VwGH 95/21/0197

VwGH95/21/019722.5.1996

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Loibl, über die Beschwerde der M in W, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 27. Oktober 1994, Zl. 102.366/2-III/11/94, betreffend Versagung einer Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz, zu Recht erkannt:

Normen

AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs3;
MRK Art8;
AufG 1992 §13 Abs1;
AufG 1992 §4 Abs1;
AufG 1992 §6 Abs3;
MRK Art8;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 27. Oktober 1994 wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung gemäß § 13 Abs. 1 AufG iVm § 6 Abs. 2 AufG (in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 351/1995) ab. In der Begründung dieses Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, daß der letzte Sichtvermerk der Beschwerdeführerin eine Gültigkeit bis 2. April 1993 gehabt habe und sich die Beschwerdeführerin seither nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Da sich die Beschwerdeführerin somit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des AufG (1. Juli 1993) nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, hätte sie einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem AufG vor der Einreise in das Bundesgebiet vom Ausland aus stellen müssen. Der Umstand, daß die Beschwerdeführerin einen neuen Reisepaß habe ausstellen lassen müssen, hätte die Beschwerdeführerin nicht daran gehindert, rechtzeitig einen Verlängerungsantrag einzubringen. Der erst am 13. August 1993 gestellte Antrag sei demgemäß verspätet. Aus diesem Grund habe eine Auseinandersetzung mit den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin zu unterbleiben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Indem sich die Beschwerdeführerin in Einklang mit den Berufungsausführungen darauf stützt, daß sie sich bereits seit mehr als zehn Jahren aufgrund von erteilten Sichtvermerken im Bundesgebiet befinde, hier mit ihren beiden in Österreich geborenen Kindern im gemeinsamen Haushalt lebe und Tochter eines österreichischen Staatsbürgers sei, werden gerade die im Licht des Art. 8 MRK maßgeblichen spezifischen privaten und familiären Interessen angesprochen, bei deren Vorliegen die Versäumung der rechtzeitigen Antragstellung im Sinn des § 13 Abs. 1 AufG dennoch nicht zum Untergang des Rechtes auf Verlängerung einer Bewilligung gemäß § 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 2 zweiter Satz AufG führt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. März 1996, Zl. 95/21/0714). Diese Überlegungen gelten auch dann, wenn die Aufenthaltsberechtigung des Fremden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Aufenthaltsgesetzes (mit 1. Juli 1993) bereits abgelaufen war.

Infolge Verkennung der oben aufgezeigten Rechtslage hat sich die belangte Behörde mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zu ihren persönlichen Verhältnissen nicht auseinandergesetzt und dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren war im Hinblick darauf abzuweisen, daß zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nur zwei Ausfertigungen der Beschwerde sowie eine Ablichtung des Bescheides einzubringen waren; die Umsatzsteuer ist in dem laut Verordnung zugesprochenen Pauschalbetrag bereits enthalten.

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