Normen
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs1;
AufG 1992 §3 Abs3;
AufG 1992 §5 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom 24. November 1994 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz abgewiesen.
Gemäß § 9 Abs. 3 AufG (idF vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) dürften keine weiteren Bewilligung erteilt werden, wenn die im § 2 Abs. 1 AufG und der darauf beruhenden Verordnung festgelegte Anzahl von Bewilligungen erreicht sei. Ab diesem Zeitpunkt seien anhängige Anträge, die sich nicht auf den im § 3 AufG verankerten Rechtsanspruch stützten, abzuweisen. Für das Bundesland Oberösterreich sei in der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem AufG für 1994, BGBl. Nr. 72/1994, eine Höchstzahl von 2.000 Bewilligungen festgesetzt worden. Diese Höchstzahl sei nunmehr erreicht. Auch bei eingehender Prüfung des Gesamtvorbringens habe ein Rechtsanspruch für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nicht abgeleitet werden können.
Angesichts dieser Rechtslage sei, ohne auf das weitere Berufungsvorbringen einzugehen, spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 AufG hat die Bundesregierung für jeweils
ein Jahr mit Verordnung die Anzahl der Bewilligungen
festzulegen, die höchstens erteilt werden dürfen; gemäß § 2
Abs. 2 AufG sind hiebei die Bewilligungen auf die Länder
aufzuteilen. Gemäß § 9 Abs. 3 AufG dürfen keine weiteren
Bewilligungen erteilt werden, sobald die gemäß § 2 Abs. 1 AufG
festgelegte Anzahl erreicht ist. Nach dem zweiten Satz des § 9
Abs. 3 leg. cit. ist die Entscheidung über anhängige Anträge
gemäß § 3 auf das folgende Jahr zu verschieben; andere
anhängige Anträge sind abzuweisen. Gemäß § 3 Abs. 3 zweiter
Satz AufG kann "in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen
... wenn dies zur Vermeidung einer besonderen Härte geboten
ist, eine Bewilligung ... auch Eltern von österreichischen
Staatsbürgern ... erteilt werden, wenn sie von diesen
wirtschaftlich abhängig sind".
Die Beschwerde wirft der belangten Behörde vor, sie hätte den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz nicht abweisen dürfen, weil sich ihr Antrag aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 3 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. als ein solcher nach § 3 AufG darstelle. Wie nämlich dem Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin zu entnehmen sei, lebe sie alleinstehend in Polen, wo sie lediglich eine sehr geringe Rente beziehe, weshalb sie von ihrer Tochter wirtschaftlich abhängig sei. Ihre Tochter habe für sie eine Verpflichtungserklärung abgegeben, wonach sie sowohl für den Unterhalt als auch die Unterkunft der Beschwerdeführerin aufkommen werde. Wenn sie weiterhin getrennt von ihrer Tochter leben müßte, so würde dies für sie eine besondere Härte im Sinne des Gesetzes darstellen. Dazu hatte die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung ausgeführt, daß sie 72 Jahre alt sei und infolge ihrer Krankheit (hoher Blutdruck, Herzbeschwerden) pflegebedürftig sei.
Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt. Wie der Verwaltungsgerichtshof aber bereits in dem Erkenntnis vom 19. Jänner 1995, Zl. 94/18/0598, und seither in ständiger Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht hat, kommt es im Grunde des § 9 Abs. 3 AufG nicht allein darauf an, ob ein Rechtsanspruch nach § 3 Abs. 1 und 2 AufG besteht, vielmehr schließt die Wendung "Anträge gemäß § 3" die Bedachtnahme auf die Ausnahmeregelung des § 3 Abs. 3 leg. cit. mit ein. Die Behörde hat somit - bei entsprechendem Vorbringen des Fremden im Verfahren - auch diese Bestimmung in ihre Erwägungen einzubeziehen.
Ausgehend von ihrer Rechtsauffassung, nur das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Rechtsanspruch gemäß § 3 Abs. 1 und 2 AufG prüfen zu müssen, hat die belangte Behörde Feststellungen über die Voraussetzungen der Ermessensbestimmung des § 3 Abs. 3 leg. cit. nicht getroffen; damit ist jedoch das Verfahren mangelhaft geblieben.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde überdies auf die im hg. Erkenntnis vom 21. Februar 1996, Zl. 95/21/0416, angeführten Erwägungen Bedacht zu nehmen haben. Darin hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, daß gemäß § 3 Abs. 1 und 3 AufG bei Nichtvorliegen eines Ausschließungsgrundes gemäß § 5 Abs. 1 AufG für volljährige Kinder von österreichischen Staatsbürgern ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Bewilligung im Regelfall dann besteht, wenn ihnen von diesen Unterhalt gewährt wird. Diese Rechtsgrundsätze kommen auch dann zur Anwendung, wenn unter denselben Voraussetzungen ein Elternteil eines österreichischen Staatsbürgers einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung stellt (siehe dazu das erwähnte Erkenntnis, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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