VwGH 95/21/1248

VwGH95/21/124821.2.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde des G in B, vertreten durch Dr. F, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 13. Oktober 1995, Zl. Fr 904/95, betreffend Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §28;
StGB §146;
StGB §147;
FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §20 Abs1;
FrG 1993 §28;
StGB §146;
StGB §147;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 13. Oktober 1995 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen kanadischen Staatsangehörigen, gemäß § 18 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm den §§ 19 bis 21 des Fremdengesetzes (FrG) ein bis zum 10. Dezember 2004 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei in Österreich geboren worden und habe hier auch die Schule besucht, sei jedoch im Jahr 1966 ausgewandert und habe die kanadische Staatsangehörigkeit angenommen. In Kanada lebten seine geschiedene Ehefrau und seine beiden Kinder. Der Beschwerdeführer sei im Jahr 1991 nach Österreich zurückgekehrt, wo er sich am 7. Juni 1991 in Baden polizeilich angemeldet habe. Im Bundesgebiet lebe die querschnittgelähmte Mutter des Beschwerdeführers, um die er sich kümmere.

Der Beschwerdeführer sei am 30. März 1994 vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1, Abs. 3 StGB iVm § 12 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Aufgrund dieser rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilung sei der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und die im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt. Das Aufenthaltsverbot sei trotz des Eingriffes in sein Privat- und Familienleben zulässig, weil es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten sei (§ 19 FrG). Das Aufenthaltsverbot sei nicht nur zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen dringend geboten, sondern auch im Hinblick auf den anzunehmenden Verstoß des Beschwerdeführers gegen das zwischen Österreich und Kanada bestehende Sichtvermerksabkommen. Der Beschwerdeführer sei danach regelmäßig sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist, wobei er anläßlich einer Erhebung durch den Gendarmerieposten Baden im Juli 1994 angegeben habe, sich lediglich bis zu drei Monaten im Bundesgebiet aufzuhalten, um dann nach einem jeweils kurzen Auslandsaufenthalt wiederum für 3 Monate nach Österreich zurückzukehren. Dieses Verhalten stelle eine Umgehung des genannten Abkommens dar. Daraus erweise sich, daß der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet maßgebliche öffentliche Interessen (derartigen fremdenrechtlichen Bestimmungen käme für die öffentliche Ordnung eine maßgebliche Bedeutung zu) gefährde. Auch § 20 Abs. 1 FrG stehe der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen, weil sich die familiären Beziehungen des Beschwerdeführers in Österreich auf seine Mutter beschränkten, die er selbst ohnehin nicht ständig habe pflegen können. So sei der Beschwerdeführer zuletzt in der Zeit vom 11. Februar 1993 bis 30. März 1994 in Untersuchungshaft gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und "Verfahrensmängel" geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Die Beschwerde bestreitet nicht die - zutreffende - Auffassung der belangten Behörde, daß durch die angeführte gerichtliche Verurteilung der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllt und durch das Verhalten des Beschwerdeführers die in § 18 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme erfüllt sei. Ebensowenig bekämpft die Beschwerde die Ausführungen, daß angesichts der erwähnten Verurteilung das Aufenthaltsverbot im Grunde des § 19 FrG zulässig sei.

Allerdings wendet sich die Beschwerde gegen die im angefochtenen Bescheid dargestellte Annahme, daß der Beschwerdeführer auch eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle, weil dieser unter Ausnützung des Sichtvermerksabkommens zwischen Österreich und Kanada die fremdenrechtlichen Bestimmungen über die Einreise und den Aufenthalt verletzt habe. Ob dies der Fall ist, kann allerdings dahingestellt bleiben, weil sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes allein aufgrund der Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen Wien als zulässig erweist.

Der Beschwerdeführer bekämpft die von der belangten Behörde gemäß § 20 Abs. 1 FrG vorgenommene Interessenabwägung mit dem Hinweis auf seine in Österreich lebende querschnittgelähmte Mutter, um deren Pflege er sich kümmern müsse. Aus diesem Grund sei er auch darauf angewiesen, daß die Mutter für seinen Lebensunterhalt aufkomme. Die belangte Behörde hätte auf die §§ 29, 31 Abs. 3 Z. 2 FrG Bedacht nehmen müssen, weil seine Mutter österreichische Staatsangehörige sei und nach § 31 Abs. 1 FrG die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen nur dann zulässig sei, wenn aufgrund seines Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sei. Überdies würde ihm seine Mutter gemäß § 29 Abs. 3 Z. 2 leg. cit. für die Dauer seines Aufenthaltes in Österreich Unterhalt gewähren. Diesen Beschwerdeausführungen ist entgegenzuhalten, daß der in § 28 Abs. 1 FrG definierte Begriff "EWR-Bürger" österreichische Staatsbürger nicht miteinschließt und die §§ 29 und 31 FrG auf EWR-Bürger bzw. Angehörige von solchen Bezug nehmen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 14. April 1994, 94/18/0127-0132). Die sich darauf beziehenden Ausführungen in der Beschwerde sind deshalb bereits vom Ansatz her verfehlt, sodaß darauf nicht weiter einzugehen ist.

Im übrigen kann die Auffassung der belangten Behörde, daß die Abwägung der öffentlichen Interessen mit den Privat- und Familieninteressen des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis führe, daß den öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes größeres Gewicht zukomme, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Der Beschwerdeführer hat Österreich im Jahr 1966, also vor nahezu 30 Jahren, verlassen und die kanadische Staatsangehörigkeit angenommen, somit seinen Lebensmittelpunkt ausschließlich dort aufgebaut. Seine geschiedene Frau und seine beiden Kinder leben nach wie vor in Kanada und die einzige Beziehung zum Bundesgebiet besteht zu der hier lebenden Mutter, wobei der Beschwerdeführer seit seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 1991 weiterhin seine berufliche Tätigkeit im Ausland ausgeübt hat. Nach seinen eigenen Angaben in der Beschwerde ist der Beschwerdeführer in regelmäßigen Abständen zur Ausübung seiner Tätigkeit als selbständiger Kaufmann ins Ausland gefahren, sodaß er sich auch bislang nicht ständig um seine querschnittgelähmte Mutter kümmern konnte. Hinzu kommt, daß der Beschwerdeführer unbestritten in der Zeit vom 11. Februar 1993 bis 30. März 1994 wegen des von ihm begangenen Verbrechens inhaftiert war. Angesichts der Schwere der Straftat vermag auch der Umstand, daß die Mutter des Beschwerdeführers in Österreich lebt und pflegebedürftig ist, nicht entscheidend zu seinen Gunsten auszuschlagen, zumal der Beschwerdeführer selbst nicht behauptet, daß er die einzig mögliche Person sei, die seine Mutter pflegen könne. Dem steht überdies - wie schon ausgeführt - entgegen, daß er sich nach seinen eigenen Angaben bislang nicht ständig und ausschließlich um die Pflege seiner Mutter gekümmert hatte. Wenn der Beschwerdeführer letztlich davon spricht, daß notfalls ein Pflegeplatz für seine Mutter zu suchen bzw. eine Heimpflege zu organisieren wäre, so verkennt er selbst nicht, daß es auch andere Möglichkeiten der Pflege für seine Mutter gibt und bislang wohl auch gegeben hatte. Der geltend gemachten Mangelhaftigkeit, daß die belangte Behörde nicht ausreichend ermittelt hätte, welche andere Möglichkeit zur Pflege für seine Mutter außer der seinen bestünde, fehlt die für die Entscheidung erforderliche Relevanz.

Nach dem Gesagten liegt die behauptete Rechtsverletzung nicht vor - was bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt -, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

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