Normen
WaffG 1986 §6 Abs1;
WaffG 1986 §6 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 18. April 1995 wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Steyr vom 6. Juni 1994 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, daß sich die Entziehung der Waffenbesitzkarte auf § 20 Abs. 1 iVm § 6 Abs. 1 Z. 1 des Waffengesetzes 1986 (WaffG) zu stützen habe.
Die belangte Behörde stützte sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides im wesentlichen zunächst auf die Haltlosigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers, er sei ein Informant der Polizei Steyr, habe diese in einer wichtigen Strafsache unterstützt und sei dadurch in Gefahr. Ein nach der Weigerung des Beschwerdeführers, sich durch den von der Behörde bestimmten Gutachter Dr. K untersuchen zu lassen, vom Beschwerdeführer beigebrachtes Privatgutachten des gerichtlich beeideten Sachverständigen, Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Dr. B, habe dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verläßlichkeit nicht abgesprochen. Da dieses Gutachten jedoch in Unkenntnis des Akteninhaltes vom Gutachter erstellt worden sei, sei eine Ergänzung nach Bekanntgabe des gesamten Sachverhaltes anzuordnen gewesen. Bei der niederschriftlichen Einvernahme nach Kenntnis des gesamten Akteninhaltes, insbesondere auch in Kenntnis einer Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 1994, in welcher dieser zwei weitere Vorfälle darstellte (welche seine Gefährdungssituation darlegen sollten), halte der Gutachter sein erstelltes Gutachten nicht mehr aufrecht. Der Gutachter habe im ersten Gespräch mit dem Beschwerdeführer in dem angelegten Krankenblatt den handschriftlichen Vermerk "latent paranoide Halluzinationsbereitschaft" gemacht. Nachdem ihm nun der gesamte Sachverhalt zur Kenntnis gelangt sei, habe sich dieser damals gewonnene Eindruck in einem solchen Maß verstärkt, daß eine relative Gefährdung im Umgang mit der Waffe bestehe. Der Gutachter halte jedenfalls den Besitz einer Faustfeuerwaffe für bedenklich. Zudem seien die vom Beschwerdeführer geschilderten Bedrohungen Behauptungen, die einer objektiven Überprüfung nicht standhielten.
Die Behörde gelangte zum Schluß, daß der Beschwerdeführer zwar nicht als geisteskrank oder geistesschwach im Sinne des § 6 Abs. 2 Z. 6 WaffG anzusehen sei, jedoch sei der Beschwerdeführer als nicht mehr verlässlich im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 1 WaffG anzusehen, weshalb ihm nach der zwingenden Bestimmung des § 20 Abs. 1 WaffG die Waffenbesitzkarte zu entziehen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 20 Abs. 1 WaffG hat die Behörde spätestens alle fünf Jahre die Verläßlichkeit eines Inhabers eines Waffenpasses oder einer Waffenbesitzkarte zu überprüfen. Ergibt sich hiebei oder aus anderem Anlaß, daß er nicht mehr verläßlich ist, so hat die Behörde diese Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der Verläßlichkeit ausgehen kann und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 6 WaffG. Eine Person ist danach als verläßlich im Sinne des WaffG anzusehen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß sie
- 1. Waffen nicht mißbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
- 2. mit Waffen vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese sorgfältig verwahren wird;
- 3. Waffen nicht an Personen überlassen wird, die zum Besitz von Waffen nicht berechtigt sind (§ 6 Abs. 1 WaffG).
In § 6 Abs. 2 WaffG werden demonstrativ bestimmte Tatbestände angeführt, auf Grund derer jedenfalls anzunehmen ist, daß die vom Gesetz geforderte Verläßlichkeit nicht vorliegt. § 6 Abs. 2 Z. 6 WaffG sieht vor, daß eine Person keinesfalls als verläßlich anzusehen ist, wenn sie geisteskrank oder geistesschwach ist.
Auch Tatsachen, die noch keinesfalls die Annahme der Unverläßlichkeit im Sinne des Abs. 2 erfordern, können daher ausreichend sein, um einer Person die Verläßlichkeit im Sinne des Abs. 1 abzusprechen. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt hat, reicht etwa die Feststellung, daß eine Person Anzeichen einer paranoiden Reaktionsbereitschaft aufweise, zwar nicht für die Annahme, daß sie geisteskrank oder geistesschwach sei; gleichwohl rechtfertigt sie den Schluß, daß es dem Betreffenden an der erforderlichen Verläßlichkeit im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG fehlt (vgl. hiezu die in Hauer/Keplinger, WaffG 1986, Seite 31, zitierte hg. Rechtsprechung).
Die Wertung einer Person als verläßlich im Sinne des WaffG hat ihre gesamte Geisteshaltung und Sinnesart ins Auge zu fassen, weil der Begriff der Verläßlichkeit ein Ausdruck ihrer Wesensart, nicht aber ein Werturteil über ihr Tun und Lassen im Einzelfall ist (ständige Rechtsprechung, vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 20. September 1995, Zl. 94/20/0795).
Im gegenständlichen Fall wirft der Beschwerdeführer der belangten Behörde die Verletzung von Verfahrensvorschriften anläßlich der ergänzenden Einvernahme des Gutachters Dr. B vor. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Hiebei ist zunächst darauf hinzuweisen, daß die belangte Behörde offensichtlich in Anwendung des § 52 Abs. 2 AVG angesichts des Umstandes, daß der Beschwerdeführer die geforderte ärztliche Untersuchung durch den von der Behörde bestimmten Gutachter Dr. K verweigerte, mit Rücksicht auf die Besonderheit des Falles das vom Beschwerdeführer - nach längerer Zeitverzögerung, welche im Bereich des Beschwerdeführers lag - beigebrachte Privatgutachten Dr. B inhaltlich in Behandlung nahm. Dieses schriftliche Gutachten (siehe Akt Seite 60 ff) entspricht nicht der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung geforderten Überprüfungsmöglichkeit auf seine Schlüssigkeit, weil sich aus ihm nicht entnehmen läßt, auf welchen tatsächlichen Grundlagen es aufbaut. Insbesondere läßt das Gutachten jede Bezugnahme auf die der Behörde im gegenständlichen Verfahren bekannten und aus dem Akteninhalt ersichtlichen Bedenken auf Grund früheren Vorbringens des Beschwerdeführers vermissen. Die belangte Behörde hat daher zu Recht die Ergänzung des Gutachtens für den Fall angeordnet, daß der Gutachter nicht in voller Kenntnis des Akteninhaltes gewesen sei, und den diesbezüglichen Auftrag - entgegen dem Beschwerdevorbringen - auch unmißverständlich so formuliert, daß die in der zur Ergänzung aufgenommenen Niederschrift vom 30. Jänner 1995 enthaltene Formulierung "nach Kenntnisnahme des gesamten Sachverhaltes" nur in dem Sinne verstanden werden kann, daß dem Sachverständigen nunmehr der bis dahin vorliegende Akteninhalt zur Kenntnis gebracht wurde. Da das Gesetz keine Formvorschriften über das äußere Erscheinungsbild eines Gutachtens kennt, begegnet die Vorgangsweise der belangten Behörde, die Ergänzung in Form einer niederschriftlichen Einvernahme vorzunehmen, keinen Bedenken.
Damit ist das Privatgutachten Dr. B in seiner Gesamtheit auf seine Schlüssigkeit zu überprüfen. Der Sachverständige legt in der Ergänzung vom 30. Jänner dar, daß er sich nunmehr sowohl auf die beiden persönlichen Gespräche mit dem Beschwerdeführer vom 23. Juni 1994 und 29. August 1994, die beim ersten Gespräch im angelegten Krankenblatt vermerkte "latent paranoide Halluzinationsbereitschaft", auf die vom Beschwerdeführer bei den Gesprächen gemachte Behauptung, er wäre dreimal von unbekannten Personen in den Jahren 1991 bis 1993 angeschossen worden (welche im Akt der belangten Behörde bis zur Gutachtenserstellung nicht aufschien), auf einen vom Beschwerdeführer anläßlich des Gespräches unvollständig geschilderten Vorfall anläßlich einer Verkehrskontrolle (Anm.:
nämlich unter Außerachtlassung der im Akt enthaltenen Angabe des Beschwerdeführers, er sei "in den vergangenen Tagen dreimal von einem sogenannten roten Punkt getroffen worden" und fühle sich dadurch bedroht), und auf die über die persönlichen Kontakte des Gutachters mit dem Beschwerdeführer hinausgehenden Informationen, welche sich im Verwaltungsakt befinden, stütze. Insbesondere bezieht sich der Gutachter auf die Behauptung des Beschwerdeführers, er sei ein Informant der BPD Steyr gewesen und habe in dieser Eigenschaft der Polizei wichtige Informationen geliefert und auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 17. Oktober 1994.
Der Beschwerdeführer bekämpft erkennbar die Prämisse des ergänzten Gutachtens hinsichtlich der vermuteten Unglaubwürdigkeit seiner Behauptung, er wäre ein Informant der BPD Steyr gewesen. Er stützt sich zum Beweis für den Umstand, daß diese Informationstätigkeit und die daraus resultierende Bedrohungssituation einen "realen Hintergrund" hätten, auf eine - nach Ergänzung des Gutachtens - aufgenommene Niederschrift mit einem Kriminalbeamten der BPD Steyr, bei welchem der Beschwerdeführer als Informant in Erscheinung getreten sein will. Abgesehen davon, daß der Beschwerdeführer an anderer Stelle rügt, daß diese Niederschrift nicht den Kriterien des AVG entspreche und daher "auf eine derartige Aussage eine korrekte Bescheiderlassung nicht gestützt werden" könne, so ist auch aus dem Inhalt dieser Niederschrift keinesfalls der vom Beschwerdeführer gewünschte Schluß, seine Informationstätigkeit habe derart wichtigen Gehalt gehabt, daß er deswegen real bedroht wäre, abzuleiten. Vielmehr ergibt sich daraus das Gegenteil, nämlich daß sein Vorbringen anläßlich einer tatsächlich erfolgten Vorsprache bei der Polizei ohne Bedeutung war. Damit ist aber auch die dem Gutachter zugrundeliegende Prämisse nicht erschüttert, nämlich daß das Vorbringen, der Beschwerdeführer sei wichtiger Informant der Polizei und deswegen bedroht, in dieser Form nicht stimme (vgl. den von der belangten Behörde erwähnten Bericht der BPD Steyr vom 18. November 1993, Akt Seite 22). Die Berücksichtigung der Zeugenaussage bei der Ergänzung des Gutachtens hätte daher kein anderes Ergebnis erbringen können, was gleichermaßen für die Nichtberücksichtigung dieser Zeugenaussage im angefochtenen Bescheid gilt. Lediglich ergänzend sei der Beschwerdeführer darauf hingewiesen, daß sein Vorbringen betreffend die Hausdurchsuchung auf einer Verdrehung des Inhaltes der vom Zeugen Preuer-Lackner gemachten Angaben beruht und es ohnehin aktenkundig ist, daß im Zusammenhang mit einer - offenbar unbegründeten - Anzeige wegen des Besitzes von Schußwaffen gegen den Beschwerdeführer im Jahr 1984 eine Hausdurchsuchung beim Beschwerdeführer stattfand.
Der Richtigkeit der weiteren dem ergänzten Gutachten zugrundeliegenden Prämissen hält der Beschwerdeführer nichts entgegen. Insbesondere ist es dem Beschwerdeführer im gesamten Verwaltungsverfahren, aber auch in der Beschwerde nicht gelungen, konkrete, nachvollziehbare Daten und Fakten hinsichtlich der von ihm geschilderten Vorgänge, welche seine Bedrohungssituation untermauern sollten, zu nennen, weshalb auch aus diesem Grund keine Bedenken daran bestehen, daß diese Vorgänge nicht in der vom Beschwerdeführer vorgebrachten "dramatisierten" Weise Realität waren oder sind.
Wenn der Gutachter nunmehr in der Ergänzung seines Gutachtens auch auf Grund zusätzlicher Kenntnis des gesamten bis zu seiner Einvernahme vom 30. Jänner 1995 vorliegenden Akteninhaltes zum Schluß kommt, daß der Beschwerdeführer eine relative Gefährdung im Umgang mit der Waffe darstelle und jedenfalls der Besitz einer Faustfeuerwaffe bedenklich sei, so ist dieser Schluß nachvollziehbar.
Damit ist es aber rechtlich unbedeutend, daß die belangte Behörde auf die Aussage des Zeugen A, welcher den Beschwerdeführer "seit Jahren" (siehe Akt Seite 83: SEIT 2 Jahren) kenne, nicht Bedacht genommen hat. Den an sich schlüssigen Ausführungen eines Sachverständigen kann jedenfalls nicht mit laienhaften Äußerungen, bzw. Aussagen eines Laien in wirksamer Weise entgegnet werden (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, Seite 318, zitierte hg. Rechtsprechung).
Die Rechtfertigung des Beschwerdeführers für Verweigerung der vorgeschlagenen Begutachtung durch Dr. K geht ins Leere, da die belangte Behörde der Verweigerung dieser Untersuchung ohnehin keine Bedeutung beigemessen hat.
Damit kann der belangten Behörde aber auch im Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie aus der irrealen Furcht des Beschwerdeführers vor Verfolgung und den von Dr. B vermerkten Anzeichen einer "latent paranoiden Halluzinationsbereitschaft" im Sinne des nach Wortlaut und Sinn des § 6 Abs. 1 WaffG anzulegenden strengen Maßstabes (vgl. die in Hauer/Keplinger, WaffG 1986, Seite 30, zitierte
hg. Rechtsprechung) die Verläßlichkeit des Beschwerdeführers im Sinne des § 6 Abs. 1 WaffG verneinte und gemäß § 20 Abs. 1 WaffG dem Beschwerdeführer die Waffenbesitzkarte entzog.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
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