Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
GewO 1994 §360 Abs1;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
GewO 1994 §360 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Bezirkshauptmannschaft Weiz richtete an die Beschwerdeführerin folgende Erledigung vom 25. Juli 1994:
"Es wurde festgestellt, daß Sie eine Betriebsanlage oder Änderungen einer Betriebsanlage in Betrieb haben, für die keine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung vorliegt.
Folgende Anlagen, Maschinen, Geräte waren am Tage der Erhebung errichtet/in Betrieb:
- Kappanlage, Tankanlage und Handwerkstätte, sowie die im südlichen Teil des Areales gelegene Lagerfläche für Holz -
Diese Anlagen sind geeignet,
- 1.) Leben und Gesundheit des Betriebsinhabers, der mittätigen Familienangehörigen, von Nachbarn oder Kunden zu beeinträchtigen.
- 2.) die Nachbarn durch Lärm, Luftschadstoffe (Geruch), zu belästigen.
- 3.) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen.
Sie werden daher dringend eingeladen, binnen 6 Wochen ab Zustellung dieses Schreibens, die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes nachweislich und in schriftlicher Form der Bezirkshauptmannschaft Weiz bekanntzugeben.
Sie werden darauf aufmerksam gemacht, daß ein VERWALTUNGSSTRAFVERFAHREN eingeleitet werden muß und die Bezirkshauptmannschaft Weiz gemäß § 360 Abs. 1 ff der Gewerbeordnung 1994, mit Bescheid die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, z.B. durch die Stillegung und in der Folge Beseitigung der oben angeführten nicht genehmigten, genehmigungspflichtigen Maschinen oder Anlagen, zu erzwingen hätte.
Um die aufgezeigten Folgen zu vermeiden, ersuchen wir nochmals, die Vorlagefrist unbedingt einzuhalten."
In weiterer Folge wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 22. September 1995 gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 gegen die Beschwerdeführerin "als Anlageninhaber nicht genehmigter Betriebsanlagenerweiterungen der mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 10.4.1990, in Verbindung mit dem Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark, vertreten durch das Amt der Stmk. Landesregierung, Rechtsabteilung 4, vom 15.10.1990, genehmigte Betriebsanlage auf dem Grundstück Nr. 219/1, KG. P, zur Ausübung des Sägergewerbes folgende einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen verfügt: Die Kappanlage (im Nordteil des Betriebes), die Eigentankanlage und die Handwerkstätte, sowie die im südlichen Teil des Areals zusätzlich angelegten Lagerflächen für Holz, sind still zu legen". Hiefür wurde eine Frist von drei Monaten ab Zustellung verfügt.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es (sinngemäß zusammengefaßt), anläßlich einer Überprüfungsverhandlung am 2. Dezember 1991 seien verschiedene (näher bezeichnete) Betriebsanlagenerweiterungen festgestellt worden. In der Folge habe die Beschwerdeführerin um Genehmigung der vorgefundenen Änderungen angesucht. Bevor dieses Verfahren abgeschlossen worden sei, habe die Beschwerdeführerin jedoch mitgeteilt, daß das Behauwerk zur Gänze durch einen Brand zerstört worden sei. Am 3. Mai 1993 sei festgestellt worden, daß die abgebrandte Behauanlage mittlerweile wieder errichtet worden sei und die seinerzeit vorgefundene Kappsäge sowie die Eigentankanlage (beide nicht genehmigt) noch immer in Betrieb gestanden seien. Auch die Erweiterung der Holzlagerflächen sei nach wie vor "vorhanden" gewesen. Ein neuerliches Änderungs- und Erweiterungsansuchen sei, da die von den Sachverständigen geforderten Unterlagen nicht vollständig beigebracht worden seien, zurückgewiesen worden. Nach Feststellung durch den Gendarmerieposten R, daß die Kappanlage, die Eigentankanlage und die Handwerkstätte, sowie die zusätzlichen Holzlagerflächen im südlichen Teil des Areals betrieben würden, sei mit Schreiben vom 25. Juli 1994 "gemäß § 360 Abs. 1 der Gewerbeordnung, in Anbetracht der bisher schon verstrichenen Zeit, eine Frist von 6 Wochen zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes gewährt" worden. In der Folge habe die Beschwerdeführerin erneut den Antrag auf Betriebsanlagenänderung und -erweiterung gestellt und wiederum fehlerhafte Planunterlagen vorgelegt. Auch für diesen neuerlichen Antrag lägen mittlerweile noch keine für die Genehmigungsverhandlung ausreichenden Planunterlagen vor. Es sei zuletzt mit Schreiben vom 30. August 1995 ein Fristerstreckungsansuchen für die Planvorlage gestellt worden. Es sei eine Betriebsanlagengenehmigung bis heute nicht erwirkt worden. Die (im Spruch bezeichneten) Anlagen seien geeignet,
1) Leben und Gesundheit des Betriebsinhabers, der mittätigen Familienangehörigen, von Nachbarn oder Kunden zu beeinträchtigen, 2) die Nachbarn durch Lärm, Luftschadstoffe (Geruch) zu belästigen und 3) eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen. Sie seien daher genehmigungspflichtig. Zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes sei eine Interessenabwägung zur Vermeidung ungerechtfertigter Härten nicht zulässig, weiters sei es nicht entscheidend, ob durch den Betrieb dieser Anlagen Belästigungen oder Gefährdungen ausgingen. Die Behörde habe lediglich geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung des Zustandes, der vor Setzung der rechtswidrigen Handlung geherrscht habe, zu verfügen. Diese Maßnahmen seien auch beispielsweise im Gesetz genannt und würden in diesem Sinne vorgeschrieben.
Die dagegen von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung wies der Landeshauptmann von Steiermark mit Bescheid vom 24. Jänner 1996 als unbegründet ab und bestätigte den bekämpften Bescheid "zur Gänze".
In der Begründung dieses Bescheides wird zusammenfassend festgehalten, daß die Gewerbebehörde erster Instanz zu Recht unter Heranziehung der Bestimmung des § 360 Abs. 1 GewO 1994 einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen verfügt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach dem gesamten Vorbringen erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht verletzt, daß die in Rede stehende, auf § 360 Abs. 1 GewO 1994 gestützte Verfügung unterbleibe. Sie bringt hiezu u.a. vor, es sei keine Verfahrensanordnung (zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes) im Sinne des Gesetzes erlassen worden.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht.
Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z. 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stillegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes zu verfügen.
Mit Beschluß vom 21. September 1993, Slg. N.F.
Nr. 13.893/A, hat der Verwaltungsgerichtshof dargelegt, daß der im § 360 Abs. 1 erster Satz GewO 1994 vorgesehenen Verfahrensanordnung Bescheidcharakter nicht zukommt.
Die im § 360 Abs. 1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat aber zur Voraussetzung, daß eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung ("mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern") gesetzt werden darf. Das Fehlen dieser Voraussetzung (der Aufforderung im Sinne des Gesetzes) bewirkt, daß die Maßnahme, als mit dem Mangel eines gesetzlichen Erfordernisses behaftet, unzulässig ist (vgl. sinngemäß das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 1988, Zl. 86/04/0048).
Damit stellt sich aber weiters die Frage, welchen (u.a.) inhaltlichen Erfordernissen eine solche Aufforderung entsprechen muß, um als eine solche im Sinne des Gesetzes angesehen werden zu können.
Nach dem Wortlaut des § 360 Abs. 1 GewO 1994 ist zwischen dem vom (hier) Anlageninhaber zu setzenden Verhalten und den von der Behörde zu verfügenden Maßnahmen zu unterscheiden. Sache des (hier) Anlageninhabers ist es, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen und zwar auf die von ihm zu wählende Art und Weise, d.h. mit den von ihm zu wählenden Maßnahmen. Tut er dies nicht innerhalb der festgesetzten Frist, so hat die Behörde die zu Erreichung des Sollzustandes notwendigen Maßnahmen (bescheidmäßig) zu verfügen. In der Verfahrensanordnung sind daher nicht bereits die Maßnahmen, wohl aber der Sollzustand und zwar so hinreichend konkret zu beschreiben, daß kein Zweifel daran bestehen kann, welches Ergebnis der (hier) Anlageninhaber innerhalb der gesetzten Frist zu bewirken hat.
Dies ist im vorliegenden Fall nicht geschehen. In der Verfahrensanordnung wird nämlich auf "errichtet/in Betrieb" abgestellt und damit auf zwei alternative Tatbestände (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. März 1993, Zl. 91/04/0220). Es bleibt damit offen, welche Sollordnung die Beschwerdeführerin (innerhalb der gesetzten Frist) herzustellen hatte: Die Sollordnung in Ansehung der Änderung der gewerblichen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung oder des Betreibens nach der Änderung oder (kumulativ) beider Tatbestände. Dabei ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht nachvollziehbar, auf welche Sollordnung (Errichtung und/oder Betrieb) sich die von der Behörde gesetzte Frist zur "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" bezieht (und die sich damit einer Prüfung auf deren Angemessenheit entzieht).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Mehrbegehrens betrifft nicht erforderlichen Stempelgebührenaufwand.
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