Normen
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §20 Abs2;
FrG 1993 §7 Abs7;
SGG §12 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1;
AufG 1992 §5 Abs1;
AufG 1992 §6;
FrG 1993 §10 Abs1 Z4;
FrG 1993 §20 Abs2;
FrG 1993 §7 Abs7;
SGG §12 Abs1;
StbG 1985 §10 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 15. Dezember 1993 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 27. Jänner 1993 auf Erteilung eines (unbefristeten) Sichtvermerkes - der gemäß § 7 Abs. 7 FrG als Antrag gemäß § 6 AufG zu behandeln ist - gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes (FrG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer befinde sich bereits seit ca. 22 Jahren in Österreich, wo er mit seiner Ehefrau und seinen (teilweise noch minderjährigen) Kindern lebe.
Der Beschwerdeführer sei am 24. November 1992 vom Landesgericht Feldkirch wegen § 15 StGB und § 12 Abs. 1 Suchtgiftgesetz (SGG) zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zugrundegelegen, daß der Beschwerdeführer gemeinsam mit einem weiteren Täter Suchtgift in einer Menge zu verkaufen versucht habe, deren Weitergabe geeignet gewesen wäre, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen zu lassen. Der Umstand, daß es lediglich beim Versuch geblieben sei, sei nur der besonderen Aufmerksamkeit der Exekutivbeamten zuzuschreiben. Der Handel mit Suchtgift stelle in Anbetracht des um sich greifenden Mißbrauches von Suchtgift eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen in besonders großem Ausmaß dar, sodaß bei diesem Delikt von einer ganz erheblichen Bedrohung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit auszugehen sei.
Der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers sei auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 8 Abs. 2 MRK zulässig. Eine Abwägung der öffentlichen Interessen mit den privaten Interessen des Beschwerdeführers müsse angesichts dieses schweren Deliktes zu Ungunsten des Beschwerdeführers ausfallen.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst den Verfassungsgerichtshof angerufen, der mit Beschluß vom 2. Juli 1994 eine Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat. Über Antrag des Beschwerdeführers wurde die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten (Beschluß vom 28. September 1994, B 131/94-10). In der daraufhin fristgerecht eingebrachten Ergänzung der Beschwerde machte der Beschwerdeführer die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sowie die Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend und beantragte, ihn aus diesem Grund aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde bleibt die maßgebliche Sachverhaltsfeststellung, daß der Beschwerdeführer wegen des Versuchs eines Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SGG zu einer (unbedingten) Freiheitsstrafe von 14 Monaten rechtskräftig verurteilt worden sei, unbestritten. Der Beschwerdeführer hält den daraus gezogenen Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG im Hinblick darauf, daß es sich um die erste strafrechtliche Verurteilung wegen eines im Stadium des Versuchs gebliebenen Deliktes handle, für rechtswidrig sowie nach der "gemäß § 20 FrG" vorzunehmenden Interessenabwägung als unzulässig.
Die Auffassung der belangten Behörde, daß das der Verurteilung des Beschwerdeführers zugrundeliegende deliktische Verhalten angesichts der besonderen Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität grundsätzlich geeignet ist, die öffentliche Sicherheit im Sinn des § 10 Abs. 1 Z. 4 leg. cit. zu gefährden, ist rechtlich unbedenklich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 1. Dezember 1994, Zl. 94/18/0864). Der Beschwerdeführer verweist jedoch zutreffend darauf, daß die belangte Behörde bei Anwendung des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG in gebotener Weise auf die privaten und familiären Interessen des Fremden am Bestehenbleiben seines Aufenthaltsrechtes in der Weise Bedacht zu nehmen hat, daß sie zu prüfen hat, ob ein Aufenthalt des Fremden im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit derart gefährden würde, daß die im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen einen Eingriff in sein Privat- und/oder Familienleben rechtfertigen. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, daß im Rahmen dieser Interessenabwägung auf die vom Gesetzgeber im § 20 Abs. 2 leg. cit. vorgenommene Gewichtung dieser Interessen Bedacht genommen werden muß (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 1996, Zl. 95/21/1120, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird). Die in dieser Entscheidung für den Fall der Ungültigerklärung eines Sichtvermerkes ausgesprochenen Rechtsgrundsätze gelten auch für den hier vorliegenden Fall einer Verlängerung der Aufenthaltsberechtigung bei Vorliegen der im § 20 Abs. 2 FrG normierten Voraussetzungen. Demgemäß ist die Versagung der Aufenthaltsbewilligung in Fällen, in denen ein Fremder - aus welchen Gründen auch immer - es unterlassen hat, einen Antrag auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu stellen, obwohl ihm diese ohne weiteres hätte verliehen werden können, nur unter den dort normierten Ausnahmen zulässig.
Mit ihrer Auffassung, darauf bei der Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung nicht Bedacht nehmen zu müssen, belastete die belangte Behörde demnach den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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