Gemäß § 92 Abs. 1 BO hat die Baubehörde - ausgenommen den Fall des § 93 Abs. 3 - über jedes Ansuchen gemäß § 90 eine mündliche Verhandlung vorzunehmen, die mit einem Augenschein an Ort und Stelle zu verbinden ist. Zur mündlichen Verhandlung sind Beteiligte und Parteien (§ 8 AVG), Verfasser der Pläne und Berechnungen, beteiligte Behörden und der allenfalls schon bestellte Bauführer unter Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG zu laden.

Gemäß § 93 Abs. 3 leg. cit. ist das Ansuchen ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzuweisen, wenn sich aus dem Ansuchen und den angeschlossenen Unterlagen ergibt, daß das Vorhaben dem Flächenwidmungsplan, dem Bebauungsplan bzw. Teilbebauungsplan oder den Bebauungsrichtlinien widerspricht - oder soweit das Bauvorhaben nach § 10 einer Bauplatzerklärung bedarf - eine solche nicht vorliegt und nicht gleichzeitig darum angesucht wird.

Gemäß § 94 Abs. 1 BO sind Nachbarn im Verfahren gemäß § 92 Parteien (§ 8 AVG). Der Nachbar kann gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß er durch das Vorhaben in einem subjektiven Recht verletzt wird.

Gemäß Abs. 2 dieses Paragraphen hat die Behörde, sofern das Recht, dessen Verletzung behauptet wird, im Privatrecht begründet ist (privatrechtliche Einwendung), einen gütlichen Ausgleich zu versuchen; kommt eine Einigung zustande, ist sie in der Verhandlungsschrift festzuhalten. Ist über privatrechtliche Einwendungen keine Einigung zustande gekommen, sind die streitenden Teile hinsichtlich dieser Einwendungen auf den Rechtsweg zu verweisen. Diese Einwendungen sind im Bescheid ausdrücklich anzuführen.

Wird die Verletzung von Vorschriften dieses Gesetzes oder von sonstigen baurechtlichen Vorschriften des Landes behauptet, die nicht nur dem öffentlichen Interesse sondern auch dem Interesse der Nachbarn dienen (öffentlich-rechtliche Einwendung), so hat gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle die Baubehörde hierüber im Bescheid (§ 93 Abs. 2) zu erkennen und die Einwendung als unbegründet abzuweisen oder die Bewilligung zu versagen. Öffentlich-rechtliche Einwendungen können insbesondere auf die Vorschriften über die Bebauungsweise, die Entfernung der Bauten von den Nachbargrenzen oder Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Beschaffenheit des Bauplatzes und die Vorschriften, die den Schutz der Nachbarn vor Immissionen zum Gegenstand haben, gestützt werden.

Gemäß Abs. 4 dieses Paragraphen sind andere Einwendungen als unzulässig zurückzuweisen.

Der Begriff "Nachbar" wird in der Bgld. Bauordnung nicht näher umschrieben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Nachbarn im Geltungsbereich der Bgld. Bauordnung die Eigentümer jener Liegenschaften, die zu der zur Verbauung vorgesehenen Liegenschaft in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, daß der geplante Bau oder dessen konsensgemäße Benützung Einwirkungen auf diese Liegenschaften ausüben können, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet. Somit begründet bereits die Möglichkeit der Beeinträchtigung der Rechtssphäre die Eigenschaft als Nachbar. Nachbar ist demnach nicht nur der Anrainer, also derjenige, dessen Grundstück mit dem zu verbauenden Grundstück eine gemeinsame Grundgrenze hat, sondern Nachbar kann auch der Eigentümer eines Grundstückes sein, das vom Baugrundstück durch ein dazwischenliegendes Grundstück getrennt ist. Je nach Größe des dazwischenliegenden Grundstückes und je nach der Art des Bauvorhabens kann ein unterschiedlich großer Personenkreis in Betracht kommen. Voraussetzung der Parteistellung des Nachbarn ist nicht die tatsächliche Verletzung von Nachbarrechten, vielmehr reicht zur Begründung der Parteistellung die Möglichkeit einer derartigen Verletzung aus (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 15. Februar 1994, Zl. 93/05/0249, BauSlg. Nr. 27/1994).

Worauf die Erstbeschwerdeführerin ihre Parteistellung stützt, wurde in der Verhandlung vor der Baubehörde erster Instanz am 17. Mai 1994 nicht näher konkretisiert. Der Vertreter der Erstbeschwerdeführerin gab vielmehr nur die Erklärung ab, sich den Ausführungen der Zweitbeschwerdeführerin anzuschließen; im übrigen wurde nur ausgeführt, daß die Jagdhütte von den Mitbeteiligten bis zur nächsten Verpachtung nicht genutzt werden könne und der Verlust des Jagdpachtschillings einen großen Schaden für die Erstbeschwerdeführerin darstelle. In der Berufung stützt die Erstbeschwerdeführerin ihre Berufungslegitimation auf ihre Stellung als Verwalterin des öffentlichen Gutes in bezug auf die dem betroffenen Grundstück unmittelbar benachbarte Gemeindestraße. Abgesehen davon, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22. Dezember 1952, Slg. Nr. 2795/A, und in der daran anschließenden Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen ausgeführt hat, daß der Gemeinde als Eigentümerin eines als Verkehrsfläche gewidmeten Grundstückes im Verfahren betreffend die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Gebäudes auf einem angrenzenden Grundstück nicht die Eigenschaft eines Anrainers zukommt, hat die Erstbeschwerdeführerin als Vertreterin des von ihr verwalteten öffentlichen Gutes keine Einwendungen im Sinne des § 94 Abs. 3 BO erhoben, zu deren Abwehr die Bauordnung eine Handhabe bietet. Im übrigen verweist § 92 BO bezüglich der Parteistellung im Baubewilligungsverfahren auf § 8 AVG. Nur soweit sich aus den von der Behörde in einem bestimmten Fall anzuwendenden materiellen Vorschriften - dies ist im vorliegenden Fall die Bgld. Bauordnung - eine Berechtigung (Rechtsanspruch, rechtliches Interesse) ergibt, besteht ein Rechtsanspruch an der betreffenden Verwaltungssache (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A). Eine - wie von der Erstbeschwerdeführerin gefordert - analoge Anwendung des § 52 Bgld. Naturschutzgesetz kommt, da bezüglich der Regelung der Parteistellung keine planwidrige Unvollständigkeit des hier anzuwendenden Gesetzes vorliegt, nicht in Betracht. Schon aus diesen Gründen vermag die Erstbeschwerdeführerin eine Verletzung ihrer vom Beschwerdepunkt umfaßten subjektiven Rechte nicht aufzuzeigen.

In der Beschwerde wird im übrigen ausgeführt, daß mit dem nunmehrigen Baubewilligungsbescheid eine Bewilligung für ein Ferien- und Wochenendhaus erteilt worden sei. Dies hätte jedoch eine Bauplatzerklärung erfordert. Die seinerzeitige Bauplatzerklärung reiche nicht aus, um das gegenständliche Bauvorhaben abzudecken. Die bestehende Bauplatzerklärung bezöge sich auf eine "Jagdhütte".

Mangels einer entsprechenden Übergangsbestimmung hatten die Baubehörden auf den gegenständlichen Beschwerdefall bereits die Bestimmungen des § 10 BO in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 11/1994 anzuwenden. Gemäß Abs. 1 Z. 6 dieser Gesetzesstelle bedürfen einer Bauplatzerklärung der Baubehörde, mit der das betroffene Grundstück in einem nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen durchzuführenden Verfahren für die Bebauung oder für eine sonstige in diesem Absatz genannte Maßnahme geeignet erklärt wird, die Abänderung oder Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden, Gebäudeteilen, einzelner Räume und von Bauteilen, wenn die Festigkeit, die Brandsicherheit, die gesundheitlichen Verhältnisse, das Orts- oder Landschaftsbild beeinträchtigt oder Rechte der Nachbarn verletzt werden könnten, und die entsprechenden Maßnahmen neue Feststellungen oder Festlegungen nach §§ 3 oder 12 erfordern.

Daß eine Änderung des Verwendungszweckes von Gebäudeteilen bzw. einzelner Räume durch die vom Antrag umfaßten baulichen Maßnahmen erfolgt ist, wurde bereits oben als gegeben dargelegt. Die belangte Behörde hat die Bauplatzerklärung im vorliegenden Fall für nicht erforderlich erachtet, da sie vom Vorliegen einer Bauplatzerklärung ausgegangen ist. Ob diese Rechtsansicht im vorliegenden Fall richtig ist oder - wie die Beschwerdeführerinnen meinen - § 10 Abs. 5 BO nicht anzuwenden ist, kann im vorliegenden Fall aus folgenden Gründen dahingestellt bleiben:

Gemäß § 10 Abs. 6 BO sind Parteien im Bauplatzerklärungsverfahren

...

  1. 5. die Nachbarn (§ 94).

Mit der Bauordnungsnovelle 1993 wurde nunmehr den Nachbarn auch im Bauplatzerklärungsverfahren Parteistellung eingeräumt. Hiezu führen die Erläuterungen (vgl. hiezu Scheinecker, Burgenländisches Baurecht, Ergänzungsband 1994, S. 35) aus:

"...

Auch der bisherige Ausschluß der Nachbarn als Parteien im Bauplatzerklärungsverfahren führte in der Verwaltungspraxis zu beträchtlichen Problemen. Nachbarn konnten erst im Baubewilligungsverfahren Festlegungen aus Bauplatzerklärungsverfahren, die ihre subjektiv-öffentlichen Rechte beeinträchtigten, bekämpfen. Wenn die Nachbarn ihre Einwendungen bereits im Bauplatzerklärungsverfahren vorbringen können, werden den Bauwerbern aufwendige Fehlplanungen für das Baubewilligungsverfahren erspart und in vielen Fällen lange Streitverfahren vermieden. Den Nachbarn wird daher Parteistellung auch im Bauplatzerklärungsverfahren eingeräumt."

Der diesen Erläuterungen zu entnehmenden gesetzgeberischen Absicht entspricht es sohin, dem Nachbarn im Bauplatzerklärungsverfahren Parteistellung wie im Baubewilligungsverfahren zuzuerkennen. Der Nachbar soll bereits im Bauplatzerklärungsverfahren Einwendungen vorbringen können, die seine subjektiv-öffentlichen Rechte betreffen.

Das im § 94 Abs. 3 BO verankerte Mitspracherecht des Nachbarn im baurechtlichen Bewilligungsverfahren ist aber zweifach beschränkt. Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Eiwendungen wirksam geltend gemacht hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 23. April 1996, Zl. 95/05/0301, mit weiteren Nachweisen). Daß dieses beschränkte Mitspracherecht des Nachbarn auch im Bauplatzerklärungsverfahren gelten soll, ergibt sich auch aus dem im § 10 Abs. 6 Z. 5 BO im Klammerausdruck enthaltenen Verweis auf § 94 BO (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0329). Die Parteistellung des Nachbarn im Bauplatzerklärungsverfahren nach § 10 BO ist somit - wie das Mitspracherecht des Nachbarn im baurechtlichen Bewilligungsverfahren - insoweit beschränkt, als baurechtliche Vorschriften dem Nachbarn subjektiv-öffentliche Rechte einräumen und der Nachbar rechtzeitig entsprechende Einwendungen wirksam erhoben hat (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, Slg. Nr. 10.317/A).

Auf den vorliegenden Beschwerdefall angewendet bedeutet dies, daß die allenfalls nach § 10 Abs. 1 Z. 6 BO erforderliche, aber fehlende Bauplatzerklärung im gegenständlichen Beschwerdeverfahren nur insoweit beachtlich wäre, als dadurch subjektiv-öffentliche Rechte der Zweitbeschwerdeführerin verletzt worden wären. Eine derartige Rechtsverletzung wurde jedoch in der Beschwerde nicht aufgezeigt.

Das gegenständliche Grundstück befindet sich nach den Beschwerdeausführungen im "Grünland" und ist vom Ortskern ca. 2,5 km entfernt. Mit der Widmung Grünland ist kein Immissionsschutz verbunden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. August 1995, Zl. 95/05/0095). Gemäß § 63 Abs. 2 BO sind für Bauten, die nach Größe, Lage und Verwendungszweck erhöhten Anforderungen hinsichtlich Festigkeit, Brandschutz, Sicherheit und Gesundheit entsprechen müssen oder die Belästigungen der Nachbarn erwarten lassen, welche das örtlich zumutbare Maß übersteigen, die zur Abwehr dieser Gefahren oder Belästigungen nötigen Vorkehrungen vorzuschreiben, wenn keine besonderen Bauvorschriften bestehen. Diese Auflagen haben sich insbesondere auf Größe und Ausstattung der Stiegen, Gänge, Ausfahrten, Einstellplätze und Garagen, Ausgänge, Türen und Fenster, besondere Konstruktionen der Wände und Decken, die Einrichtung von Brandwänden sowie das Anbringen von Feuerlösch- und Feuermeldeanlagen zu beziehen.

§ 63 Abs. 2 BO verpflichtet somit die Baubehörde, wenn die in einer geplanten Baulichkeit nach deren Zweckbestimmung zu erwartenden Folgen erfahrungsgemäß das ortsübliche Maß übersteigende BELÄSTIGUNGEN DER NACHBARSCHAFT erwarten lassen, durch Auflagen dafür Sorge zu tragen, daß durch eine entsprechende bautechnische Ausgestaltung der Baulichkeit ein erhöhter Schutz vor den zu erwartenden Belästigungen dieser Art sichergestellt ist. Diese Vorschrift dient nicht nur den öffentlichen Interessen sondern im Hinblick auf die räumliche Nähe auch dem Anrainer (vgl. hiezu Scheinecker, Burgenländisches Baurecht, S. 250, Anm. 20, sowie das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 1995, Zl. 94/05/0284, bezüglich der insoweit vergleichbaren Rechtslage des § 62 Abs. 2

NÖ. BO 1976). Aus § 94 Abs. 3 i.V.m. § 63 Abs. 2 BO erwächst daher dem Nachbarn ein subjektiv-öffentliches Recht auf Schutz vor z.B. Geruchs- und Lärmbelästigung. Der im § 63 Abs. 2 leg. cit. normierte allgemeine Schutz des Nachbarn vor Belästigungen durch Immissionen gewährt allerdings - anders als der durch einzelne Widmungs- und Nutzungsarten eingeräumte Immissionsschutz - keinen absoluten, zu einer Versagung des Bauvorhabens führenden Immissionsschutz des Nachbarn. Die Baubehörde hat aber jene Anordnungen zu treffen, die Belästigungen der Nachbarn, welche das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigen, hintanhalten. Unter der Voraussetzung der Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmungs- und Nutzungsart haben die Nachbarn einen Anspruch darauf, daß sie durch die Vorschreibung nötiger Vorkehrungen vor das örtlich zumutbare Ausmaß übersteigenden Gefahren und Belästigungen geschützt werden.

Keinesfalls bietet jedoch diese Gesetzesstelle einen Immissionsschutz in bezug auf die auf dem Nachbargrundstück frei herumlaufenden Wildtiere und vor einer "Beeinträchtigung der Jagd".

Ob das bewilligte Haus hinreichend mit Wasser versorgt wird, betrifft ebenso kein im § 94 Abs. 3 BO verankertes subjektiv-öffentliches Nachbarrecht der Beschwerdeführerinnen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1983, Zl. 82/06/0193), wie die Frage, ob das Haus im Widerspruch zum Landesentwicklungsprogramm des Landes Burgenland steht. Der Nachbar hat nicht schlechthin einen Rechtsanspruch auf Einhaltung von Abständen, sondern es muß sich um Abstände handeln, die ihm gegenüber einzuhalten sind (vgl. hiezu Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 4. Auflage, S. 209). Der von der Zweitbeschwerdeführerin erhobene Vorwurf, der Abstand zum Grundstück Nr. 3272 werde nicht eingehalten, verletzt nicht ihre Rechte, da sie nicht Eigentümerin dieses Grundstückes ist. Warum die vorgeschriebenen Feuerschutzmaßnahmen nicht ausreichen sollen, wird in der Beschwerde nicht näher ausgeführt. Schon die Baubehörde erster Instanz hat diesbezüglich auf die in ihrem Bescheid enthaltenen Auflagenpunkte verwiesen, die auf Grund des Gutachtens des bautechnischen Amtssachverständigen in den Bescheid aufgenommen worden sind. Diesem Gutachten sind die Beschwerdeführerinnen nicht mit einer entsprechenden Begründung entgegengetreten.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

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